Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2016, Az. 7 W (pat) 22/15

7. Senat | REWIS RS 2016, 9681

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 501 02 164 (= EP 1 324 820)

wegen Rücknahme der Lizenzbereitschaftserklärung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] am 20. Juni 2016 durch [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Der Präsidentin des [X.] wird anheim gegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten.

Gründe

I.

1

Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen den [X.]uss der [X.] des [X.] ([X.]) vom 16. April 2015 mit der Feststellung, dass die Rücknahme der [X.]serklärung gemäß § 23 Abs. 7 [X.] ausgeschlossen und der Antrag der Patentinhaberin vom 24. Juli 2014 auf Löschung der [X.] unwirksam sei.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

3

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines u. a. mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1 324 820 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Verwendung eines programmgesteuerten Rührwerks", das beim [X.] unter der Nummer 501 02 164 geführt wird. Am 25. Juli 2014 hat die Patentinhaberin eine dieses Schutzrecht betreffende [X.]serklärung vom 24. Juli 2014 beim Patentamt eingereicht. Die Erklärung ist am 1. August 2014 im Register eingetragen und anschließend im [X.] veröffentlicht worden.

4

Mit einem am 10. November 2014 beim Patentamt eingegangenen Telefax hat die Patentinhaberin sodann die Rücknahme der [X.]serklärung vom 24. Juli 2014 erklärt und beantragt, einen entsprechenden Vermerk im Register vorzunehmen.

5

Auf einen Hinweis des Patentamts darauf, dass zur Zurücknahme der [X.] zusätzlich erklärt werden müsse, dass dem Patentinhaber niemand die Benutzungsabsicht angezeigt habe, hat die Patentinhaberin vorgetragen, dass ihr keine wirksame [X.] [X.]. § 23 Abs. 3 [X.] übermittelt worden sei.

6

Das als "[X.]" betitelte Schreiben der [X.] vom 14. Oktober 2014 erfülle, so die Patentinhaberin, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht. Denn die potenzielle Lizenznehmerin sei von vornherein nicht bereit, für die Benutzung des Schutzrechts eine Vergütung zu bezahlen. Sie sei daher als potenzielle Patentverletzerin anzusehen, welche das Schreiben lediglich als Vorwand für die Verschleierung einer Verletzungshandlung verwende. Das Konkurrenzunternehmen plane, ein eigenes Sortiment für Rührgeräte und Zubehör auf den Markt zu bringen und zu vertreiben. Es fertige bereits patentgemäße Produkte und sei mit der Patentinhaberin durch eine zeitlich befristete Vertragsbeziehung zur Produktion der patentgemäßen Gegenstände verbunden, die ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot enthalte. Da zur Prüfung der Wirksamkeit einer ggf. vorliegenden [X.] kein patentamtliches Verfahren vorgesehen sei, sei es für die registerrechtliche Lage ohne Belang, ob eine [X.] zum Zeitpunkt der Rücknahme der [X.] vorgelegen habe.

7

Mit [X.] vom 16. Februar 2015 hat das Patentamt Zweifel an den Erfolgsaussichten des von der Patentinhaberin gestellten Antrags geäußert und um Übersendung einer Kopie des Schreibens vom 14. Oktober 2014 zur abschließenden Prüfung gebeten, die es auch erhalten hat.

8

Mit [X.]uss vom 16. April 2015 hat die [X.] des [X.] sodann festgestellt, dass die Rücknahme der [X.]serklärung gemäß § 23 Abs. 7 [X.] ausgeschlossen und der Antrag der Patentinhaberin vom 24. Juli 2014 auf Löschung der [X.] unwirksam sei, da der Inhalt der vorgelegten [X.] § 23 Abs. 3 [X.] entspreche. Da es sich um ein registerrechtliches Verfahren handele, prüfe das Patentamt lediglich den gesetzlichen Inhalt der [X.].

