Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2014, Az. RiZ (R) 1/14

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2014, 752

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BUNDESGE[X.]ICHT[X.]OF

IM NAMEN DES VOLKES

U[X.]TEIL
[X.]iZ([X.])
1/14

in dem Prüfungsverfahren

der [X.]in am Amtsgericht

Antragstellerin und [X.]evisionsklägerin,

gegen

1.

2.

Antragsgegner und [X.]evisionsbeklagte,

wegen Feststellung und Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht

-
2
-
Der [X.] -
Dienstgericht des Bundes
-
hat ohne mündliche Ver-handlung am 3.
Dezember 2014 durch [X.] am [X.], [X.] am [X.] Dr.
Drescher, [X.]in am [X.] [X.] und [X.] am [X.] und Gericke
für [X.]echt erkannt:
Die [X.]evision der Antragstellerin gegen das Urteil des [X.] für [X.] vom 16.
Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat Kosten ihres [X.]echtsmittels zu tragen.
Von [X.]echts wegen

Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin durch [X.] in einem außerordentlichen [X.] des [X.] zu 1., des [X.], vom 13.
Juni 2012 in ihrer richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt ist. Darüber hinaus wendet sich die Antragstelle-rin gegen die auf ihren Widerspruch gegen den [X.] des Antragsgegners zu 2.
Die im Jahr

geborene Antragstellerin ist [X.]in am Amtsgericht
C.

. Seit dem [X.] war sie mit einem Arbeitskraftanteil von 0,115 Pen-
1
2
-
3
-
sen Beisitzerin in der Großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts
L.

. Am 3.
Dezember 2011 begann für die Antragstellerin
der Mutterschutz.
Im Mai 2012 wandte sich der Präsident des Antragsgegners zu 2., des [X.], schriftlich an die damalige Präsidentin des Antrags-gegners zu
1. und bat vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfas-sungsgerichts vom 4.
Mai
2011 (2
Bv[X.]
2333/08), nach dem bis spätestens zum 31.
Dezember
2011 über die Fortdauer von nachträglich verhängter Siche-rungsverwahrung zu entscheiden war, um Bericht über die Verfahrensabläufe in der Strafvollstreckungskammer. Darin sollte der Antragsgegner zu 1. auch [X.] eingehen, ob mögliche Versäumnisse ihre Ursache in der [X.] der auswärtigen Strafvollstreckungskammer haben könnten.
Der Antragsgegner zu
1. führte daraufhin eine außerordentliche Ge-schäftsprüfung durch und verfasste darüber den die verfahrensgegenständli-chen Formulierungen enthaltenden Bericht vom 13.
Juni 2012. Dieser ging der Antragstellerin am 17.
Januar 2013 per E-Mail zu; sie legte mit Schreiben vom Folgetag Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass sie sich in ihrer rich-terlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt sehe, weil der Bericht und die darin ent-haltenen Wertungen eine Missbilligung ihrer richterlichen Tätigkeiten darstell-ten.
Der Antragsgegner zu
1. half dem Widerspruch nicht ab. Der Antrags-gegner zu
2. erließ unter dem 13.
Mai 2013 einen Widerspruchsbescheid, der von einer beauftragten [X.]in am [X.] unterzeichnet ist. Mit einem zweiten, inhaltsgleichen, nunmehr von dem Präsidenten des Antrags-gegners zu
2. unterschriebenen Widerspruchsbescheid vom 4.
Juli 2013 [X.] der Antragsgegner zu 2. den Widerspruch der Antragstellerin erneut.
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Die Antragstellerin hat im Verfahren vor
dem [X.] die [X.] vertreten, der Widerspruchsbescheid vom 13.
Mai 2013 sei rechtswid-rig gewesen, weil er nicht vom Präsidenten des Antragsgegners zu [X.] worden sei. Der Widerspruchsbescheid vom 4.
Juli 2013 sei gleichfalls rechtswidrig gewesen, weil die Widerspruchsbehörde nach Erlass des ersten Bescheids keinerlei Entscheidungskompetenz mehr gehabt habe und der [X.] deshalb nicht habe ergehen dürfen.
Im Übrigen ist sie der Ansicht gewesen, einzelne Formulierungen in dem [X.] griffen in unzulässiger Weise in ihre richterliche Un-abhängigkeit ein, und hat die Feststellung der Unzulässigkeit der Äußerungen gegenüber beiden [X.] begehrt.
Die Antragstellerin hat hinsichtlich des Antragsgegners
zu 1. beantragt,
1.
festzustellen, dass die folgenden Äußerungen in dem [X.] des Antragsgegners zu 1. vom 13.
Juni 2012 -
Aktenzeichen 3132 I -
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Antragsgegners zu 2. vom
13. Mai 2013,
hilfsweise in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Antragsgegners zu 2. vom 4. Juli 2013,
unzulässig sind:
"In den Maßregelvollzugssachen betreffend E.

