Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. III ZB 57/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7587

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 57/12
vom

7. März
2013

in dem Rechtsstreit

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Der III. Zivilsenat des [X.] hat am
7. März 2013
durch den [X.] [X.] sowie [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr.
Remmert

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde
der [X.] gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des [X.] vom 3.
Mai 2012 wird auf ihre Kosten verworfen.

[X.]: bis 600

Gründe:

I.

Die
Klägerin verfolgt
Gewinnbeteiligungsansprüche gegen die
Beklagte
und hat zu diesem Zweck
eine Stufenklage erhoben. In der ersten Stufe ist die Beklagte
verurteilt
worden, der Klägerin ab dem 1.
Juli 2011 Einsicht in den Jahresabschluss zum 31.
Dezember 2010 zu gestatten sowie
die Richtigkeit der Jahresabschlüsse jeweils zum 31.
Dezember der Jahre 2007 bis
2009 und ab dem 1.
Juli 2011 auch die Richtigkeit des Jahresabschlusses zum 31.
De-zember 2010 unter Einsicht der Bücher und Papiere der Gesellschaft unter [X.] eines der beruflichen Verschwiegenheit unterliegenden Sachver-ständigen (Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) durch die Klägerin prüfen zu lassen. Gegen dieses Teilurteil hat die Beklagte rechtzeitig Berufung 1
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eingelegt und diese fristgemäß begründet.
Mit Verfügung vom 19. Dezember 2011 hat das Berufungsgericht
auf Bedenken dagegen hingewiesen, dass
der Wert des
Beschwerdegegenstands . Daraufhin hat
die Beklag-te geltend
gemacht,
insbesondere der
Transport
der
an
verschiedenen Standor-ten
lagernden Aktenordnern
sowie das Aussortieren
der der Einsichtnahme un-terfallenden Unterlagen, die überwiegend thematisch und nicht nach Abschluss-jahren geordnet seien, erfordere einen erheblichen zeitlichen
Aufwand; da kein eigenes Personal zur Verfügung stünde, müssten externe Mitarbeiter eingesetzt werden. Des Weiteren sei auch der zeitliche Aufwand des Geschäftsführers für die Überwachung der Einsichtnahme durch die Klägerin zu veranschlagen.
[X.] sei
auch ihr Geheimhaltungsinteresse bei der Wertbemessung zu be-rücksichtigen. Denn durch die Einsichtnahme drohe ihr ein Wettbewerbsnach-teil, zumal
aufgrund der
Erfahrungen
mit der Klägerin damit zu rechnen sei, dass sich diese an
ihre -
der [X.] -
Vertragspartner wende und sich des-pektierlich über sie äußern werde. Im Hinblick auf eine bestehende
Wettbe-werbssituation und darauf, dass sie von der Klägerin in der Vergangenheit mehrfach blockiert, behindert oder geschädigt worden sei, sei zudem zu [X.], dass
die Klägerin die bei der Einsichtnahme gewonnenen
Kenntnisse nicht lediglich zur Bezifferung ihres Leistungsantrags nutzen werde.

Das Berufungsgericht
hat die Berufung
gegen das Teilurteil
als unzuläs-sig verworfen.
Zur Begründung hat es sich auf den Standpunkt gestellt,
der maßgebliche, für die Beklagte mit der Gestattung lediglich der Einsichtnahme in die fraglichen Unterlagen
verbundene Arbeits-
und Zeitaufwand beschränke sich darauf, die angeblich über mehrere Standorte in [X.] verteilten Unterla-gen in die Geschäftsräume der [X.] zu bringen und der Klägerin die Ein-

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sicht dort zu ermöglichen. Abgesehen von einer etwaigen Unterstützung beim Transport der Unterlagen bedürfe es dabei nicht der Hinzuziehung von [X.]. Die
Beklagte habe auch kein besonderes Geheimhaltungsinteresse, das die Annahme einer darüber hinausgehenden Beschwer rechtfertigen könne,
vorgetragen und glaubhaft gemacht,
zumal ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien nicht anzunehmen sei.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde
der [X.].

II.

Die nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 i.V.m. §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statt-hafte
Rechtsbeschwerde
ist
nicht
zulässig, weil weder die Rechtssache
grund-sätzliche
Bedeutung
hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern.

