Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.03.2011, Az. X R 28/09

10. Senat | REWIS RS 2011, 8366

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Gegenstand

Keine ungekürzte Abziehbarkeit der auf die Finanzierung von Umlaufvermögen entfallenden Schuldzinsen - Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen bei abweichendem Wirtschaftsjahr 1998/1999 - Zinsaufwand für die Finanzierung eines Warenlagers bei Betriebseröffnung - Ergänzende Rechtsfortbildung durch Gerichte - Voraussetzungen für eine teleologische Extension - Schätzung von Überentnahmen zulässig


Leitsatz

1. Die auf die Finanzierung von Umlaufvermögen entfallenden Schuldzinsen sind nicht ungekürzt abziehbar .

2. Bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen des Wirtschaftsjahres 1998/1999 sind bei einer verfassungskonformen Auslegung des § 4 Abs. 4a EStG i.V.m. § 52 Abs. 11 Satz 1 EStG Überentnahmen des Kalenderjahres 1998 nicht zu berücksichtigen .

Tatbestand

1

A. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wohnte in den Streitjahren außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--). Mit [X.] erwarb er eine Apotheke zum Gesamtpreis von 930.000 DM. Laut Vertrag entfielen 230.000 DM auf die Apothekeneinrichtung inklusive Labor und Büroausstattung, 550.000 DM auf den Geschäftswert und 150.000 DM auf das Warenlager. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger in voller Höhe fremd. Der Kläger ermittelt seinen Gewinn nach einem zum 31. Januar des jeweiligen Jahres endenden Wirtschaftsjahr.

2

Am 3. Juni 2002, 6. Juni 2003, 9. März 2004, 14. März 2005 und 12. Mai 2006 reichte der Kläger Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung beim [X.] für die Streitjahre 2000 bis 2004 ein. Den [X.] für die in den Jahren 2000 und 2001 endenden Wirtschaftsjahre waren jeweils Aufstellungen mit der Überschrift "[X.]" beigefügt, nach denen die als Betriebsausgaben in Abzug gebrachten Zinsaufwendungen --mit Ausnahme der [X.] ausschließlich auf die Finanzierung des Anlagevermögens entfallen waren. Darlehensverträge legte der Kläger nicht vor. Das [X.] forderte diese auch nicht an.

3

Die erstmaligen Feststellungsbescheide für die Streitjahre ergingen erklärungsgemäß und --bis auf den Bescheid für 2000-- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

4

In der [X.] vom 31. Juli 2006 bis 14. September 2006 fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Im Prüfungsbericht ist ausgeführt, die erklärten Gewinne seien um die nach § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes in den in den Streitjahren jeweils geltenden Fassungen ([X.]) nicht abziehbaren Schuldzinsen zu erhöhen, da Darlehen in Höhe von 150.000 DM die Finanzierung von Umlaufvermögen beträfen. Die Ermittlung der nicht abziehbaren Zinsen für die Wirtschaftsjahre 1999/2000 und 2000/2001 sei im Wege der Einzelermittlung im Rahmen des § 88 der Abgabenordnung ([X.]) erfolgt. Anlässlich der Außenprüfung seien erstmals die bei Erwerb der Apotheke abgeschlossenen Darlehensverträge eingesehen worden. Das [X.] folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 9. November 2006 unter Berufung auf § 164 Abs. 2 [X.] geänderte Feststellungsbescheide für die Jahre 2001 bis 2004 und am 13. November 2006 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 [X.] geänderten Bescheid für 2000.

5

Der Kläger legte gegen die [X.] ein und machte u.a. geltend, eine Kürzung des [X.] komme in allen Streitjahren nicht in Betracht. Die Tatsache, dass das zum Umlaufvermögen rechnende Warenlager fremdfinanziert worden sei, berechtige nicht zu einer Gewinnkorrektur, weil im Streitfall die Besonderheit bestehe, dass nicht der laufende, sondern der vom Veräußerer übernommene --erstmalige-- Warenbestand fremdfinanziert worden sei. In derartigen Fällen sei eine "Überentnahme", also eine private Verwendung überhaupt nicht möglich. Nach der teleologischen Auslegung des § 4 Abs. 4a [X.] seien die Schuldzinsen in vollem Umfang als Betriebsausgaben abziehbar.

