Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2007, Az. IV ZR 145/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4518

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am:

28. März 2007

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Ges[X.]häftsstelle in dem Re[X.]htsstreit Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja [X.]S §§ 36, 78, 80 Es verstößt ni[X.]ht gegen höherrangiges Re[X.]ht, dass bei der Ermittlung der Startgut-s[X.]hrift von am 1. Januar 2002 bei der [X.] und der Län-der ([X.]) beitragsfrei Versi[X.]herten, die wegen Ni[X.]hterfüllung der Wartezeit von 60 Monaten (no[X.]h) keine [X.] erworben haben, der [X.] ni[X.]ht angewendet wird. [X.], Urteil vom 28. März 2007 - [X.]/06 - [X.]AG [X.] - 2 -

[X.] hat dur[X.]h [X.] als Vorsitzenden, [X.], die Ri[X.]hterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] und Dr. [X.] auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 28. März 2007 für Re[X.]ht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgeri[X.]hts [X.] vom 5. Mai 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dar-in zum Na[X.]hteil der [X.] erkannt ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amts-geri[X.]hts [X.] vom 3. Juni 2005 wird insgesamt zu-rü[X.]kgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Re[X.]htsmittelverfahren zu tragen. Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand:

Die am 9. April 1953 geborene Klägerin war Lehrerin im Angestell-tenverhältnis und vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Januar 2001 - mithin 49 Monate - bei der beklagten [X.] und der Länder ([X.]) pfli[X.]htversi[X.]hert. Mit Wirkung vom 1. Februar 2001 wurde 1 - 3 -

die Klägerin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Stu-dienrätin z.A. ernannt und mit Wirkung vom 15. Dezember 2003 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
Die Beklagte hat die Aufgabe, den Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentli[X.]hen Dienstes im Wege privat-re[X.]htli[X.]her Versi[X.]herung eine zusätzli[X.]he Alters-, [X.] und Hinterbliebenenversorgung (Zusatzversorgung) zu gewähren. [X.] der Umstellung der Zusatzversorgung dur[X.]h Neufassung ihrer Satzung (im Folgenden: [X.]S) von einem endgehaltsbezogenen Ge-samtversorgungssystem auf ein Betriebsrentensystem, das auf einem Punktemodell beruht, zum 31. Dezember 2001 ([X.]) hat die Beklagte den Wert der von den Versi[X.]herten bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen rentenre[X.]htli[X.]hen Positionen ermittelt, ohne Berü[X.]ksi[X.]hti-gung von [X.]en in [X.] (VP) umgere[X.]hnet und als sog. Startguts[X.]hriften (vgl. § 78 Abs. 1 [X.]S) in das neue System über-führt. Für die Klägerin ergeben si[X.]h so ein monatsbezogener Wert von 50,76 • und eine Startguts[X.]hrift von 12,69 VP. 2 Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz ledigli[X.]h no[X.]h darum, ob die Beklagte verpfli[X.]htet ist, bei der Bere[X.]hnung der Startguts[X.]hrift den [X.] gemäß § 36 Abs. 3 [X.]S anzuwenden. Das Berufungs-geri[X.]ht hat der Klage insoweit stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte, die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgeri[X.]hts insgesamt zurü[X.]kzuweisen. 3 - 4 -

Ents[X.]heidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. 4 [X.] Das Berufungsgeri[X.]ht hat ausgeführt: Die Startguts[X.]hrift beruhe auf § 80 [X.]S i.V. mit § 44 der Satzung der [X.] in der Fassung der 41. Satzungsänderung (im Folgenden: [X.]S a.F.). Ein Eingriff in den ges[X.]hützten Besitzstand liege ni[X.]ht vor, weil die Wartezeit von 60 Umla-gemonaten ni[X.]ht erfüllt sei. Allerdings verstoße es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass bei der Bere[X.]hnung der Startguts[X.]hrift der [X.] gemäß § 36 Abs. 3 [X.]S ni[X.]ht angewendet worden sei. Dadur[X.]h werde die Gruppe der vor dem [X.] bereits Versi[X.]herten glei[X.]h-heitswidrig s[X.]hle[X.]hter gestellt als die Gruppe der erstmals na[X.]h Ablauf des 31. Dezember 2001 bei der [X.] versi[X.]herten Personen. Es liege eine sa[X.]hli[X.]h ni[X.]ht gere[X.]htfertigte Unglei[X.]hbehandlung vor. [X.] die Startpunkte der jüngeren rentenfernen Jahrgänge würden entwertet. Eine satzungskonforme Regelung lasse si[X.]h aufgrund der Glei[X.]hstellung nur darin finden, dass die Startpunkte mit dem [X.] multipliziert würden, der eine jährli[X.]he Verzinsung von 3,25% während der [X.] beinhalten solle. 5 I[X.] Das hält re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. 6 7 1. Dem Berufungsgeri[X.]ht ist allerdings darin zuzustimmen, dass si[X.]h die Bere[X.]hnung der Startguts[X.]hrift (§ 78 Abs. 1 [X.]S) hier na[X.]h § 80 [X.]S i.V. mit § 44 [X.]S a.F. ri[X.]htet. Dana[X.]h sind die [X.] 5 -