Die Bemessung des Werts des
Beschwerdegegenstands
nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO durch das Berufungsgericht ist
auf der Grundlage der Recht-sprechung des [X.] nicht als
ermessensfehlerhaft
anzusehen und von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

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1.
Nach ständiger
Rechtsprechung des [X.] bemisst sich der gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen des Gerichts festzusetzende Wert der Beschwer bei der Verurteilung
zur Auskunftserteilung
nicht nach dem Wert des mit der Klage geltend gemachten Auskunftsanspruchs, sondern nach dem Interesse der verurteilten Partei,
die Auskunft nicht gewähren zu müssen; dabei ist
im Wesentlichen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der hiernach geschuldeten Auskunft
erfordert,
und ob die [X.] ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten
(vgl. z. B. [X.], Beschlüsse vom 24. November 1994 -
GSZ 1/94, [X.]Z 128, 85, 87 f;
vom 5.
März 2001 -
II
ZB 11/00, NJW-RR 2001, 929;
vom 10. August 2005 -
XII [X.], [X.]Z 164, 63, 66 sowie
Se-natsurteil vom 10.
Februar 2011 -
III
ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rn.
9 und
Se-natsbeschluss vom 9.
Februar 2012 -
III
ZB 55/11, [X.] 2012, 270
Rn.
7 jeweils
[X.]).
Diese zur Auskunftserteilung entwickelten Grundsätze gelten auch für die Verurteilung zur Einsichtsgewährung in Unterlagen (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Juni 2011 -
II
ZB 20/10, NJW 2011, 2974
Rn. 3). Dabei kann die Be-wertung des [X.] nur darauf überprüft werden, ob es die gesetz-lichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten oder sein Er-messen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. Dezember 1987 -
IVb 124/87, NJW-RR 1988, 836, 837 und vom 23. April 1997 -
XII [X.], NJW-RR 1997, 1089 sowie
Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2010
-
III ZB 28/10, BeckRS 2010, 27752
Rn. 5).

2.
Entgegen der Auffassung der
Rechtsbeschwerde ist die
Bewertung des
erforderlichen Zeit-
und Kostenaufwands
der [X.], um der Klägerin die
Einsichtnahme in die
fraglichen Unterlagen
zu ermöglichen, durch das [X.] nicht ermessensfehlerhaft.

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a)
Mit dem angegriffenen Teilurteil ist die Beklagte lediglich verurteilt worden, der Klägerin Einsicht in die betreffenden Jahresabschlüsse und zur Prüfung deren Richtigkeit auch in die Bücher und Papiere der Gesellschaft
zu gewähren, nicht dagegen, Auskünfte zu erteilen. Insoweit geht das Berufungs-gericht zu Recht davon aus, dass damit schon ein deutlich
geringerer
Aufwand für die Beklagte
verbunden ist.
Nach der Begründung des [X.] beruht das Einsichtnahmerecht der Klägerin auf dem Inhalt der Vorbemerkung in der Rahmenvereinbarung vom 5. Juni 2007 in
der ein Recht zur uneingeschränkten Einsichtnahme in alle Geschäftsvorgänge erwähnt ist. Diese Vereinbarung ver-steht es im Sinne eines Kontrollrechts entsprechend der Vorschrift des § 166 Abs. 1 HGB. Danach sind von der Einsichtnahme
alle Unterlagen der KG
um-fasst, die für den Jahresabschluss relevant sind, insbesondere Prüfungsberich-te, auch solche des Finanzamts, sowie das gesamte Rechnungswesen. Nicht dazu gehören jedoch solche
Papiere, die mit dem Jahresabschluss nichts zu tun haben, wie etwa Unterlagen über zukünftige Planungen (Strategiepapiere) oder auch über unternehmensinterne Entwicklungen (Besprechungen, [X.] unter den Gesellschaftern -
vgl.
zum Umfang des Kontrollrechts
MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 166 HGB
Rn. 2 [X.]).

Ausgehend hiervon ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsge-richt für die Einsichtnahme selbst -
auf der Grundlage der Schätzung der Kläge-rin (zwei Tage, verbunden mit einem Kürzungsvorschlag) und der Bitte der [X.], die Einsichtnahme möglichst auf einen Tag zu konzentrieren -
nicht die von der [X.] in Anschlag gebrachten
vier Tage berücksichtigt
hat. Weiter ist aus Rechtsgründen insbesondere nichts gegen die Auffassung des [X.]s zu erinnern, dass neben dem Geschäftsführer der [X.] die Anwesenheit einer
weiteren
([X.] nicht
erforderlich ist.

