Bundessozialgericht, Urteil vom 20.03.2013, Az. B 6 KA 27/12 R

6. Senat | REWIS RS 2013, 7187

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Wirtschaftlichkeitsprüfung - Verordnungsregress - Zusage oder Erklärung an Versicherten durch Krankenkasse bezüglich Kostenübernahme - kein Formerfordernis - telefonisch übermittelte Erklärung - Vertrauensschutz für Arzt nur unter bestimmten Voraussetzungen


Leitsatz

1. Zusagen oder Erklärungen einer Krankenkasse, dem Versicherten eine bestimmte Leistung zu gewähren oder die Kosten dafür zu übernehmen, unterliegen keinem Formerfordernis.

2. Lediglich telefonisch übermittelte Erklärungen können jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Vertrauensschutz des Arztes begründen.

Tenor

Auf die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des [X.] vom 15. September 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.] steht ein [X.] wegen der Verordnung von [X.] in den [X.]/1999 bis I/2000.

2

Der Kläger nimmt als Arzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der zu 1. beigeladenen [X.] ([X.]) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In den [X.]/1999 bis I/2000 verordnete er einer Patientin, die bei der zu 2. beigeladenen gesetzlichen Krankenkasse versichert war, wiederholt das Fertigarzneimittel [X.]. Auf Antrag der Beigeladenen zu 2. setzte der Prüfungsausschuss einen [X.] in Höhe von 1863,06 Euro fest; der beklagte Beschwerdeausschuss wies den Widerspruch des [X.] mit Bescheid vom 21.8.2003 zurück. Das [X.] hat den Bescheid aufgehoben (Urteil des [X.] vom 6.10.2010); hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte den Bescheid vom 21.8.2003 gemäß § 44 Abs 2 [X.]B X wegen unzulässiger Mitwirkung eines Krankenkassenvertreters zurückgenommen, in der Sache jedoch erneut wegen fehlender Verordnungsfähigkeit von [X.] einen [X.] in Höhe von 1863,06 Euro festgesetzt (Bescheid vom 1.6.2011).

3

Das L[X.] hat den Bescheid des Beklagten vom 1.6.2011 aufgehoben (Urteil vom 15.9.2011 = [X.], 764). Der Bescheid sei rechtswidrig, da sich der Kläger auf Vertrauensschutz berufen könne. Die Versicherte und der Kläger hätten ausdrücklich bei der Beigeladenen zu 2. nachgefragt, ob der Versicherten [X.] zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) verordnet werden dürfe, woraufhin diese ausdrücklich die Zulässigkeit der Verordnung im konkreten Einzelfall bejaht habe. Dies habe der Kläger mehrfach glaubhaft dargelegt; der Senat habe keine Veranlassung, an seinen Angaben zu zweifeln. § 34 [X.]B X sei nicht einschlägig, da eine schriftliche Erklärung nicht zwingend Voraussetzung für die Bejahung eines Vertrauensschutzes sei; vielmehr sei eine Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Danach habe der Kläger darauf vertrauen dürfen, dass die Beigeladene zu 2. keinen Prüfantrag stelle und der Beklagte keinen Regress festsetze.

4

Mit ihren Revisionen rügen sowohl der Beklagte als auch die Beigeladene zu 2. die Verletzung von Bundesrecht. Der Beklagte führt aus, vorliegend sei kein Umstand gegeben, der einen Vertrauensschutz des [X.] begründen könne. Hierfür bedürfe es eines besonderen Vertrauenstatbestandes, insbesondere deswegen, weil bei einem Arzneimittel, welchem die arzneimittelrechtliche Zulassung fehle, keine Überprüfung hinsichtlich dessen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit stattgefunden habe. Nur die Schriftform stelle sicher, dass die Krankenkassen, deren Aufgabe es sei, die Patienten vor Gesundheitsgefahren zu schützen, nicht ohne sorgfältige Kontrolle und Überprüfung der Sachlage eine Kostenzusage erteilten. Gerade beim Einsatz medizinisch umstrittener Arzneimittel träten häufig medizinisch und/oder pharmakologisch schwierige Problemstellungen auf, welche die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ([X.]) erforderten. Auch sei die Durchführbarkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfung insgesamt in Gefahr, wenn die Prüfgremien zur Klärung der Glaubhaftigkeit des Vortrags eine umfangreiche Beweiserhebung durchzuführen hätten. Hinzuweisen sei schließlich auch auf den durch das [X.]-Versorgungsstrukturgesetz ([X.]-VStG) eingefügten § 2 Abs 1a [X.]B V.

5

Die Beigeladene zu 2. führt aus, vorliegend sei unstreitig gegenüber der Versicherten keine Kostenübernahmeerklärung durch Verwaltungsakt erfolgt. Es liege auch keine Zusicherung iS des § 34 [X.]B X vor, da diese zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfe. Nach der gängigen Praxis reichten Ärzte Anfragen zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln schriftlich ein, und diese Anfragen würden ebenfalls schriftlich beantwortet. Da es bei einer Krankenkasse eine Vielzahl von Arzneimittelanfragen gebe, könne eine ordnungsgemäße Abwicklung nur gewährleistet werden, wenn die Schriftform eingehalten werde. Gerade bei einem umstrittenen Off-Label-Use und bei [X.] bedürfe es in der Regel der Prüfung durch den [X.], um die Krankenkasse in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung zu treffen. Für das Schriftformerfordernis spreche auch, dass bei den Krankenkassen in regelmäßigen Abständen eine Überprüfung durch den [X.] bzw das Bundesversicherungsamt erfolge.