K.

, [X.]

K.

und A.

S.

ist eine strin-
gente, sorgfältige und auf
Verfahrensförderung bedachte Bearbeitung der Akten nicht durchgehend erfolgt."
"In dem Verfahren E.

K.

ist nicht nachvollziehbar,
warum von der Einholung eines allgemein-medizinischen 6
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-
Gutachtens abgesehen worden ist, nachdem ein solches Gutachten zunächst in Auftrag gegeben worden war."
"In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass einzelne Arbeitsschritte, wie zum Beispiel telefonisch erfolgte [X.] mit dem Vorsitzenden oder die Übersendung von Beschlüssen zur Unterschrift an den Vorsitzenden in den Akten vielfach nicht dokumentiert werden, was zur Unvoll-ständigkeit und damit auch zur Unübersichtlichkeit der Ak-ten führt."
"Die Versäumnisse betreffen darüber hinaus in erster Linie [X.] in den so genannten [X.], für
die das [X.] mit Urteil vom 4.5.2011 eine Überprüfung bis zum 31.12.2011 angeord-net hatte."
"Ein Anlass, gegen [X.]in disziplinarrechtlich tätig zu werden, wird deshalb von hier aus nicht gesehen."
"Die Schwangerschaft der [X.]in lässt die [X.] in milderem Licht erscheinen."
"Sie wird allerdings mit den Feststellungen konfrontiert werden müssen."
2.
festzustellen, dass es unzulässig ist, dass ihr Widerspruch vom 18.
Januar 2013 mit Widerspruchsbescheid des [X.] zu 2. vom 13.
Mai 2013 durch eine beauf-tragte [X.]in beschieden worden ist.
Der Antragsgegner zu 1. hat beantragt

die gegen ihn gerichteten Anträge zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Antragsgegners zu 2. hat die Antragstellerin beantragt,
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1.
den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners zu
2. vom 4.
Juli 2013 aufzuheben und
2.
festzustellen, dass die folgenden Äußerungen in dem [X.] des Antragsgegners zu
1. vom 13.
Juni 2012 -
Aktenzeichen 3132 I -
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Antragsgegners zu
2. vom 4.
Juli 2013, Aktenzeichen 9 L 234 [X.], unzulässig sind:
"In den Maßregelvollzugssachen betreffend E.

K.

, [X.]

K.

und A.

S.

ist eine strin-
gente, sorgfältige und auf Verfahrensförderung bedachte Bearbeitung der Akten nicht durchgehend erfolgt."
"In dem Verfahren E.

