Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2018, Az. II ZB 28/16

II. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6720

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:030718BIIZB28.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 28/16

vom

3. Juli 2018

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 66 Abs. 1
a)
Bei [X.] einer Gesellschaft gegen [X.] hat der Ge-sellschafter regelmäßig kein rechtliches Interesse im Sinne des §
66 Abs.
1
ZPO am [X.] zum Rechtsstreit.
b)
Die Zulässigkeit eines [X.]s zu Klage und Widerklage ist jeweils selbständig zu prüfen. Ein [X.] auf Seiten einer Hauptpartei ist auch allein zur Klage [X.] allein zur Widerklage möglich.
[X.], Beschluss vom 3. Juli 2018 -
II ZB 28/16 -
[X.]

[X.]

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 3.
Juli
2018 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr.
Drescher und [X.], [X.], Dr.
Bernau und V.
Sander
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des 14.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
März 2016 wird auf ihre Kosten zurück-gewiesen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000

Gründe:
I.
Die Rechtsbeschwerdeführerin ist mit einer Beteiligungssumme in Höhe
von 25.000

Société
Civile [X.]
(folgend [X.]). Die Klägerin zu 26 ist eine von insge-samt über 30
Klägerinnen und Klägern, die gegen die Beklagten [X.] wegen der angeblichen Verletzung anwaltlicher Pflichten einge-klagt haben.
Die Rechtsbeschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 29.
April
2015 ihren
[X.] zum Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin zu 26 und im Hinblick auf die Klage erklärt. Die Beklagten und die Kläger haben die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt.
1
2
-
3
-

Das [X.] hat mit [X.] die [X.].
Die hiergegen von den Klägern und Beklagten eingelegte sofortige Be-schwerde hat Erfolg gehabt. Das [X.] hat das [X.] ab-geändert und die Nebenintervention der Rechtsbeschwerdeführerin zurückge-wiesen.
Im Ausgangsverfahren haben die Beklagten Widerklage gegen die Klä-ger wegen
angeblicher Schadensersatzansprüche
erhoben. Die Widerklage ist nach der Entscheidung des [X.] über die Zulassung der [X.] zur Klage und vor der Beschlussfassung des [X.]s
einge-reicht worden.
Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Nebenintervenientin
die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entschei-dung erreichen.
[X.] Die Rechtsbeschwerde hat keinen
Erfolg.
1.
Das [X.] hat ein rechtliches
Interesse der Rechtsbe-schwerdeführerin
gemäß
§ 66 Abs. 1 ZPO am [X.] zur Klage der Klägerin zu
26 verneint. Sie sei zwar Gesellschafterin der Klägerin zu 26, einer französi-schen [X.]. Ihr Interesse,
am Aktivprozess der Gesellschaft
teilzunehmen,
be-stehe allerdings nur in wirtschaftlicher Hinsicht, da der Ausgang des Prozesses nur den Wert ihres Gesellschaftsanteils beeinflussen könne. Die [X.] verfolge deswegen kein rechtliches
Interesse.
Eine abweichende Beur-teilung sei auch nicht aus dem Umstand gerechtfertigt, dass es sich vorliegend um einen Aktivprozess einer [X.] [X.] handele. Es sei nicht geltend 3
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4
-

gemacht worden, dass die Klägerin als Gesellschafterin den streitgegenständli-chen Anspruch auch selbst einklagen könnte. Es liege auch weder ein Fall der Rechtskrafterstreckung vor,
noch habe das Urteil im Ausgangsverfahren eine
Gestaltungswirkung für die Rechtsbeschwerdeführerin. Dass die Rechtsbe-schwerdeführerin
im Falle des Unterliegens der Klägerin zu 26 gegebenenfalls als Gesellschafterin für die von der Klägerin zu 26 zu tragenden Prozesskosten haften müsse, rechtfertige es nicht, ein rechtliches Interesse am [X.] zum [X.] anzunehmen.
2. Der Beschluss des [X.]s hält rechtlicher Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht ein rechtliches Interesse am [X.] der Rechtsbeschwerdeführerin
zur Klage der Klägerin
zu
26 gemäß §
66 Abs.
1
ZPO verneint. Bei [X.] einer Gesellschaft gegen [X.] hat der Gesellschafter regelmäßig kein rechtliches Interesse im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO am [X.] zum Rechtsstreit.
a) Gemäß §
66 Abs.
1 ZPO kann derjenige, der ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit eine [X.] obsiegt, dieser [X.] zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. Dabei ist der Begriff des rechtlichen Interesses weit
auszulegen (st. Rspr. [X.], Urteil vom 17.
Januar
2006