s[X.]hriften für die am 1. Januar 2002 beitragsfrei Versi[X.]herten na[X.]h der am 31. Dezember 2001 geltenden Versi[X.]herungsrentenbere[X.]hnung zu ermitteln. Zu den am 1. Januar 2002 beitragsfrei Versi[X.]herten gehört au[X.]h die Klägerin, weil ihre Versi[X.]herung seit 1. Februar 2001 als bei-tragsfreie Versi[X.]herung fortbesteht (vgl. §§ 24 Abs. 1 Bu[X.]hst. b, 30 Abs. 1 [X.]S, 25 Abs. 1 Bu[X.]hst. [X.], 34 Abs. 1 Bu[X.]hst. a [X.]S a.F.).
2. Na[X.]h der Umstellung der Zusatzversorgung auf ein Betriebsren-tensystem, deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Re[X.]ht für die Ent-s[X.]heidung des anhängigen Re[X.]htsstreits dahinstehen kann, erre[X.]hnet si[X.]h gemäß § 35 Abs. 1 [X.]S die monatli[X.]he Betriebsrente des Versi-[X.]herten aus der Summe der bis zum Rentenbeginn erworbenen [X.] (§§ 36, 78 Abs. 1 Satz 2 [X.]S), multipliziert mit dem [X.] von vier Euro. Für na[X.]h dem 31. Dezember 2001 erzieltes zusatzversorgungspfli[X.]htiges Entgelt (§ 64 Abs. 4 [X.]S) ergibt si[X.]h na[X.]h § 36 Abs. 1 Satz 1 Bu[X.]hst. a, Abs. 2 Satz 1 [X.]S die Anzahl der [X.] pro Kalenderjahr aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspfli[X.]htigen [X.] zum Referenzentgelt von 1.000 •, multipliziert mit dem in § 36 Abs. 3 [X.]S vorgesehenen [X.]. Bei der Ermittlung der Anzahl der [X.] aus vor dem 1. Januar 2002 erzieltem zusatzversorgungspfli[X.]htigen Entgelt - mithin bei der Ermittlung der Startguts[X.]hrift - sind die [X.]en hingegen gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 u. 2 [X.]S ni[X.]ht zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Demzufolge finden sie au[X.]h bei der Ermittlung der Startguts[X.]hrift der Klägerin, die ledigli[X.]h bis zum 31. Januar 2001 zusatzversorgungspfli[X.]h-tiges Entgelt bezogen hat, keine Anwendung. 8 - 6 -

Au[X.]h im Übrigen wird die Startguts[X.]hrift der Klägerin na[X.]h der [X.] der [X.] ni[X.]ht verzinst. Eine Dynamisierung derselben ist [X.] ni[X.]ht vorgesehen. Denn na[X.]h § 78 Abs. 1 Satz 3 [X.]S findet ei-ne Verzinsung vorbehaltli[X.]h des § 68 Abs. 1 [X.]S ni[X.]ht statt und na[X.]h § 80 Satz 2 [X.]S gilt für die Dynamisierung der Startguts[X.]hrift § 68 [X.]S. Diese Bestimmung regelt, ob und in wel[X.]hem Ausmaß aus verbleibenden Übers[X.]hüssen Bonuspunkte vergeben werden können. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 [X.]S kommen für die Zuteilung von Bonuspunkten neben den am Ende des laufenden Ges[X.]häftsjahres Pfli[X.]htversi[X.]herten nur die zum glei[X.]hen Zeitpunkt beitragsfrei Versi[X.]herten in Betra[X.]ht, die eine Warte-zeit von 120 Umlage-/Beitragsmonaten erfüllt haben. Hierzu zählt die le-digli[X.]h 49 Monate pfli[X.]htversi[X.]herte und seit 1. Februar 2001 beitragsfrei versi[X.]herte Klägerin ni[X.]ht. 9 3. Das verstößt ni[X.]ht gegen höherrangiges Re[X.]ht. Insbesondere genügt es den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und des Art. 3 Abs. 1 GG. 10 a) Jedenfalls bei am 1. Januar 2002 beitragsfrei Versi[X.]herten, die wie die Klägerin wegen fehlender Erfüllung der Wartezeit von 60 Mona-ten (§§ 34 [X.]S, 38 [X.]S a.F.) (no[X.]h) keine [X.] erwor-ben haben (vgl. [X.]Z 84, 158, 173), kann es ni[X.]ht als unangemessene Bena[X.]hteiligung i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden, wenn sowohl auf eine Verzinsung als au[X.]h auf eine Dynamisierung der Startguts[X.]hrift verzi[X.]htet wird. Dabei kann offen bleiben, ob und gegebe-nenfalls inwieweit die Bestimmungen der Satzung der [X.] in An-betra[X.]ht der §§ 307 Abs. 3 Satz 1, 310 Abs. 4 Satz 3 BGB einer AGB-re[X.]htli[X.]hen Inhaltskontrolle unterliegen. 11 - 7 -

