Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2011, Az. 4 StR 369/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 4091

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 369/11

vom
10. August
2011
in der Strafsache
gegen

wegen Diebstahls mit Waffen u.a.

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des
Beschwerdeführers
am 10. August
2011
gemäß §
349 Abs.
2 und 4, § 357 Satz 1
StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten D.

wird das Urteil des [X.]s Köln
vom 12. Mai
2011
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser [X.] und der frühere Mitangeklagte B.

je-weils des
Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort schuldig sind,
b)
hinsichtlich des Angeklagten D.

mit den zuge-hörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Ang[X.]n in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Ver-handlung und Entscheidung, auch über
die
Kosten des
Rechtsmittels, an eine
andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten D.

und den nicht revidierenden früheren Mitangeklagten B.

jeweils wegen gemeinschaftlichen Diebstahls 1
-
3
-
mit Waffen in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort oder Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt
und die Vollstreckung der gegen den [X.] verhängten Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Hiergegen richtet
sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des
Angeklagten
D.

. Das
Rechtsmittel hat, auch hinsichtlich des früheren Mitangeklagten
B.

, in dem aus dem
Beschlusstenor
ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übri-gen ist es
unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1. Das [X.] konnte nicht feststellen, wer bei dem Rammen des Fahrzeugs des Zeugen H.

und der sich anschließenden Flucht den [X.] steuerte und wer auf dem Beifahrersitz saß, bei einem Halt ausstieg und den Zeugen bedrohte, um ihn von weiterer Verfolgung abzuhalten. [X.] beider Angeklagter ist es davon ausgegangen, dass der jeweilige Angeklag-te sich auf dem Beifahrersitz befand und der andere den Lastkraftwagen ge-steuert hat.
Bei der rechtlichen Würdigung ist die [X.] zugunsten bei-der Angeklagter davon ausgegangen, dass der jeweils andere als Täter eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort anzusehen ist, wozu dann der jeweilige Angeklagte Beihilfe geleistet hat. Sie hat beide
auf [X.] Grundlage als Täter oder Gehilfen
der Verkehrsunfallflucht verurteilt.
Die Verurteilung wegen Täterschaft oder Beihilfe auf [X.] Grundlage hat keinen Bestand. Kann der Tatrichter einen Tatvorgang nicht ein-deutig aufklären und muss er mehrere mögliche Geschehensabläufe in Rech-nung stellen, ist das Verhältnis dieser mehreren möglichen,
das Tatgeschehen bildenden Verhaltensweisen zueinander dafür maßgebend, ob und aufgrund welcher Strafvorschrift der Angeklagte zu verurteilen ist. Stehen die zu beurtei-lenden V2
3
-
4
-

[X.]n zu entscheiden ist, nach dem milderen Gesetz zu verurteilen. Das ist nach der Rechtsprechung des [X.] auch in Fällen von Beihilfe und Täterschaft bejaht worden (Urteile vom 16. Dezember 1969

1
StR
339/69, [X.], 203; vom 28. Oktober 1982

4 [X.], BGHSt 31, 136, 138; Beschluss vom 18. August 1983

4 [X.], BGHSt 32, 48, 57; Urteile
vom 14. Dezember 1988

3 [X.], BGHR StGB § 27 Abs. 1 Unterlassen 2; vom 7. Mai 1996

1 [X.], BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittä-ter 26). Der Schuldspruch muss deshalb

auch bezüglich des früheren [X.] B.


357 Satz 1 StPO)

dahin
geändert werden, dass der [X.] nur wegen tateinheitlicher Beihilfe zur Verkehrsunfallflucht verurteilt ist.
Der [X.] schließt
aus, dass die [X.] durch die [X.] beeinflusst worden sind.
Das [X.] hat die Strafen dem Strafrahmen des § 244 Abs. 1 StGB entnommen. Soweit es das
tateinheitliche
Zusammen-treffen mehrerer Tatbestände berücksichtigt hat, ist angesichts der mehrfachen Erwähnung des [X.] im Urteil auszuschließen, dass es den Angeklagten jeweils eine täterschaftliche Verwirklichung der [X.] angelastet haben könnte.
2. Das Urteil hält außerdem rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit eine Entscheidung über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt (§
64 StGB) unterblieben ist. Der [X.] hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:

[X.] seit etwa zwei Jahren vor der Straftat am 18.05.2010 Drogen

4
5
6
-
5
-
(UA S. 5). Er konsumierte insbesondere regelmäßig Amphetamin und bisweilen
Marihuana. Seit der Tat habe er

so der Angeklagte

keine Drogen mehr eingenommen (S. 12, 13). Dem Angeklagten fiel es schwer, den Drogenkonsum mit seinen legalen Einkünften zu finanzie-ren ([X.]). Am Tattag selbst hatte der Angeklagte etwa 5 g Amphe-

Es liegt nahe, dass die abgeurteilte Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Heilungserfolg, der die [X.] entbehrlich machen könnte, bereits dadurch eingetreten ist, dass der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben seit der Tat bis zur [X.] keine Betäubungsmittel mehr konsumiert hat. Einer solchen Annahme ist das Gericht schon bei der Prüfung der Frage, ob die Strafe gegen den Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt werden kann, offen-sichtlich nicht gefolgt ([X.]). Jedenfalls beruhte diese nicht auf ei-nem Laborbefund oder einem Gutachten eines Sachverständigen.
Die Änderung des § 64 StGB von einer Muss-
in eine Sollvorschrift macht dessen Prüfung durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessens-entscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen ([X.] vom 19.02.2008

4 StR 36/08 Rdn. 5). Da der Beschwerdeführer die Nicht-anwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen hat, kann die [X.] nachgeholt werden (BGHSt 37, 5). Der neue Tatrichter hat über die Anordnung nach § 64 unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§
246a StPO) zu entscheiden...

Dem kann sich der [X.] nicht verschließen.
7
-
6
-
Die
Aufhebung wegen der unterbliebenen Anordnung nach § 64 StGB lässt den Strafausspruch unberührt. Denn der [X.] schließt hier einen Zu-sammenhang zwischen der Straffestsetzung und einer [X.] nach § 64 StGB aus.
[X.] Roggenbuck

Cierniak

Franke RiBGH Bender ist infolge

Urlaubs ortsabwesend und

daher an der Unterschrifts-

leistung gehindert.

[X.]

8

Meta

4 StR 369/11

10.08.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2011, Az. 4 StR 369/11 (REWIS RS 2011, 4091)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4091

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