6

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 2. beantragen übereinstimmend,
das Urteil des [X.] vom 15.9.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

8

Für die vom Beklagten sowie von der Beigeladenen zu 2. geforderte Schriftform als Wirksamkeitserfordernis fehle es an jeder gesetzlichen Grundlage. Gerade bei der Frage der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln mache eine rasche und unbürokratische Entscheidung Sinn. Praktischen Schwierigkeiten könne die Beigeladene zu 2. dadurch begegnen, dass sie entsprechende Dienstanweisungen erlasse, wonach für den Fall einer mündlichen Genehmigung zumindest ein schriftlicher Vermerk zu den Akten genommen werde.

9

Die Beigeladene zu 1. führt - ohne einen Antrag zu stellen - aus, das L[X.] sei zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass eine entsprechende Genehmigung der Krankenkasse vor Ausstellung der Verordnung vorgelegen habe. Ein Schriftformerfordernis bestehe nicht. Bewillige eine Krankenkasse eine Leistung, bringe sie dadurch zum Ausdruck, dass diese aus ihrer Sicht ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sei. Damit entfalle ihr Recht, nachträglich eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit in die Wege zu leiten. Vor dem Hintergrund des konkreten [X.] sei eine möglichst zeitnahe Entscheidung durch die Krankenkasse zu treffen; dies möge im Einzelfall auch dazu führen, dass eine derartige Entscheidung telefonisch abgefragt und bestätigt werde. Die Beigeladene zu 2. habe es selbst in der Hand, ihre Mitarbeiter zu verpflichten, derartige Genehmigungen nicht in mündlicher Form zu erteilen.

Die übrigen Beigeladenen haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. sind in dem Sinne begründet, dass der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Ob das [X.] den Bescheid des Beklagten vom 1.6.2011 zu Recht aufgehoben hat, kann der [X.] auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilen.

1. In prozessualer Hinsicht ist klarzustellen, dass das [X.] über den während des Berufungsverfahrens ergangenen und Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid des Beklagten vom 1.6.2011 nicht auf Berufung, sondern erstinstanzlich "auf [X.]lage" zu entscheiden hatte (stRspr de[X.], vgl [X.]-1200 § 52 [X.] Rd[X.] 36 mwN). Einer Aufhebung auch des sozialgerichtlichen Urteils bedarf es nicht, weil insoweit Erledigung eingetreten ist, da der Beklagte den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 21.8.2003 zurückgenommen und durch einen neuen Bescheid ersetzt hat, der (alleiniger) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist.

2. Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der klagende Arzt [X.] wegen der generell, also indikationsunabhängig fehlenden Verordnungsfähigkeit von [X.] auch schon im hier betroffenen [X.]raum (den [X.]/1999 bis I/2000) nicht zu Gunsten der bei der zu 2. beigeladenen [X.]rankenkasse versicherten Patientin verordnen durfte.

a. Der Beklagte hat zutreffend erkannt, dass Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der [X.] nicht eingehalten haben, keinen "sonstigen Schaden" der [X.]rankenkasse darstellen (vgl [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] ff), sondern ein Arzneikostenregress durchzuführen ist, dessen Rechtsgrundlage § 106 Abs 2 [X.] ist (zur Zugrundelegung des § 106 Abs 2 [X.] vgl [X.] [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 12 und [X.], 130 = [X.]-2500 § 106 [X.], Rd[X.] 14; [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 14; [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 14).

Soweit das Quartal IV/1999 betroffen ist, ist § 106 Abs 2 [X.] in der vom [X.] bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung des [X.] ([X.]) maßgeblich; auf das Quartal I/2000 findet § 106 Abs 2 [X.] in der ab 1.1.2000 geltenden Fassung des [X.]-Gesundheitsreformgesetzes 2000 (<[X.]-GRG 2000> vom 22.12.1999, [X.] 2626) Anwendung. Nach § 106 Abs 2 [X.] idF des [X.] wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder bei Überschreitung der [X.] nach § 84 [X.] (aaO Satz 1 [X.] 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (aaO Satz 1 [X.] 2) geprüft. Nach § 106 Abs 2 [X.] idF des [X.]-GRG 2000 wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach [X.] oder bei Überschreitung der [X.] nach § 84 [X.] (aaO Satz 1 [X.] 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (aaO Satz 1 [X.] 2) geprüft. Über diese [X.] hinaus können die Landesverbände der [X.]rankenkassen mit den [X.] gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 [X.] (in der durch das [X.]-GRG 2000 unveränderten Fassung des [X.]) andere arztbezogene [X.] vereinbaren. Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu [X.] (s zusammenfassend [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 12 bis 14 mwN); nach den Feststellungen des [X.] sah auch die vorliegend maßgebliche Prüfvereinbarung dies vor. [X.] sind insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl daher rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des [X.] überprüft werden soll (s [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 16; [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 14). Dem Bescheid des Beklagten ist auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass er eine Einzelfallprüfung wegen Unwirtschaftlichkeit durchgeführt hat.

b. Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführte Einzelfallprüfung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Annahme der Unwirtschaftlichkeit wie auch die Höhe des festgesetzten [X.] sind nicht zu beanstanden. Wie der erkennende [X.] - in Fortführung der Rechtsprechung des 1. [X.]s de[X.] ([X.], 132 = [X.]-2500 § 31 [X.] 3) - mit Urteilen vom 5.11.2008 ([X.] [X.]A 63/07 R = [X.]-2500 § 106 [X.] und [X.] [X.]A 64/07 R) sowie vom [X.] ([X.] [X.]A 3/08 R = US[X.] 2009-14 = [X.], 276) entschieden hat, war die von den dortigen [X.]lägern vorgenommene Verordnung von [X.] in den [X.]/1999 bis I/2000 nicht zulässig (zuletzt [X.] vom 27.6.2012 - [X.] [X.]/11 B - Juris Rd[X.] 8 ff). Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der [X.] verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der [X.]rankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten. Jedenfalls seit der Ablehnung der Zulassungsverlängerung durch den Bescheid des [X.] vom 9.6.1998 war [X.] nicht mehr verordnungsfähig iS des [X.] (vgl [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 25). Fehlt die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben ([X.] aaO unter Hinweis auf [X.]-2500 § 106 [X.]2 S 281 f und [X.], 557).