6

Nach Auffassung des [X.] hat § 4 Abs. 4a [X.] nicht nur den Zweck, auf "Überentnahmen" entfallende Schuldzinsen vom Betriebsausgabenabzug auszuschließen. Die Vorschrift solle auch verhindern, dass die zur Finanzierung von Umlaufvermögen aufgenommenen Darlehen den gleichen Steuervorteil genössen wie Investitionsdarlehen, die mit dem Betrieb im Sinne einer andauernden Abhängigkeit zwischen der Darlehensschuld und dem Wirtschaftsgut langfristig "verbunden" seien. [X.] Umlaufvermögen erfülle die Voraussetzung wegen des regelmäßig zügigen Umschlags nicht. Auch der Auffassung, Überentnahmen seien bei einer Fremdfinanzierung des Umlaufvermögens im Rahmen der Firmenübernahme überhaupt nicht möglich, könne nicht gefolgt werden. Aufgrund des raschen Durchlaufs von Gegenständen des Umlaufvermögens könne nicht ausgeschlossen werden, dass --unter Umständen bereits kurze [X.] nach der Betriebseröffnung--- während der Laufzeit des Kredits Schuldzinsen für Teile des Darlehens aufgrund von Überentnahmen in den Privatbereich verlagert würden.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2009, 1446 veröffentlichtem Urteil ab. Zu Recht habe das [X.] die der Höhe nach nicht streitigen Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a [X.] nicht zum Abzug zugelassen, soweit sie auf den Erwerb von Umlaufvermögen entfielen. Weder die Entstehungsgeschichte noch der Sinn und Zweck der Vorschrift lieferten Anhaltspunkte dafür, dass der [X.] dann nicht zu kürzen sei, wenn das Darlehen der Finanzierung von Umlaufvermögen eines zukünftigen Geschäftsbetriebs diene. § 4 Abs. 4a [X.] stelle nicht auf einen entnahmebedingt entstandenen oder vergrößerten Liquiditätsmangel ab, sondern schränke den Betriebsausgabenabzug ein, sofern die Summe der Entnahmen die Summe aus angesammelten Gewinnen und Einlagen, also das gesamte in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital, übersteige. Damit werde der betriebliche [X.] für überschuldete Betriebe gekürzt. Das Gesetz unterstelle bei Vorliegen von Überentnahmen eine private Veranlassung und stufe deshalb die Zinsen als nicht abziehbar ein.

8

Im Streitfall habe der Kläger seit der Betriebseröffnung im Wirtschaftsjahr 1998/1999 und in allen Streitjahren Überentnahmen getätigt. Ob der Liquiditätsmangel entnahmebedingt entstanden oder vergrößert worden sei, sei irrelevant. Mit Einführung des § 4 Abs. 4a [X.] habe der Gesetzgeber den [X.] im Hinblick auf Überentnahmen eingeschränkt. Von diesem Grundsatz mache lediglich § 4 Abs. 4a Satz 5 [X.] eine Ausnahme. Anstehende betriebliche Investitionen eines Unternehmers in Anlagevermögen sollten nicht durch die Verweigerung des [X.] behindert werden. Damit privilegiere der Gesetzgeber die Finanzierung von Wirtschaftsgütern, die dem Betrieb dauerhaft dienen sollten. Eine im Verhältnis zum Umlaufvermögen nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung sei hierin nicht zu sehen.

9

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Allein die Tatsache, dass der Kauf des [X.], das grundsätzlich nicht zu den betrieblichen Anlagegütern zähle, fremdfinanziert worden sei, rechtfertige nicht die Kürzung des [X.] gemäß § 4 Abs. 4a [X.]. Die Erstanschaffung des [X.] einer Apotheke stelle eine Investition in den künftigen Geschäftsbetrieb dar und könne nicht mit der Fremdfinanzierung der laufenden Warenbezüge verglichen werden. § 4 Abs. 4a Satz 2 [X.] definiere den Begriff der Überentnahme als den Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteige. Eine Entnahme setze jedoch einen bereits bestehenden Betrieb voraus.

