Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. AnwZ (Brfg) 6/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 14293

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[X.]:[X.]:[X.]GH:2016:170316[X.]ANWZ[X.]RFG6.16.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF
[X.]ESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 6/16
vom
17. März 2016
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

-

2

-

Der [X.], [X.],
hat
durch die
Präsidentin des [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.],
den Rechtsanwalt
Prof. Dr. [X.] sowie die Rechtsanwältin Schäfer
am 17. März 2016

beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 1. Senats des [X.]s
für das [X.] vom 20.
November 2015
wird abgelehnt.

Der Kläger hat
die Kosten des Zulassungsverfahrens
zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]). Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der [X.]erufung.
1
-

3

-

II.

Der Antrag des
[X.] ist nach §
112e Satz
2
[X.], §
124a Abs.
4
VwGO statthaft
und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1, 2 und
3
VwGO) liegen nicht vor.

1.
Der Zulassungsgrund

ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des [X.] Urteils (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) setzt [X.], dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachen-feststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senats-beschlüsse
vom 16.
März 2015 -
AnwZ ([X.]) 47/14, juris Rn.
3 und vom 3.
Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 11/15, juris Rn. 3,
jeweils
mwN).
Entsprechende Zweifel vermag der Kläger mit seiner Antragsbegründung
nicht darzulegen.

Der Kläger macht insoweit geltend, dass es an einer Gefährdung der In-teressen Rechtsuchender mangele. Dies sieht der Senat -
in Übereinstimmung mit dem [X.] -
anders. Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung ist mit dem Vermögensver-fall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kann diese nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sonder-situation setzt jedoch zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltli-che Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern
(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26. August 2013 -
AnwZ ([X.]) 31/13, juris Rn. 5; vom 16.
März 2015, aaO Rn.
5 und vom 3.
Juni 2015, aaO Rn. 8, jeweils mwN).
Eine solche Ausnahmesituation ist hier 2
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4

-

nicht gegeben. Der Kläger ist nach wie vor als Einzelanwalt tätig. Mit seinem Vortrag zu den von ihm ergriffenen Maßnahmen, mit denen der Eingang von [X.] vermieden werden soll, vermag er nicht durchzudringen. Selbst auf-erlegte [X.]eschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (vgl. nur Senat, aaO, jeweils mwN).
.

2.
Der Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
2 VwGO) setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich über-schreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen ver-waltungsrechtlichen Anwaltssachen deutlich abhebt (vgl.
nur Senatsbeschluss vom 3.
Juni 2015, aaO Rn. 10 mwN).

a) Der Kläger verweist hierzu
darauf, dass der Widerruf nur auf Forde-rungen eines Gläubigers und zwar des Finanzamts gestützt worden sei. Im Ge-gensatz zu anderen Gläubigern sei das Finanzamt nicht verhandlungsbereit gewesen. Dieser Umstand erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen des o.a. [X.]. Das Finanzamt hat aus vollstreckbaren Steuerbescheiden anschließend einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Der Kläger hat daraufhin, um sich die Möglichkeit der Restschuldbefreiung zu erhal-ten, einen Eigenantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde kurz nach dem Widerruf der Zulassung eröffnet und ist noch nicht beendet. Der [X.], auf dessen [X.]egründung der Senat [X.]ezug nimmt, ist insoweit zutref-fend vom Vorliegen eines Vermögensverfalls des [X.]
ausgegangen, dem 5
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-

im Übrigen bereits mehrfach in der Vergangenheit die Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 und Nr. 9 [X.] entzogen worden ist. Die Annahme eines Vermö-gensverfalls setzt dabei nicht voraus, dass es vor dem Widerruf zu Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen von mehr als einem
Gläubiger gekommen ist
(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26. August 2013,
aaO Rn. 4; vom 19. März 2014
-
AnwZ ([X.]) 4/14, juris Rn. 6 und vom 9. Februar 2015 -
AnwZ ([X.]) 46/14, juris Rn. 9).

b) Auch der Umstand, dass bezüglich der Steuerbescheide Verfahren beim Finanzgericht anhängig sind, begründet keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten. Der [X.] hat zutreffend darauf abgestellt, dass es
ausreicht, dass die den [X.]escheiden zugrundeliegenden Forderungen vollstreckbar waren und die Vollziehbarkeit nicht durch das Fi-nanzgericht ausgesetzt worden ist. Auf
den rechtskräftigen Abschluss der fi-nanzgerichtlichen Verfahren kommt es nicht an (siehe auch Senat, [X.]eschluss vom 20. Dezember 2013 -
AnwZ ([X.]) 40/13, [X.] 2014, 637). Nur ergänzend ist anzumerken, dass der Kläger nichts dazu vorgetragen hat, inwiefern die Steuerbescheide fehlerhaft sind, und im Übrigen nach seinen im angefochtenen Urteil beschriebenen desolaten Einkommensverhältnissen -
betrieblicher Ge--
nicht davon ausgegangen werden konnte, dass er in absehbarer [X.] auch nur einen [X.]ruch-teil der Forderungen des Finanzamts hätte begleichen können.