3. Ob die Festsetzung des [X.] aus anderen Gründen - namentlich wegen eines Vertrauenstatbestandes - ausgeschlossen ist, kann der [X.] nicht abschließend entscheiden. Soweit das [X.] indessen angenommen hat, die telefonische Zusage der Verordnungsfähigkeit von [X.] seitens eines Mitarbeiters der beigeladenen [X.]rankenkasse begründe zu Gunsten des [X.] einen Vertrauenstatbestand, der die Festsetzung eines [X.] hindert, kann der [X.] dem - jedenfalls auf der Basis der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen - nicht folgen.

a. In der Rechtsprechung des [X.]s ist geklärt, dass die Anerkennung von Vertrauensschutz zunächst erfordert, dass ein anderer Beteiligter insoweit einen besonderen Vertrauenstatbestand gesetzt hat ([X.]-2500 § 106 [X.] 1 Rd[X.] 18 mwN <= Rspr zur Aufhebung von [X.]>; [X.]-2500 § 106 [X.] 24 Rd[X.]; zuletzt [X.] vom 14.12.2011 - [X.] [X.]/11 B - Juris Rd[X.] 9). Bei umstrittenen Verordnungen kann ein derartiger Vertrauenstatbestand nur von den Prüfgremien oder vom [X.]ostenträger - der [X.]rankenkasse - gesetzt werden ([X.]-2500 § 106 [X.] 24 Rd[X.], 21). Vertrauensschutz setzt nach der Rechtsprechung des [X.]s zudem voraus, dass die zuständigen [X.]örperschaften oder Gremien explizit die für die von den betroffenen Ärzten praktizierte oder beabsichtigte Verordnungsweise gebilligt und die Ärzte in [X.]enntnis dieser Auskunft ihre Verordnungsweise fortgesetzt bzw aufgenommen haben ([X.]-2500 § 106 [X.] 24 Rd[X.]). Erforderlich ist eine auf eine verbindliche Festlegung zielende behördliche Äußerung der Entscheidungs- bzw [X.]ostenträger ([X.]-2500 § 106 [X.] 24 Rd[X.], 21; [X.] vom 14.12.2011 - [X.] [X.]/11 B - Juris Rd[X.] 9).

b. Zusagen oder Erklärungen einer [X.]rankenkasse, eine bestimmte Leistung dem Versicherten als vertragsärztliche Leistung zu gewähren oder die [X.]osten dafür zu übernehmen, sind nicht von vornherein ausgeschlossen. Insbesondere lässt sich ein derartiges Verbot nicht aus § 29 Abs 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte ([X.]) herleiten. Dort ist zwar bestimmt, dass die Genehmigung von [X.] durch die [X.]rankenkasse unzulässig ist; hieraus hat der [X.] abgeleitet, dass sich ein Vertragsarzt vertragsärztliche Verordnungen nicht einzeln genehmigen lassen darf. Dieses Verbot hat sich - wie der [X.] dargelegt hat - jedoch immer nur auf Verordnungen im Rahmen der Leistungspflicht der [X.]rankenkassen bezogen ([X.], 110 = [X.]-2500 § 106 [X.] 27, Rd[X.] 44), nicht hingegen auf (grundsätzlich) außerhalb der Leistungspflicht der [X.] liegende Verordnungen. Im Übrigen gehen die zuständigen [X.]e de[X.] in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass in den Fällen, in denen es um die Frage geht, ob ein - grundsätzlich ausgeschlossenes - Arzneimittel ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen [X.]rankenkasse verordnet werden darf, Raum für eine sogenannte "[X.]" (und -Genehmigung) durch die [X.]rankenkasse ist (s hierzu unter 3.c.cc.(1)).

c. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das [X.] auch davon aus, dass Erklärungen der [X.]rankenkasse, ausnahmsweise die [X.]osten für die Verordnung eines Arzneimittels zu übernehmen, obwohl das Medikament außerhalb seiner arzneimittelrechtlichen Zulassung eingesetzt werden soll bzw ein Arzneimittel betroffen ist, das überhaupt keine in [X.] gültige Zulassung besitzt, keinem gesetzlichen Formerfordernis unterliegen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob es dabei - wie vorliegend - um die Genehmigung der ausnahmsweisen vertragsärztlichen Verordnung eines Arzneimittels geht oder um eine [X.]ostenübernahmeerklärung in dem Sinne, dem Versicherten die [X.]osten des Arzneimittels nach § 13 Abs 3 [X.] zu erstatten.

