Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.04.2013, Az. V R 10/11

5. Senat | REWIS RS 2013, 6228

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Gegenstand

Steuerpflicht innergemeinschaftlicher Lieferungen


Leitsatz

NV: Will der Lieferer das objektive Vorliegen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen an Endabnehmer nachweisen, muss er stichprobenartigen Angaben des FA zum Vorliegen von Lieferketten, bei denen andere Personen als die Endabnehmer die Erwerbsbesteuerung in Italien vorgenommen haben, konkret und nicht lediglich mit untauglichen Beweisanträgen entgegentreten.

Tatbestand

1

I. [[X.].]ie Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine [X.]mb[X.] & Co. K[X.], handelt mit PKW's und lieferte in den Streitjahren 2004 und 2005 u.a. 42 Neufahrzeuge; diese Umsätze beurteilte sie als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nach [[X.].].

2

Nach den [X.]eststellungen des [X.]inanzgerichts ([[X.].]) lagen den [X.]ahrzeuglieferungen [X.]estellungen zugrunde, die über die [X.]irma [[X.].] erfolgten. [[X.].]ie [X.]irma [[X.].] teilte der Klägerin Personaldaten [[X.].] [X.]nderwerber mit. [[X.].]ie Klägerin erstellte Unterlagen zum Kauf von [X.]ahrzeugen und übergab diese der [X.]irma [[X.].], die sie "mit käuferseitigen Unterschriften versehen" an die Klägerin zurückgab. [[X.].]ie von der Klägerin bei einem inländischen [X.]ersteller bezogenen PKW's wurden von der [X.]irma [[X.].] bei der Klägerin abgeholt und entweder bar oder mit Scheck bezahlt. [[X.].]abei legte die [X.]irma [[X.].] der Klägerin "[X.]bholvollmachten und [X.]usfuhrbestätigungen" vor, nach denen die [X.]irma [[X.].] die PKW's im [X.]uftrag der [X.]irmen [[X.].] und [[X.].] und nach [[X.].] verbringe. [X.]ür die Lieferung der 42 PKW's erstellte die Klägerin zunächst Rechnungen an die beiden in [[X.].] ansässigen [X.]irmen [X.] und [X.]-3 als [X.]esteller der [X.]ahrzeuge. Nach der straßenverkehrsrechtlichen Zulassung der [X.]ahrzeuge in [[X.].] stornierte die Klägerin diese Rechnungen und stellte neue Rechnungen auf die Personen aus, die in den [X.]ahrzeugbestellungen als [X.]esteller angegeben waren. [X.]s handelte sich dabei fast ausnahmslos um die späteren [X.]alter der PKW's ([X.]ndabnehmer).

3

Im [X.] an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.][X.]--) davon aus, dass die [X.]ahrzeuglieferungen steuerpflichtig seien. [[X.].]ie Klägerin habe die PKW's nicht direkt an die [X.]ndabnehmer geliefert. Stichproben hätten ergeben, dass zwei [X.]ahrzeuge durch die [X.]irma [[X.].] in [[X.].] innergemeinschaftlich erworben und über zwei weitere [X.] [X.]irmen an einen [X.]ndabnehmer geliefert worden seien. [X.]leiches gelte für ein [X.]ahrzeug, das von der [X.]irma [X.]-2 erworben worden sei. [[X.].]ie Klägerin habe Lieferungen an die [X.]n [X.]ndabnehmer nur vorgetäuscht, da der inländische [X.]ersteller der [X.]ahrzeuge der Klägerin Verkäufe an ausländische Wiederverkäufer untersagt habe. [X.]inspruch und Klage gegen die für die beiden Streitjahre ergangenen Umsatzsteuerbescheide hatten keinen [X.]rfolg. [X.]egenstand des Klageverfahrens war der aus anderen [X.]ründen geänderte Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 23. Oktober 2009.

4

[[X.].]as [[X.].] wies die Klage der Klägerin als unbegründet ab. [[X.].]ie Lieferungen seien steuerpflichtig, weil die Klägerin den [X.] nicht ordnungsgemäß geführt habe. [[X.].]ie [X.]bholung der PKW's sei nicht für die [X.]ndabnehmer, sondern die [X.]irmen [[X.].] und [X.]-2 erfolgt. [[X.].]ie [X.]estätigungen der [X.]n [X.]ndabnehmer, diese [X.]irmen mit der [X.]bholung beauftragt zu haben, seien durch den Mitarbeiter [X.] der Klägerin gefälscht worden. Nach der objektiven [X.]eweislage stehe nicht sicher fest, dass die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung vorlägen. Unklar sei bereits, wer [X.]bnehmer der Lieferungen gewesen sei. [X.]ine Verpflichtung, über die durchgeführte [X.]eweisaufnahme hinaus auch [X.] als Zeugen zu vernehmen, bestehe nicht.

