Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.03.2011, Az. 6 AZR 684/09

6. Senat | REWIS RS 2011, 8282

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Gegenstand

Vergütung der Rufbereitschaft II nach dem TV-Ärzte-KF


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 19. August 2009 - 4 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten, soweit für die Revision von Bedeutung, über die Frage der Vergütung der von der Klägerin von Juli 2007 bis Juni 2008 geleisteten [X.].

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Ärztin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet [X.] der [X.] in kirchlicher Fassung ([X.]) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22. Oktober 2007 wurde der [X.] rückwirkend zum 1. Juli 2007 neu gefasst und in der Fassung der redaktionellen Überarbeitung vom 21. November 2007 ([X.] nF) am 15. Januar 2008 im [X.] [X.] bekannt gemacht. Gemäß § 1 [X.] nF richten sich die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte ausschließlich nach der Anlage 6 zum [X.] - Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung ([X.]).

3

Der [X.] lautete bis zum 31. März 2009 auszugsweise wie folgt:

        

„§ 6   

        

Sonderformen der Arbeit

        

...     

        

(6) 1Die Ärztin/Der Arzt hat sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (Rufbereitschaft I und Rufbereitschaft II). … 3Durch tatsächliche Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft kann die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden überschritten werden (§§ 3, 7 Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 4 Arbeitszeitgesetz).

        

...     

        

§ 8     

        

Ausgleich für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst

        

(1) 1Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft I nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. 2Für die Rufbereitschaft I wird eine tägliche Pauschale je [X.] gezahlt. 3Für eine Rufbereitschaft I von mindestens zwölf Stunden wird für die Tage Montag bis Freitag das Zweifache, für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das Vierfache des tariflichen [X.] der jeweiligen [X.] und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt. … 5Für Rufbereitschaften I von weniger als zwölf Stunden werden für jede angefangene Stunde 12,5 v. H. des individuellen [X.] nach der [X.] gezahlt. 6Hinsichtlich der Arbeitsleistung wird jede einzelne Inanspruchnahme innerhalb der Rufbereitschaft I mit einem Einsatz im Krankenhaus einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten auf eine volle Stunde gerundet. 7Für alle Inanspruchnahmen wird das Entgelt für Überstunden sowie etwaiger [X.]zuschläge bezahlt. 8Für die [X.] der Rufbereitschaft I werden [X.]zuschläge nicht gezahlt.

        

...     

        

(2) 1Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft II nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß eine durchschnittliche Arbeitsbelastung von höchstens 25 % der [X.] der angeordneten Rufbereitschaft zu erwarten ist. 2Die [X.] der Rufbereitschaft II wird zu 50 % als Arbeitszeit gewertet und dafür 50 % des tariflichen [X.] der jeweiligen [X.] und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.

        

…“    

4

§ 6 Abs. 6 und § 8 Abs. 2 [X.] sind aufgrund eines Spruchs der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission Rheinland-Westfalen-Lippe ([X.]) vom 5. Dezember 2008 mit Wirkung zum 1. April 2009 neu gefasst worden.

5

§ 6 Abs. 6 [X.] ist um folgende Sätze 4 bis 6 ergänzt worden:

        

„Unter den Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 4 Ziffer 1 bis 3 kann im Rahmen des § 7 Absatz 2 a Arbeitszeitgesetz eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit durch tatsächliche Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft II auch ohne Ausgleich erfolgen. Dabei ist eine wöchentliche Arbeitszeit von maximal durchschnittlich 60 Stunden zulässig. Für die Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Arbeitszeit ist ein [X.]raum von einem Jahr zugrunde zu legen.“

6

§ 8 Abs. 2 [X.] ist in Satz 2 geändert und um Satz 3 und 4 ergänzt worden:

        

2Für die [X.] der Rufbereitschaft II wird ein Entgelt in Höhe von 25 v. H. des tariflichen [X.] der jeweiligen [X.] und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt. 3Für die [X.] der Rufbereitschaft II werden [X.]zuschläge nicht gezahlt. 4Zusätzlich wird für die [X.]en der Inanspruchnahme einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten, höchstens für 25 v. H. der [X.] der Rufbereitschaft II, das Entgelt für Überstunden sowie etwaige [X.]zuschläge gezahlt.“