Der Kläger beantragt,

das [X.] und die Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2008 aufzuheben und die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2000 bis 2004 dahingehend zu ändern, dass die geltend gemachten Schuldzinsen nicht nach § 4 Abs. 4a [X.] gekürzt, sondern erklärungsgemäß zum Abzug zugelassen werden.

Das [X.] beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Zu Recht ist das [X.] zwar davon ausgegangen, dass die auf den Erwerb des Umlaufvermögens entfallenden Schuldzinsen nicht ungekürzt als Betriebsausgaben abziehbar sind. Es hat jedoch versäumt zu klären, ob bzw. in welcher Höhe das [X.] bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a [X.] auch Überentnahmen des Wirtschaftsjahres 1998/ 1999 berücksichtigt hat. Soweit solche auf das Kalenderjahr 1998 entfallen, dürfen sie aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht berücksichtigt werden.

I.

1. Nach der Neuregelung des [X.] durch das Steuerbereinigungsgesetz ([X.]) 1999 vom 22. Dezember 1999 ([X.], 2601, [X.], 13) sind Schuldzinsen nur dann uneingeschränkt berücksichtigungsfähig, wenn die Summe des Gewinns und der Einlagen im Wirtschaftsjahr die Summe der privaten Entnahmen übersteigt (§ 4 Abs. 4a Satz 2 [X.]). Seither ist der [X.] zweistufig zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob der betreffende Kredit nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. insbesondere Beschluss des [X.]s des [X.] --[X.]-- vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, [X.], 7, [X.], 193) eine betriebliche oder private Schuld ist. Dann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a [X.] abziehbar sind (Senatsurteil vom 21. September 2005 [X.], [X.], 238, [X.], 125).

2. Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte für private Schuldzinsen vor; eine Aufteilung der vom Kläger aufgenommenen Kredite scheidet daher aus.

3. Darüber, ob das [X.] § 4 Abs. 4a [X.] im Streitfall zutreffend angewendet hat, besteht zwischen den Beteiligten lediglich insoweit Streit, als nach Auffassung des [X.] nicht nur der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (vgl. § 4 Abs. 4a Satz 5 bzw. Satz 6 [X.] in der im Streitjahr 2000 geltenden Fassung), sondern auch der Zinsaufwand für Darlehen zur Finanzierung der --erstmaligen-- Anschaffung von Umlaufvermögen von § 4 Abs. 4a [X.] unberührt bleiben soll.

4. a) Der vom Kläger begehrten Gesetzesauslegung, die nicht abziehbaren Schuldzinsen seien auch um den Zinsaufwand für das bei Betriebseröffnung angeschaffte Warenlager zu kürzen, steht der eindeutige Wortlaut von Satz 5 (bzw. Satz 6 im Streitjahr 2000) des § 4 Abs. 4a [X.] entgegen, der nur die Finanzierungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens privilegieren will (vgl. hierzu [X.]/[X.], [X.], 30. Aufl., § 4 Rz 533).

b) Der Wortlaut der Vorschrift bleibt nicht hinter dem vom Gesetzgeber verfolgten Normzweck zurück. Er ist deshalb nicht im Wege der teleologischen Extension dahingehend zu erweitern, dass auch der Zinsaufwand für die Finanzierung eines Warenlagers bei Betriebseröffnung ebenso wie die Zinsen für Investitionsdarlehen von dem typisiert ermittelten Betrag der nicht abziehbaren Schuldzinsen in Abzug zu bringen ist.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) und der Fachgerichte (vgl. die Nachweise bei [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 355) und nach der ganz herrschenden Lehre sind die Gerichte zur (ergänzenden) Rechtsfortbildung berechtigt und verpflichtet. Führt die wortgetreue Auslegung des Gesetzes ausnahmsweise zu einem sinnwidrigen Ergebnis, besteht also eine Divergenz zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck, sind die Gerichte nach der Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 4 AO Rz 380) sogar zu einer (gesetzeswortlaut-)abändernden Rechtsfortbildung berufen. Als Instrumente werden hierbei die teleologische Reduktion und die --im Streitfall allenfalls einschlägige-- Extension verwendet.

