Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2005, Az. VIII ZR 255/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2574

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] ZR 255/04 Verkündet am: 13. Juli 2005 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 157 A Zum konkludenten Eintritt eines Ehegatten als weiterer Mieter in den von seinem E-hepartner und dem Vermieter geschlossenen Mietvertrag.

[X.], Urteil vom 13. Juli 2005 - [X.]/04 - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 25. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 15. Juni 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die [X.] zu 2 und ihr früherer Ehemann, der [X.] zu 1, bewohn-ten aufgrund eines Mietvertrags vom 19. Juli 1984 eine Wohnung der Kläger in [X.]. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch den [X.] zu 1 hielt sich die [X.] zu 2 über mehrere Monate hinweg im Ausland auf; dies war dem damaligen Vermieter - dem Rechtsvorgänger der Kläger - bekannt. Der [X.] zu 1 trug in die zur Bezeichnung des Mieters vorgesehenen Leerzeilen des Mietvertragsformulars handschriftlich seinen eigenen Namen sowie den Namen der [X.] zu 2 ein und unterzeichnete den Vertrag mit seinem Namen. Nach § 3 Ziff. 2 des Mietvertrags werden die Schönheitsreparaturen vom Mieter getragen. - 3 - Im Mai 1995 trennten sich die Eheleute. Der [X.] zu 1 zog aus der Wohnung aus, ohne den Vermieter hierüber zu unterrichten. Seitdem nutzte die [X.] zu 2 die Wohnung allein und leistete Mietzahlungen. Aufgrund eines an beide [X.] gerichteten Mieterhöhungsverlangens vom 8. März 1996 zahlte die [X.] zu 2 ab Mai 1996 eine erhöhte Miete. Mit Schreiben vom 28. Juli 1998 erklärte die [X.] die Kündigung "der Wohnung". In einem Schreiben vom 5. Juli 1999 bat sie die von den Klägern beauftragte Hausver-waltung, "den Mietvertrag" bis zum 1. Oktober 1999 zu verlängern; dem stimm-te die Hausverwaltung mit Schreiben vom 15. Juli 1999 zu. Im Oktober 1999 übersandte die [X.] zu 2 der Hausverwaltung die Wohnungsschlüssel. Mit Schreiben vom 29. Dezember 1999 forderten die Kläger beide [X.] unter Fristsetzung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf und kündigten an, nach Fristablauf Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die [X.] kamen der Aufforderung nicht nach. Die Kläger verlangen von den [X.] Schadensersatz wegen der Ko-sten von Schönheitsreparaturen und eines Sachverständigengutachtens sowie Nutzungsausfall für die Monate September und Oktober 1999. Das Amtsgericht hat durch Teilurteil die [X.] zu 2 zur Zahlung von 8.587,46 • nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der [X.] zu 2 hat das [X.] die Klage durch Versäumnisurteil, das es im weiteren aufrechterhalten hat, insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zu-gelassenen Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des erstin-stanzlichen Teilurteils. - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Den Klägern stünden keine Ansprüche auf Schadensersatz und [X.] gegen die [X.] zu 2 zu, weil sie nicht Partei des Miet-vertrags sei. Sie sei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht wirksam durch den [X.] zu 1 vertreten worden. Dieser habe keine Vertretungsmacht zum Abschluß des Mietvertrags auch für seine damalige Ehefrau gehabt. Die [X.] sei dem Mietvertrag weder nachträglich beigetreten, noch habe sie den Vertragsschluß genehmigt. Weder die alleinige Nutzung der Wohnung durch die [X.] seit Mai 1995 noch ihre teilweise Zahlung der Miete ließen zwingend auf eine Genehmigung schließen. Denn es sei ebenso möglich, daß die [X.] jeweils im Einvernehmen mit ihrem früheren Ehemann gehandelt habe, ohne selbst Mieterin werden zu wollen. I[X.] Hiergegen wenden sich die Kläger mit Erfolg. 1. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht der Auffassung, die [X.] zu 2 sei nicht Partei des Mietvertrags geworden. Es kann dahinstehen, ob der [X.] zu 1 den Mietvertrag vom 19. Juli 1984 nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen der [X.] zu 2 geschlossen hat (§ 164 BGB); dies hat die [X.] zu 2 - worauf die Revisi-onserwiderung verweist - unter Beweisantritt bestritten. [X.] kann auch, ob die [X.] eine etwaige vollmachtlose Erklärung des [X.] zu 1 - 5 - in ihrem Namen bei Vertragsschluß in der Folgezeit genehmigt hat (§§ 177 Abs. 1, 182, 184 Abs. 1 BGB). Die [X.] zu 2 ist dem Mietvertrag vom 19. Juli 1984 jedenfalls nach dem Auszug des [X.] zu 1 im Mai 1995 aus der bis zu diesem Zeitpunkt gemeinsam genutzten Ehewohnung beigetreten und hierdurch mit allen Rech-ten und Pflichten [X.] geworden. Dies hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, verkannt, weil es den Sachverhalt unvollständig und in einer der Erfahrung des täglichen Lebens widersprechenden Weise ge-würdigt hat (§§ 133, 157 BGB). Der [X.] kann die Auslegung der für den [X.] maßgeblichen Erklärungen selbst vornehmen, weil weitere [X.] insoweit nicht zu erwarten sind ([X.]surteile [X.] 124, 39, 45; Urteil vom 16. Dezember 1998 - [X.] ZR 197/97, NJW 1999, 1022 = [X.], 922, unter [X.]). 2. Die Voraussetzungen eines - stillschweigenden - Vertragsbeitritts (§§ 305 a.F., 145 ff. BGB), der zwischen dem Vermieter und dem in das [X.] eintretenden Mieter unter Zustimmung des bisherigen Mieters vereinbart werden kann (vgl. [X.]surteile [X.] 65, 49, 51 ff.; 72, 394, 397 f.; [X.], Urteil vom 4. Dezember 1997 - [X.], NJW-RR 1998, 594 = [X.], 767, unter [X.]), liegen vor. Die [X.] zu 2 hat gegenüber der von den Klägern beauftragten Hausverwaltung Erklärungen abgegeben, die nach ihrem objektiven Erklä-rungswert vom [X.] aus dahin zu verstehen sind, daß die [X.] eigene Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis begründen wollte. Ohne Bedeutung ist, ob die [X.] zu 2 eine vertragliche Verpflichtung zu begründen beabsichtigte. Trotz fehlenden Erklärungsbewußtseins ([X.], [X.]) liegt eine Willenserklärung vor, wenn der [X.] 6 - rende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, daß seine Äußerung nach [X.] und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefaßt werden durfte, und wenn der [X.] sie auch tatsächlich so verstanden hat ([X.] 91, 324, 327 ff.; 109, 171, 177 f. m.w.Nachw.). So verhält es sich hier. Nach der Trennung von ihrem (damaligen) Ehemann im Mai 1995 ist die [X.] gegenüber der von den Klägern beauftragten [X.] wie eine Mieterin aufgetreten. Zu keinem Zeitpunkt hat sie dabei - ausdrücklich oder stillschweigend - zu erkennen gegeben, daß sie lediglich im Namen des [X.] zu 1 und nicht in Wahrnehmung eigener vertraglicher Rechte und Pflichten handele. Die [X.] nutzte die Wohnung seit Mai 1995 allein. Schriftverkehr mit der Hausverwaltung führte sie in eigenem Namen. Nach dem unstreitigen Parteivorbringen leistete sie Mietzahlungen in der nach dem Mietvertrag vom 19. Juli 1984 geschuldeten Höhe; einem an beide [X.] gerichteten Mieterhöhungsverlangen vom 8. März 1996 kam die [X.] widerspruchslos nach. Nach ihrem Vorbringen