5

[X.]iergegen wendet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verletzung formellen und --wie sich aus ihrem Revisionsantrag ergibt-- materiellen Rechts rügt. [[X.].]as [[X.].] hätte aufklären müssen, dass sie die Kaufverträge über die 42 Neufahrzeuge direkt mit den [X.]n [X.]ndkunden abgeschlossen habe durch [X.]invernahme des Vermittlers [X.] als Inhaber des [X.]inzelunternehmens [[X.].] und der in [[X.].] ansässigen [X.]ndkunden als Zeugen. [X.]benso hätte das [[X.].] aufklären müssen, dass die 42 [X.]ahrzeuge im [X.]uftrag des jeweiligen [X.]n [X.]ndabnehmers oder im [X.]uftrag anderer Personen nach [[X.].] befördert worden seien. [[X.].]ies hätten der Zeuge P sowie die mit den Transportaufträgen befassten [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und K bestätigt. [[X.].]as [[X.].] sei auch nach allgemeinen [X.]eweisregeln und [X.]eweisgrundsätzen zu einer weiteren Sachaufklärung von [X.]mts wegen und unabhängig von [X.]eweisanträgen verpflichtet gewesen. Sie habe die Identität der [X.]bnehmer nicht verschleiert, sondern sämtliche Vertragsverhältnisse, Rechnungen, Stornorechnungen und Lieferwege offengelegt. Sie habe daher nicht beabsichtigt, die Identität der [X.]rwerber der PKW's zu verschleiern, um diesen eine Steuerhinterziehung zu ermöglichen. [X.]s komme auf die Rechnungsstornierung nicht an. [[X.].]ie [X.]n Zulassungsbelege seien nicht fehlerhaft. Zivilrechtlich sei kein Raum für einen Zwischenhändler gewesen. [X.]ür die [X.]bgrenzung zwischen Vermittlung und [X.]igenhandeln sei das Zivilrecht maßgeblich. [[X.].]er erforderliche [X.] liege vor. [[X.].]er [X.]estimmungsort stehe fest, es lägen auch Versicherungen zum Verbringen vor. [X.]uf zusätzliche [X.]elege komme es nicht an.

6

[[X.].]ie Klägerin beantragt,
das Urteil des [[X.].], soweit es die Klage der Klägerin betrifft, aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 8. [[X.].]ezember 2005 in [X.]estalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 14. Juni 2006 sowie den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 23. Oktober 2009 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 55.656,84 € (2004) und um 140.662,07 € (2005) herabgesetzt wird.

7

[[X.].]as [X.][X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

[[X.].]ie Klägerin habe das Unterbleiben der von ihr beantragten [X.]eweiserhebung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt. [[X.].]er vor dem [[X.].] gestellte [X.]eweisantrag habe sich darüber hinaus nur darauf bezogen, dass alle [X.]ahrzeuge in [[X.].] bei den [X.]ndabnehmern eingetroffen seien. [[X.].]aher rüge die Klägerin das Übergehen eines [X.]eweisantrags, der in der behaupteten [X.]orm niemals gestellt worden sei. [[X.].]er feststellungsbelastete Steuerpflichtige könne die [X.]erbeiführung einer objektiven [X.]eweislage nicht dem [[X.].] überbürden.

Entscheidungsgründe

9

II. [[X.].]ie Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--). [[X.].]as [[X.].] hat zu Recht entschieden, dass die Lieferungen der Klägerin nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei sind.