K.

ist nicht nachvollziehbar,
warum von der Einholung eines allgemein-medizinischen Gutachtens abgesehen worden ist, nachdem ein solches Gutachten zunächst in Auftrag gegeben worden war."
"In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass einzelne Arbeitsschritte, wie zum Beispiel telefonisch erfolgte [X.] mit dem Vorsitzenden oder die Übersendung von Beschlüssen zur Unterschrift an den Vorsitzenden in den Akten vielfach nicht dokumentiert werden, was zur Unvoll-ständigkeit und damit auch zur Unübersichtlichkeit der Ak-ten führt."
"Die Versäumnisse betreffen darüber hinaus in erster Linie [X.] in den sogenannten [X.], für die das [X.] mit Urteil vom 4.5.2011 eine Überprüfung bis zum 31.12.2011 angeordnet hatte."
"Ein Anlass, gegen [X.]in disziplinarrechtlich tätig zu werden, wird deshalb von hier aus nicht gesehen."
"Die Schwangerschaft der [X.]in lässt
die [X.] in milderem Licht erscheinen."
"Sie wird allerdings mit den Feststellungen konfrontiert werden müssen."
-
7
-
Der Antragsgegner zu 2. hat beantragt,

die gegen ihn gerichteten Anträge zurückzuweisen.
Der [X.] hat mit dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass die Äußerungen:
"In dem Verfahren E.

K.

ist nicht nachvollziehbar, warum von
der Einholung eines allgemein-medizinischen Gutachtens abgesehen worden ist, nachdem ein solches Gutachten zunächst in Auftrag gegeben worden war."
und
"In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass telefonisch erfolgte [X.] mit dem Vorsitzenden in den Akten vielfach nicht dokumentiert werden, was zur Unvollständigkeit und damit auch zur [X.] der Akten führt."
in dem [X.] des Antragsgegners zu
1. vom 13.
Juni 2012 -
Aktenzeichen 3132 I -
unzulässig seien,
und hat die Anträge im Übrigen

ganz überwiegend als unzulässig

zurückgewiesen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, der Antragstellerin fehle das [X.]echts-schutzbedürfnis, soweit sie in den Feststellungsantrag zu
1. gegenüber dem Antragsgegner zu
1. den Widerspruchsbescheid vom 13.
Mai 2013 einbezogen habe, nachdem der Antragsgegner zu
2. sowohl vorgerichtlich als auch im ge-richtlichen Verfahren erklärt habe, dass sein Widerspruchsbescheid vom 4.
Juli 2013 vollständig an die Stelle des Widerspruchsbescheides vom 13.
Mai 2013 getreten sei und diesen ersetzt habe. Gleiches gelte hinsichtlich des gegen den Antragsgegner zu
1. gerichteten Feststellungsantrags zu
2. Soweit die Antrag-stellerin gegenüber dem Antragsgegner zu
2. beantragt habe, den Wider-11
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spruchsbescheid vom 4.
Juli 2013 aufzuheben, fehle ihr ebenfalls das [X.]echts-schutzbedürfnis, weil der Widerspruchsbescheid gegenüber den angegriffenen Äußerungen keine neue und selbständige Beschwer enthalte; auch der dem Bescheid vermeintlich anhaftende Verfahrensmangel rechtfertige keine abwei-chende Beurteilung. Zudem sei der Zweck des Widerspruchsverfahrens erreicht worden, so dass es für das Prüfungsverfahren nicht darauf ankomme, ob die Widerspruchsbescheide rechtsfehlerfrei erlassen worden seien. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass §
108 Abs.
7 N[X.]iG für das Prüfungsverfahren eine von §
113 VwGO abweichende Urteilsformel vorschreibe, so dass auch bei [X.] Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht nur deren Unzuläs-sigkeit festgestellt, nicht aber die Maßnahme aufgehoben werden könne. So-weit die Antragstellerin schließlich auch gegenüber dem Antragsgegner zu
2. die Feststellung der Unzulässigkeit der streitgegenständlichen Äußerungen [X.], könne dieser nicht Gegner eines Prüfungsverfahrens nach §
80 Abs.
1 N[X.]iG sein, weil die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht allein in dem von dem Antragsgegner zu 1. verfassten [X.] vom 13.
Juni 2012 zu sehen sei.
Der nach Auffassung des [X.]s allein zulässige, gegen den Antragsgegner zu
1. gerichtete Antrag, die Unzulässigkeit der im Einzelnen [X.] Äußerungen in dem [X.] vom
13.
Juni 2012 fest-zustellen, sei nur im Umfang der Entscheidungsformel begründet. Im Übrigen stellten die Äußerungen lediglich nach §
26 Abs.
2 D[X.]iG zulässige Ermahnun-gen an die Antragstellerin dar, ihre Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unver-zögert zu erledigen. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Verwendung des Begriffs "Versäumnisse" wende, sei diese nicht zu beanstanden, weil es in dem Bericht zulässige, nicht in die richterliche Unabhängigkeit eingreifende Bean-standungen gebe, die der Antragsgegner als "Versäumnisse" habe bezeichnen 15
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dürfen. Ob die Antragstellerin ihre Amtsgeschäfte tatsächlich nicht ordnungs-gemäß erledigt habe, sei nicht Gegenstand des richterdienstgerichtlichen Prü-fungsverfahrens. Bei den Äußerungen, dass ein Anlass, gegen die Antragstelle-rin disziplinarrechtlich vorzugehen, nicht gesehen werde, sie aber mit den Fest-stellungen zu konfrontieren sei, handele es sich nicht um Maßnahmen der Dienstaufsicht, sondern um bloße Informationen bzw. die Wiedergabe der [X.], dass ihr rechtliches Gehör zu gewähren sei.
Die Antragstellerin verfolgt im [X.]evisionsverfahren ihre Anträge