Verwaltungsakte können in jeder Form - also auch mündlich - erlassen werden (§ 33 Abs 2 Satz 1 [X.]; s auch § 9 Satz 1 [X.]). Etwas anderes gilt somit nur dann, wenn die Schriftform ausdrücklich vorgeschrieben ist. Ein derartiges Schriftformerfordernis für die hier in Rede stehende "Entscheidung" der [X.]rankenkasse ist jedoch weder dem Gesetz noch den Bestimmungen des [X.] zu entnehmen (aa.). Ebenso wenig ergibt es sich unter dem Gesichtspunkt einer Zusicherung (bb.). Auch in der Rechtsprechung de[X.] zur "[X.]" wird dies nicht gefordert (cc.).

aa. Ein gesetzliches Schriftformerfordernis für Erklärungen der [X.]rankenkasse, die die Genehmigung der ausnahmsweisen Verordnung von (grundsätzlich ausgeschlossenen) Arzneimitteln bzw eine "[X.]ostenübernahme" zum Gegenstand haben, lässt sich dem vorliegend maßgeblichen Recht nicht entnehmen. Hieran hat sich auch durch die in jüngerer [X.] in [X.] getretenen Gesetzesänderungen nichts geändert. Weder § 2 Abs 1a [X.] in der ab dem 1.1.2012 geltenden Fassung des [X.]-VStG (vom 22.12.2011, [X.] 2983) noch § 13 Abs 3a [X.] in der ab dem [X.] geltenden Fassung des Patientenrechtegesetzes (vom [X.], [X.] 277) sehen solches vor. § 2 Abs 1a [X.], der für besondere Ausnahmesituationen einen Anspruch auf eine von § 2 Abs 1 Satz 3 [X.] abweichende Leistung begründet, regelt allein, dass die [X.]rankenkasse auf Antrag des Versicherten bzw des Leistungserbringers eine [X.]ostenübernahmeerklärung erteilt (Satz 2 aaO), mit der die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung festgestellt wird (Satz 3 aaO); in welcher Form diese [X.]ostenübernahmeerklärung zu erfolgen hat, ist jedoch nicht bestimmt. Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich im Übrigen zweifelsfrei der Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass Antrag und [X.]ostenübernahmeerklärung formlos erfolgen können (s Ausschussbericht zum [X.]-VStG, BT-Drucks 17/8005 [X.] zu § 2 Abs 1a [X.]; so auch [X.] in [X.] [X.]omm, § 2 [X.] Rd[X.] 6). Auch § 13 Abs 3a [X.], der Regelungen für den zeitlichen Ablauf des [X.] enthält, trifft keine Aussagen zur Form der Bewilligungsentscheidung bzw der Ablehnung des Antrags; geregelt ist insoweit allein, dass die [X.]rankenkasse dann, wenn sie die ([X.] nicht einhalten kann, dies schriftlich mitzuteilen hat (aaO Satz 5). Bestimmungen des [X.] lässt sich ebenfalls kein Schriftformerfordernis entnehmen.

bb. Entgegen der Auffassung des Beklagten wie der Beigeladenen zu 2. folgt ein Schriftformerfordernis für die hier in Rede stehende Erklärung einer [X.]rankenkasse auch nicht aus § 34 [X.], weil es sich dabei nicht um eine "Zusicherung" im Sinne dieser Vorschrift handelt. Nach § 34 Abs 1 Satz 1 [X.] bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Mithin ist die Zusicherung nach § 34 [X.] vom eigentlichen Verwaltungsakt abzugrenzen: Sie unterscheidet sich dadurch vom Verwaltungsakt, dessen Erlass bzw Unterlassen zugesichert werden soll, dass sie keine gegenwärtige Sachregelung trifft, sondern den Erlass (bzw die Unterlassung) eines Verwaltungsaktes für die Zukunft verbindlich in Aussicht stellt ([X.] in von [X.], [X.], 7. Aufl 2010, § 34 Rd[X.] 6); das Wesen der Zusicherung liegt darin, dass der Verwaltungsakt erst in der Zukunft erlassen wird ([X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 34 Rd[X.] 9). Bei der Abgrenzung von Zusicherung und Verwaltungsakt ist auf den objektiven Sinngehalt der Erklärung abzustellen, wie ihn der Empfänger der Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste ([X.] aaO mwN).

Nach diesen Maßstäben stellt die Erklärung der [X.]rankenkasse, auf die sich der [X.]läger beruft, keine Zusicherung eines späteren Verwaltungsaktes dar, sondern ist bereits selbst dieser Verwaltungsakt. Dabei spielt es insoweit keine Rolle, ob die Erklärung auf die Genehmigung einer ausnahmsweisen vertragsärztlichen Verordnung eines Arzneimittels gerichtet ist, dessen Verordnung außerhalb der für das Arzneimittel erteilten Zulassung erfolgt bzw ein Arzneimittel betrifft, das überhaupt keine in [X.] gültige Zulassung besitzt, oder ob sie die Übernahme der [X.]osten im Rahmen des § 13 Abs 3 [X.] betrifft. [X.]larzustellen ist, dass derartige Entscheidungen nur gegenüber dem Patienten selbst erfolgen können; gegenüber dem Vertragsarzt kommt eine Entscheidung der [X.]rankenkasse durch Verwaltungsakt schon wegen des fehlenden Über-Unterordnungsverhältnisses sowie wegen der gesetzlich vorgegebenen Trennung der Rechtskreise (s hierzu [X.], 19, 25 = [X.] 2200 § 368f [X.] 11 S 34; [X.]-2500 § 75 [X.] 9 Rd[X.] 32) nicht in Betracht.

