Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2018, Az. II ZR 1/16

2. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 14406

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Gegenstand

Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts: Auflösung der Gesellschaft nach einer Kündigung noch vor Eintritt der Kündigungswirkung


Leitsatz

Wird eine Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts nach einer Kündigung vor Eintritt der Kündigungswirkung aufgelöst, scheidet der kündigende Gesellschafter, sofern dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes entnommen werden kann, nicht aus, sondern verbleibt in der Liquidationsgesellschaft.

Tenor

Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 23. Dezember 2015 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 2/5 und die Klägerin zu 2 3/5.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die [X.] beteiligten sich jeweils im Oktober 1992 an der [X.], einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie beanspruchen nach Kündigung ihrer Beteiligungen die Auszahlung einer Abfindung.

2

Der [X.]svertrag ([X.]) der [X.] enthält in der hier maßgebenden Fassung vom 7. September 2007 u.a. folgende Bestimmungen:

§ 8

Dauer der [X.], Geschäftsjahr, Ablösung des Treuhänders

1. Die [X.] wird fortgeführt zunächst bis zum 31.12.2013. Sie wird auf unbestimmte Zeit fortgesetzt, falls die [X.]er nicht zum 31.12.2013 gem. Ziffer 3 mit einer Mehrheit von 2/3 aller abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließen. Für den Fall der Kündigung durch einen [X.]er wird die [X.] nicht aufgelöst, sondern mit den übrigen [X.]ern fortgesetzt.

(…)

3. Die [X.]er können jederzeit mit 2/3 aller abgegebenen Stimmen die Liquidation der [X.] bzw. eine Teilliquidation beschließen. (…)

§ 9

Wechsel im [X.], Kündigung, Abfindungsguthaben

(…)

4. Jeder [X.]er kann seine Beteiligung an der [X.] mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals zum 31.12.2013 ordentlich kündigen und scheidet sodann zu diesem Zeitpunkt aus der [X.] aus.

(…)

6. Durch die ordentliche oder außerordentliche Kündigung bzw. einen Ausschluss durch den Geschäftsführer gemäß Ziffer 3 wird die [X.] nicht aufgelöst, sondern zwischen den übrigen [X.]ern fortgesetzt, falls diese nicht binnen drei Monaten mit einer Mehrheit von 2/3 aller abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließen.

(…)

Der ausscheidende [X.]er erhält von der [X.] ein Abfindungsguthaben, das sich unter Berücksichtigung anteiliger stiller Reserven jeweils zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres wie folgt errechnet:

a) Verkehrswert von Grundstück und Gebäude (der Verkehrswert wird anhand eines Verkehrswertgutachtens ermittelt, das bei Bedarf einzuholen ist und dem 3 Jahre Gültigkeit zugeordnet werden).

b) Zuzüglich stiller Reserven.

c) Abzüglich anteiliger auf den [X.]er entfallender Schulden der [X.] sowie abzüglich der zur Ablösung aller durch den [X.]er aufgenommenen Fremdmittel erforderlichen Beträge, soweit für solche Fremdmittel noch eine dingliche oder sonstige Mithaftung des [X.]svermögens besteht.

(…)

3

Die [X.] erklärten mit Schreiben vom 19. Februar 2013 (Klägerin zu 2) und vom 20. Mai 2013 (Klägerin zu 1) die Kündigung ihrer [X.]sbeteiligungen zum 31. Dezember 2013.

4

In der [X.]erversammlung vom 6. September 2013 beschlossen die [X.]er mit einer Mehrheit von rund 89 % der Anwesenden "gemäß § 8 Ziffer 3 des [X.]svertrags" die Liquidation der [X.]. Ferner beschlossen sie eine Ausschüttung i.H.v. 500.000 €. Zuvor hatte die Fondsgeschäftsführung mitgeteilt, es sei eine freie Liquidität von 645.644,50 € vorhanden und bei einer Auflösung der [X.] müssten die 58 [X.]er mit einer Beteiligung von insgesamt rund 7,4 %, die zum 31. Dezember 2013 gekündigt hätten, nicht - mit einem Betrag von insgesamt 564.126,07 € - gesondert abgefunden werden, da sie Mitglieder der [X.] blieben. Das zum Zeitpunkt der Versammlung vom 6. September 2013 aktuell vorliegende Verkehrswertgutachten vom 4. April 2012 ergab zum 31. Dezember 2012 einen Wert der Fondsimmobilie von 7.650.000 €. Dieser Wert lag der Berechnung des den [X.]ern informationshalber mitgeteilten [X.] von 564.126,07 € zugrunde.

