Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2008, Az. VIII ZR 292/07

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3622

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] ZR 292/07 Verkündet am: 4. Juni 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 242 [X.]; § 573 Abs. 2 Nr. 2 Die Pflicht des wegen Eigenbedarfs kündigenden Vermieters, dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage liegende Wohnung, die vermietet werden soll, anzubieten, beschränkt sich auf Wohnungen, die dem Vermieter zu diesem [X.]punkt zur Verfügung stehen; eine Wohnung, die zwar vor Ablauf der Kündigungsfrist für die wegen Eigenbedarfs gekündigte Wohnung gekündigt worden ist, aber erst zu einem späteren [X.]punkt frei werden soll, wird von dieser [X.] nicht erfasst (im [X.] an [X.], Urteil vom 9. Juli 2003 - [X.], [X.], 463). [X.], Urteil vom 4. Juni 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2008 durch [X.] [X.] als Vorsitzenden, [X.] [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.] [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 14. Zivilkammer des [X.] vom 17. Oktober 2007 in der [X.] des [X.] vom 11. Dezember 2007 auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Kläger ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der verstorbe-nen

P. , zu dem ein Wohnhaus in [X.]gehört, in dessen fünften Stock die Beklagte aufgrund eines Mietvertrags aus dem [X.] eine Wohnung bewohnt. 1 Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 2. Juni 2005 wegen Eigenbedarfs der Alleinerbin die Kündigung des Mietverhältnisses zum 28. Februar 2006. Die 2 - 3 - Mieter einer im vierten Stock desselben Hauses belegenen Wohnung gleichen Zuschnitts kündigten mit Schreiben vom 30. Dezember 2005 zum 31. März 2006 das Mietverhältnis über ihre Wohnung. 3 Mit seiner Klage verlangt der Kläger Räumung und Herausgabe der Wohnung der [X.]. Die Beklagte ist der Ansicht, die Kündigung sei vom Kläger nicht als Vermieter, sondern nur in Vertretung für die Erbin ausgespro-chen worden und deswegen unwirksam. Weiter bestreitet sie den Eigenbedarf. Außerdem meint sie, der Kläger habe seine [X.] bezüglich der [X.] im vierten Stock verletzt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen [X.] weiter. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: 6 Zwar sei die Kammer entgegen der Ansicht des Amtsgerichts der [X.], dass die Kündigung hinreichend deutlich zum Ausdruck bringe, dass sie von dem Kläger als Testamentsvollstrecker in eigenem Namen erklärt worden sei. Dieses Problem bedürfe jedoch keiner Vertiefung, weil die Kündigung des-halb unwirksam sei, weil der Kläger seine [X.] verletzt habe. Da die im 7 - 4 - vierten Stock gelegene Wohnung der [X.] nicht zur Anmietung angeboten worden sei, sei die Kündigung gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. 8 [X.] verkenne dabei nicht, dass nach der Entscheidung des [X.] vom 9. Juli 2003 (NJW 2003, 2604 f.) eine solche [X.] grundsätzlich nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehe. Der vom Bun-desgerichtshof herangezogene Gesichtspunkt, dass andernfalls derjenige Mie-ter privilegiert werde, der sich bei wirksamer Kündigung trotz Ablaufs der Kün-digungsfrist zu Unrecht noch in der Wohnung aufhalte, vermöge im vorliegen-den Fall aber nicht zu begründen, dass die [X.] auf den Ablauf der Kündigungsfrist der [X.] begrenzt sei. Die Klage sei erst am 12. April 2006 rechtshängig geworden. Die Alternativwohnung sei mit Ablauf des Monats März 2006 frei gewesen. Außerdem habe der Mieter dieser Alternativwohnung die Wohnung selbst gekündigt. Der Vermieter habe also annehmen können, dass der Mieter zum Ablauf der Kündigungsfrist ausziehen werde. Auch beste-he die [X.] unabhängig davon, ob die Annahme eines Mietvertragsan-gebots seitens des [X.] durch die Beklagte wahrscheinlich gewesen wäre oder nicht. [X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht den vom Klä-ger geltend gemachten Anspruch aus § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen Eigenbedarfs der Ei-gentümerin gekündigten Wohnung der [X.] zu Unrecht verneint. 9 1. Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet allerdings - entgegen der [X.] der Revisionserwiderung - die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigung des [X.] vom 2. Juni 2005 bringe hinreichend deutlich zum 10 - 5 - Ausdruck, dass sie von ihm als Testamentsvollstrecker in eigenem Namen er-klärt worden sei. Diese Annahme beruht auf der tatrichterlichen Auslegung [X.], die nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] revisionsrechtlich nur beschränkt darauf überprüfbar ist, ob gesetzli-che Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Er-fahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind ([X.] 154, 132, 133; 168, 64, 69, [X.]. m.w.N.). Derartige Rechtsfehler zeigt die Revisions-erwiderung nicht auf. Der von ihr angeführte Wortlaut des [X.] ist nicht so eindeutig, dass die Auslegung des Berufungsgerichts damit unvereinbar wäre. 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger jedoch keine Pflicht zur Anbietung einer Alternativwohnung verletzt (§ 242 BGB). 11 Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, muss der wegen [X.] gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB berechtigt kündigende Vermieter dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage ihm zu diesem [X.]punkt zur Verfügung stehende Wohnung, die vermietet werden soll, zur Anmietung anbieten ([X.] vom 9. Juli 2003 - [X.], [X.], 463 - noch zu § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB aF, nunmehr § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Diese Voraussetzun-gen sind hier nicht erfüllt. 12 Die Wohnung im vierten Obergeschoss ist erst zum Ablauf des Monats März 2006 und damit einen Monat nach Ende des Mietverhältnisses der [X.] gekündigt worden. Zu diesem [X.]punkt hätte die Beklagte - den geltend gemachten Eigenbedarf unterstellt - bei rechtmäßigem Verhalten ihre Wohnung bereits geräumt haben müssen. Deswegen ist auch unerheblich, ob der Kläger darauf vertrauen durfte, dass die Mieter der Wohnung im vierten Stock gemäß 13 - 6 - ihrer eigenen Kündigung am 31. März 2006 ausziehen würden. Unerheblich ist weiter, dass die - im März 2006 eingereichte - Klageschrift der [X.] erst am 12. April 2006 zugestellt worden ist. Dieser Klage hätte es nicht bedurft, wenn die Beklagte sich rechtmäßig verhalten und ihre Wohnung Ende Februar 2006 geräumt hätte. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts würde auf eine nachvertragliche Treuepflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter hi-nauslaufen. Eine solche Pflicht mit dem Inhalt, dass noch eine [X.] für die [X.] nach Beendigung des Mietverhältnisses bestände, ist jedoch nicht an-zuerkennen (Senatsurteile, aaO, unter [X.]; [X.] 165, 75, 82 f.; die gegen die-ses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das [X.], NJW 2006, 2033, nicht zur Entscheidung angenommen). Eine über den Ablauf der [X.] hinaus zeitlich weiter ausgedehnte [X.] würde den allgemei-nen Prinzipien des Privatrechts von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zuwi-derlaufen, die vornehmlich bei der Rechtswirkung einerseitiger Gestaltungser-klärungen, wie hier der Wohnungskündigung, zu beachten sind ([X.], aaO, 79). Sie würde zu einer systemwidrigen Durchbrechung der Grundsätze über die rechtsgestaltende Wirkung von Kündigungserklärungen führen ([X.], aaO, 82 f.). Zugleich würde das berechtigte Interesse des Vermieters, auf die Rechts-folgen einer wirksamen Kündigung vertrauen und seine Planung danach [X.] zu können, erheblich eingeschränkt ([X.], aaO, 84). I[X.] Auf die Revision des [X.] ist das Berufungsurteil daher aufzuheben. Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob der von der [X.] bestrit-tene Eigenbedarf besteht, ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif. 14 - 7 - Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.06.2006 - 424 C 9195/06 - [X.], Entscheidung vom 17.10.2007 - 14 S 10935/06 -

Meta

VIII ZR 292/07

04.06.2008

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2008, Az. VIII ZR 292/07 (REWIS RS 2008, 3622)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3622

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 311/02 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 78/10 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Rechtsmissbräuchlichkeit einer Eigenbedarfskündigung mangels Angebots einer freiwerdenden Alternativwohnung


473 C 2138/20 (AG München)

Herausgabe der Wohnung wegen rechtmäßiger Eigenbedarfskündigung


VIII ZR 232/15 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Kündigung einer GbR wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter; Pflicht des Vermieters zum Angebot einer …


VIII ZR 232/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.