Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.03.2024, Az. B 9 SB 27/23 B

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Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21. Juli 2023 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines höheren Grads der Behinderung (GdB) als 70.

2

Das [X.] hat den Beklagten verurteilt, beim Kläger einen GdB von 70 festzustellen (Gerichtsbescheid vom 11.4.2022). Das L[X.] hat die auf Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von mindestens 80 gerichtete Berufung des [X.] mangels Beschwer als unzulässig verworfen. Der Kläger habe in der ersten Instanz seinen Klageantrag auf die Feststellung eines GdB von 70 begrenzt; dem habe das [X.] in vollem Umfang stattgegeben. Bei der Anhebung des GdB auf den geforderten Mindestwert fehle es an einer fortbestehenden Beschwer. Ein erstinstanzlicher Klageantrag auf einen höheren GdB als 70 lasse sich dem Vorbringen des [X.] im Klageverfahren auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen (Urteil vom 21.7.2023).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum B[X.] eingelegt. Das L[X.] habe verfahrensfehlerhaft seinen Klageantrag verkannt.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil der allein behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

5

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 1 [X.]G), müssen zur Bezeichnung dieses [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. Daran fehlt es hier.

6

Der Kläger rügt, das L[X.] habe verfahrensfehlerhaft seinem auf Feststellung eines GdB "von mindestens 70" gerichteten Klageantrag im erstinstanzlichen Verfahren kein Klagebegehren auf Feststellung eines höheren als des vom [X.] zugesprochenen GdB von 70 entnommen. Das L[X.] habe seine Berufung daher nicht mangels Beschwer als unzulässig verwerfen dürfen.

7

Mit diesem Vortrag hat der Kläger keinen Verfahrensmangel bezeichnet. Nach der Rechtsprechung des B[X.] ist auch im Schwerbehindertenrecht bei der Auslegung eines Prozessantrags nach den allgemeinen Auslegungsregeln der wirkliche Wille des Prozessführenden maßgebend, soweit er sich aus Umständen ergibt, die für das Gericht und die anderen Beteiligten erkennbar sind. Bietet der gestellte Klageantrag Raum und Anlass für eine Auslegung, darf das [X.] die ihm obliegende Amtsermittlungspflicht nicht verkürzen, indem es die nach § 123 [X.]G dann gebotene Auslegung unterlässt. Das gilt insbesondere auch für einen Antrag auf Feststellung eines [X.] (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] SB 2/16 R - [X.] 4-1500 § 92 [X.] 4 Rd[X.] 15 ff mwN).

8

Der Kläger bezeichnet in seiner Beschwerdebegründung bereits keine Verfahrensnorm, gegen die das L[X.] verstoßen haben soll (vgl hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 3. Aufl 2023, § 160a Rd[X.] 93). Sofern er mit seiner Beschwerde eine Verkennung des Streitgegenstands und damit eine Verletzung von § 123 [X.]G bei der Auslegung des auf Feststellung eines [X.] gerichteten Klageantrags rügen will, setzt dies nach dem Vorstehenden die nähere Bezeichnung der Umstände voraus, aus denen für das Gericht und die anderen Beteiligten der auf Feststellung eines höheren GdB gerichtete Wille erkennbar war.

9

Diese Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung aber nicht. Der Kläger ist der Ansicht, sein auf Feststellung eines höheren GdB gerichtete Wille ergebe sich schon aus der mit der Klage beantragten Feststellung eines GdB von "mindestens 70" als solcher. Damit bezeichnet er aber keine Verletzung von § 123 [X.]G durch das L[X.]. Denn er versäumt es, für das Gericht und die Beteiligten erkennbare Umstände zu benennen, die eine andere Auslegung des Klageantrags geboten hätten, als sie das L[X.] letztlich vorgenommen hat (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] SB 2/16 R - [X.] 4-1500 § 92 [X.] 4 Rd[X.] 12 f; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 14 [X.]/18 B - juris Rd[X.] 5). Allein die Darstellung der eigenen, abweichenden Rechtsmeinung reicht insoweit nicht.

Will der Kläger seine Beschwerde darauf stützen, das L[X.] hätte kein Prozessurteil erlassen dürfen, sondern eine Sachentscheidung treffen müssen, hätte er dies darlegen müssen. Solche Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung - wie aufgezeigt - aber nicht.

Unabhängig davon fehlt es auch an der Darlegung, warum das L[X.] dem Kläger auf der Grundlage der - insoweit schon nicht mitgeteilten - Feststellungen des L[X.] überhaupt einen höheren GdB als 70 hätte zusprechen können. Es ist nicht Aufgabe des B[X.], sich die hierfür maßgeblichen Feststellungen selbst aus der angegriffenen Entscheidung des L[X.] herauszusuchen (vgl stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 12/21 B - juris Rd[X.] 5 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 [X.]G).

3. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

        

Kaltenstein

B. Schmidt

Röhl   

Meta

B 9 SB 27/23 B

19.03.2024

Bundessozialgericht

Beschluss

Sachgebiet: SB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.03.2024, Az. B 9 SB 27/23 B (REWIS RS 2024, 2421)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2421

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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