9

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung führt sie aus, das Schreiben vom 14. Oktober 2014 dürfe nicht verhindern, dass sie über die weitere Nutzung des Schutzrechtes verfügen könne. Käme es zur Benutzung, stünde ihr ein Recht zur fristlosen Kündigung des [X.] zu. Gleiches gelte, wenn die Benutzungswillige die Zahlung einer Lizenzgebühr - wie angekündigt - weiterhin verweigere. Die unwirksam und wider [X.] und Glauben abgegebene Erklärung vom 14. Oktober 2014 dürfe die erstrebte Löschung der [X.]serklärung im Register nicht verhindern, da sonst ein durch rechtswidrige Erklärungen der Wettbewerberin geschaffener Zustand zu Lasten der Schutzrechtsinhaberin perpetuiert würde.

II.

Der Senat hält aus nachfolgenden Gründen eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung für möglich.

Nach § 23 Abs. 7 Satz 1 [X.] kann eine [X.]serklärung gegenüber dem Patentamt zurückgenommen werden, solange dem Patentinhaber noch nicht die Absicht angezeigt worden ist, die Erfindung zu benutzen. Diese Vorschrift wurde durch das Zweite Gesetz über das Gemeinschaftspatent mit Wirkung vom 1. Juni 1992 vor allem deshalb eingeführt, um auch nach vorheriger Abgabe einer [X.]serklärung nach § 23 Abs. 1 [X.] die Vergabe einer ausschließlichen Lizenz zu ermöglichen ([X.] 1992, 42, 54, Begründung zu Art. 7 Nr. 1 2.G[X.]). Allerdings wird dieses Ziel nur sehr eingeschränkt erreicht, weil schon nach der ersten gemäß § 23 Abs. 3 [X.] abgegebenen [X.] die [X.]serklärung nicht mehr zurückgenommen werden kann (§ 23 Abs. 7 Satz 1 [X.]), mit der Folge, dass beispielsweise schon die Vereinbarung einer ausschließlichen Lizenz zwischen dem Patentinhaber und dem ersten [X.]r nicht mehr möglich ist.

Zudem enthält § 23 Abs. 7 [X.] mit Satz 1 einen [X.], der vom Patentamt praktisch nicht nachprüfbar ist (vgl. auch Busse/Hacker, [X.], 7. Aufl., § 23 Rn. 72 a. E.). Denn wer dem Patentinhaber die Benutzung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 [X.] anzeigt und damit ein Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrags macht, steht zu dem Patentinhaber in einer rein privatrechtlichen Beziehung, die das Patentamt nicht berührt. Dass sich das Patentamt nach Erhalt einer Zurücknahmeerklärung vor Löschung der [X.]serklärung im [X.] durch Anfrage bei dem Patentinhaber darüber vergewissert, ob ihm eine [X.] zugegangen ist und bei Vorlage einer solchen die Einhaltung der formellen Erfordernisse einer solchen [X.] überprüft (in Übereinstimmung mit der früheren Senatsentscheidung in B[X.]E 47, 134 - Rücknahme der [X.]serklärung), mag zwar ausreichend sein in Fällen, in denen die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der [X.] offensichtlich oder vom Patentinhaber nicht bestritten ist. Der [X.] des § 23 Abs. 7 Satz 1 [X.] dürfte aber nur dann eingreifen, wenn es sich um eine in jeder Hinsicht wirksame [X.] handelt, die auch nicht aus besonderen, etwa aus (früheren) Rechtsbeziehungen zwischen Patentinhaber und [X.]ndem herrührenden Gründen unwirksam ist. Wird daher die Unwirksamkeit der [X.] aus solchen Gründen geltend gemacht, greift eine auf das Formelle beschränkte Prüfung der [X.] auf jeden Fall zu kurz.

Zugleich gibt es aber keine Rechtsgrundlage dafür, die Prüfungsbefugnisse des Patentamts zu erweitern, denn die Vorschrift des § 23 Abs. 7 [X.] sieht kein patentamtliches Wirksamkeitsprüfungsverfahren der Rücknahme einer [X.]serklärung vor. Anders als etwa bei Löschung der ausschließlichen Lizenz im [X.] nach § 30 Abs. 4 Satz 4 [X.] gibt § 23 Abs. 7 [X.] auch nicht an, aufgrund welcher dem Patentamt vorzulegenden Nachweise die einmal eingetragene [X.]serklärung wieder zu löschen ist. Im Übrigen dürfte das Patentamt eine materiell-rechtliche Prüfung des [X.]s des § 23 Abs. 7 Satz 1 [X.] bzw. der [X.] wohl nur unter Einbeziehung des [X.] durchführen, wofür aber gerade keine rechtliche Grundlage vorhanden ist. Ohne Rechtsgrundlage sind Dritte nämlich nicht am patentamtlichen Verfahren zu beteiligen (vgl. [X.], [X.]. v. 7. Juli 2015, [X.], [X.], 927 - Verdickerpolymer II).