soweit sie erfolglos geblieben sind

weiter. Sie rügt insoweit die Verletzung materiellen [X.]echts.
Die Antragsgegner beantragen, die [X.]evision der Antragstellerin [X.].
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Ver-handlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:
Die gemäß §
80 Nr.
1 N[X.]iG, §
79 Abs.
2, §
80 Abs.
2 D[X.]iG zulässige [X.]evision ist nicht begründet.

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-
[X.] Die [X.]evision hat hinsichtlich der gegen den Antragsgegner zu
2. ge-richteten Anträge keinen Erfolg.
1. Der Antrag zu 1., den Widerspruchsbescheid vom 4.
Juli 2013 [X.], ist jedenfalls unbegründet.
a) Soweit der [X.] den Antrag mit der Begründung als unzu-lässig zurückgewiesen hat, er enthalte gegenüber dem ersten Widerspruchsbe-scheid vom 13.
Mai 2013 keine neue selbständige Beschwer, begegnet dies allerdings rechtlichen Bedenken. Die Antragstellerin macht

indem sie die feh-lende Sachbefugnis des Antragsgegners zu 2. rügt

die Unzuständigkeit der Widerspruchsbehörde und damit die Verletzung wesentlicher Verfahrensvor-schriften geltend (vgl. [X.]/[X.], VwGO, 14.
Aufl., §
79 [X.]n.
25). Nach der [X.]egelung des §
79 Abs.
2 Satz
2 VwGO ist in diesen Fällen die isolierte An-fechtung des Widerspruchsbescheids zulässig; die Klage ist nach §
78 Abs.
2 VwGO in Verbindung mit §
8 Abs.
2 Nds. AG VwGO gegen die Wider-spruchsbehörde zu richten. Die Anfechtung des ursprünglichen Verwaltungs-akts

hier des [X.]s des Antragsgegners zu 1.