c) Der Vortrag des [X.], dass zwischenzeitlich die Verhandlungen zum Insolvenzplan "kurz vor dem Abschluss sind", ist in diesem [X.] ebenfalls ohne [X.]edeutung. Denn maßgeblicher [X.]punkt ist der des [X.] des behördlichen Widerrufsverfahrens
(vgl. nur Senat, [X.]eschlüsse vom 26. August 2013, aaO Rn. 3; vom 16.
März 2015, aaO Rn.
4 und vom 7
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6

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3.
Juni 2015, aaO Rn. 4, jeweils mwN).
Spätere Entwicklungen sind im Rahmen eines Wiederzulassungsverfahrens geltend zu machen. Im Übrigen können in-soweit die Vermögensverhältnisse erst dann wieder als geordnet angesehen werden, wenn dem Schuldner entweder durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts die Restschuldbefreiung angekündigt wurde (§
291 [X.] bzw. §
287a [X.] n.F.) oder ein
vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan (§
248 [X.]) oder angenommener Schuldenbereinigungsplan (§
308 [X.]) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläu-bigern befreit wird (vgl. nur Senat
aaO,
jeweils mwN). Dies ist bisher nicht der Fall.

3. Rechtsfragen von grundsätzlicher [X.]edeutung stellen sich ebenfalls nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine ent-scheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage [X.], die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und des-halb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwick-lung und Handhabung des Rechts berührt. Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen [X.]edeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihre [X.]edeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die [X.]; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des [X.]s erforderlich ist (vgl. nur Senat, [X.]eschlüsse vom 9. April 2014 -
AnwZ ([X.]) 1/14, juris Rn. 7 und vom 21.
Mai 2015 -
AnwZ ([X.]) 6/15, juris Rn. 14 mwN).
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7

-

Soweit der Kläger seinen Vortrag wiederholt, wonach die Annahme des Vermögensverfalls und das zur [X.] laufende Insolvenzverfahren ihren Grund in noch nicht bestandskräftigen Forderungen des Finanzamts hätten, ergibt sich hieraus keine grundsätzliche [X.]edeutung.
Ergänzend nimmt der Senat [X.]ezug auf seine Ausführungen zu 2b.

Soweit der Kläger eine grundsätzliche [X.]edeutung annimmt, "weil die Entziehung der Zulassung gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt", ist der diesbezügliche Vortrag dem Senat nicht
verständlich. Ob in anderen Ländern der Europäischen Union
Rechtsanwälten bei Insolvenz ebenfalls die Zulassung entzogen wird, ist ohne [X.]edeutung. Hieraus kann weder abgeleitet werden, dass § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] allgemein oder der streitgegenständliche Widerruf konkret gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen. Dies ist eindeutig und nicht klärungsbedürftig. Gleiches gilt für die vom Kläger ohne nä-here [X.]egründung in den Raum gestellte [X.]ehauptung, es verstoße gegen [X.], dass seine [X.]erufung der Zulassung bedürfe. Auch die nicht näher erläuterte Rüge, der Umstand, dass der [X.] -
zudem mehrheitlich -
mit Rechtsanwälten besetzt sei, verstoße gegen Gemeinschafts-recht, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Die [X.]esetzung verstößt auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. nur Senat, [X.]eschluss vom 9. April 2014, aaO Rn. 8; siehe auch [X.]eschluss vom 4. Mai 1998 -
AnwZ ([X.]) 81/97, [X.]RAK-Mitt. 1999, 39, 40; [X.]VerfGE 26, 186, 199 f.).
11
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8

-

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c
Abs.
1
Satz
1
[X.], §
154 Abs.
2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
194 Abs.
2 Satz
1
[X.].

[X.]
[X.]

[X.]

[X.]

Schäfer
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 20.11.2015 -
1 [X.] 32/15 -

13

Meta

AnwZ (Brfg) 6/16

17.03.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. AnwZ (Brfg) 6/16 (REWIS RS 2016, 14293)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14293

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