Das Leistungsrecht der [X.] ist auf Sach- bzw [X.] gerichtet. Die Versicherten erhalten die ihnen zustehenden Leistungen nicht unmittelbar von ihrer [X.]rankenkasse, sondern gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 [X.] als Sach- und Dienstleistungen, über deren Erbringung die [X.]rankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern schließen (§ 2 Abs 2 Satz 3 [X.]). Diese erbringen gemäß den geschlossenen Verträgen die von den [X.]rankenkassen geschuldeten Leistungen oder veranlassen deren Erbringung - etwa durch Verordnung von Arzneimitteln - in eigener Verantwortung (vgl § 29 Abs 1 Satz 2 [X.] für die Verordnung von Arzneimitteln). Im Regelfall liegt daher der Leistungsgewährung überhaupt kein - etwa auf die Versorgung mit Arzneimitteln gerichteter - Verwaltungsakt der [X.]rankenkasse zugrunde.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Bereich der "regulären" Versorgung verlassen wird, insbesondere wenn es um die Verordnung von Arzneimitteln geht, die außerhalb ihrer Zulassung verordnet werden sollen bzw die überhaupt keine Zulassung besitzen. In Abweichung vom Regelsystem, das die Entscheidung über die Verordnung von Arzneimitteln in die Verantwortung des Vertragsarztes stellt (vgl § 29 Abs 1 Satz 1 [X.]), kommt in diesem Bereich eine Verordnung zu Lasten der [X.] durch den Vertragsarzt nur und erst dann (regressfrei) in Betracht, wenn die zuständige [X.]rankenkasse die Verordnung im Ausnahmefall genehmigt hat. Diese "Ausnahmegenehmigung" stellt einen Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 [X.] dar. Auch ein Versicherter oder dessen behandelnder Vertragsarzt, die eine "[X.]" bei der [X.]rankenkasse beantragen, werden deren Erklärung, die [X.]osten eines bestimmten Arzneimittels zu übernehmen, in aller Regel als Entscheidung über das ausnahmsweise [X.] einer Leistungspflicht verstehen.

cc. Schließlich ist auch in der Rechtsprechung de[X.] zur "[X.]" keine Festlegung erfolgt, in welcher Form eine [X.]rankenkasse dem anfragenden Vertragsarzt oder Versicherten das Ergebnis einer von ihr durchgeführten "[X.]" mitzuteilen hat.

(1) Die zuständigen [X.]e de[X.] haben in ständiger Rechtsprechung darauf verwiesen, dass der Vertragsarzt in Fällen unklarer Verordnungen - insbesondere bei einem medizinisch umstrittenen [X.] bzw in Fällen eines Off-Label-Use - der [X.]rankenkasse als [X.]ostenträger eine [X.] ermöglichen muss, ob sie die [X.] übernimmt, wenn er sich nicht dem Risiko eines [X.] aussetzen will ([X.] vom [X.] - [X.] [X.]A 53/05 B - Juris Rd[X.] 13 = [X.] 2007, 557; [X.], 26 = [X.]-2500 § 13 [X.] 12, Rd[X.]; [X.], 110 = [X.]-2500 § 106 [X.] 27, Rd[X.] 43; [X.]-2500 § 106 [X.] 30 Rd[X.] 37). Diese "[X.]" kann zum einen vom Arzt selbst veranlasst werden (s hierzu [X.] vom [X.] - [X.] [X.]A 53/05 B - Juris Rd[X.] 13 = [X.] 2007, 557; [X.], 26 = [X.]-2500 § 13 [X.] 12, Rd[X.] f; [X.], 110 = [X.]-2500 § 106 [X.] 27, Rd[X.] 43), zum anderen durch den Versicherten, der nach § 13 Abs 3 [X.] [X.]ostenerstattung begehrt (s hierzu [X.]-2500 § 106 [X.] 30 Rd[X.] 37): Ein gängiger Weg ist es, dem Versicherten ein Privatrezept auszustellen und es diesem zu überlassen, sich bei seiner [X.]rankenkasse um [X.]ostenerstattung zu bemühen (vgl [X.] vom [X.] - [X.] [X.]A 53/05 B - Juris Rd[X.] 13 = [X.] 2007, 557; [X.], 26 = [X.]-2500 § 13 [X.] 12, Rd[X.]; [X.]-2500 § 106 [X.] 30 Rd[X.] 37). Bestätigt die [X.]rankenkasse im Rahmen dieser Prüfung, dass eine Leistung - die Verordnung des in Rede stehenden Arzneimittels bzw die Übernahme der [X.] - zu Unrecht abgelehnt wurde, begründet diese Feststellung einen Vertrauenstatbestand, auf den sich (auch) der verordnende Vertragsarzt berufen kann. Der Vertragsarzt kann aber auch zunächst selbst bei der [X.]rankenkasse deren Auffassung als [X.]ostenträger einholen und (erst) im Ablehnungsfall dem Patienten ein Privatrezept ausstellen ([X.] vom [X.] - [X.] [X.]A 53/05 B - Juris Rd[X.] 13 = [X.] 2007, 557; [X.], 26 = [X.]-2500 § 13 [X.] 12, Rd[X.]).

(2) Dass die von der [X.]rankenkasse abzugebende Erklärung über das Ergebnis der von ihr durchgeführten [X.] der Schriftform bedarf, lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen und wäre nach den vorstehenden Ausführungen zur fehlenden Erforderlichkeit der Schriftform auch nicht begründbar. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass der Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 2 Abs 1a [X.] verdeutlicht hat, dass [X.]ostenübernahmeerklärungen der [X.]rankenkassen formlos erfolgen können (Ausschussbericht zum [X.]-VStG, BT-Drucks 17/8005 [X.] zu § 2 Abs 1a [X.]); dass für die ausnahmsweise Genehmigung der Verordnung eines an sich nicht (vertragsärztlich) verordnungsfähigen Arzneimittels etwas anderes gelten soll, ist nicht erkennbar. Der [X.] stellt daher klar, dass grundsätzlich auch mündliche bzw telefonische Erklärungen der [X.]rankenkasse, die vertragsärztliche Verordnung eines Arzneimittels zu genehmigen, das außerhalb seiner Zulassung verordnet wird oder das über keine in [X.] gültige Zulassung verfügt, wirksam sein und einem nachfolgenden Regress entgegenstehen können.

