Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.10.2015, Az. X B 116/15

10. Senat | REWIS RS 2015, 3633

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Bezugnahme des FG auf Einspruchsentscheidung des FA


Leitsatz

1. NV: Hat das FA in der Einspruchsentscheidung bereits zu allen vom Kläger im Klageverfahren vorgebrachten entscheidungserheblichen Einwendungen Stellung genommen, kann das FG zur Begründung seiner Entscheidung auf die Einspruchsentscheidung des FA ohne weitere eigene Darstellung der Entscheidungsgründe Bezug nehmen .

2. NV: Ein Verstoß gegen den in § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO angeordneten Begründungszwang liegt dann nicht vor .

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 19. Juni 2015  15 K 3277/13 E wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Ihre Begründung entspricht nicht den [X.] nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O.

2

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügt, das Finanzgericht ([X.]) habe ein wesentliches und selbständiges Verteidigungsmittel außer Acht gelassen und das Urteil sei insofern ohne Begründung geblieben. Das Gericht habe sich nicht mit der Frage der Verjährung des Steueranspruchs befasst und die Einspruchsentscheidung --hierauf hat das [X.] gemäß § 105 Abs. 5 [X.]O verwiesen-- sei unzulänglich gewesen und habe sich mit keinerlei Tatumständen befasst.

3

a) Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren. Ein Fehlen von Entscheidungsgründen [X.] von § 119 Nr. 6 [X.]O liegt deshalb nur vor, wenn dem Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 24. Juni 2008 [X.] 138/07, [X.], 1516).

4

Eine Entscheidung ist dann [X.] von § 119 Nr. 6 [X.]O nicht mit Gründen versehen, wenn diese ganz oder zu einem wesentlichen Teil fehlen sowie, wenn das [X.] einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Verteidigungsmittel übergangen hat. Die Rüge einer zu kurzen, lücken- oder fehlerhaften Begründung berechtigt hingegen nicht zu einer Zulassung einer Revision (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 19. September 2007 III B 59/06, [X.] 2007, 2245).

5

b) § 105 Abs. 5 [X.]O räumt allerdings den Finanzgerichten die Möglichkeit ein, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen und sich die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Begründung des Finanzamts zu Eigen zu machen. Die Vorschrift dient der Entlastung der Gerichte, sofern ihr Zweck, den Beteiligten Kenntnis davon zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Verhältnissen oder rechtlichen Erwägungen die Entscheidung beruht, ohne Nachteil für den Rechtsschutz der Kläger auch durch Bezugnahme auf bereits vorliegende Verwaltungsentscheidungen erreicht werden kann ([X.] vom 10. November 2006 XI B 147/05, [X.] 2007, 267, m.w.N.). Eine Urteilsbegründung, die über die Feststellung, dass das [X.] der Verwaltungsentscheidung folgt, hinausgeht, ist in diesen Fällen nicht erforderlich ([X.] vom 20. November 2003 III B 88/02, [X.] 2004, 517). Die gebotene verfassungskonforme Anwendung des § 105 Abs. 5 [X.]O setzt aber voraus, dass das Gericht wegen des Anspruchs des [X.] auf rechtliches Gehör auf dessen wesentliches neues Vorbringen im Klageverfahren eingeht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 20. Mai 1994 VI R 10/94, [X.], 391, [X.] 1994, 707, und vom 23. April 1998 IV R 30/97, [X.], 120, [X.] 1998, 626; [X.] in [X.] 2007, 267, m.w.N.).

6

c) Im Streitfall hat das [X.] auf die Einspruchsentscheidung in den Urteilsgründen verwiesen und der Kläger hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen das [X.] in den Entscheidungsgründen dennoch zu Ausführungen zur verlängerten Festsetzungsfrist von zehn Jahren gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung verpflichtet gewesen wäre. Er hat nicht vorgetragen, dass sich nach dem Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens im Klageverfahren wesentlich neue Gesichtspunkte ergeben hätten, mit denen sich das [X.] hätte auseinandersetzen müssen. Weder in der Klagebegründung vom 11. September 2013 noch in dem ergänzenden Schriftsatz vom 2. Januar 2013 (zutreffend wohl 2014) hat der Kläger gerügt, zu Unrecht sei der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) von einer verlängerten Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung ausgegangen. In der mündlichen Verhandlung hat das [X.] den einzig noch zu ermittelnden Zeugen gehört und sich in den Entscheidungsgründen mit dessen Aussage auseinandergesetzt. Eine mögliche Festsetzungsverjährung im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids für das Streitjahr 2006 war kein Thema bei der Aussage des Zeugen und auch im Protokoll über die mündliche Verhandlung findet sich kein Hinweis, dass der Kläger, der auch im [X.]-Verfahren von seinem derzeitigen Prozessbevollmächtigten vertreten wurde, die Festsetzungsverjährung angesprochen hätte. Die Bezugnahme des [X.] auf die Einspruchsentscheidung ist --wie ausgeführt-- gesetzlich vorgesehen. Letztlich rügt der Kläger nur, das [X.] habe seine Argumente nicht als durchgreifend angesehen. Damit kann er im Verfahren über die Nichtzulassung der Revision jedoch nicht gehört werden.

7

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger in der Beschwerdebegründung auch nicht annähernd dargelegt hat, aus welchen Gründen die Einspruchsentscheidung des [X.] in Bezug auf die verlängerte Festsetzungsfrist unzulänglich war. Er beließ es bei dieser Feststellung.

8

2. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

9

3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 116/15

21.10.2015

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 19. Juni 2015, Az: 15 K 3277/13 E, Urteil

§ 105 Abs 5 FGO, § 115 Abs 2 FGO, § 119 Nr 6 FGO, § 105 Abs 2 Nr 5 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.10.2015, Az. X B 116/15 (REWIS RS 2015, 3633)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3633

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX B 114/22 (Bundesfinanzhof)

Nichtzulassungsbeschwerde: Nicht ausreichende Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung


X B 1/12 (Bundesfinanzhof)

Beschränkung der Nichtzulassungsbeschwerde - Sachaufklärungspflicht bei Rüge des Ablaufs der Festsetzungsfrist


III B 222/10 (Bundesfinanzhof)

(Keine Revisionszulassung bei fehlender Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage - Vorliegen einer objektiv willkürlichen Gerichtsentscheidung - Unterbrechung …


XI B 108/10 (Bundesfinanzhof)

Umsatzsteuerfestsetzung wegen unberechtigten Steuerausweises - teilweises Fehlen von Entscheidungsgründen


X B 211/10 (Bundesfinanzhof)

Fehlen von Entscheidungsgründen - Nichteingehen auf beantragten Vorwegabzug - Zurückverweisung an das FG


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.