7

Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis bis einschließlich Januar 2008 auf Basis des [X.] aF ab. Im Februar 2008 berechnete sie die Vergütung für die von der Klägerin geleisteten [X.] rückwirkend seit Juli 2007 auf Basis des § 8 Abs. 2 [X.] aF als [X.] neu. Dabei legte sie ebenso wie in der Folgezeit pro Stunde ein Entgelt von 25 % des individuellen [X.] zugrunde. Dies führte von Juli 2007 bis Juni 2008 zu einer Gesamtvergütung für die [X.] von 17.077,75 Euro.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für die geleistete [X.] pro Stunde ein Entgelt von 50 % des individuellen [X.] zu. Das Wort „dafür“ in dieser Bestimmung müsse sich auf die [X.] beziehen. Jede andere Auslegung sei sinnwidrig, da die Vergütung dann niedriger als bei der weniger belastenden [X.] sei, obwohl die Klägerin in ihrer Gestaltungsfreiheit stärker eingeschränkt sei.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.077,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank von 16.647,65 Euro seit dem 30. April 2008 und von 430,10 Euro seit dem 4. August 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag auf den eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF gestützt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, § 8 Abs. 2 [X.] aF sei offenbar unbillig und unwirksam gewesen. Dies ergebe sich vor allem aus dem Fehlen einer sog. „[X.]“, die erst zum 1. April 2009 in den [X.] eingefügt worden sei. [X.] habe darum erst seit dem 1. April 2009 angeordnet werden können. Dass die Änderung des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aus pragmatischen Gründen nicht rückwirkend zum 1. Juli 2007 vorgenommen worden sei, sei ebenfalls unbillig. Die Beklagte bestreitet den Vortrag der Klägerin zum Rechtssetzungswillen der [X.] ([X.]) mit Nichtwissen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht die Klage abgewiesen. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF war die [X.] mit 25 % des individuellen [X.] zu vergüten. Diese Regelung hält einer Rechtskontrolle stand.

I. 1. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF der Klägerin für jede von ihr geleistete Stunde einer [X.] nur ein Entgelt von 25 % und nicht von 50 % des individuellen [X.] zustand. Das stellt auch die Klägerin letztlich nicht in Abrede, wenn sie damit argumentiert, die Vergütungsregelung sei sinnwidrig, führe zu einem zu geringen Abstand zwischen der [X.] und II und beruhe auf einem Redaktionsversehen der [X.] [X.].

Die [X.] der [X.] war zum Zwecke der Vergütungsberechnung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF zu 50 % als Arbeitszeit zu werten. „Dafür“, also für diese nur zu 50 % zu berücksichtigende [X.], waren 50 % des individuellen [X.] zu zahlen. Dies führte im Ergebnis dazu, dass die [X.] nur mit 25 % des [X.] vergütet wurde. Hätte die [X.] [X.], wie von der Klägerin angenommen, für die [X.] eine Vergütung von 50 % des individuellen [X.] festlegen wollen, so hätte sie dies mit Formulierungen wie „eine Vergütung von 50 % des individuellen [X.]“ oder „eine Vergütung in Höhe des individuellen [X.] wird für 50 % der Arbeitszeit der angeordneten Rufbereitschaft gezahlt“ zum Ausdruck bringen müssen.