und die-jenige des Widerspruchsbescheids können miteinander verbunden werden (vgl. [X.]/[X.], VwGO, 14.
Aufl., §
79 [X.]n.
29). Ob der behauptete Verfah-rensmangel vorliegt, ist hingegen eine Frage der Begründetheit des Antrags, nicht seiner Zulässigkeit.
b) Der Antrag, den Widerspruchsbescheid vom 4.
Juli 2013 aufzuheben, kann in der vorliegenden Form indes schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach §
108 Abs.
7 N[X.]iG im Prüfungsverfahren nach §
80 Nr.
1 N[X.]iG entweder die Unzulässigkeit der Maßnahme festzustellen oder aber der Antrag [X.] ist. Die Aufhebung des Widerspruchsbescheids ist im Prüfungsverfah-ren hingegen kein statthaftes Antragsbegehren.
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-
c) Aber auch bei einer Auslegung des Antrags dahin, dass damit

im Prüfungsverfahren statthaft

jedenfalls die Unzulässigkeit des (erneuten) Erlas-ses des Widerspruchsbescheids als Maßnahme der Dienstaufsicht festgestellt werden solle, dringt die Antragstellerin mit ihrem Begehren nicht durch.
Insoweit trifft es zwar zu, dass die Widerspruchsbehörde grundsätzlich jedenfalls mit der Zustellung des Widerspruchsbescheids die Sachherrschaft verliert und deshalb zur Änderung der Entscheidung oder

wie hier

zu ihrem erneuten Erlass nicht befugt ist (BVerwG, Urteil vom 11.
Mai 1979

6
C 70/78, [X.], 100, 105; [X.]/[X.], VwGO, 14.
Aufl., §
73 [X.]n.
24 mwN; [X.]/[X.]/Bier/Dolde/[X.], VwGO, Stand: September 2007, §
73 [X.]n.
49 mwN). Anderes gilt indes, wenn der Widerspruchsbescheid nach §
79 Abs.
2 VwGO zum Streitgegenstand und die Widerspruchsbehörde [X.] nach §
78 Abs.
2 VwGO zur Beklagten wird. In diesen Fällen bleibt die Widerspruchsbehörde sachbefugt und ist auch schon vor Klageerhebung bis zum Eintritt der Bestandskraft berechtigt, ihre rechtswidrige Entscheidung zu korrigieren ([X.]/[X.]/Bier/Dolde/[X.], VwGO, Stand: September 2007, §
73 [X.]n.
48 mwN).
So verhält es sich hier: Die Antragstellerin hat den Widerspruchsbe-scheid vom 13.
Mai 2013 bereits mit ihren gegen den Antragsgegner zu 1. ge-richteten Anträgen aus der Antragsschrift vom 14.
Juni 2013 auch insoweit an-gegriffen, als er durch die

unzuständige

beauftragte [X.]in beim Oberlan-desgericht, nicht aber durch dessen Präsidenten erlassen worden war. Damit rügte sie wiederum einen wesentlichen Verfahrensmangel, der nach §
79 Abs.
2 Satz
2 VwGO eine zusätzliche Beschwer darstellen konnte, die gemäß §
79 Abs.
2 Satz
1 VwGO zur isolierten Anfechtung auch des [X.] berechtigt hätte. Der Antragsgegner zu
2. musste bei dieser Sachlage 24
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-
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nicht abwarten, bis die Antragstellerin die Anträge auch gegen ihn richtete,
und war befugt, den Widerspruchsbescheid erneut

nunmehr durch den zur Dienst-aufsicht befugten Präsidenten des [X.]s

zu erlassen. Für die fortbestehende Sachbefugnis des Antragsgegners zu 2. spricht zudem, dass er die Antragstellerin durch die nachträgliche Behebung des Zuständigkeitsman-gels -
jedenfalls teilweise -
klaglos stellte (vgl. BVerwG, Urteile vom 24.
August 1990 -
8
C 66/89, NVwZ-[X.][X.] 1991, 307; vom 16.
Oktober 1980