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b) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, zur Vorbereitung des Termins der Einsichtnahme seien Dokumente einzuscannen oder zu kopieren sowie Ausdrucke von E-Mails zu fertigen, hält dem das Berufungsgericht zutreffend entgegen, dass derartige Maßnahmen aufgrund des erstinstanzlichen Urteils-spruchs nicht geschuldet werden. Soweit daher die Beklagte dies -
aus welchen Gründen auch immer -
für opportun hält, wirkt sich der
dafür erforderliche
Auf-wand nicht streitwerterhöhend aus. Des Weiteren ist nicht nachvollziehbar, wieso der Umstand, dass nach dem Vorbringen der [X.] ihre Unterlagen nicht chronologisch, sondern überwiegend thematisch sortiert sind, zu einem signifikant höheren Vorbereitungsaufwand führen soll, wenn und soweit die Ak-tenführung
-
wie von der [X.] dargestellt
-
den handelsrechtlichen [X.] genügt.

Was schließlich den Transport der -
angeblich über mehrere Standorte in [X.] verteilten -
Unterlagen in die Geschäftsräume der [X.] angeht, so ist die Auffassung des [X.], die vorgelegten Angebote der B.

GmbH und der I.

GmbH -
Geschäftsführer beider Gesellschaften ist der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklag-ten -
seien zur Glaubhaftmachung ungeeignet beziehungsweise nicht plausibel, ebenfalls nicht zu beanstanden.

c)
Zur Bewertung des erforderlichen Zeitaufwands kann grundsätzlich auf die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Regelungen des Justizvergü-tungs-
und -entschädigungsgesetzes ([X.]) zurückgegriffen werden (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 16. April 2008 -
XII [X.], [X.], 2036
Rn. 18, vom 10. März 2010 -
IV ZR 255/08, BeckRS 2010, 08771
Rn. 6
und [X.] vom 9. Februar 2012
aaO). Der eigene Zeitaufwand des Verpflichteten ist entsprechend § 22
[X.] zu bewer

Stunde. 10
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Dem steht im Streitfall nicht entgegen, dass der Geschäftsführer der Komple-mentär-GmbH der [X.] Rechtsanwalt ist. In dieser Eigenschaft wird er nicht für die Beklagte tätig, sondern
er
führt
die maßgeblichen Arbeiten in seiner Funktion als gesetzlicher Vertreter der
persönlich haftenden Gesellschafterin der
[X.]
aus.
Dass es für die Aussonderung der von dem Einsichtsrecht der Klägerin etwa nicht umfassten Unterlagen oder für die "Kontrolltätigkeit"
bei der Einsichtnahme selbst besonderer Rechtskenntnisse bedürfte, so dass aus-nahmsweise ein höherer
Stundensatz gerechtfertigt
sein könnte
(vgl. [X.], [X.] vom 28. September 2011 -
IV ZR 250/10, [X.] 2012, 269
Rn. 7, 8 und Senatsbeschluss vom 22.
Februar 2012 -
III
ZR 301/11, NJW-RR 2012, 888
Rn.
6) ist entgegen der Auffassung der Beschwerde weder ausreichend vorge-tragen noch
ersichtlich.

Die Würdigung des [X.], die Beklagte habe nicht glaubhaft gemacht, dass der
Aufwand
für die
Gewährleistung der Einsichtnahme in ihre Unterlagen durch die Klägerin in dem vom
Landgericht ausgeurteilten Umfang ist danach nicht von [X.] beeinflusst.

3.
Die auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.] (vgl. nur Beschluss vom 10. August 2005 aaO; vom 16.
Oktober 2008 -
IX
ZB 138/07, BeckRS 2008, 23295
Rn. 3
und vom 22. März 2010 -
II ZR 75/09, [X.] 2010, 621
Rn. 19; jew. [X.]) vorgenommene Würdigung des Berufungsge-richts, die Beklagte habe kein besonderes Geheimhaltungsinteresse glaubhaft gemacht, ist ebenso wenig zu beanstanden wie die Erwägung, das Vorbringen

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der [X.] zu etwaigen drohenden [X.] sei ohne hinrei-chende Substanz.

[X.]

[X.]

[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 25.05.2011 -
94 O 82/10 -

KG [X.], Entscheidung vom 03.05.2012 -
19 [X.] -

Meta

III ZB 57/12

07.03.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. III ZB 57/12 (REWIS RS 2013, 7587)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7587

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III ZB 28/10

IV ZR 255/08

IV ZR 250/10

II ZR 75/09

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