führte sie in der Wohnung noch nach dem Auszug des [X.] zu 1 Schönheitsreparaturen aus. Mit [X.] vom 28. Juli 1998 kündigte sie - ohne dabei ihren früheren Ehemann auch nur zu erwähnen - das Mietverhältnis. Mit weiterem Schreiben vom 5. Juli 1999 bat sie darum, "den Mietvertrag" bis zum 1. Oktober 1999 "zu verlängern", da sie noch keine neue Wohnung gefunden habe; auch in diesem Zusammenhang trat die [X.] zu 2 ausschließlich im eigenen Namen und ohne Andeutung einer Vertretung für den [X.] zu 1 auf. In gleicher Weise teilte sie in einem Schreiben vom 5. Oktober 1999 der Hausverwaltung ihren Auszug mit und [X.] sich auf die nach § 20 Ziff. 4 des Mietvertrags geleistete, verzinste Mietkau-tion in Höhe von 2.200 DM, die sie noch "gut habe". Im vorliegenden Rechts-streit hat sie mit dem Kautionsguthaben die Aufrechnung gegenüber den [X.] erklärt. - 7 - Bei Würdigung aller dieser Umstände aus der Sicht eines verständigen und redlichen Vermieters besteht kein Zweifel, daß die [X.] zu 2 selbst als Partei des Mietvertrages aufgetreten ist und daß die von den Klägern bevoll-mächtigte Hausverwaltung dies auch so verstanden hat (§§ 164 Abs. 3, 166 Abs. 1 BGB). Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei ebenso möglich, daß die [X.] zu 2 die geschilderten Handlungen "jeweils im Einvernehmen mit dem [X.] zu 1 vornahm, ohne selbst Mieterin werden zu wollen", ist fern-liegend und mit dem objektiven Erklärungswert der von der [X.] zu 2 ab-gegebenen Erklärungen nicht vereinbar. Im übrigen käme es bei der gebotenen objektiven Würdigung ohnehin nicht darauf an, ob die [X.] zu 2 - entgegen dem äußeren Erscheinungsbild ihres Auftretens - Mieterin werden "wollte" oder nicht. Die Kläger haben, vertreten durch ihre Hausverwaltung, konkludent die Annahme des Beitritts der [X.] zu 2 in das Mietverhältnis erklärt. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Hausverwaltung bekannt war, daß sich die beklagten Eheleute getrennt hatten und die [X.] zu 2 seit Mai 1995 die Wohnung allein nutzte. Die Hausverwaltung hat die [X.] zu 2 - entsprechend ihrer Aufnahme in das Rubrum des Mietvertragsformulars vom 19. Juli 1984 durch den [X.] zu 1 - für die [X.] zu 2 erkennbar als Mieterin angesehen und den Mietvertrag als auch für die [X.] zu 2 bindend behandelt. Dies ergibt sich bereits aus dem Mieterhöhungsverlangen vom 8. März 1996, der Bestätigung des Antrags der [X.] zu 2 auf [X.] bis Oktober 1999 durch Schreiben der Hausverwal-tung vom 15. Juli 1999 und der Aufforderung zur Durchführung von Schönheits-reparaturen mit Schreiben vom 29. Dezember 1999, die jeweils an beide [X.] gerichtet sind. - 8 - Der [X.] zu 1 hat dem Eintritt der [X.] zu 2 in das [X.] stillschweigend zugestimmt (§ 182 Abs. 1 BGB), indem er - was zumindest der [X.] zu 2 bekannt war - aus der Wohnung ausgezogen ist und der mit seinem Wissen in der Wohnung verbleibenden [X.] zu 2 die Erfüllung der gegenüber den Vermietern bestehenden mietvertraglichen Verpflichtungen [X.] hat. II[X.] Auf die Revision der Kläger ist daher das Berufungsurteil aufzuheben. Da es weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf, ist die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). [X.] Dr. [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 255/04

13.07.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2005, Az. VIII ZR 255/04 (REWIS RS 2005, 2574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2574

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