bb) Eine teleologische Extension zielt darauf ab, den zu engen Wortlaut eines Gesetzes auf dessen weiter gehenden Zweck auszudehnen (vgl. [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 4 AO Rz 382, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Sie ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr muss die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis ([X.]-Urteil vom 26. Juni 2007 IV R 9/05, [X.], 173, [X.], 893), zu einem wirtschaftlich nicht vertretbaren, unsinnigen Ergebnis (z.B. [X.]-Urteil vom 13. Oktober 1994 [X.]/94, [X.], 193, [X.] 1995, 10), zu einem der wirtschaftlichen Vernunft widersprechenden Ergebnis ([X.]-Urteil vom 12. August 1997 [X.], [X.], 198, [X.], 131) oder zu einem so unsinnigen Ergebnis führen, dass es vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann ([X.]-Urteil vom 21. August 1974 [X.]/73, [X.], 100, [X.] 1975, 121).

cc) Nach diesen Maßstäben kommt eine Auslegung des § 4 Abs. 4a [X.] über seinen Wortlaut hinaus nicht in Betracht. Mit der Beschränkung des [X.] trat der Gesetzgeber dem von der Rechtsprechung für zulässig erklärten Mehrkontenmodell entgegen. § 4 Abs. 4a [X.] beschränkt den [X.], wenn und soweit die Entnahmen die Summe von Gewinn und Einlagen in diesem Wirtschaftsjahr und in den Vorjahren übersteigen. § 4 Abs. 4a [X.] stellt damit nicht auf einen entnahmebedingt entstandenen oder vergrößerten Liquiditätsmangel ab. Vielmehr soll der Betriebsausgabenabzug eingeschränkt werden, sofern die Summe der Entnahmen die Summe aus angesammelten Gewinnen und Einlagen, also das gesamte in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital, übersteigt. Folglich wird der betriebliche [X.] für überschuldete Betriebe gekürzt, während nach der Konzeption der Vorschrift Steuerpflichtige Eigenkapital entnehmen können, ohne dass sich dies im Rahmen von § 4 Abs. 4a [X.] auf den betrieblichen [X.] negativ auswirkt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 21. September 2005 [X.]/02, [X.], 512). Das Gesetz unterstellt damit bei Vorliegen von Überentnahmen eine private Veranlassung und stuft die Schuldzinsen als nicht abziehbar ein.

c) Von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber lediglich in § 4 Abs. 4a Satz 5 (bzw. im Streitjahr 2000 Satz 6) [X.] eine Ausnahme gemacht. Anstehende betriebliche Investitionen in Anlagevermögen sollten nicht erschwert werden. Eine sinnwidrige Ungleichbehandlung der Finanzierungskosten von Anlage- und Umlaufvermögen ist hierin nicht zu sehen.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es dem Steuerpflichtigen freisteht, wie er seine Privat- und Betriebsausgaben finanziert. Er privilegiert lediglich Aufwendungen für betriebliche Investitionen, welche dem Betrieb auf Dauer zu dienen bestimmt sind. Für eine Gleichbehandlung des Anlagevermögens mit dem Umlaufvermögen besteht kein Anlass, da Umlaufvermögen --auch das im Zeitpunkt der Betriebseröffnung angeschaffte-- zum alsbaldigen Absatz bestimmt ist und bei späteren Käufen --wie auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung bekundet [X.] häufig von Lieferanten Zahlungsziele eingeräumt werden. Im Übrigen sind Schuldzinsen für den Erwerb von Umlaufvermögen nicht per se nicht abziehbar, sondern lediglich dann, wenn der Steuerpflichtige --wie der [X.] durch Überentnahmen Privataufwendungen in den betrieblichen Bereich verlagert hat. Denn auch insoweit gilt, dass die Tatsache des Vorliegens von Überentnahmen der Anknüpfungspunkt für die Begrenzung des [X.] ist und nicht etwa die Finanzierung von Umlaufvermögen ([X.] Münster, Urteil vom 10. Februar 2005  8 K 3745/03 F, E[X.] 2005, 1177).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Privilegierung des Anlagevermögens im Verhältnis zum Umlaufvermögen beim [X.] hat der Kläger nicht geltend gemacht und auch in der Literatur gibt es --soweit ersichtlich-- keine Stimmen, die hierin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen erkennen, die Umlaufvermögen kreditfinanziert anschaffen. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Differenzierung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen beim [X.] nach § 4 Abs. 4a [X.] auch dann nicht willkürlich, wenn letzteres im Zeitpunkt der Betriebseröffnung angeschafft wird. Diese Wirtschaftsgüter sind ebenfalls zum alsbaldigen Verkauf bestimmt und die investierten Gelder werden zeitnah wieder frei.