2. Selbst wenn man annähme, dass der Wortlaut nicht eindeutig sei, sprächen systematische Gesichtspunkte gegen die Auslegung der Klägerin. Ihre Annahme, der Begriff „dafür“ beziehe sich auf die [X.], führte zu keinem sinnvollen Regelungsinhalt des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF. Dann wäre § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF wie folgt zu lesen:

        

„Die [X.] der Rufbereitschaft II wird zu 50 % als Arbeitszeit gewertet und für die Rufbereitschaft II (werden) 50 % des tariflichen [X.] der jeweiligen [X.] und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.“

In dieser Lesart hätte die erste Gewichtung ausschließlich arbeitszeitrechtliche Bedeutung und wäre so zu verstehen, dass auch ohne Heranziehung zur Arbeitsleistung die [X.] der [X.] zu 50 % auf die Arbeitszeit anzurechnen wäre. Die vergütungsrechtliche Komponente wäre allein vom zweiten Satzteil abgedeckt. Vor dem Hintergrund, dass die [X.] der Rufbereitschaft keine Arbeitszeit ist ([X.] 20. Mai 2010 - 6 [X.] - Rn. 15, [X.] § 1 Tarifverträge: [X.] Nr. 36), gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die [X.] [X.] § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF einen grundlegend vom herkömmlichen arbeitszeitrechtlichen Verständnis der Rufbereitschaft abweichenden Inhalt geben wollte, zumal dies zu erheblichen, wenn nicht sogar unüberwindlichen Problemen für die Dienstgeberseite geführt hätte, die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften einzuhalten. Es kann jedoch der [X.] [X.] ebenso wenig wie Tarifvertragsparteien unterstellt werden, dass sie eine überflüssige, verwirrende und sinnlose Regelung treffen wollte (zu diesem [X.] [X.] 8. August 2002 - 8 [X.] - zu II 4 b bb (1) der Gründe, [X.] 2003, 239).

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin war von der [X.] [X.] auch nicht entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF eine Vergütung der [X.] mit einem Entgelt von 50 % des individuellen Stundensatzes gewollt. Ein solcher Wille hat in § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF keinerlei Anklang gefunden. Tatsächlich zeigt die Entstehungsgeschichte der Norm und ihre Neufassung mit Wirkung zum 1. April 2009, dass es den von der Klägerin behaupteten übereinstimmenden Willen der [X.] [X.] nicht gab.

a) Die Klägerin stützt sich für ihre Annahme auf die vom [X.] eingeholte Auskunft des [X.] als Vertreter der Dienstnehmer vom 29. Juli 2009. Daraus ergibt sich, dass die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF auf einem Vorschlag der Dienstnehmervertreter der [X.] [X.] beruhte. Die Vertreter der Dienstnehmer wollten sich dabei an der für den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte in Einrichtungen der [X.] (TV-Ärzte [X.]) vom 14. Juni 2007 vorgesehenen Regelung orientieren. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 dieses Tarifvertrags wird für jede Stunde der Rufbereitschaft [X.] des individuellen [X.] gezahlt. Im [X.]punkt des Vorschlags der Dienstnehmervertreter stand der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte [X.], wie er Eingang in diesen Tarifvertrag gefunden hat, jedoch noch nicht fest. Es standen noch unterschiedliche Formulierungen im Raum, nämlich [X.] entweder mit „50 % des individuellen [X.]“ oder alternativ „mit 50 % der Arbeitszeit der angeordneten Rufbereitschaftszeit“ zu bewerten. Nach Darstellung in der Auskunft des [X.] haben die Dienstnehmervertreter versehentlich in ihrem Formulierungsvorschlag beide Vergütungsalternativen des § 9 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte [X.] kumuliert, statt eine Alternative zu streichen. Diese aus Sicht der [X.] fehlerhafte Formulierung hat dann unverändert Eingang in den [X.] gefunden.

b) Zwischen [X.] und Dienstgeberseite der [X.] [X.] konnte kein Einverständnis darüber erzielt werden, dass ein redaktionelles Versehen vorlag. Das deswegen angestrengte Schiedsverfahren vor der ARS [X.] führte zu einem Beschluss vom 5. Dezember 2008, der wegen „Unwuchten in der Relation der einzelnen Belastungsstufen von Bereitschaftsdienst mit höchstmöglicher Auslastung bis zur Rufbereitschaft, bei der erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt“ anregte, für die Zukunft die unterschiedlichen Wertigkeiten innerhalb des derzeit geltenden Systems durch eine Neuordnung der Vergütungsregeln mit konsistenter Systematik auszugleichen.