5

Die [X.] verlangen die Zahlung ihrer Abfindung. Da sie sich wegen zwischenzeitlicher Veränderungen des [X.]s über die Höhe ihres aktuellen [X.]santeils im Unklaren sind, haben sie Mindestbeträge errechnet und von der [X.] weitergehende Auskunft verlangt, um die genaue Höhe ihres jeweiligen Anteils berechnen zu können.

6

Das [X.] hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Liquidationsbeschluss stehe dem kündigungsbedingten Ausscheiden der [X.] nicht entgegen, da er nicht innerhalb der nach § 9 Nr. 6 [X.] maßgebenden Dreimonatsfrist gefasst worden sei. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die auf Zahlung gerichteten Klageanträge abgewiesen. Diese Anträge verfolgen die [X.] mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revisionen haben keinen Erfolg.

8

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit es die Klage abgewiesen hat, im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Kündigungen der [X.] hätten zum 31. Dezember 2013 nicht mehr wirksam werden können, weil die [X.] bereits am 6. September 2013 durch [X.]erbeschluss gemäß § 8 Nr. 3 [X.] aufgelöst worden sei.

Grundsätzlich sei zwar auch ein Ausscheiden von [X.]ern aus der [X.] möglich. Dies könne im Regelfall aber nicht durch Kündigung nach den für die werbende [X.] geltenden Regeln geschehen. Ein Austritt im [X.] sei weder gesetzlich vorgesehen noch wäre er nach der gesetzlichen Regelung geeignet, für den ausscheidenden [X.]er andere Rechtsfolgen auszulösen als diejenigen, die bei einer Auflösung der [X.]. Vielmehr laufe das Ausscheiden eines [X.]ers aus der [X.], die durch die anderen [X.]er fortgesetzt werde, dem Zweck der Auseinandersetzung zwischen allen [X.]ern zuwider. Dies könne, insbesondere wenn die Kündigung einen höheren Abfindungsanspruch verspreche als die Auseinandersetzung, dazu führen, dass in der Liquidation sukzessive sämtliche [X.]er kündigen und der Letztverbleibende die [X.] aus dem nicht auskömmlichen [X.]svermögen befriedigen müsse. Danach sei eine Kündigung nach Auflösung der [X.] nicht statthaft.

Nichts anderes könne gelten, wenn die Kündigung vor Auflösung der [X.] erklärt, aber bis zur Auflösung nicht wirksam werde. Dem werde etwa für die Genossenschaft durch § 65 Abs. 4 [X.] Rechnung getragen. Der Rechtsgedanke dieser Regelung könne bei einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts analog herangezogen werden.

Entgegen der Auffassung des [X.] komme es auf die Wahrung einer Dreimonatsfrist ab Zugang der Kündigungserklärung nicht an. Die [X.]er hätten den Auflösungsbeschluss ausdrücklich nach § 8 Nr. 3 [X.] gefasst; diese Bestimmung sehe eine solche Frist nicht vor. Im Verhältnis zu § 8 Nr. 3 [X.] sei § 9 Nr. 6 [X.], der eine Beschlussfassung allein durch die nicht kündigenden [X.]er regele und nicht notwendig die Auflösung beinhalten müsse, keine speziellere Regelung, die dem Rückgriff auf die allgemeine Auflösungsmöglichkeit entgegenstehe.

Der Auflösungsbeschluss sei auch nicht treupflichtwidrig. Die [X.] hätten durch ihre Kündigungen keine sichere Rechtsposition im Hinblick auf den Abfindungsanspruch erlangt. Ein möglicher Nachteil durch den Verweis auf das [X.] statt des [X.] sei ihnen aufgrund der [X.] Treuepflicht zuzumuten.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Die [X.] können keine Abfindung beanspruchen, da der Liquidationsbeschluss vom 6. September 2013 ihrem Ausscheiden aus der [X.] entgegensteht.

1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Liquidation der Beklagten wirksam gemäß § 8 Nr. 3 [X.] beschlossen wurde.

a) Nach § 8 Nr. 3 [X.] können die [X.]er jederzeit mit 2/3 aller abgegebenen Stimmen die Liquidation der [X.] beschließen. Die danach erforderliche Mehrheit ist bei der Abstimmung am 6. September 2013 erreicht worden.

