Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2012, Az. VII ZB 86/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3996

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 86/10

vom

9. August
2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 793, § 788 Abs. 1 Satz 1, § 567 Abs. 2
Eine Entscheidung über die Kosten im Sinne des §
567 Abs.
2 ZPO liegt nicht vor, wenn darüber zu entscheiden ist, ob der Gerichtsvollzieher mit Recht die Vollstre-ckung einer Hauptforderung verweigert hat, weil er im Gegensatz zum Gläubiger der Auffassung ist, eine außerhalb der Zwangsvollstreckung erfolgte Zahlung des Schuldners habe dessen nicht zur Vollstreckung angemeldete Kostenforderung nicht getilgt.

[X.], Beschluss vom 9. August 2012 -
VII ZB 86/10 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. August 2012
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.],
die Richterin [X.], [X.] Eick, den Richter Prof.
[X.] und [X.]
Kartzke
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluss der 8.
Zivilkammer des [X.] vom
28.
September 2010 aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts -
Vollstreckungsgericht
-
[X.] vom 4.
Dezember 2007
abge-ändert.
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, gemäß dem Vollstre-ckungsauftrag der Gläubigerin wegen Mobiliarvollstreckung und ihrem Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vom 18.
Mai 2007, geändert mit Schreiben vom 20.
Juni 2007 und mit Schriftsatz vom 29.
Oktober 2007, den Restbetrag in Höhe von 148,07

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden dem Schuldner auf-erlegt.

Gründe:
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.
1
-
3
-
Am 2.
Oktober 2006 erteilte sie dem Gerichtsvollzieher einen (ersten) Vollstreckungsauftrag, in dem die Adresse des Schuldners
falsch
angegeben war. Am 1.
November 2006 erklärte der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungs-auftrag für erledigt, da der Schuldner unter der im Vollstreckungsauftrag ange-gebenen Adresse nicht zu ermitteln sei.
Im [X.] nahm die Gläubigerin den Vollstreckungsauftrag aufgrund einer angeblich
mit dem Schuldner ge-schlossenen Ratenzahlungsvereinbarung zurück.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.
März 2007 übersandte die Gläubi-gerin dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners eine Forderungsaufstel-lung
über einen Gesamtbetrag von 1.577,33

die unter anderem die Position "[X.] 150,50

Nachdem er von der Gläubigerin die
Vollstreckungsunterlagen, in denen 132,50

s-vollziehergebühren für den Vollstreckungsauftrag vom 2.
Oktober 2006 ausge-wiesen waren,
erhalten hatte,
überwies der Schuldner ihr am 3.
April 2007 den Betrag von 150,50

gabe des folgenden Verwendungszwecks: "Schlussrate KFB LG I.

und ZV Gebühren".
Am 18.
Mai 2007, geändert mit Schreiben vom 20.
Juni 2007,
erteilte die Gläubigerin dem Gerichtsvollzieher einen neuen Vollstreckungsauftrag.
In der beigefügten Forderungsaufstellung brachte die Gläubigerin von den dort aufge-führten Kosten des ersten Vollstreckungsauftrages in Höhe von 150,50

die Zahlung des Schuldners vom 3.
April 2007 in Abzug und wies darauf hin, dass die Forderung in dieser Höhe gemäß §
367 Abs.
2 BGB berücksichtigt sei. Sie begehrte die Vollstreckung der verbleibenden restlichen Hauptforderung nebst Zinsen. Bei
der Ausführung dieses
Vollstreckungsauftrages berücksichtigte der Gerichtsvollzieher die Kosten des ersten Vollstreckungsauftrages nicht, da es sich nach seiner Auffassung um nicht notwendige Kosten handelte, und brachte 2
3
4
-
4
-
die vom Schuldner geleistete Zahlung in Höhe
von 150,50

weiteren zu vollstreckenden Forderungen in Abzug.
Das Amtsgericht
-
Vollstreckungsgericht
-
hat die hiergegen gerichtete Vollstreckungserinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen. Während des [X.] zog der Gerichtsvollzieher weitere Beträge von dem Schuldner ein, so dass noch eine Restforderung in Höhe von 148,07

Zinsen
verbleibt. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter, den
Gerichtsvollzieher anzuweisen, den verbleibenden Restbetrag nebst Zinsen
bei dem Schuldner einzuziehen.