Die [X.] [X.] hat aufgrund dieser Anregung die Vergütung für die [X.] mit Wirkung zum 1. April 2009 grundlegend neu gestaltet. Ein übereinstimmender Wille der [X.] und [X.], bereits für die [X.] vor der Neuregelung die [X.] mit mehr als 25 % eines [X.] zu vergüten, lässt sich damit nicht feststellen.

II. § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF war auch mit höherrangigem Recht vereinbar.

1. Die Annahme des [X.]s, die Bestimmungen zur [X.] im [X.] seien rückwirkend zum 1. Juli 2007 in [X.] getreten, wird von der Klägerin in der Revision nicht mehr in Frage gestellt. Im Gegenteil stützt sie den in die Revision gelangten Anspruch auch für die [X.] vor Januar 2008 gerade auf den [X.].

2. Entgegen der Auffassung der Revision war die Vergütungsregelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF nicht unbillig iSv. §§ 317, 319 [X.].

a) Die Rüge der Klägerin, die [X.] [X.] habe in rechtsmissbräuchlicher Weise allein aus pragmatischen Gründen davon abgesehen, die Neufassung des § 8 Abs. 2 [X.] rückwirkend in [X.] zu setzen, was gemäß § 319 [X.] zu korrigieren sei, ist als bestrittener neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren unbeachtlich. Ohnehin hatte die ARS [X.] nur eine Neuregelung für die Zukunft angeregt.

b) § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF war nicht wegen des Fehlens einer „Opt-out-Regelung“ und eines darin liegenden etwaigen Verstoßes gegen das [X.] unwirksam. Diese Bestimmung war auch nicht gleichheitswidrig. Die Klägerin hält unter Berufung auf den Prüfungsmaßstab der §§ 317 ff. [X.] die Änderung der Vergütung der Rufbereitschaft im BAT-KF durch den [X.] aF für unbillig. Änderungen und Ergänzungen [X.] sind jedoch am Maßstab der §§ 305 ff. [X.] zu prüfen, wobei als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit (§ 310 Abs. 4 Satz 2 [X.]) angemessen zu berücksichtigen ist, dass diese auf dem [X.] entstanden sind und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind. Dies führt dazu, dass solche Arbeitsvertragsregelungen unabhängig davon, ob sie tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, grundsätzlich wie Tarifverträge nur auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und Verstöße gegen die guten Sitten zu prüfen sind ([X.] 22. Juli 2010 - 6 [X.] - Rn. 26 ff., [X.] 2010, 658). Einer solchen Kontrolle hält § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF stand.

aa) Auf den von ihr gerügten Verstoß gegen das [X.] kann die Klägerin die begehrte Vergütung nicht stützen.

(1) Die Klägerin argumentiert widersprüchlich. Wäre die Vergütungsregelung der Rufbereitschaft im [X.] wegen Verstößen gegen das Arbeitszeitrecht unwirksam gewesen, führte dies nicht zu dem von der Klägerin angestrebten Entgelt, das sie gerade aus § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF herleitet. Vielmehr wäre dann die Vergütung der [X.] iSv. § 612 Abs. 2 [X.] nicht bestimmt, so dass die in dem vergleichbaren Wirtschaftskreis verkehrsübliche Vergütung zu zahlen wäre ([X.] 26. April 2006 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.]E 118, 66). Zur Höhe dieser Vergütung trägt die Klägerin nichts vor.