II.

Falls der Kläger im Wirtschaftsjahr 1998/1999 noch vor dem 1. Januar 1999 Überentnahmen getätigt haben sollte, wäre deren Einbeziehung in die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach Auffassung des erkennenden Senats unverhältnismäßig und daher mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensschutz nicht vereinbar. Überentnahmen des [X.] dürfen aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht berücksichtigt werden. Das [X.] wird entsprechende Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen und ggf. in allen Streitjahren die nicht abziehbaren Schuldzinsen ohne Berücksichtigung dieser Überentnahmen zu berechnen haben.

1. a) Auch wenn das [X.] 1999 nach seinem Art. 28 Abs. 1 erst am 1. Januar 2000 und damit nach Ablauf des Veranlagungszeitraums 1999 in [X.] getreten ist, beinhaltet § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] als die § 4 Abs. 4a [X.] betreffende Anwendungsregelung keinen nachträglichen Eingriff in einen abgeschlossenen Tatbestand ("echte Rückwirkung" bzw. "Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. Senatsurteil in [X.], 512). Der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs ist nicht normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt worden, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig geworden ist (vgl. Entscheidungen des [X.] vom 22. März 1983  2 BvR 475/78, [X.]E 63, 343; vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, [X.]E 72, 200). Normen des geschriebenen Rechts werden mit ihrer ordnungsgemäßen Verkündung rechtlich existent. Das [X.] 1999 ist im [X.] vom 29. Dezember 1999 verkündet worden. § 4 Abs. 4a und § 52 Abs. 11 [X.] 1999 wurden somit noch im Jahr 1999 gültig.

b) Die gegenteilige Auffassung des [X.]. Senats des [X.] im Urteil vom 1. August 2007 [X.] R 26/05 ([X.]/NV 2007, 2267), wonach die Neuregelung des [X.] durch § 4 Abs. 4a [X.] i.d.F. des [X.] 1999 für den Veranlagungszeitraum 1999 eine echte Rückwirkung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen beinhalten kann, ist durch die Beschlüsse des [X.] vom 7. Juli 2010  2 BvL 1/03, 2 [X.], 2 [X.] ([X.]/NV 2010, 1968), 2 [X.], 2 [X.], 2 [X.] ([X.]/NV 2010, 1959) sowie 2 [X.], 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 ([X.]/NV 2010, 1976) überholt. Anders als der [X.]. Senat des [X.] hat das [X.] in diesen Beschlüssen an seiner früheren Rechtsprechung festgehalten, dass im Falle einer Änderung des [X.] eine bloße unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) vorliegt, wenn das [X.] zu einem Zeitpunkt verkündet wird, zu dem der hiervon betroffene Veranlagungszeitraum noch nicht abgelaufen ist.

c) § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] beinhaltet auch dann keine echte Rückwirkung, wenn Gewerbetreibende ihren Gewinn aufgrund eines Betriebsvermögensvergleichs nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln. Auch in diesem Fall gilt der Gewinn (insgesamt) als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.]). § 4 Abs. 4a [X.] beeinflusst somit auch im Fall eines vor dem 1. Januar 1999 beginnenden und im Folgejahr endenden Wirtschaftsjahres lediglich den Gewinn des Veranlagungszeitraums 1999 und damit nur die Einkommensteuerschuld dieses Jahres.