8
C 58/79, juris [X.]n.
14; aA insoweit [X.], Urteil vom 23.
Dezember 1994

9
S 653/93, NVwZ-[X.][X.] 1995, 476, 477 mwN). War der Antragsgegner zu 2. als Wi-derspruchsbehörde mithin zum erneuten Erlass des Widerspruchsbescheids befugt, stellte dieses Vorgehen keine unzulässige Maßnahme der [X.] dar.
2. Die [X.]evision ist auch hinsichtlich des Antrages zu 2. auf Feststellung der Unzulässigkeit mehrerer Äußerungen des Antragsgegners zu 1. in
dem [X.] vom 13.
Juni 2012 gegenüber dem Antragsgegner zu 2. nicht begründet.
Da der Widerspruchsbescheid in der Sache keine zusätzliche selbstän-dige Beschwer enthielt, ist Gegenstand des (verbleibenden) Prüfungsverfah-rens nach §
80
Nr.
1 N[X.]iG in entsprechender Anwendung des §
79 Abs.
1 Nr.
1 VwGO nur der ursprüngliche Verwaltungsakt

der [X.] des Antragsgegners zu
1. vom 13.
Juni 2012

in der Gestalt des [X.]s.
Die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht stammt mithin von dem Präsidenten des Antragsgegners zu
1., der die verfahrensgegenständlichen Äußerungen getätigt hat, nicht aber von dem Antragsgegner zu
2.; letzterer ist 27
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13
-

worauf auch der [X.] im Ergebnis zutreffend abgestellt hat

mit-hin nicht passiv legitimiert.
I[X.] Soweit die Antragstellerin ihre gegen den Antragsgegner zu 1. gerich-teten Anträge mit der [X.]evision weiter verfolgt, hat ihr [X.]echtsmittel ebenfalls keinen Erfolg.
1. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Antrags zu 2., mit dem die Antrag-stellerin die Feststellung begehrt, dass die Bescheidung ihres Widerspruchs durch eine beauftragte [X.]in am [X.] unzulässig war. Denn insoweit ist der Antragsgegner zu 1. nicht passiv legitimiert.
Wie dargelegt macht die Antragstellerin mit diesem Antrag einen wesent-lichen Verfahrensmangel

den Erlass des Widerspruchsbescheids durch eine nicht zur Dienstaufsicht befugte und damit unzuständige [X.]in

geltend, der zu einer gegenüber dem Ausgangsbescheid
zusätzlichen Beschwer führen würde. In diesen Fällen ist die Klage nach §
78 Abs.
2 VwGO in Verbindung mit §
8 Abs.
2 Nds. AG VwGO gegen die Widerspruchsbehörde zu richten, nicht gegen die Ausgangsbehörde. Passiv legitimiert wäre insoweit also lediglich der Antragsgegner zu 2., nicht aber der Antragsgegner zu 1.
2. Auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1., mit dem sie die Fest-stellung der Unzulässigkeit der verfahrensgegenständlichen Äußerungen in dem [X.] des Antragsgegners zu 1. begehrt, bleibt die [X.]evision erfolglos.
a) Insoweit hat der [X.] zutreffend angenommen, dass der Antragstellerin das [X.]echtsschutzbedürfnis fehlt, in ihren Antrag den [X.] des Antragsgegners zu 2. vom 13.
Mai 2013 einzubeziehen. 30
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14
-
Abgesehen davon, dass die Bescheidung des Widerspruchs durch eine beauf-tragte [X.]in möglicherweise unzulässig war (siehe oben I[X.] 1.), entfaltet die-ser Widerspruchsbescheid keine Wirkungen mehr, nachdem der Antragsgegner zu 2.

berechtigterweise (siehe oben [X.] 1.)

den Widerspruch erneut

nunmehr durch den zuständigen Präsidenten des [X.]s

beschieden hat.
b) Ebenfalls zu [X.]echt ist der [X.] weiter davon ausgegan-gen, dass im Verfahren nach §
80 Nr.
1 N[X.]iG die Überprüfung einer Maßnah-me der Dienstaufsicht darauf beschränkt ist, ob sie in die richterliche Unabhän-gigkeit aus Art.
97 Abs.
1 GG eingreift. Nach der ständigen [X.]echtsprechung des Dienstgerichts des Bundes befinden [X.]dienstgerichte nach §
26 Abs.
3 D[X.]iG hingegen nicht darüber, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht auch aus anderen Gründen rechtswidrig und damit unzulässig ist (vgl. [X.], Urteile vom 31.
Januar 1984