[X.]) Na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung des Senats (vgl. [X.]Z 155, 132, 137 ff.; 142, 103, 110; 103, 370, 385 ff.; Senatsurteile vom 29. Sep-tember 1993 - IV ZR 275/92 - [X.], 1505 unter 1 d; vom 16. Oktober 1985 - [X.] - [X.], 142 unter [X.]) kommt ei-ner Zusatzversorgungseinri[X.]htung bei der Ausgestaltung ihrer Satzung weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Es ist in erster Linie Sa[X.]he der [X.] ihr stehenden Tarifvertragsparteien, hierauf Einfluss zu nehmen (vgl. [X.]Z 155, 132, 139; Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 - [X.] - [X.], 360 unter IV), wobei ihnen wiederum dur[X.]h Art. 9 Abs. 3 GG ein Freiraum bei der Ausgestaltung des der Satzung faktis[X.]h vorgelagerten Tarifvertrages zur Verfügung gestellt ist. Das gilt ni[X.]ht nur für den Anspru[X.]h auf Zusatzversorgung an si[X.]h, sondern erst re[X.]ht für Fragen der Dynamisierung ([X.]Z 155, 132, 138). In Respektierung die-ses Gestaltungsspielraums hat der Senat ausgespro[X.]hen, dass im Grundsatz eine wiederkehrende Anpassung der Renten an die [X.] wirts[X.]haftli[X.]hen Verhältnisse gefordert ist, soweit die gewährte Zu-satzversorgung der Existenzsi[X.]herung im Alter dient ([X.]Z 155, 132, 138 f.). Au[X.]h das Bundesverfassungsgeri[X.]ht hat der [X.] hinsi[X.]ht-li[X.]h der Dynamisierung von (Versi[X.]herungs-)Renten einen Prüfauftrag er-teilt ([X.], 835, 838). 12 bb) Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Verzinsung und/oder Dynamisierung erdienter [X.]en geboten sein könnte, bedarf an dieser Stelle keiner Ents[X.]heidung. Denn unabhängig davon muss es jedenfalls in der auss[X.]hließli[X.]hen Kompetenz der Zusatzversor-gungseinri[X.]htung bzw. der hinter ihr stehenden Tarifvertragsparteien lie-gen, darüber zu ents[X.]heiden, ob und gegebenenfalls in wel[X.]her Weise 13 - 8 -

die weitaus s[X.]hwä[X.]here rentenre[X.]htli[X.]he Position - nämli[X.]h diejenige, die si[X.]h mangels Erfüllung der Wartezeit no[X.]h ni[X.]ht einmal zu einer Renten-anwarts[X.]haft verdi[X.]htet hat - bis zum mögli[X.]hen Eintritt des Versi[X.]he-rungsfalls zu verzinsen und/oder zu dynamisieren ist. Ansonsten bliebe von der (au[X.]h) insoweit bestehenden "weitgehenden Gestaltungsfreiheit" praktis[X.]h ni[X.]hts mehr übrig. Daher ist es ni[X.]ht zu beanstanden, dass die Startguts[X.]hrift der Klägerin na[X.]h der Satzung der [X.] weder ver-zinst no[X.]h dynamisiert wird. b) Dies verstößt entgegen der Ansi[X.]ht des Berufungsgeri[X.]hts au[X.]h ni[X.]ht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es ist insbesondere ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h, wes-wegen es sa[X.]hli[X.]h geboten sein könnte, auf Versi[X.]herte wie die Klägerin, deren Pfli[X.]htversi[X.]herungsverhältnis ohne Begründung einer Rentenan-warts[X.]haft vor Ablauf des 31. Dezember 2001 geendet hat, die erst für Pfli[X.]htversi[X.]herungszeiten ab dem 1. Januar 2002 Geltung beanspru-[X.]hende Bestimmung des § 36 Abs. 3 [X.]S über den [X.] [X.], nur weil diese Bestimmung von der [X.] (au[X.]h) bei [X.] angewendet wird, deren Pfli[X.]htversi[X.]herungsverhältnis erstmals na[X.]h dem 31. Dezember 2001 begonnen hat. Die hier vorgenommene 14 - 9 -

Differenzierung zwis[X.]hen diesen unters[X.]hiedli[X.]hen Gruppen von Versi-[X.]herten liegt vielmehr - wie zuvor ausgeführt - im Gestaltungsermessen der [X.]. Damit s[X.]heidet zuglei[X.]h eine von der [X.] angedeutete Eigentumsverletzung aus.
[X.] [X.]

Dr. [X.][X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Ents[X.]heidung vom 03.06.2005 - 10 C 85/04 - LG [X.], Ents[X.]heidung vom [X.]

Meta

IV ZR 145/06

28.03.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2007, Az. IV ZR 145/06 (REWIS RS 2007, 4518)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4518

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