1. [[X.].]er mit der Revision geltend gemachte Verfahrensfehler, das [[X.].] habe die mit Schriftsatz vom 3. [[X.].]ezember 2010 angebotenen Beweise verfahrensfehlerhaft nicht erhoben, liegt nicht vor.

a) Mit Schriftsatz vom 3. [[X.].]ezember 2010 hat die Klägerin Zeugenbeweis dafür angeboten, dass alle Fahrzeuge in [[X.].] bei den Endabnehmern eingetroffen sind.

aa) [[X.].]ieses Beweisangebot war im Streitfall nicht entscheidungserheblich, da das [[X.].] in seinem Urteil das Gelangen der Fahrzeuge nach [[X.].] als wahr unterstellt hat. Für die nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des [[X.].] vielmehr entscheidungserhebliche Frage, ob die Klägerin die Fahrzeuge an die Endabnehmer oder an Zwischenhändler als ihre Abnehmer geliefert hat, war dieses Beweisangebot unerheblich.

bb) Soweit die Klägerin demgegenüber rügt, sie habe aufklären lassen wollen, dass sie die Kaufverträge über die 42 Fahrzeuge direkt mit den [[X.].] Endkunden abgeschlossen habe, entspricht dieses Revisionsvorbingen --wie das [[X.].] zu Recht anmerkt-- nicht dem im Verfahren vor dem [[X.].] gestellten Beweisantrag.

b) Mit Schriftsatz vom 3. [[X.].]ezember 2010 hat die Klägerin weiter Zeugenbeweis dafür angeboten, dass "die Fahrzeuge direkt nach der Übergabe der Klägerin an die im Folgenden benannten Transporteure ohne Einschaltung weiterer Zwischenhändler von diesen direkt zu den Endabnehmern in [[X.].] verbracht worden" seien.

aa) Ein ordnungsgemäß angebotener Beweisantrag kann unberücksichtigt bleiben, wenn er für das unter Beweis gestellte Beweisthema untauglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des [[X.].] --BFH-- vom 16. September 2008 [X.] B 66/08, juris, und vom 28. September 2011 [X.] B 69/11, [[X.].], 32).

Im Streitfall war für die nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des [[X.].] entscheidungserhebliche Frage, ob die Klägerin die Fahrzeuge an die Endabnehmer oder an Zwischenhändler als ihre Abnehmer geliefert hat, der zu diesem Beweisthema angebotene Zeugenbeweis untauglich. Ohne nähere Angaben dazu, auf welcher Grundlage Fahrzeugtransporteure zu den für die Abnehmerbestimmung maßgeblichen Vertragsverhältnissen bei [[X.].] sachdienliche Angaben machen könnten, war das [[X.].] nicht verpflichtet, den angebotenen Beweis zu erheben.

bb) Soweit die Klägerin demgegenüber rügt, sie habe aufklären lassen wollen, dass die verkauften 42 Fahrzeuge im Auftrag der jeweiligen [[X.].] Endabnehmer nach [[X.].] befördert worden seien, entspricht dieser Vortrag nicht dem im Verfahren vor dem [[X.].] gestellten Beweisantrag. [[X.].]ies gilt auch für das [[X.].], die Beförderung sei durch die Firma [[X.].] im Auftrag der Firmen [[X.].] und [X.]-2 erfolgt.

2. [[X.].]as Urteil des [[X.].] ist auch insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, als das [[X.].] davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen nicht vorliegen.

a) [[X.].] Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG) i.V.m. § 6a UStG steuerfrei sein.

aa) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

"1. [[X.].]er Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige [[X.].]sgebiet befördert oder versendet,
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

[[X.].] beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der [[X.].] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[[X.].] ([[X.].]/[[X.].]). Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach

"die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der [[X.].] versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

bb) [[X.].]er Unternehmer hat die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-[[X.].]urchführungsverordnung (USt[[X.].]V) beleg- und buchmäßig nachzuweisen.

[[X.].]er Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 USt[[X.].]V in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige [[X.].]sgebiet befördert, den Nachweis führen

"1. durch das [[X.].]oppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige [[X.].]sgebiet zu befördern".

[[X.].] handelt es sich dabei um Bedingungen, die die Mitgliedstaaten "zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch" i.S. von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der [[X.].]/[[X.].] festlegen können. Zudem sind die Mitgliedstaaten gemäß Art. 22 Abs. 8 der [[X.].]/[[X.].] befugt, die Pflichten vorzusehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen, wobei vom Lieferanten gefordert werden kann, dass er alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (Urteil des Gerichtshofs der [[X.].] --[[X.].]-- vom 27. September 2007 [[X.].], [[X.].] u.a., [[X.].]. 2007, [[X.].] [X.]. 64 f.).

cc) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

Für diese Vorschrift besteht zwar keine ausdrückliche Grundlage in der [[X.].]/[[X.].]. Sie entspricht jedoch der Rechtsprechung des [[X.].]. [[X.].]anach sind die zuständigen Behörden des [[X.].] nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn sich die Beweise als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, und er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt ([[X.].]-Urteil [[X.].] u.a. in [[X.].]. 2007, [[X.].], dritter Leitsatz).

dd) Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen den objektiven Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG, den gemäß § 6a Abs. 3 UStG bestehenden Nachweispflichten und der Steuerfreiheit aufgrund der Gewährung von Vertrauensschutz im Hinblick auf unrichtige Angaben des Abnehmers gilt nach der Rechtsprechung des BFH Folgendes:

(1) [[X.].]er Unternehmer kann die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. USt[[X.].]V bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 V R 65/06, [[X.].], 264, [[X.].], 511, unter [[X.].]).

