Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2012, Az. V ZB 142/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 656

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 142/12
vom

6. Dezember 2012

in der Abschiebungshaftsache

-
2
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 6. Dezember 2012 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter Dr.
Lemke, Prof.
Dr.
SchmidtRäntsch, Dr.
Czub und Dr.
Kazele
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 16.
Juli 2012 und der Beschluss des [X.] -
Zivilkammer 29

vom 23.
Juli 2012 ihn in seinen Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Land [X.] auferlegt.
Der Gegenstandswert
des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000

Gründe:
I.
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 16.
Juli 2012 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung seiner [X.] bis längstens 30.
Juli 2012 angeordnet. Die dagegen gerichtete Be-schwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 24.
Juli 1
-
3
-

2012 hat der Senat die Vollziehung der Abschiebungshaft einstweilen ausge-setzt. Der Betroffene ist an demselben Tag aus der Haft entlassen worden.
Mit der Rechtsbeschwerde will er die Feststellung erreichen, dass die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung ihn in seinen Rechten verletzt haben.
II.
Nach Auffassung des [X.] ist die Anordnung der Siche-rungshaft rechtmäßig gewesen. Der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig gewesen, und es
habe der begründete Verdacht bestanden, dass er sich der Abschiebung habe entziehen wollen.

III.
Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache mit dem Feststellungsantrag analog §
62 FamFG ohne Zulassung nach §
70 Abs.
3 Nr.
3 FamFG statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29.
April 2010

V
ZB 218/09, InfAuslR
2010, 359, 360), form-
und fristgerecht gemäß §
71 FamFG eingelegt und hat Erfolg.
1. Der Betroffene ist durch die Haftanordnung jedenfalls deshalb in sei-nen Rechten verletzt worden,
weil ihm der Haftantrag nicht zu Beginn der Anhö-rung durch das Amtsgericht ausgehändigt worden ist. Zwar kann der Antrag einem Betroffenen erst zu Beginn der Anhörung eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu welchem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres [X.] ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich der Haftrichter in einem sol-chen Fall darauf beschränken darf, den Inhalt des [X.] mündlich vorzu-2
3
4
5
-
4
-

tragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Ablichtung des [X.] ausgehändigt, erforderlichenfalls (mündlich) übersetzt und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 14.
Juni 2012

V
ZB 284/11, InfAuslR
2012, 369 Rn.
9). Dies gilt auch dann, wenn

wie hier

der Verfahrensbevollmächtig-te des Betroffenen an dem Anhörungstermin teilnimmt. Denn sowohl der Be-troffene als auch sein Verfahrensbevollmächtigter
müssen im weiteren Verlauf der Anhörung in ein Exemplar des [X.] einsehen können, damit sie sich zu den Angaben der Behörde äußern können.
An der Aushändigung einer Ablichtung des [X.] fehlte es hier. Dem Protokoll über die Anhörung des Betroffenen durch das
Amtsgericht ist nur zu entnehmen, dass der Antrag dem Betroffenen bekannt gegeben wurde.
2. Die Aufrechterhaltung der Haftanordnung durch das Beschwerdege-richt hat den Betroffenen ebenfalls in seinen Rechten verletzt, jedenfalls [X.], weil die verfahrensfehlerhafte Anhörung durch das
Amtsgericht nicht

für die Zukunft

geheilt worden ist. Dies wäre nur dann möglich gewesen, wenn dem Betroffenen oder seinem Verfahrensbevollmächtigten eine Ablichtung des [X.] ausgehändigt worden wäre oder der Verfahrensbevollmächtigte durch eine Akteneinsicht Kenntnis von dem vollständigen Haftantrag erlangt hätte oder hätte erlangen können, und wenn der Betroffene von dem Be-schwerdegericht angehört worden wäre (Senat, Beschluss vom 30.
März 2012

V
ZB 59/12, juris Rn.
12). Von einer erneuten Anhörung des Betroffenen hat das Beschwerdegericht jedoch abgesehen.

6
7
-
5
-

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
81 Abs.
1, §
83 Abs.
2, §
430
FamFG, Art.
5 EMRK, §
128c Abs.
3 Satz
2 KostO.

Stresemann

Lemke

Schmidt-Räntsch

Czub

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.07.2012 -
219f [X.]/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 23.07.2012 -
329 [X.]/12 -

8

Meta

V ZB 142/12

06.12.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2012, Az. V ZB 142/12 (REWIS RS 2012, 656)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 656

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