[X.]iZ ([X.]) 3/83, [X.]Z 90, 41, 48 ff.; vom 27.
Januar 1995 -
[X.]iZ ([X.]) 3/94, D[X.]iZ 1995, 352, 353; vom 14.
April 1997

[X.]iZ
([X.]) 1/96, D[X.]iZ 1997, 467, 468). Zu dem damit der Prüfung der [X.]-dienstgerichte entzogenen Bereich der allgemeinen [X.]echtmäßigkeit der dienst-aufsichtsrechtlichen Maßnahmen zählt auch

entgegen der Auffassung der [X.]e-vision

die Frage, ob die vom Antragsgegner zu 1. in seinem Geschäftsprü-fungsbericht getroffenen Feststellungen sachlich richtig sind; dies ist nicht von [X.]dienstgerichten zu prüfen, vielmehr ist insoweit der [X.]echtsweg zu den [X.] eröffnet (vgl. [X.], Urteile vom 31.
Januar 1984

[X.]iZ
([X.]) 3/83, [X.]Z 90, 41, 48; vom 14. April 1997 -
[X.]iZ ([X.]) 1/96, D[X.]iZ 1997, 467, 468). Soweit also die Antragstellerin weiterhin darauf abstellt, sie habe entgegen den Feststellungen in dem [X.] ihre Amtsge-schäfte ordnungsgemäß erledigt, weshalb ihr die ordnungswidrige Art der Aus-führung der Amtsgeschäfte nicht habe vorgehalten werden dürfen, kann sie damit im Prüfungsverfahren nicht durchdringen.
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c) Auch im Übrigen zeigt die [X.]evision [X.]echtsfehler in der angegriffenen Entscheidung des [X.]es nicht auf.
Dieser hat die einzelnen angegriffenen Äußerungen aus dem Geschäfts-prüfungsbericht einer eingehenden Überprüfung unterzogen und ist mit rechts-fehlerfreier Begründung jeweils zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstelle-rin durch diese

soweit der [X.] ihren Anträgen nicht stattgegeben hat

nicht in ihrer richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt worden ist.
Im Einzelnen:
[X.]) Der [X.] hat ausgeführt, die erste beanstandete Äuße-rung enthalte den Vorwurf, die Antragstellerin arbeite nicht zügig, fördere die Verfahren nicht und ihre Aktenführung sei mangelhaft. Diese Kritik beziehe sich eindeutig nicht auf Inhalte von Entscheidungen oder entscheidungsvorbereiten-der Verfahrensschritte, sondern nur auf die Art und Weise, wie die Antragstelle-rin die Akten führe und den ordnungsgemäßen Geschäftsablauf sicherstelle. Damit hat der [X.] die insoweit gerügten richterlichen Tätigkeiten der Antragstellerin als dem Bereich der äußeren Ordnung zugehörig angese-hen, in dem einem [X.] die ordnungswidrige Art der Ausführung eines [X.] vorgehalten und er zur ordnungsgemäßen Erledigung gemahnt wer-den kann (vgl. insoweit Schmidt-[X.]äntsch, D[X.]iG, 6.
Aufl. §
26 [X.]n.
24 f. mwN). Dies ist mit Blick auf die beanstandete Formulierung in dem Geschäftsprü-fungsbericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; [X.]echtsfehler zeigt die [X.]e-vision nicht auf, solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
In einem zweiten Schritt hat der [X.] hervorgehoben, dass richterliche Unabhängigkeit in erster Linie Weisungsfreiheit bedeute, und inso-weit festgestellt, dass die beanstandete Äußerung keine konkrete, verfahrens-
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oder fallbezogene Anweisung enthalten habe. Es liege mithin nur eine im Sinne von §
26 Abs.
2 D[X.]iG zulässige Ermahnung der Antragstellerin vor, ihre Amts-geschäfte ordnungsgemäß zu erledigen. Auch insoweit hat die Überprüfung des Urteils [X.]echtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin nicht ergeben. Die Auffas-sung des [X.]s, dass eine Maßnahme, die nicht geeignet ist, einen [X.] auf direkte oder indirekte Weise zu veranlassen, eine Verfahrens-
oder Sachentscheidung künftig in einem anderen Sinne zu treffen, diesen nicht in seiner
richterlichen Unabhängigkeit verletze, entspricht vielmehr der ständigen [X.]echtsprechung des Dienstgerichts des Bundes (vgl. etwa [X.], Urteile vom 23.
Oktober 1963