(2) Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. USt[[X.].]V nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die [[X.].] bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteile in [[X.].], 264, [[X.].], 511, unter [[X.].], und vom 12. Mai 2011 V R 46/10, [[X.].], 436, [[X.].], 957, unter II.1.c).

(3) Hat der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. USt[[X.].]V bestehenden Nachweispflichten ihrer Art nach erfüllt, kommt schließlich auch eine Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG in Betracht. Maßgeblich ist hierfür insbesondere die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, [[X.].] 2005, 81, Leitsatz 2, und in [[X.].], 436, [[X.].], 957, unter II.4.b).

b) Wie das [[X.].] im Ergebnis zu Recht entschieden hat, kann die Klägerin für ihre Leistungen die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung nicht beanspruchen.

aa) Im Streitfall hat die Klägerin den nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. USt[[X.].]V erforderlichen Beleg- und [[X.].] nicht erbracht.

[[X.].]ie Klägerin kann mit den Rechnungen an die Firmen [X.] und [X.]-3 keinen [X.] führen, da sie diese Rechnungen storniert hat.

Zwar liegen nunmehr Rechnungen an die Endabnehmer vor. Ohne dass der Senat darüber zu entscheiden hat, ob und unter welchen Voraussetzungen der gewillkürte Wechsel des [X.] für Zwecke des [X.]es anzuerkennen ist, käme ein [X.] im Hinblick auf diese Rechnungen jedoch nur in Betracht, wenn entsprechend § 17a Abs. 2 Nr. 4 USt[[X.].]V auch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten vorläge, den Gegenstand der Lieferung in das übrige [[X.].]sgebiet zu befördern. Hieran fehlt es, da nach den der Klägerin vorliegenden "[X.] und Ausfuhrbestätigungen" der Abholer [[X.].] für die Firmen [[X.].] und [X.]-2, nicht aber für die Endabnehmer tätig war und die von den Endabnehmern angeblich erteilten [X.] für die Firma [X.]-2 von einem Mitarbeiter der Klägerin gefälscht worden waren. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 19. November 2009 V R 8/09 ([[X.].] 2010, 1141) zu Ausfuhrlieferungen entschieden hat, kann der [X.] nicht mit gefälschten Belegen erbracht werden. Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren vorgetragen hat, dass auch andere Verbringungsnachweise der Endabnehmer vorliegen, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der im Hinblick auf die Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des [[X.].] (§ 118 Abs. 2 [[X.].]O) nicht zu berücksichtigen war (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Mai 2011 V R 39/10, [[X.].] 2011, 1474, unter II.3.).

Ebenso wie der gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 USt[[X.].]V im [X.] erforderliche Verbringungsnachweis nicht mit einer gegenüber einer anderen Person als dem Unternehmer abgegebenen Verbringungserklärung, die den liefernden Unternehmer auch nicht namentlich bezeichnet, geführt werden kann (Senatsurteil in [[X.].], 436, [[X.].], 957, Leitsatz), kann --auch wenn [X.] nach der Rechtsprechung des Senats nicht belegmäßig nachzuweisen sind (BFH-Urteil in [[X.].], 264, [[X.].], 511, Leitsatz 4)-- der [X.] nicht mit einer Verbringensversicherung geführt werden, die, wie die für die Firma [[X.].] erteilten "[X.] und Ausfuhrbestätigungen", keinerlei Bezug zum belegmäßig geführten Abnehmer aufweist.

bb) Es steht nach den Feststellungen des [[X.].] (§ 118 Abs. 2 [[X.].]O) auch nicht objektiv zweifelsfrei fest, dass die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sind.

(1) Im Hinblick auf grundsätzlich mögliche Lieferungen durch die Klägerin unmittelbar an die Endabnehmer hat die Klägerin die durch das [[X.].] dargelegten und auch begründeten Zweifel an derartigen Lieferungen weder entkräftet noch widerlegt.