Zwar wird in der Regel eine schriftliche oder - in Eilfällen - per Mail zugeleitete Entscheidung schon aus Gründen der Rechtssicherheit unverzichtbar sein, auch weil sich ein Leistungserbringer mutmaßlich kaum auf die telefonische Mitteilung eines ihm in der Regel nicht bekannten Mitarbeiters einer [X.]rankenkasse verlassen dürfte. Denn nach allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast (s hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 103 Rd[X.]a mwN) trägt derjenige, der sich auf eine Willensäußerung beruft, das Risiko des fehlenden Nachweises (vgl auch [X.], 114 - Juris Rd[X.] 20). Das Risiko, das sich immer dann ergibt, wenn sich das Telefongespräch oder dessen genauer Inhalt nicht nachweisen lassen, trägt in der hier zu beurteilenden [X.]onstellation also der Arzt. Eine schriftliche Dokumentation ist somit zwar sinnvoll, aber - wie dargelegt - keine Wirksamkeitsvoraussetzung.

d. Daher ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch eine telefonisch übermittelte Zusage einer [X.]rankenkasse, eine Verordnung zu genehmigen, die an sich gesetzlich ausgeschlossen ist, einen Vertrauensschutz des Vertragsarztes begründen kann, der hiervon [X.]enntnis erlangt oder selbst Empfänger der Mitteilung ist. Das ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen der Fall, deren Vorliegen das [X.] hier zumindest nicht festgestellt hat.

aa. Die lediglich telefonische Mitteilung eines Mitarbeiters der zuständigen [X.]rankenkasse, diese sei mit der Verordnung eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung nach dem [X.] (Off-Label-Use) oder eines Mittels ohne [X.] oder [X.] Zulassung ([X.]) einverstanden, kann allenfalls in besonders gelagerten [X.]onstellationen Vertrauensschutz begründen. Denn zum einen setzt die Entscheidung der [X.]rankenkasse, die zulassungsüberschreitende Verordnung eines Arzneimittels oder eines solchen, welches über keine in [X.] wirksame Zulassung verfügt, auf der Grundlage der hierzu von der Rechtsprechung bzw vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen ausnahmsweise zu genehmigen, die [X.]lärung schwieriger Fragen voraus, die im Regelfall der Hinzuziehung medizinischen Sachverstands bedarf (1). Zum anderen bedarf auch die Tragweite der "Erlaubnis" einer Verordnung auf "[X.]assenrezept" der Präzisierung (2).

(1) Bei der Entscheidung einer [X.]rankenkasse, ob sie ausnahmsweise die Verordnung eines Arzneimittels genehmigt, dessen grundsätzliche Verordnung ausgeschlossen ist, handelt es sich nicht um eine Routineentscheidung wie die Gewährung von [X.]rankengeld oder Haushaltshilfe. Vielmehr kommt in derartigen Fällen eine Genehmigung der Verordnung durch den Vertragsarzt (und damit die Übernahme der [X.]osten) durch die - an Recht und Gesetz gebundenen - [X.]rankenkassen nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen die in der Rechtsprechung de[X.] aufgestellten Voraussetzungen vorliegen. Dies ist nur dann der Fall, wenn es sich um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigenden) Erkrankung handelt, keine anderweitige anerkannte Therapie verfügbar ist und aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (zusammenfassend [X.]E 109, 212 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 16); hinreichende Erfolgsaussichten bestehen nur dann, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse über Nutzen und Risiken des Mittels aufgrund von Phase III-Studien vorliegen, die eine erweiternde Zulassung ermöglichen ([X.]E 109, 212 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]). Ergänzend hat die [X.]rankenkasse zu prüfen, ob ausnahmsweise eine Verordnung unter Zugrundelegung der vom [X.] in seinem Beschluss vom 6.12.2005 ([X.]E 115, 25 = [X.]-2500 § 27 [X.]) aufgestellten - und jetzt in § 2 Abs 1a [X.] nF normierten - Voraussetzungen zulässig und geboten ist. Auch diese Entscheidung setzt eine eingehende Prüfung voraus, die auf der einen Seite eine Beurteilung des Gesundheitszustandes des Patienten und auf der anderen Seite die Beurteilung der vorhandenen (alternativen) Therapiemöglichkeiten umfasst. Nichts anderes gilt im Falle der Verordnung eines Mittels ohne [X.] oder [X.] Zulassung ([X.]).

(2) Zum anderen ist in jedem Einzelfall die Tragweite der von der [X.]rankenkasse durch ihren Mitarbeiter abgegebenen "Erklärung" klärungsbedürftig. So ist zunächst danach zu differenzieren, ob der Mitarbeiter der [X.]rankenkasse dem Arzt zusichert, die [X.]rankenkasse werde die [X.]osten des Mittels übernehmen, oder ob sie den Vertragsarzt "ermächtigt", eine vertragsärztliche Verordnung auszustellen.

In der erstgenannten [X.]onstellation hat die "Zusage" für den Arzt die [X.]onsequenz, dass er ein Privatrezept ausstellt und dem Patienten versichern kann, dass die [X.]rankenkasse die [X.]osten auf der Grundlage des § 13 Abs 3 [X.] erstatten wird. Der Schutz der Zusage der [X.]rankenkasse wirkt insoweit vor allem haftungsrechtlich, als der Arzt sich in der Regel darauf verlassen darf, dass der Patient das verordnete Mittel tatsächlich zur Verfügung haben wird. Das ist - gerade bei sehr teuren Mitteln und bei Patienten mit geringem Einkommen - ohne die Zusage der [X.]rankenkasse nicht gesichert, was der Arzt für die Behandlung bedenken muss und was ihn gegebenenfalls zur Wahl einer Behandlungsalternative verpflichten kann.