(2) Darüber hinaus betrifft die von der Klägerin angesprochene Frage der Notwendigkeit einer „[X.]“ für die Anordnung der [X.] die arbeitszeitrechtliche Zulässigkeit des Umfangs der Inanspruchnahme während dieser und nicht die für die Rufbereitschaft als solche zu zahlende Vergütung. Selbst wenn arbeitszeitrechtlich eine Anordnung der [X.] wegen der damit verbundenen Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit nicht hätte erfolgen dürfen, wie die Klägerin annimmt, führte dies nicht zu dem von der Klägerin erhobenen Vergütungsanspruch. Dem [X.] lässt sich keine Anspruchsgrundlage für Vergütungsansprüche bei Verstößen gegen die dort geregelten [X.] entnehmen (zuletzt [X.] 17. Dezember 2009 - 6 [X.] - Rn. 45, [X.] § 6 Nr. 1 = [X.] 100 TVöD-AT Anhang zu § 9 A. Hausmeister Nr. 3). Auch die Richtlinie 2003/88/[X.] und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ([X.] 2003/88/[X.]) enthält keine Sanktion bei einem Verstoß gegen die Mindestvorschriften hinsichtlich der Arbeitszeit ([X.] 25. November 2010 - [X.]/09 - [Fuß] Rn. 44, [X.], 53). Die Beklagte ist auch kein öffentlicher Arbeitgeber, gegen den möglicherweise ein Schadensersatzanspruch bei Verletzungen der Vorgabe aus der Richtlinie bestehen könnte (dazu vgl. [X.] 25. November 2010 - [X.]/09 - [Fuß] Rn. 45 ff., aaO).

Daher kann dahinstehen, ob bereits vor dem 1. April 2009 eine „[X.]“ für die Anordnung der [X.] erforderlich war.

bb) Die Klägerin rügt eine gleichheitswidrige Bevorzugung der Arbeitnehmer, bei denen [X.] angeordnet wird, wenn sie darauf hinweist, dass bei einer Vergütung der [X.] mit nur 25 % der individuellen Stundenvergütung die [X.] besser vergütet worden sei, obwohl die Ärzte dabei wesentlich weniger beansprucht worden seien. Zwar verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss ([X.] 16. Dezember 2010 - 6 [X.] - Rn. 19). Ein solcher ist jedoch nicht erfolgt.

(1) Bereits die Annahme der Klägerin, die [X.] sei besser vergütet worden als die [X.], trifft so nicht zu. Bei Rufbereitschaften von Montag bis Freitag, für die lediglich ein Stundenentgelt für zwei Stunden für die [X.] gezahlt wurde, war die [X.] finanziell günstiger für die Arbeitnehmer, solange im Rahmen der [X.] keine oder nur geringfügige Inanspruchnahmen erfolgten. Bei [X.] von weniger als zwölf Stunden war mit 12,5 % des individuellen [X.] eine geringere Vergütung als für die [X.] geschuldet.

(2) Die [X.] [X.] hat mit der Regelung der Vergütung der [X.] in § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF die Grenzen ihrer Regelungsmacht noch nicht überschritten. Arbeit in ihren unterschiedlichen Ausgestaltungsformen wie [X.], Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und [X.] oder II kann vergütungsrechtlich unterschiedlich behandelt werden. Die Vergütungsregelung muss lediglich den Verlust an Freizeit angemessen berücksichtigen und darf dem Arbeitnehmer keine erheblichen Leistungen ohne Vergütung abverlangen. Hinsichtlich der Einschätzung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Freizeit vorliegt und ob und in welchem Umfang diese ausgeglichen werden soll, kommt der [X.] dabei eine [X.] zu (vgl. für Tarifverträge [X.] 27. November 2008 - 6 [X.] - Rn. 27, [X.] 2009, 198; 5. Februar 2009 - 6 [X.] - Rn. 25, [X.]E 129, 284). § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] aF hielt sich noch innerhalb dieses Spielraums. Die Anordnung der [X.] führte nicht typischerweise zu finanziellen Vorteilen gegenüber der [X.], sondern insbesondere dann, wenn es zu Inanspruchnahmen während der [X.] kam. Eine solche Inanspruchnahme ist nach den tatbestandlichen Voraussetzungen zu ihrer Anordnung aber die Ausnahme.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Sieberts    

                 

Meta

6 AZR 684/09

24.03.2011

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Duisburg, 27. November 2008, Az: 1 Ca 2031/08, Urteil

§ 8 Abs 2 S 2 TV-Ärzte-KF, § 8 Abs 2 S 2aF TV-Ärzte-KF, § 317 BGB, § 319 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.03.2011, Az. 6 AZR 684/09 (REWIS RS 2011, 8282)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8282

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