Hierzu hätte die Klägerin, falls sie das objektive Vorliegen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen an die Endabnehmer nachweisen wollte, den stichprobenartigen Angaben des [[X.].] zum Vorliegen von Lieferketten, bei denen andere Personen als die Endabnehmer die [X.] in [[X.].] vorgenommen haben, konkret und nicht lediglich mit untauglichen Beweisanträgen entgegentreten müssen. Bei dieser Sachlage bestand für das [[X.].] keine Verpflichtung zu einer weiter gehenden Sachaufklärung von Amts wegen (§ 76 [[X.].]O), zumal die Klägerin im Verfahren vor dem [[X.].] fachkundig vertreten war. [[X.].]ie Sachaufklärungsrüge ist insoweit nicht geeignet, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, die ein fachkundig vertretener Beteiligter selbst in zumutbarer Weise in der mündlichen Verhandlung beim [[X.].] hätte stellen können ([X.] vom 18. Juli 2012 V B 99/11, [[X.].], 1818).

Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren vorträgt, dass die von ihr gelieferten Fahrzeuge in der überwiegenden Anzahl der Fälle in [[X.].] auf den [[X.].] Enderwerber zugelassen worden seien, kommt es hieraus im Hinblick auf die nicht ausgeräumten Zweifel, wer unmittelbarer Abnehmer der durch die Klägerin ausgeführten Lieferungen war, nicht an.

(2) Nicht zu entscheiden war daher, ob sich der Senat der Auffassung des [[X.].] anschließen könnte, dass im Rahmen des Objektivnachweises (s. oben [X.] dd (2)) überhaupt "keine Verpflichtung des Gerichts [besteht], den Sachverhalt im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 [[X.].]O und nach allgemeinen Beweisregeln und Beweisgrundsätzen von Amts wegen weiter aufzuklären".

Ebenso war nicht zu entscheiden, ob der Klägerin die Steuerfreiheit ihrer Lieferung entsprechend dem [[X.].]-Urteil vom 27. September 2012 [X.]/10, [X.] ([X.] 2012, 832 [X.]. 31 ff.) deswegen zu versagen ist, weil ihr bei der Annahme von Lieferungen an Zwischenhändler aufgrund deren Mitteilung bekannt war, dass diese Zwischenhändler die Fahrzeuge bereits vor der Abholung bei der Klägerin an [X.] Endabnehmer weiterverkauft hatten.

(3) Keinen Erfolg hat die Berufung der Klägerin auf das Schreiben des [X.] vom 23. [[X.].]ezember 1992 ([X.], 46), aus dem die Klägerin ableitet, dass die Zulassung eines Fahrzeugs im Bestimmungsmitgliedstaat als Nachweis für die Voraussetzungen des § 6a UStG ausreicht, da es sich hierbei nur um eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift handelt, die keine Rechtsnormqualität hat und die die Gerichte nicht bindet (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 12/08, [X.], 261, [X.], 61, unter [X.]). [[X.].]arüber hinaus ergibt sich aus der Zulassung nur das Gelangen in den Bestimmungsmitgliedstaat, nicht aber auch, wer Abnehmer der Lieferung war, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird.

cc) Schließlich kommt auch nicht die Gewährung von Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG in Betracht. [[X.].]ie Anwendung dieser Vorschrift scheidet unabhängig von der Frage, wer Abnehmer der durch die Klägerin ausgeführten Lieferungen war und ob unrichtige Angaben dieser Person vorliegen, aus. [[X.].]enn die Klägerin hat nicht mit der von dieser Vorschrift vorausgesetzten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt. Sie hat den [X.] bereits der Art nach nicht vollständig geführt, da ihr keine Verbringensversicherungen oder sonstige Versendungsbelege vorlagen, die den von ihr als Abnehmer belegmäßig geführten Endabnehmern zuzurechnen waren (s. oben [X.]).

Meta

V R 10/11

25.04.2013

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 6. Dezember 2010, Az: 1 K 2621/07 U, Urteil

§ 6a UStG 1999, § 17a UStDV 1999, § 76 Abs 1 FGO, § 6a UStG 2005, § 17a UStDV 2005, UStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.04.2013, Az. V R 10/11 (REWIS RS 2013, 6228)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6228

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Belegnachweis bei innergemeinschaftlicher Lieferung


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Kein Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung durch Zeugen


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