Die rechtlichen Wirkungen einer "Zusage" des Mitarbeiters der [X.]rankenkasse, der Arzt dürfe das umstrittene Mittel vertragsärztlich verordnen - allein dies steht vorliegend im Streit -, können sehr viel weiter gehen. Je nach gesundheitlicher Situation des Patienten und Inhalt der "Zusage" kann sich der Arzt legitimiert fühlen, einem Versicherten ein bestimmtes Medikament ohne zeitliche und quantitative Begrenzung zu verordnen. Daher ist der Inhalt der Erklärung nicht zuletzt hinsichtlich der (genehmigten) zeitlichen Dauer der Verordnung und der Verordnungsmenge festzustellen. Aus Sicht des Vertragsarztes beinhaltet die Erklärung der [X.]rankenkasse zudem vorrangig die verbindliche Zusage, insoweit auf einen Regress zu verzichten. Der Vertragsarzt könnte dabei davon ausgehen, mit dem [X.] habe die [X.]rankenkasse nicht nur auf den Regress wegen der fehlenden Verordnungsfähigkeit verzichtet, sondern zugesagt, dass die "genehmigte" Verordnung generell der Wirtschaftlichkeitsprüfung - sei es nach [X.], sei es nach Durchschnittswerten - entzogen wird. Dies ist zwar nachvollziehbar, da andernfalls für den Arzt gerade bei sehr teuren Medikamenten, die die Ärzte seiner Fachgruppe wegen deren Ausschluss aus der Leistungspflicht der [X.]rankenkasse nicht verordnen, das Risiko besteht, dass er wirtschaftlich von dem Verzicht der [X.]rankenkasse auf einen ([X.] nicht profitiert: Dies wäre dann der Fall, wenn die Verordnung zwar als zulässig, jedoch als unwirtschaftlich iS der §§ 12, 106 [X.] beurteilt wird und insoweit auch keine Praxisbesonderheiten anerkannt sind. Ob die Erklärung der [X.]rankenkasse jedoch überhaupt im Sinne eines derart weitgehenden [X.]s zu verstehen ist oder ob sie allein darauf gerichtet ist, die ausnahmsweise Verordnung des Arzneimittels dem Grunde nach zu genehmigen, bedarf gleichfalls der [X.]lärung im Einzelfall.

bb. Wegen der schwierigen Fragestellungen sowie der Trageweite der "Erlaubnis" einer vertragsärztlichen Verordnung und der Notwendigkeit, diese präzise nach zeitlicher Dauer und Verordnungsmenge zu bestimmen, kann der Arzt auf die Erklärung der [X.]rankenkasse somit nur vertrauen, wenn er sicher ist, dass diese insbesondere die Voraussetzungen für die Genehmigung fundiert geprüft hat bzw durch den MD[X.] hat prüfen lassen, oder die Entscheidung einer ständigen Verwaltungspraxis der [X.]rankenkasse entspricht. Wenn der Arzt - etwa nach Gesprächen mit (medizinisch oder pharmakologisch) fachkundigen Mitarbeitern der [X.]rankenkasse oder eines Arztes des MD[X.] - sicher sein kann, dass eine solche Prüfung stattgefunden hat, und/oder er aus anderen Gründen davon ausgehen kann, dass der [X.]rankenkassenmitarbeiter sich der Tragweite seiner Erklärung bewusst ist, ist er auch dann geschützt, wenn ihm das Ergebnis der Prüfung "nur" telefonisch übermittelt wird.

Hat der Vertragsarzt hingegen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die [X.]rankenkasse die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der umstrittenen Verordnung geprüft hat, kann er nicht sicher sein, dass der in der Regel insoweit nicht fachkundige Mitarbeiter (in der Leistungsabteilung oder in der Geschäftsstelle der [X.]rankenkasse) die Frage nach der Verordnungsfähigkeit eines an sich ausgeschlossenen Arzneimittels richtig verstanden und seine Antwort in [X.]enntnis der insoweit maßgeblichen Voraussetzungen und [X.]en [X.]onsequenzen gegeben hat. Es ist dann naheliegend, dass die vermeintliche "Zusage" auf eine lediglich telefonische Rückfrage hin auch nur eine unverbindliche Meinungsäußerung des [X.]rankenkassenmitarbeiters gewesen sein kann, er sehe keine Bedenken, ohne wirklich den Sachverhalt hinreichend übersehen zu können. Es obliegt dem Vertragsarzt, der eine Entscheidung von unter Umständen erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf eine so unsichere Grundlage stützen will, sich durch Bitte um schriftliche Bestätigung der telefonischen "Zusage" bei der [X.]rankenkasse rückzuversichern. Dies wird in aller Regel zumutbar sein.