Der formalen Wirksamkeit des [X.] steht auch die Regelung in § 9 Nr. 6 Abs. 1 [X.] nicht entgegen. Danach wird die [X.] durch eine ordentliche Kündigung nicht aufgelöst, sondern zwischen den übrigen [X.]ern fortgesetzt, falls diese nicht binnen drei Monaten mit einer Mehrheit von 2/3 aller abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließen.

Nach dem [X.]svertrag, den der Senat selbst auslegen kann, hindert diese Regelung die Fassung eines [X.] nach § 8 Nr. 3 [X.] auch nach Ablauf der Dreimonatsfrist nicht. § 9 Nr. 6 Abs. 1 [X.] ist gegenüber § 8 Nr. 3 [X.] keine speziellere und vorrangige Regelung für den Fall, dass eine Kündigung erklärt wurde, die ihre Wirkung noch nicht entfaltet hat. Sie schließt die Anwendung von § 8 Nr. 3 [X.] - einschließlich möglicher Auswirkungen auf bereits erklärte Kündigungen - nicht aus und engt sie auch nicht auf Fälle ein, in denen zugleich die Voraussetzungen von § 9 Nr. 6 Abs. 1 [X.] vorliegen.

Die beiden Bestimmungen unterscheiden sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, maßgebend durch den Kreis der jeweils zur Abstimmung berufenen [X.]er. Während an der Beschlussfassung gemäß § 8 Nr. 3 [X.] alle [X.]er teilnehmen können einschließlich derjenigen, die bereits die Kündigung erklärt haben, aber noch nicht ausgeschieden sind, wird die Entscheidung gemäß § 9 Nr. 6 Abs. 1 [X.] lediglich von den übrigen [X.]ern ohne Mitwirkung der Kündigenden getroffen. Damit erhalten die [X.]er, die nicht gekündigt haben, die Möglichkeit, der Kündigung eines oder mehrerer anderer [X.]er Auflösungswirkung beizulegen mit der Folge, dass sie nicht gezwungen sind, die [X.] einstweilen mit einem gegebenenfalls stark verminderten [X.]erbestand fortzuführen. Diese Option gewinnt erhebliche praktische Bedeutung, wenn ein beträchtlicher Teil der [X.]er kündigt und die übrigen [X.]er die für einen Beschluss nach § 8 Nr. 3 [X.] erforderliche Mehrheit absehbar nicht erreichen können. Der damit umrissene Schutzzweck des § 9 Nr. 6 Abs. 1 [X.] erfordert indes keine Einengung des Anwendungsbereichs von § 8 Nr. 3 [X.].

b) Das Berufungsgericht hat auch die materielle Wirksamkeit des [X.] ohne Rechtsfehler bejaht.

Soweit die Revision geltend macht, den [X.] sei ein unentziehbares Recht auf Abfindung erwachsen, betrifft dies nicht die Wirksamkeit des [X.] als solche, sondern die Auswirkungen, die einem solchen Beschluss im Hinblick auf zuvor ausgesprochene Kündigungen unter Berücksichtigung der [X.] Treuepflicht beizulegen sind. Über die Wirkung der vorliegenden Kündigungen haben die [X.]er keine unmittelbare Entscheidung getroffen, mag diese Frage auch im Vorfeld der Abstimmung angesprochen und einer rechtlichen Bewertung unterzogen worden sein.

Der weitere Einwand der Revision, der Auflösungsbeschluss sei nur gefasst worden, um die anstehenden Abfindungen nicht zahlen zu müssen, eine Liquidation sei demnach in Wahrheit nicht beabsichtigt gewesen, findet in den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts keine Grundlage. Die Revision zeigt auch nicht auf, dass das Berufungsgericht insoweit schlüssigen Vortrag verfahrenswidrig übergangen habe. Der Umstand allein, dass für die [X.]er, die die Liquidation befürwortet haben, auch die Vorstellung leitend gewesen sein kann, die Auflösung führe aus Rechtsgründen zum Verbleib der kündigenden [X.]er in der [X.], genügt nicht für die Annahme eines treuwidrigen Missbrauchs der Mehrheitsmacht, wenn ungeachtet dessen von einer ernsthaften, dem nunmehr geänderten [X.]szweck entsprechenden Liquidationsabsicht auszugehen ist.