In Übereinstimmung mit der früheren Senatsentscheidung (B[X.]E 47, 134 - Rücknahme der [X.]serklärung) ist daher zwar daran festzuhalten, dass - soweit es nicht ausschließlich um die Festsetzung der Vergütung nach § 23 Abs. 4 [X.] geht - für die materiell-rechtliche Prüfung des [X.] des § 23 Abs. 7 Satz 1 [X.] und damit Streitigkeiten um die Wirksamkeit einer [X.] allein die Zivilgerichte zuständig sind.

Es ist jedoch eine andere Frage, zu welchen Rechtsfolgen es beim Patentamt führt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Patentinhaberin dem Patentamt auf Nachfrage mitgeteilt hat, dass ihr zwar seitens des [X.] eine [X.] zugegangen, dass diese aber nicht wirksam sei. Eine Prüfung, ob diese rechtliche Einschätzung zutrifft, hat die Patentabteilung zu Recht nicht vorgenommen. Gleichwohl stößt es auf Bedenken, dass das Patentamt in so einem Fall eine feststellende Entscheidung des Inhalts treffen kann, dass die Rücknahme der [X.]serklärung unwirksam sei. Denn eine volle Prüfung des Eingreifens des [X.]es des § 23 Abs. 7 Satz 1 [X.] und damit der Wirksamkeit der Zurücknahme ist gerade nicht durchgeführt worden.

Vielmehr erschiene es in Fällen wie den vorliegenden, in denen die Wirksamkeit einer [X.] umstritten ist, sachgerechter, dass sich das Patentamt als gesetzlich vorgesehener Empfänger einer Rücknahmeerklärung auf die Entgegennahme der Rücknahmeerklärung als solcher beschränkt, zumal es im Gesetz heißt, dass diese mit ihrer Einreichung wirksam wird (§ 23 Abs. 7 Satz 2 [X.]), und auch lediglich dieses - nämlich den Eingang einer Rücknahmeerklärung beim Patentamt - im Register vermerkt. Dies könnte im Register mit einem Hinweis darauf verbunden werden, dass der [X.] des § 23 Abs. 7 Satz 1 [X.] vom Patentamt nicht geprüft worden ist (z. B. "Am … ist beim Patentamt die Erklärung der Zurücknahme der [X.]serklärung eingegangen. Das Vorliegen einer der Wirksamkeit der Rücknahme entgegenstehenden [X.] (§ 23 Abs. 7 Satz 1 [X.]) wird vom Patentamt nicht geprüft."). Das Patentamt hätte also in derartigen Fällen nicht die Löschung der [X.]serklärung im Register zu vermerken, sondern lediglich den Eingang einer Zurücknahmeerklärung. Jede weitere Klärung bliebe den Zivilgerichten vorbehalten.

Folgt man dieser Auffassung, so hätte sich das Patentamt jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden darauf zu beschränken, die Erklärung der Rücknahme in Empfang zu nehmen und den Eingang der Zurücknahmeerklärung gemäß § 23 Abs. 7 Satz 2 [X.] - vorausgesetzt sie ist als solche formgültig erklärt - wie ausgeführt ohne eine weitergehende Prüfung im Register zu vermerken.

[X.]

Der Senat wird eine Sachentscheidung nicht vor Ablauf von

zwei Monaten

nach Zustellung dieser Entscheidung an die Präsidentin des [X.] treffen.

Meta

7 W (pat) 22/15

20.06.2016

Bundespatentgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2016, Az. 7 W (pat) 22/15 (REWIS RS 2016, 9681)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9681

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