X
ZR
236/01, [X.]Z 166,
18 Rn.
7; Beschluss vom 18.
November
2015
VII
ZB
2/15, WM
2016, 532 Rn.
11). Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten [X.] oder zu dem [X.] in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entschei-dung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt. Der bloße Wunsch eines Nebeninter-venienten, der Rechtsstreit möge zugunsten einer [X.] entschieden werden, stellt lediglich einen Umstand dar, der ein tatsächliches Interesse am Obsiegen 9
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-

einer [X.] zu erklären vermag ([X.], Beschluss vom 10.
Februar
2011

I
ZB
63/09, NJW-RR
2011, 907 Rn.
10; Beschluss vom 24.
April
2006

II
ZB
16/05, ZIP
2006, 1218 Rn.
8, 12; Beschluss vom 18.
November
2015

VII
ZB
2/15, [X.]Z 207, 378 Rn.
11).
Ein rechtliches Interesse für den Gesellschafter am [X.] zu einem ge-gen die
Gesellschaft geführten Prozess ist bei Personenhandelsgesellschaften wegen der Haftung nach §§
128,
129,
161 Abs.
2 HGB anerkannt ([X.], Urteil vom 13.
Februar
1974
VIII
ZR
147/72, [X.]Z 62, 131, 133; [X.], JW 1911, 817; [X.],
[X.], 663; Mansel in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
66 Rn.
71; [X.], 5.
Aufl., §
66 Rn.
9; [X.] in [X.], ZPO, 23.
Aufl., §
66 Rn.
12, 29). Bei [X.]
der Gesell-schaft gegen [X.] ist dagegen ein rechtliches Interesse im Sinne des §
66 Abs.
1 ZPO nicht gegeben. Das Interesse, die Vermögenssituation
der Gesellschaft als Klägerin
zu verbessern, um etwa höhere Tantiemen
von der klagenden Gesellschaft
oder als Gesellschafter einer Aktiengesellschaft [X.] der verbesserten Vermögenssituation der Gesellschaft höhere Dividen-den zu erhalten, ist ein rein wirtschaftliches und kein rechtliches
(vgl. [X.], 182, 184; [X.], [X.], 423, 424; [X.], [X.], 1760, 1761; Mansel in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
66 Rn.
73; [X.]/[X.], 5.
Aufl., §
66 Rn.
17; a.[X.], [X.]lehre und Streit-gegenstand im Zivilprozess, 1961, S.
145; Gummert in [X.] Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd.
1, 4.
Aufl., §
19 Rn.
37; [X.]/[X.] in [X.] Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 1, 4.
Aufl., §
70 Rn.
10).
b) Im vorliegenden Fall liegt das Interesse der Rechtsbeschwerdeführerin darin, durch den Erfolg der Klage der Klägerin zu
26 deren Vermögenssituation zu verbessern, um den Wert ihres Geschäftsanteils an der Klägerin zu
26 zu 11
12
-
6
-

erhöhen. Das ist ein rein wirtschaftliches Interesse und kein die [X.] nach §
66 Abs.
1 ZPO rechtfertigendes rechtliches Interesse.
c) Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin
zu
26 eine [X.] [X.] ist, deren Gesellschafterin die Rechtsbeschwerdeführerin
ist. Auch die Rechtsbeschwerde stellt nicht in Frage, dass die Klägerin zu 26
nach dem maßgeblichen [X.] Recht über ein eigenes Gesellschaftsvermögen
verfügt und die Gesellschafter lediglich einen Geschäftsanteil halten ([X.]; [X.]/[X.], Das [X.] Zivilrecht, Bd.
2, 2.
Aufl., 2
L
129; [X.], [X.], 58, 60). Das Inte-resse der Rechtsbeschwerdeführerin als
Gesellschafterin einer [X.] ist nur rein wirtschaftlich.

d) Der rechtlichen Nachprüfung stand hält ebenfalls die Auffassung des [X.]s, dass das rechtliche Interesse für die Nebenintervenientin nicht dadurch begründet werden kann, dass im Fall eines Unterliegens der Klä-gerin zu
26 im Klageverfahren ein Kostenerstattungsanspruch für die Beklagten entstehen kann, für den die Rechtsbeschwerdeführerin
als Gesellschafterin der Klägerin zu
26 akzessorisch haften müsste. Das rechtliche Interesse im Sinne des §
66 Abs.
1 ZPO muss sich aus der Entscheidung in der [X.]. Das Interesse zur Vermeidung einer ungünstigen Kostenentscheidung zu Lasten der Hauptpartei genügt nicht. Es darf nicht erst durch den Rechtsstreit geschaffen werden, in dem der [X.] erfolgen soll
(Mansel in [X.]/
Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
66 Rn.
41; [X.] in [X.], ZPO, 23.
Aufl., §
66 Rn.
21; [X.], Das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten, 1962, S.
40; vgl. auch
[X.]Z
169, 50, 51
f.).