2. Da die belastenden Rechtsfolgen des § 4 Abs. 4a [X.] im Veranlagungszeitraum 1999 erst nach ihrer Verkündung eingetreten sind, sie tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst wurden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine "unechte" Rückwirkung vor. Indes bedarf es auch in diesen Fällen nach Maßgabe des Rechtsstaatsprinzips einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. [X.] der Gesetzgeber für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte an, muss er dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2010, 1968, unter C.I.1.).

3. Selbst wenn § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] diesen Anforderungen grundsätzlich genügt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 21. September 2005 [X.], [X.], 227, [X.], 504), ist eine verfassungskonforme Auslegung der Anwendungsregelung in Fällen geboten, in denen Steuerpflichtige ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln. In einem solchen Fall sind entgegen dem Wortlaut des § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] vor dem 1. Januar 1999 getätigte Überentnahmen nicht zu berücksichtigen. Eine vom Wortlaut des § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] abweichende Rechtsanwendung lässt sich mit der Erwägung rechtfertigen, dass der Gesetzgeber --hätte er bei Schaffung des § 4 Abs. 4a [X.] derartige Konstellationen im Blick gehabt-- für diese Fälle eine Sonderregelung getroffen hätte.

a) Mit § 4 Abs. 4a [X.] zuerst i.d.F. des [X.] ([X.]) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 ([X.], 402, BStBl I 1999, 304), dann i.d.F. des [X.] 1999 ist der Gesetzgeber der Rechtsprechung des [X.] zum Zwei- und Mehrkontenmodell entgegengetreten und hat den Grundsatz der [X.] eingeschränkt (vgl. hierzu Senatsurteil in [X.], 238, [X.], 125). Der Unternehmer soll [X.] er nachteilige Folgen für den betrieblichen [X.] vermeiden-- nicht mehr die vollständigen Betriebseinnahmen, sondern nur noch den im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn sowie die geleisteten Einlagen entnehmen können.

b) Nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] ist § 4 Abs. 4a [X.] für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1998 enden. Dies hätte bei Steuerpflichtigen mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr zur Folge, dass auch Entnahmen, die vor dem 1. Januar 1999 getätigt wurden, zu Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a [X.] führen können und im [X.] entstandene betriebliche Schuldzinsen nicht uneingeschränkt abziehbar sind. Eine Einbeziehung solcher Überentnahmen bei der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen würde zu einem unverhältnismäßigen Verstoß gegen den rechtsstaatlich verbürgten Anspruch auf Vertrauensschutz führen.

c) Angesichts des Umstands, dass die Nutzung des Zwei- bzw. Mehrkontenmodells nach dem Beschluss des [X.]s des [X.] in [X.], 7, [X.], 193 keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Finanzverwaltung diesen Beschluss vom 8. Dezember 1997 bereits am 22. April 1998 und damit zeitnah veröffentlicht und keinen [X.] verfügt hat, durften Steuerpflichtige jedenfalls bis zur Einbringung des [X.] 1999/ 2000/2002 darauf vertrauen, dass sich der betriebliche [X.] nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Mehrkontenmodell berechnet (vgl. hierzu auch den Beschluss des [X.] in [X.]/NV 2010, 1968, unter [X.]). Ohne Belang ist, dass einzelne Parlamentarier zeitnah zur Veröffentlichung des Beschlusses des [X.]s des [X.] in [X.], 7, [X.], 193 angekündigt hatten, im Finanzausschuss des [X.] über eine gesetzliche Änderung zu beraten (vgl. hierzu Pfalzgraf/Meyer, [X.] 1998, 129). Diese rechtspolitischen Äußerungen waren zu wenig konkret, als dass Steuerpflichtige ernsthaft mit einer Änderung der Rechtslage rechnen mussten.