II.
Die nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das
Beschwerdegericht meint, die sofortige Beschwerde der Gläubi-gerin sei nach §
567 Abs.
2 ZPO unzulässig, weil der danach maßgebliche Wert des [X.] nicht erreicht werde. Von §
567 Abs.
2 ZPO [X.] erfasst, in denen der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsauftrag mit der Begründung ablehne, dieser habe eine Kostenposition zum Gegen-stand, die nicht berechtigt sei. Das Gesetz differenziere nicht danach, ob die Weigerung des Gerichtsvollziehers damit begründet werde, dass er kosten-rechtliche Bedenken gegen solche Forderungen erhebe, die vom [X.] als Kosten geltend gemacht würden, oder ob er die Verrech-nung geleisteter Zahlungen auf die Kosten
beanstande.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5
6
7
8
-
5
-
a) Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zu Unrecht als nach §
567 Abs.
2 ZPO unzulässig
angesehen.
§
567 Abs.
2 ZPO setzt voraus, dass eine
"Entscheidung über Kosten"
betroffen ist. Daran fehlt es.
aa) Allerdings
ist anerkannt, dass zu den Entscheidungen über Kosten gemäß §
567 Abs.
2 ZPO auch Entscheidungen im Zusammenhang mit der Beitreibung von Zwangsvollstreckungskosten nach §
788 ZPO gehören (vgl. [X.], Rpfleger 1993, 146; [X.], [X.] 1989, 1740, 1741; OLG
Hamm, Rpfleger 1977, 109; [X.], [X.]. NW 1963, 31; [X.], Beschluss vom 11.
Februar 2004 -
5 [X.], juris; Musielak/Ball, ZPO, 9.
Aufl., §
567 Rn.
20; [X.], ZPO, 21.
Aufl., §
567 Rn.
31;
Stöber, Forderungspfändung, 15.
Aufl., Rn.
731). Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S.
110).
[X.]) Eine Entscheidung über die Kosten liegt aber nicht vor, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nur wegen einer Hauptforderung betreibt und der
Gerichtsvollzieher diese Vollstreckung verweigert, weil er im Gegensatz zum Gläubiger der Auffassung ist, eine außerhalb der Zwangsvollstreckung er-folgte Zahlung des Schuldners habe dessen
nicht zur Vollstreckung angemelde-te Kostenforderung nicht getilgt.
Denn in diesem Fall ergeht allein eine Ent-scheidung darüber, ob die Vollstreckung wegen der Hauptforderung durchge-führt werden muss. Daran ändert der Umstand nichts, dass der [X.] zur Tilgungswirkung der betreffenden Zahlung
eine andere Auffassung [X.] als der Gläubiger. Damit wird kein Zusammenhang mit einer vom Gerichts-vollzieher
im Rahmen der Zwangsvollstreckung
eventuell zu berücksichtigen-den Kostenfrage begründet, der es rechtfertigen würde, die Entscheidung über die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung wegen der
Hauptforderung als Ent-9
10
11
12
-
6
-
scheidung über die Kosten anzusehen.
Denn es geht in erster Linie um die [X.], ob die materiell-rechtliche Tilgungswirkung durch eine Zahlung außerhalb der Zwangsvollstreckung eingetreten ist.

b) So
liegt der Fall hier.
Der Schuldner hat den Betrag von 150,50

ie
Gläubigerin
bezahlt, nachdem diese ihm die Vollstreckungsunterlagen zugesandt hatte, aus denen sich Anwaltskosten von 132,50

ergaben. Zu Recht
hat die Gläubigerin das als zweckgebundene Zahlung auf die Kosten des Vollstreckungsauftrags vom 2.
Oktober 2006 angesehen. Sie hat dementsprechend in ihrem Vollstreckungsauftrag darauf hingewiesen, dass dieser Teil ihrer Forderung vom Schuldner erfüllt worden sei. Damit hat sie den Vollstreckungsauftrag auf die restliche Forderung beschränkt. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Kosten von 150,50

enthalten waren, denn ihnen wurde sogleich die zweckgebundene Zahlung ge-genübergestellt.
Mit diesem Vollstreckungsauftrag hat sie Art und Umfang der Vollstre-ckung verbindlich bestimmt (vgl. [X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., vor §
704 Rn.
19, §
753 Rn.
7).
Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt grundle-gend von demjenigen, der der vom Beschwerdegericht zitierten Entscheidung des [X.] (Beschluss vom 11.
Februar 2004 -
5
[X.], juris) zugrunde lag. Dort begehrte die Gläubigerin allein die Beitreibung von Kosten der Zwangsvollstreckung (Zwangsvollstreckungsgebühren).
Der Gerichtsvollzieher hat die Zwangsvollstreckung verweigert, weil er der Auffassung ist, die Kostenforderung wegen des Vollstreckungsauftrags vom 2.
Oktober 2006 sei zu Unrecht erhoben worden, die Zahlung habe deshalb keine Tilgungswirkung haben können und sei auf die Hauptforderung anzu-13
14
15
16
-
7
-
rechnen. Diese materiell-rechtliche
Beurteilung von Vorgängen außerhalb des Verfahrens der Zwangsvollstreckung begründet
keinen Zusammenhang, der es rechtfertigen könnte, die Entscheidung über die Frage, ob die Zwangsvollstre-ckung wegen der Hauptforderung fortgesetzt werden muss, als Entscheidung über die Kosten der Zwangsvollstreckung anzusehen.
3.
Weitere Gesichtspunkte, die die Weigerung des Gerichtsvollziehers zur Beitreibung der restlichen Hauptforderung in Höhe von (nunmehr noch) 148,07

könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der [X.] konnte daher nach §
577 Abs.
5 ZPO in der Sache selbst entscheiden und den Gerichtsvollzieher entsprechend dem Antrag der Gläubigerin anweisen.

17
-
8
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.

[X.]

[X.]

Eick

[X.]

Kartzke

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.12.2007 -
507 M 11103/07 -

LG [X.], Entscheidung vom 28.09.2010 -
8 T 337/08 -

18

Meta

VII ZB 86/10

09.08.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2012, Az. VII ZB 86/10 (REWIS RS 2012, 3996)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3996

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZB 86/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.