13
14
-
7
-

e) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass die
einzelnen Gesellschafter einer
personalisiert strukturierten Gesellschaft etwa einer OHG oder [X.] als Verletzte einer
Untreuehandlung anzusehen seien
und
ihnen
des-wegen nach §
406e
Abs.
1
StPO auch ein Akteneinsichtsrecht zustehe. Die Frage der Auslegung des Straftatbestandes der
Untreue nach §
266 StGB und ein daraus im Strafverfahren
folgendes Akteneinsichtsrecht gemäß §
406e Abs.
1
StPO ist nicht gleichzusetzen mit dem Erfordernis eines rechtlichen Inte-resses
gemäß § 66 Abs. 1 ZPO am Obsiegen des Rechtsstreits der Gesell-schaft gegenüber einem [X.] im Hinblick auf eine Schadenser-satzforderung.
Dass der Gesellschafter insoweit ein wirtschaftliches Interesse hat, steht außer Frage und nicht im Gegensatz zur
Auslegung des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Februar
2012

1
StR
586/11, NStZ
2013, 38 Rn.
10, 19), begründet aber aus sich heraus kein Recht zum [X.] nach §
66 Abs.
1 ZPO.
f) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Oberlandesge-richt habe die Widerklage der Beklagten nicht berücksichtigt. Die Rechtsbe-schwerde meint zu Unrecht, es bestehe ein rechtliches Interesse am [X.] zum Rechtsstreit, weil insoweit ein Passivprozess der Klägerin zu 26 als Be-klagte der Widerklage vorliege und die Rechtsbeschwerdeführerin als Gesell-schafterin der Klägerin zu
26 bei deren Unterliegen akzessorisch hafte.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Nebenintervenientin ein rechtliches Interesse am [X.] auf Seiten der Klägerin zu
26 im Hinblick auf die [X.] hat. Der [X.] zur Widerklage auf Seiten der Klägerin zu
26 als Widerbe-klagte ist nicht Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Zum Zeitpunkt der [X.]serklärung der Rechtsbeschwerdeführerin und der Entscheidung über die Zulässigkeit der Nebenintervention durch das [X.] war die Widerkla-15
16
17
-
8
-

ge noch nicht erhoben. Gegenstand der Entscheidung des [X.] und damit auch des Beschwerdeverfahrens war damit allein die Entscheidung über die Zulässigkeit der Nebenintervention zur Klage der Klägerin zu 26. [X.] ist auch das Rechtsbeschwerdeverfahren auf die Überprüfung der Zulassungsentscheidung des [X.]s der Nebenintervenientin zur Klage der Klägerin zu 26 beschränkt.
Auch wenn ein [X.] zur Widerklage der Rechtsbeschwerdeführerin möglich ist, folgt daraus nicht, dass deswegen die Nebenintervention im [X.] auf die Klage zulässig wird. Vielmehr ist die Zulässigkeit eines [X.]s zu Klage und Widerklage jeweils selbständig zu prüfen. Bei Klage und Widerklage handelt es sich um zwei selbständige Prozesse, [X.] eines [X.]aktes zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung in einem Verfahren verbunden sind ([X.] in [X.], ZPO, 23.
Aufl., §
33 Rn.
1; [X.]/
[X.], 5.
Aufl., §
33 Rn.
8). Ein [X.] ist nicht nur unteilbar zu allen im [X.] anhängigen, sondern vielmehr auch möglich zu einzelnen Streitgegen-ständen ([X.], Beschluss vom 30.
Oktober
1959

V
ZR
204/57, [X.]Z
31, 144, 146; [X.], 5.
Aufl., §
66 Rn.
20; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 15.
Aufl., §
66 Rn.
11). Dies gilt auch im Fall von Klage und Widerklage

18
-
9
-

(Mansel in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
66 Rn.
81; vgl. auch [X.], [X.] Rechtsprechung 1919, 31
f.; [X.] in [X.], ZPO, 23.
Aufl., §
66 Rn.
15).

Drescher
[X.]
[X.]

Bernau

V. Sander

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.09.2015 -
327 O 334/15 -

[X.], Entscheidung vom 22.03.2016 -
14 [X.]/15 -

Meta

II ZB 28/16

03.07.2018

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2018, Az. II ZB 28/16 (REWIS RS 2018, 6720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6720

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