Insoweit zieht der [X.] die Rechtsprechung des [X.] (vgl [X.], 114, 119 mwN) zur - sehr begrenzten - Verbindlichkeit mündlicher und vor allem telefonischer Zusagen von Mitarbeitern der Finanzverwaltung gegenüber Steuerpflichtigen heran. Danach liegt bei mündlichen Äußerungen von Mitarbeitern der Finanzverwaltung die Annahme nahe, dass lediglich eine unverbindliche Meinungsäußerung abgegeben worden ist und deshalb an den Nachweis der eine Bindung begründenden Merkmale strenge Anforderungen zu stellen sind. Insbesondere muss zweifelsfrei feststehen, dass der Sachverhalt und die rechtliche Frage zutreffend dargelegt sowie von dem die Auskunft erteilenden Mitarbeiter richtig verstanden worden sind (aaO). Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass im Steuerrecht ohnehin nur Erklärungen des zuständigen [X.] oder des Vorstehers des Finanzamtes Relevanz besitzen (stRspr des [X.], vgl [X.], 114, 119; [X.] Urteil vom 21.8.2012 - VIII R 33/09 = NJW 2013, 639, 640 mwN). Das Risiko, dass der Mitarbeiter Sachverhalt und rechtlich relevante Frage richtig verstanden und auf dieser Basis geantwortet hat, trägt danach grundsätzlich der Steuerpflichtige ([X.], 114, 119). Diese Risikoverteilung ist gerechtfertigt, weil der Betroffene es in der Hand hat, sich mit zumutbarem Aufwand Gewissheit darüber zu verschaffen, ob er auf die mündlich oder telefonisch geäußerte Auffassung - bzw auf das, was er als Auffassung seines Gesprächspartners wahrgenommen hat - vertrauen darf. Das gilt auch für den Vertragsarzt im Rechtsverhältnis zur [X.]rankenkasse seiner Patienten.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn bei der betreffenden [X.]rankenkasse eine Verwaltungspraxis der Art besteht, dass auf eine Prüfung der rechtlichen sowie der fachlichen Voraussetzungen durch den MD[X.] bzw eigenes (medizinisch oder pharmakologisch) fachkundiges Personal generell verzichtet und/oder die Entscheidung über die Genehmigung der Verordnung derartiger Arzneimittel dem jeweiligen Sachbearbeiter überlassen bleibt. Begibt sich eine [X.]rankenkasse auf diese Art und Weise ihrer Überprüfungsmöglichkeit und ist dies dem Vertragsarzt bekannt, reicht dies aus, um ein Vertrauen des Vertragsarztes in die Verbindlichkeit der Erklärung der [X.]rankenkasse zu begründen. Außer Frage steht, dass eine schriftliche Bestätigung nicht gefordert werden kann, wenn dies seitens der [X.]rankenkasse abgelehnt wird.

cc. Somit setzt die Annahme von Vertrauensschutz auf eine lediglich telefonisch erteilte "Erlaubnis" einer bestimmten vertragsärztlichen Verordnung - grundsätzlich - eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände voraus. Unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters der Verordnung und der damit verbundenen schwierigen medizinischen Fragestellungen (oben 3.d.aa.1) sowie der klärungsbedürftigen Tragweite der Verordnung (oben 3.d.aa.2) ist hierbei etwa von Bedeutung, ob den betreffenden Mitarbeiter der [X.]rankenkasse zum [X.]punkt des Telefonats der zugrundeliegende Sachverhalt bereits bekannt war; zu berücksichtigen ist daher, ob Erst- oder Folgeverordnungen betroffen sind bzw ob hinsichtlich der Behandlung des betroffenen Patienten schon [X.]ontakt zwischen Vertragsarzt und [X.]rankenkasse bestand. Weiter kann von Bedeutung sein, ob der Arzt eine im Rahmen einer [X.]rankenhausbehandlung begonnene Off-Label-Therapie ambulant fortsetzen will bzw muss oder einen ganz neuen Behandlungsansatz verfolgt.

In die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind auch die weiteren Umstände der Verordnung, insbesondere deren wirtschaftliche Tragweite; denn es liegt auf der Hand, dass die Entscheidung der [X.]rankenkasse nicht losgelöst von den [X.]osten des Medikaments und/oder der Dauer der geplanten Therapie betrachtet werden kann. Auch dem verordnenden Arzt ist bewusst, dass die [X.]rankenkasse die Genehmigung einer Verordnung umso intensiver prüfen wird, je höher deren Folgekosten sind. Daher besteht für ihn bei besonders kostenträchtigen Verordnungen eine besondere Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Prüfung, ob der die Erklärung abgebende [X.]rankenkassenmitarbeiter sich der Tragweite seiner Erklärung bewusst ist, während er umgekehrt bei Verordnungen von geringer wirtschaftlicher Bedeutung im Regelfall annehmen darf, dass die von der [X.]rankenkasse abgegebene Erklärung verbindlich ist.

Wichtig kann weiterhin sein, ob die Verordnung aus medizinischen Gründen nach dem [X.]onzept des Arztes keinen Aufschub duldet, so dass die Bitte um schriftliche oder elektronische Bestätigung des [X.] kaum zumutbar erscheint. Dies kommt allerdings nur ausnahmsweise in Betracht, etwa dann, wenn die Bestätigung - zB wegen des nahenden Endes der Geschäftszeiten - nicht innerhalb des medizinisch gebotenen [X.]raums erfolgen kann. Zu berücksichtigen ist zudem, ob die [X.]rankenkasse nach ihrer Verwaltungspraxis generell auf eine nähere Überprüfung "irregulärer" Verordnungen verzichtet oder jedenfalls für ein bestimmtes Arzneimittel in vergleichbaren Fällen generell eine "Zusage" erteilt hat.

Die unverzichtbare Gesamtwürdigung aller Umstände ist Sache des Tatrichters und nicht des [X.]. [X.] steht als rechtlicher Rahmen nur fest, dass schutzwürdiges Vertrauen des Arztes auf die lediglich telefonisch übermittelte "Genehmigung" an sich [X.] unzulässiger Verordnungen den Ausnahmefall bildet. Ergeben die insoweit maßgeblichen Umstände kein eher zu Gunsten des Arztes sprechendes Gesamtbild, kann sich der Arzt auf Vertrauensschutz nicht berufen.

4. Das Berufungsgericht wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 6 KA 27/12 R

20.03.2013

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Mainz, 6. Oktober 2010, Az: S 2 KA 13/10, Urteil

§ 2 Abs 1a SGB 5, § 82 Abs 1 SGB 5, § 106 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 21.12.1992, § 106 Abs 2 SGB 5 vom 22.12.1999, § 34 Abs 1 S 1 SGB 10, § 29 Abs 1 S 2 BMV-Ä, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.03.2013, Az. B 6 KA 27/12 R (REWIS RS 2013, 7187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7187

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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