[X.]iZ 1/62, [X.]Z 42, 163, 169 ff.; vom 17.
Oktober 1977

[X.]iZ ([X.]) 2/77, [X.]Z 70, 1, 4; vom 31.
Januar 1984

[X.]iZ ([X.]) 3/83, [X.]Z 90, 41, 44 mwN).
bb) [X.]echtsfehlerfrei ist auch die Einordnung und Beurteilung der

nach dem Urteil des [X.]s verbleibenden

Anmerkung, "dass einzelne Arbeitsschritte, wie zum Beispiel die Übersendung von Beschlüssen zur Unter-schrift an den Vorsitzenden in den Akten vielfach nicht dokumentiert" würden, "was zur Unvollständigkeit und damit auch zur Unübersichtlichkeit der Akten" führe. Auch insoweit ist nur der äußere Ablauf der Aktenführung angesprochen; ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit ist nicht ersichtlich und wird von der [X.]evision auch nicht aufgezeigt.
cc) Hinsichtlich zweier weiterer Formulierungen beanstandet die Antrag-stellerin erkennbar allein die Verwendung des Begriffs "Versäumnisse". Wie der [X.] zutreffend ausgeführt hat, zeigt der Bericht Umstände auf, die Versäumnisse im Sinne einer nicht ordnungsgemäßen Amtsführung darstellen könnten, auf die der Antragsgegner zu
1.

ohne die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin zu beeinträchtigen

hinweisen durfte. Ob die vom Antrags-41
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gegner zu 1. getroffenen Feststellungen sachlich richtig waren, mithin, ob es die genannten Versäumnisse tatsächlich gegeben hat, ist nach obigen Darlegun-gen (siehe oben I[X.] 2. b) im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.
dd) Auch die Behandlung der verbleibenden Äußerungen durch den [X.] begegnet keinen Bedenken. Die Mitteilung, der Antragsgeg-ner zu 1. habe keinen Anlass für ein disziplinarrechtliches Vorgehen gesehen,
stellt keine Maßnahme der Dienstaufsicht sondern eine bloße Information dar, zu der der Antragsgegner zu 1., der bei Vorliegen von dienstlichem Fehlverhal-ten disziplinarrechtliche Folgen zu prüfen hatte, jedenfalls befugt war. Die Erklä-rung, die Antragstellerin sei mit den Feststellungen zu konfrontieren, ist schließ-lich ersichtlich nicht geeignet, der Antragstellerin in irgendeiner Weise nahe zu legen, wie sie in Zukunft verfahren oder entscheiden solle,
und stellt deshalb ebenfalls keine unzulässige Maßnahme der Dienstaufsicht dar.
43
-
18
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II[X.] Die Kostenentscheidung folgt aus §
80 Abs.
1 D[X.]iG, §
154 Abs.
2 VwGO.

Bergmann

Drescher

Menges

Koch

Gericke

Vorinstanz:
Niedersächsischer [X.] für [X.] bei dem [X.] Celle, Entscheidung vom 16.12.2013 -
DGH 3/13 -

44

Meta

RiZ (R) 1/14

03.12.2014

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2014, Az. RiZ (R) 1/14 (REWIS RS 2014, 752)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 752

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