2. Der am 6. September 2013 wirksam gefasste Auflösungsbeschluss hatte zur Folge, dass die Kündigungen der [X.] nicht mehr zu deren Ausscheiden aus der nunmehr in Liquidation befindlichen [X.] führten.

a) Dies ergibt sich entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts allerdings nicht schon aus einer analogen Anwendung von § 65 Abs. 4 [X.] auf [X.] bürgerlichen Rechts.

Nach § 65 Abs. 4 Satz 1 [X.] endet die Mitgliedschaft nicht, wenn die Genossenschaft vor dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam geworden wäre, aufgelöst wird. Diese Bestimmung ist Teil einer Gesamtregelung des Verhältnisses von Kündigung und Auflösung im Genossenschaftsrecht. Nach § 75 [X.] bleibt die Mitgliedschaft eines kündigenden Genossen sogar dann bestehen, wenn erst nach dem (vorläufigen) Ausscheiden innerhalb von sechs Monaten die Auflösung beschlossen wird.

Eine entsprechende Anwendung dieser Gesamtregelung auf [X.] bürgerlichen Rechts kommt nicht in Betracht. Auch eine auf § 65 Abs. 4 Satz 1 [X.] beschränkte Analogie lässt sich nicht rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat die Genossenschaften einem detaillierten und weitgehend unabdingbaren (§ 18 Satz 2 [X.]) Regelwerk unterworfen, das auf andere, stärker durch den Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägte [X.]sformen grundsätzlich nicht, auch nicht teilweise, übertragen werden kann. Zudem enthält § 73 [X.] besondere Bestimmungen zur Auseinandersetzung mit einem ausgeschiedenen Mitglied und der Berechnung des [X.]s, während abweichend davon der aus einer [X.] Ausscheidende grundsätzlich so zu stellen ist, wie er im Fall der Auseinandersetzung nach Auflösung der [X.] stehen würde (§ 738 Abs. 1 [X.]).

b) Der Auflösungsbeschluss hat die mit den Kündigungen angestrebte Wirkung des Ausscheidens und die damit verbundene Begründung eines [X.] gleichwohl entfallen lassen, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat.

Ein kündigungsbedingtes Ausscheiden aus einer werbenden [X.], wie es die hier vereinbarte Fortsetzungsklausel (§ 9 Nr. 6 [X.], s.a. § 8 Nr. 1 Satz 3 [X.]) vorsieht, dient in Abgrenzung zu der nach dem Gesetz an sich eintretenden Auflösungswirkung der Fortführung der [X.] unter den verbleibenden Mitgliedern. Angesichts dessen verliert die [X.] einer Kündigung im Regelfall ihren Geltungsgrund durch die mit einem Auflösungsbeschluss eintretende Änderung des [X.]szwecks, welcher anstelle auf eine Fortführung der Unternehmung nunmehr auf die Liquidation der [X.] und die anteilsgemäße Beteiligung der [X.]er am Liquidationserlös gerichtet ist.

aa) Der Senat hat für eine [X.] bereits entschieden, dass eine Kündigung der Beteiligung aus wichtigem Grund, etwa wegen arglistiger Täuschung, in der Liquidation der [X.] ausgeschlossen ist ([X.], Urteil vom 11. Dezember 1978 - [X.], [X.], 160, 161 = NJW 1979, 765; Urteil vom 6. Oktober 1980 - [X.], [X.]Z 79, 337, 347; Urteil vom 28. Juni 2004 - [X.]/00, [X.], 1543, 1544; Urteil vom 30. Januar 2018 - [X.]/16, [X.] unter e)). Er hat dies u.a. damit begründet, dass es das Interesse an der reibungslosen und zügigen Liquidation verbiete, einem einzelnen [X.]er ein gesondertes Ausscheiden noch während des Auseinandersetzungsverfahrens zu gestatten.

In einer weiteren, bereits vom Berufungsgericht berücksichtigten Entscheidung hat der [X.] zur [X.] ausgeführt, dass durch eine Fortsetzungsklausel nach § 736 [X.] im Kündigungsfall gerade der Fortbestand der [X.] zwischen den übrigen Teilnehmern gesichert werden soll, und dass die Vorschriften der §§ 736 ff. [X.] von dem Weiterbestehen der werbenden [X.] ausgehen. Ein Austritt im [X.] sei weder gesetzlich vorgesehen noch wäre er geeignet, für den ausscheidenden [X.]er andere Rechtsfolgen auszulösen als die, die bei einer Auflösung der [X.] ([X.], Urteil vom 20. Dezember 1962 - [X.], [X.], 728, 730).

Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für das Zusammentreffen einer Ausscheidenskündigung mit einem während der Kündigungsfrist gefassten und wirksam gewordenen Auflösungsbeschluss. Der [X.] einerseits und die in § 738 Abs. 1 Satz 2 [X.] geregelte Anbindung des [X.] an ein fiktives [X.] andererseits schließen jedenfalls bei einer Publikumsgesellschaft das Ausscheiden des kündigenden [X.]ers und seine gesonderte Abfindung grundsätzlich aus, sofern dem [X.]svertrag nichts anderes entnommen werden kann.

bb) Dieser Einschätzung steht das von der Revision angeführte Senatsurteil vom 13. Juli 1967 ([X.], [X.]Z 48, 251) nicht entgegen.

Zwar kann die Gestaltungswirkung einer Kündigung nach deren Erklärung nicht gegen den Willen des Kündigenden durch einen Mehrheitsbeschluss der [X.]er geändert werden ([X.], Urteil vom 13. Juli 1967 - [X.], [X.]Z 48, 251, 254 f.; MünchKommHGB/[X.], 4. Aufl., § 132 Rn. 19; [X.]/[X.], HGB, 5. Aufl., § 132 Rn. 40). Eine unzulässige Änderung der Kündigungswirkung in diesem Sinne liegt aber nicht vor, wenn der auf das Ausscheiden aus einer werbenden [X.] gerichteten Kündigung durch einen während der Kündigungsfrist gefassten Auflösungsbeschluss ihre rechtliche Grundlage genommen wird. Dementsprechend ist für eine Kündigung mit auflösender Wirkung bereits entschieden worden, dass die Kündigung [X.] verliert, wenn während der Kündigungsfrist ein sofort wirkender Auflösungsgrund eintritt, nach dem sich dann auch weitere gesellschaftsvertraglich vereinbarte Folgen richten (vgl. [X.], 54, 55; 95, 32 f.; MünchKommHGB/[X.], 4. Aufl., § 132 Rn. 23).

cc) Anders als die Revision meint, erwirbt ein [X.]er mit seinem Beitritt auch keine gesicherte Rechtsposition im Sinne einer Anwartschaft auf eine Abfindung anstelle einer Beteiligung an einem etwaigen [X.]. Vielmehr richtet sich der Abfindungsanspruch, der als solcher erst mit dem Ausscheiden des [X.]ers entsteht ([X.], Urteil vom 17. Mai 2011 - [X.], [X.], 1359 Rn. 18 mwN), nach dem Gesetz auf das, was der [X.]er im Fall der Auseinandersetzung erhalten würde (§ 738 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Dementsprechend umfasst die gesicherte Rechtsposition des [X.]ers einen Anspruch auf Zahlung der Abfindung oder des [X.]s ([X.], Urteil vom 11. Juli 1988 - [X.], [X.], 1545, 1546; Urteil vom 9. März 2000 - [X.], [X.], 757, 759).

c) Aus dem [X.]svertrag der Beklagten ergibt sich demgegenüber nicht, dass eine Austrittskündigung hier ausnahmsweise auch dann zum Ausscheiden des kündigenden [X.]ers führt, wenn die [X.] während der Kündigungsfrist aufgelöst wird.

aa) Die Regelung in § 9 Nr. 6 Abs. 1 [X.], die im Kündigungsfall den nicht kündigenden [X.]ern die Möglichkeit gibt, binnen drei Monaten die Auflösung der [X.] herbeizuführen, ist insoweit unergiebig. Denn dort wird, wie bereits ausgeführt, eine besondere Gestaltungsmöglichkeit der nicht kündigenden [X.]er vorgesehen, aus der sich für das Auflösungsrecht der [X.], insbesondere dessen Voraussetzungen, Beschränkungen und Tragweite, keine Schlüsse ziehen lassen.

bb) Auch aus den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen zum Abfindungsanspruch erschließt sich keine vom Regelfall abweichende Kündigungswirkung.

