Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2012, Az. V ZB 79/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3087

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
79/12
vom

19. September 2012

in der Abschiebungshaftsache

-

2

-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 19. September 2012 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. [X.], [X.]
Lemke
und
Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 5.
März 2012
und der Beschluss der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 13.
April 2012 sie in ihren Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen in allen Instanzen werden dem [X.] auferlegt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

Gründe:

I.
Die Betroffene, nach eigenen Angaben [X.] Staatsangehörige, reiste am 5.
März 2012 aus [X.] kommend in das [X.] ein. Sie war im Besitz eines [X.] Reisepasses, der für eine andere Person ausgestellt war. Einen gültigen Reisepass oder einen eigenen gültigen Aufenthaltstitel konnte sie nicht vorlegen.
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Auf Antrag der Beteiligten zu
2 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 5.
März 2012 gegen die Betroffene Haft zur Sicherung der Abschiebung [X.] bis zum Ablauf des 4.
Juni 2012 angeordnet. Während des [X.] stellte die Betroffene einen Asylantrag, der mit
Bescheid des [X.] als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Dagegen erhob sie Klage vor dem Verwaltungsgericht, verbunden mit einem Eilantrag. Die Beschwerde gegen die Haftanordnung hat das [X.] zurückgewiesen, ohne die Betroffene erneut anzuhören.
Der Senat hat mit Beschluss vom 2.
Mai 2012 die Vollziehung der Haft einstweilen ausgesetzt.
Mit der Rechtsbeschwerde beantragt
die Betroffene die Feststellung, durch die Haftanordnung und deren Aufrechterhaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein.
II.
Nach Ansicht des [X.] war die Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig. Es habe der in §
62 Abs.
3 Satz
1 Nr.
5 [X.] genannte Haftgrund vorgelegen. Im Hinblick auf die kurze Zeit zurückliegende richterliche Anhörung habe das Beschwerdegericht von einer erneuten Anhörung der Be-troffenen Abstand nehmen dürfen.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache mit dem Feststellungsantrag analog §
62 FamFG ohne Zulassung nach §
70 Abs.
3 Satz
1
Nr.
3 FamFG statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29.
April 2010

V
ZB 218/09, InfAuslR
2010, 359, 360), form

und fristgerecht gemäß §
71 FamFG eingelegt und hat Erfolg.
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6
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4

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1. Die Betroffene ist bereits durch die Haftanordnung in ihren Rechten verletzt worden, weil ihr der Haftantrag nicht ausgehändigt worden ist. Zwar kann
er einem Betroffenen erst zu Beginn der Anhörung vor dem Amtsgericht eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu welchem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überra-schung ohne weiteres
auskunftsfähig ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken darf, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen, auch wenn dieser dabei "komplett wörtlich" übersetzt wird. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Ablichtung des Antrags ausgehändigt werden und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 21.
Juli 2011

V
ZB 141/11, FGPrax
2011, 257, 258 Rn.
8; Beschluss vom 14. Juni
2012

V ZB 284/11, Rn.
9, juris). Daran fehlte es hier. Nach dem [X.] ist der Betroffenen der Haftantrag
lediglich übersetzt worden.
2. Die Aufrechterhaltung der Haftanordnung durch das Beschwerdege-richt hat die Betroffene in ihren Rechten verletzt, weil sie in der [X.] nicht erneut angehört worden ist, obwohl die Voraussetzungen für das Absehen von der Anhörung nicht vorgelegen haben. Zur Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 2.
Mai 2012, Rn.
6
ff., verwiesen.
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IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
81 Abs.
1, §
83 Abs.
2, §
430
FamFG, §
128c Abs.
3 Satz
2 KostO. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art.
5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, den [X.] zur Erstat-tung der notwendigen Auslagen der Betroffenen zu verpflichten.

[X.]

Lemke

Schmidt-Räntsch

[X.]

Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.03.2012 -
6 XIV 17/12 (B) -

LG Landshut, Entscheidung vom 13.04.2012 -
63 [X.]/12 -

9

Meta

V ZB 79/12

19.09.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2012, Az. V ZB 79/12 (REWIS RS 2012, 3087)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3087

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Referenzen
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V ZB 284/11

V ZB 261/10

V ZB 211/10

V ZB 184/09

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