d) Einen ersten Gesetzentwurf zur Beschränkung des betrieblichen [X.] ([X.] 1999/2000/2002; vgl. BTDrucks 14/23) brachten die Fraktionen [X.] und [X.]/[X.] am 9. November 1998 in den [X.] ein. Für die Steuerpflichtigen war es daher ab diesem Zeitpunkt vorhersehbar, dass der [X.] nicht mehr nach den von der Rechtsprechung gebilligten Zwei- und Mehrkontenmodellen möglich sein würde. Jedoch sah der Entwurf des [X.] 1999/2000/ 2002 vor, dass die Neuregelung des § 4 Abs. 4a [X.] erstmals für Schuldzinsen gelten sollte, die nach dem 31. Dezember 1998 wirtschaftlich entstehen. Somit war zwar die Abziehbarkeit der Schuldzinsen nach dem Gesetzentwurf aufgrund der am 1. Januar 1999 bestehenden [X.] und deshalb nach zeitlich unbegrenzt in die Vergangenheit reichenden Kontenvorgängen zu beurteilen. Die steuerliche Abziehbarkeit sollte aber nur für ab dem 1. Januar 1999 entstandene Schuldzinsen eingeschränkt werden (Hergarten, [X.], 54, 57; vgl. auch die Stellungnahme des [X.] zum Entwurf des [X.] 1999 vom 24. September 1999, BTDrucks 14/1655, 5). Nach dem Gesetzentwurf des [X.] 1999/2000/2002 musste also kein Steuerpflichtiger damit rechnen, bereits im [X.] geleistete betriebliche Schuldzinsen seien nur eingeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar. Auch in der endgültigen Fassung der Anwendungsregel gemäß § 52 Abs. 11 [X.] i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002 sollte § 4 Abs. 4a [X.] i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002 nur die Abziehbarkeit von nach dem 31. Dezember 1998 wirtschaftlich verursachten Schuldzinsen einschränken. Das Vertrauen der Steuerpflichtigen, im [X.] entstandene Schuldzinsen nach dem Zwei- bzw. Mehrkontenmodell der Rechtsprechung geltend machen zu können, war damit gestärkt.

e) Der Entwurf eines [X.] 1999 vom 27. August 1999 (BTDrucks 14/1514) enthielt keine den [X.] betreffende Vorschrift. Selbst nach der Stellungnahme des [X.] zu diesem Gesetzentwurf war nicht mit einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 4 Abs. 4a [X.] auf im [X.] entstandene Schuldzinsen zu rechnen. Zwar schlug die Länderkammer am 24. September 1999 (BTDrucks 14/1655, 4, 5) eine Neufassung der Vorschrift unter Beibehaltung der bisherigen Konzeption vor, die bisherige Anwendungsregelung sollte jedoch unverändert fortgelten. Erst aufgrund der Beschlussempfehlung des [X.] wurde § 4 Abs. 4a [X.] in der nunmehr geltenden Fassung Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens; seine Anwendbarkeit sollte sich auf nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahre erstrecken (BTDrucks 14/2380, 2 f.). Erstmals ab diesem Zeitpunkt mussten Steuerpflichtige damit rechnen, dass im [X.] wirtschaftlich entstandene betriebliche Schuldzinsen nicht uneingeschränkt abziehbar sind. Ins [X.] zurückreichende abweichende Wirtschaftsjahre waren --von seltenen Ausnahmefällen abgesehen-- zu diesem Zeitpunkt bereits beendet; die Umstellung des abweichenden Wirtschaftsjahres auf ein am 31. Dezember 1998 endendes Wirtschaftsjahr durch Bildung eines [X.] war nicht mehr möglich.

4. Soweit gemäß § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] i.d.F. des [X.] 1999 auch die im [X.] wirtschaftlich entstandenen Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a [X.] vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind, übersteigt die darin liegende Beeinträchtigung des Vertrauensschutzes bei der Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit.

a) Die Einbeziehung auch der im Kalenderjahr 1998 wirtschaftlich entstandenen Schuldzinsen in den beschränkten Betriebsausgabenabzug gemäß § 4 Abs. 4a [X.] i.d.F. des [X.] 1999 in Fällen eines abweichenden Wirtschaftsjahres lässt sich nicht damit rechtfertigen, ein Wettlauf zwischen dem Gesetzgeber und den Steuerpflichtigen hinsichtlich der Inanspruchnahme der vom [X.] des [X.] gebilligten Mehrkontenmodelle habe verhindert werden sollen (vgl. hierzu [X.]-Beschluss vom 3. Dezember 1997  2 BvR 882/97, [X.]E 97, 67). Der Vermittlungsausschuss hat die Neufassung des § 4 Abs. 4a [X.] im [X.] 1999 im Dezember 1999 und damit zu einem Zeitpunkt empfohlen, zu dem kein Steuerpflichtiger mehr Einfluss auf die Höhe der betrieblichen Schuldzinsen des Jahres 1998 nehmen konnte. Im Übrigen zeigt auch die Anwendungsregelung in § 52 Abs. 11 [X.] i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002, dass die gesetzliche Neuregelung nicht darauf abgezielt hat, vor dem 1. Januar 1999 wirtschaftlich entstandene Schuldzinsen vom Betriebsausgabenabzug auszuschließen.