In § 9 Nr. 6 [X.] ist die Berechnung des [X.] - unter Berücksichtigung anteiliger stiller Reserven jeweils zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres - im Einzelnen geregelt. Grundlage dieser Berechnung ist eine gutachterliche Bewertung der Immobilie, der drei Jahre Gültigkeit zugeordnet werden. Mit diesen Berechnungsvorgaben weicht der [X.]svertrag von der gesetzlichen Grundregel ab, nach der ein ausscheidender [X.]er das beanspruchen kann, was er im Fall der Auseinandersetzung erhalten würde (§ 738 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Aus diesen Abweichungen ergibt sich aber keine Besserstellung des kündigenden [X.]ers, die ihm auch im Fall der Auflösung erhalten bleiben müsste.

(1) Um die Fortführung der werbenden [X.] nach dem kündigungsbedingten Ausscheiden eines [X.]ers zu gewährleisten, werden Abfindungsregelungen nicht selten im Interesse der [X.] restriktiv ausgestaltet. Die vertragliche Abfindung bleibt dann hinter dem Betrag zurück, den der Ausscheidende nach § 738 [X.] bzw. im Fall der Liquidation erhalten würde. Diese Schlechterstellung des kündigenden [X.]ers verliert ihre Geltungsberechtigung, wenn die [X.] nicht weitergeführt, sondern während der Kündigungsfrist aufgelöst wird. Der kündigende [X.]er ist dann proportional am Liquidationserlös zu beteiligen ([X.]/[X.], HGB, 5. Aufl., § 132 Rn. 42; zurückhaltender [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 132 Rn. 21).

(2) Im Streitfall sieht der [X.]svertrag zwar keine derartigen Abfindungsbeschränkungen im Interesse der [X.] vor. Dem [X.] werden aber andererseits auch keine Vergünstigungen gewährt, die ihm ihrem Sinn und Zweck nach selbst bei einer Auflösung der [X.] erhalten bleiben müssten. Vielmehr dienen die gesellschaftsvertraglichen Abweichungen von der gesetzlichen Regelung einer vereinfachten, standardisierten und kostengerechten Ermittlung des [X.]. Das Ausscheiden eines [X.]ers soll die [X.] nicht mit der Ermittlung eines fiktiven Liquidationswertes belasten und es soll auf bereits vorliegende Bewertungen zurückgegriffen werden können. Dafür werden Ungenauigkeiten, die etwa mit der Verwendung eines bis zu drei Jahre alten [X.] verbunden sein können, in Kauf genommen.

Auch dieser Vereinfachungszweck entfällt indes vollständig, wenn die [X.] ohnehin liquidiert wird und im Zuge dieses Auseinandersetzungsverfahrens der im rechtlichen Ausgangspunkt maßgebende Betrag ermittelt wird. Ebenso wie dies für eine restriktive Abfindungsregelung anzunehmen ist, ist auch unter den hier vorliegenden Umständen ein Anpassungsbedarf gegeben, wenn die für die Ermittlung eines [X.] vorgesehenen [X.] infolge eines vor Ablauf der Kündigungsfrist gefassten [X.] ihren Zweck verlieren. Es ist nicht gerechtfertigt, an den mit der vereinfachten Berechnung verbundenen Nachteilen, gleich ob sie sich je nach den konkreten Umständen (mehr oder minder zufällig) zugunsten oder zulasten des kündigenden [X.]ers auswirken, gleichwohl festzuhalten.

Infolgedessen bleibt es auch unter Berücksichtigung des vorliegenden [X.]svertrags bei der jedenfalls für [X.] anzunehmenden allgemeinen Regel, dass die Kündigenden, deren Kündigung vor einem Auflösungsbeschluss noch keine Wirksamkeit erlangt hat, nicht gesondert abzufinden, sondern am Liquidationsverfahren zu beteiligen sind.

3. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen gibt der Streitfall keinen Anlass zur abschließenden Beurteilung der Frage, ob ein Wiederaufleben der durch die Auflösung gehinderten [X.] oder ein außerordentliches Kündigungsrecht der betroffenen [X.]er in Betracht zu ziehen ist, wenn nach dem Auflösungsbeschluss die Liquidation nicht ernsthaft betrieben oder sogar die Fortsetzung der [X.] beschlossen wird.

[X.]     

      

Born     

      

Sunder

      

B. Grüneberg     

      

V. Sander     

      

Meta

II ZR 1/16

06.02.2018

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Dresden, 23. Dezember 2015, Az: 13 U 845/15

§ 736 Abs 1 BGB, § 738 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2018, Az. II ZR 1/16 (REWIS RS 2018, 14406)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 809-810 WM2018,771 REWIS RS 2018, 14406

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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