Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2014, Az. IV ZB 30/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7746

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB
30/12
vom

19. Februar 2014

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

am 19. Februar 2014

beschlossen:

Die
Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des 20. Zi-vilsenats des [X.] vom 27.
August 2012 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verwor-fen.

[X.]: 188.366

Gründe:

[X.] Die Klägerin macht gegen die Beklagte [X.] wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten bei Abschluss einer Lebensversicherung geltend. Das die Klage abweisende Urteil des Land-gerichts wurde ihren Prozessbevollmächtigten am 28.
Februar 2012 zu-gestellt. Nachdem die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt hatte, ist die Frist zur Begründung der Berufung auf ihren Antrag um einen Monat verlängert worden. Die sodann am 30.
Mai 2012 per Telefax an das [X.] übermittelte [X.] war ebenso wie das am folgenden Tage dort eingegangene Original nicht von den Prozessbevollmächtigten unterschrieben.
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Die Klägerin hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung des Antrags ausgeführt:

In der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten bestehe die [X.], regelmäßig wiederholte Anweisung, sämtliche Schreiben vor der Versendung auf das Vorhandensein der erforderlichen Unterschrift zu überprüfen, sowie Fristangelegenheiten mit gesonderter Aufmerksamkeit zu überprüfen, bei den geringsten Zweifeln Rücksprache mit dem
Sach-bearbeiter oder bei dessen Abwesenheit mit einem anderen Rechtsan-walt sowie bei Angelegenheiten von besonderer Bedeutung mit dem [X.] zu halten. Diesen Anweisungen sei stets Folge geleistet worden, Beanstandungen hätten sich nie ergeben.

In diesem Fall jedoch habe die Rechtsanwaltsfachangestellte B.

die Begründungsschrift ohne Unterschrift nach schriftlicher Ausfertigung
zunächst per Fax übersandt, hierüber weisungsgemäß den [X.] unterrichtet, sowie danach das Original versandfertig gemacht und auf den Postweg gebracht und auch hierüber den [X.]. Anschließend habe dieser die Frist gelöscht und der sachbear-beitende Rechtsanwalt sei über die Erledigung der Fristangelegenheit sowohl von Frau B.

als auch vom [X.] unterrichtet worden. Da an diesem Tage sowohl der [X.] als auch alle angestellten Rechtsanwälte in den Kanzleiräumen anwesend gewesen seien, habe der Sachbearbeiter bei dieser Mitteilung davon ausgehen dürfen, dass einer der anderen Rechtsanwälte die Berufungsbegründung unterzeich-net habe.
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Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurück-gewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.

Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt,
dass ein der Klägerin gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung vorliege, weil diesem bei der Mitteilung über die Erledigung der Fristangelegenheit hätte auf-fallen müssen, dass er die Berufungsbegründung nicht unterzeichnet [X.]. Tatsachen, die ein Vertrauen in die Unterzeichnung der [X.] durch einen anderen Rechtsanwalt als ihn selbst rechtfertigen könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Eine etwaige diesbezügliche Übung in der Kanzlei habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach §
574 Abs.
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz 4, §
238 Abs.
2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zu-lässig, da es an den Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO fehlt. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht eine Ent-scheidung des [X.].
Mit der Ablehnung der [X.] und der Verwerfung der Berufung hat das Berufungsge-richt weder den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen [X.] (Art.
103 Abs.
1 GG) noch auf Gewährung wirkungsvollen Rechts-schutzes (Art.
2 Abs.
1 GG
i.[X.] Art.
20 Abs.
3 GG) verletzt.

1. Es
ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein
Rechtsanwalt einfache Verrichtungen
wie die Kontrolle der Unterschriftsleistung in 5
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Schriftsätzen vor deren Versendung

einer entsprechend geschulten und zuverlässigen Bürokraft übertragen darf ([X.], Beschlüsse vom 19.
Fe-bruar 2009
[X.], juris Rn.
12; vom 12.
Dezember 1984
[X.], [X.], 285 unter 2) und im Allgemeinen auch nicht ver-pflichtet
ist, sich im Einzelfall über die ordnungsgemäße Ausführung [X.] durch allgemeine Weisung danach zulässigerweise einer Bürokraft übertragenen Aufgabe zu vergewissern ([X.], Beschlüsse vom 8.
Januar 2013

[X.], iuris Rn.
8; vom 27.
April 2010
[X.], NJW-RR 2010, 1076 Rn.
11).