b) Das vom Gesetzgeber mit der Einführung des beschränkten [X.] gemäß § 4 Abs. 4a [X.] verfolgte Ziel, einen von ihm als solchen erkannten Gestaltungsmissbrauch zu verhindern, rechtfertigt es ebenfalls nicht, in Fällen abweichender Wirtschaftsjahre im [X.] wirtschaftlich verursachte Schuldzinsen von der Abziehbarkeit auszuschließen. Der beschränkte [X.] gemäß § 4 Abs. 4a [X.] i.d.F. des [X.] 1999 beruht auf einem Eigenkapitalmodell (vgl. [X.]-Urteil vom 17. August 2010 VIII R 42/07, [X.]E 230, 424, [X.] 2010, 1041). Die Vorschrift schränkt den Betriebsausgabenabzug ein, sofern die Summe der Entnahmen die Summe aus angesammelten Gewinnen und Einlagen, also das gesamte in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital, übersteigt. Ab dem Wirtschaftsjahr 1999 wird folglich der betriebliche [X.] für überschuldete Betriebe gekürzt. Dieser Gesetzeszweck gebietet es nicht, abweichend vom Regelfall, wonach bei mit dem Kalenderjahr übereinstimmendem Wirtschaftsjahr nur im Kalenderjahr 1999 getätigte Überentnahmen im Veranlagungszeitraum 1999 zur Kürzung des [X.] führen, bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr 1998/1999 auch die Überentnahmen des Jahres 1998 zu berücksichtigen.

c) Praktikabilitätsgesichtspunkte rechtfertigen nicht die Einbeziehung von 1998 wirtschaftlich verursachten Schuldzinsen in die Berechnung des beschränkten [X.] gemäß § 4 Abs. 4a [X.] i.d.F. des [X.] 1999. Zum einen tragen die Steuerpflichtigen insofern die Feststellungslast. Zum anderen können die Entnahmen vor dem 1. Januar 1999 ggf. geschätzt werden, soweit die für § 4 Abs. 4a [X.] maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen auch unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln sind. In anderen Fällen sind nach Auffassung der Finanzverwaltung [X.] und -entnahmen ebenfalls zu schätzen (Schreiben des [X.] vom 17. November 2005, [X.], 1019, [X.], zur Anwendung des § 4 Abs. 4a [X.] bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 [X.]); auch der anteilige Jahresgewinn eines Mitunternehmers kann in Fällen der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils während des Wirtschaftsjahres im Wege der Schätzung ermittelt werden ([X.]/Wacker, a.a.[X.], § 16 Rz 463).

5. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall wird das [X.] zu prüfen haben, ob in die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen in den Streitjahren 2000 bis 2004 auch im [X.] getätigte Überentnahmen des Wirtschaftsjahres 1998/1999 eingeflossen sind. [X.]. wird es die nicht abziehbaren Schuldzinsen ohne diese Überentnahmen zu berechnen haben.

Meta

X R 28/09

23.03.2011

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 27. April 2009, Az: 5 K 2038/08, Urteil

§ 4 Abs 4a EStG 1997 vom 22.12.1999, § 4a Abs 2 Nr 2 EStG 1997, § 52 Abs 11 S 1 EStG 1997 vom 22.12.1999, § 4 Abs 4a EStG 2002, § 4a Abs 2 Nr 2 EStG 2002, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.03.2011, Az. X R 28/09 (REWIS RS 2011, 8366)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8366

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