2. Rechtsfehlerfrei ist aber auch die weitere Annahme
des Beru-fungsgerichts, dass dieser Grundsatz hier aufgrund besonderer [X.] nicht gilt, weil dem sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten bei der Mitteilung, dass die Fristangelegenheit erledigt sei, hätte auffallen müssen, dass er die Berufungsbegründung nicht selbst unterschrieben hatte.

a) Dem hält die Beschwerde lediglich entgegen, dass es in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ständige Übung gewe-sen sei, dass Schreiben, insbesondere auch fristgebundene Eilsachen wie [X.],
gegebenenfalls trotz Anwesenheit des Sachbearbeiters durch einen
anderen
Rechtsanwalt unterschrieben wür-den, nachdem der sachbearbeitende Anwalt die angewiesene Ausferti-gung zuvor inhaltlich am [X.] überprüft habe, so dass der Unterzeichner sich auf diese Prüfung verlassen könne.

b) Mit diesem Vorbringen kann sie
schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese
Angaben zur kanzleiinternen Organisation erst im Rahmen der Beschwerde und nicht schon innerhalb der zweiwöchigen 10
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Antragsfrist gemäß §§
234 Abs.
1, 236 Abs.
2 ZPO erfolgt sind. Nach diesen Vorschriften
müssen alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, in-nerhalb der genannten Antragsfrist vorgetragen werden.
Nur
erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach §
139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen ausnahmsweise noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden ([X.], Beschluss vom 25.
September 2013
[X.]/13, NJW 2014, 77 Rn.
6; Senatsbe-schluss vom 20.
März 2013 -
IV ZB 21/12, juris Rn.
12 m.w.N.).

Letzteres ist hier nicht der Fall.
Die Feststellung des Berufungsge-richts, dass dem sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten bei der Mitteilung seiner Büroangestellten über die Löschung der Frist hätte auf-fallen müssen, dass er die Berufungsbegründung nicht unterschrieben hatte, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Es hätte vielmehr
zur schlüssi-gen Darlegung eines fehlenden Verschuldens
gehört mitzuteilen, warum der sachbearbeitende Rechtsanwalt
von einer ordnungsgemäßen Unter-zeichnung der Berufungsbegründung hätte ausgehen dürfen, obwohl ein Vertretungsfall -
z.B. infolge von Abwesenheit -
nicht vorlag.

Dies lag ohne weiteren Vortrag schon deshalb nicht auf der Hand, weil die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die [X.] verantwortlich Zeichnenden tragen muss, was im An-waltsprozess unter anderem voraussetzt, dass die Berufungsbegründung von einem dazu
bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelas-senen Rechtsanwalt nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss
([X.], Beschluss vom 25. September 2012

[X.], [X.], 237 Rn.
9). Mit den Regelungen über den Anwaltszwang (§
78 Abs.
1 ZPO) und über den notwendigen Inhalt einer 13
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Berufungsbegründung (§
520 Abs.
3 ZPO) soll erreicht werden, dass ein mit dem Verfahren vertrauter Rechtsanwalt dem Gericht und dem Gegner den Sachverhalt unter bestimmter Bezeichnung der im Einzelnen anzu-führenden Anfechtungsgründe nach persönlicher Durcharbeitung des [X.] vorträgt. Die Berufungsbegründung muss deshalb [X.] der geistigen Arbeit des [X.] sein. Erforderlich ist, dass der unterzeichnende Anwalt die Berufungsbegründung selbständig prüft und aufgrund der Prüfung die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt ([X.], Beschluss vom 24.
Januar 2008 -
IX ZB 258/05, [X.], 1311 Rn.
5 m.w.N.). Eine nur "formelle Unterschrift" genügt nicht ([X.], Urteil vom
31.
März 2003 -
II ZR 192/02, [X.], 487
unter II 1).

Darauf, dass die Umstände, die zur Entschuldigung der Fristver-säumung vorgebracht werden, vollständig vorgetragen werden müssen, braucht eine anwaltlich vertretene [X.] nicht nach § 139 ZPO
hinge-wiesen zu werden ([X.], Beschlüsse vom 27.
November 2013 -
III ZB 29/13, juris Rn.
10; vom 10.
Januar 2013 -
I [X.], [X.], 233 Rn.
8).

c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das zusätzliche Vorbringen in der Beschwerdeinstanz
aus den vorstehenden
Gründen auch in der Sache nicht zur Darlegung fehlenden Verschuldens geeignet wäre.

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II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.02.2012 -
9 O 571/10 -

OLG Köln, Entscheidung vom 27.08.2012 -
20 U 60/12 -

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Meta

IV ZB 30/12

19.02.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2014, Az. IV ZB 30/12 (REWIS RS 2014, 7746)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7746

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IV ZB 30/12

I ZR 203/08

VI ZB 52/12

VIII ZB 84/09

XII ZB 200/13

VIII ZB 22/12

I ZB 76/11

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