Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2015, Az. 6 AZR 558/14

6. Senat | REWIS RS 2015, 2090

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Gegenstand

(Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO)


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 3. Juli 2014 - 5 [X.]/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ein Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 [X.] besteht, obwohl der Kläger die in einem Insolvenzplan festgelegte Frist zur Erhebung einer Feststellungsklage versäumt hat.

2

Der Kläger war bei der [X.] (vormals firmierend unter [X.]), der späteren Schuldnerin, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Metallindustrie [X.]/[X.] idF vom 1. April 2005 (künftig [X.]) nach Maßgabe des [X.] der [X.] vom 12. April 2005 Anwendung. Danach galt für den Kläger eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende.

3

Am 1. Juni 2012 wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der [X.] eröffnet. Im Insolvenzplan war eine Ausschlussfrist für die Erhebung einer Feststellungsklage für bestrittene Forderungen vorgesehen. Am 11. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Frist des § 113 Satz 2 [X.] zum 31. Oktober 2012. In dem vom Kläger angestrengten Kündigungsschutzprozess einigten sich die Parteien im Wege des Vergleichs auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2012.

4

Bereits am 11. Juli 2012 hatte der Kläger eine Schadenersatzforderung zur Tabelle angemeldet. Diese Forderung bestritt der Sachwalter in voller Höhe. Mit seiner am 17. Juli 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger den Ersatz des [X.].

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.447,55 Euro brutto - hilfsweise 7.922,99 Euro brutto - nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 113 Satz 3 [X.] in Höhe von 17.447,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hat;

                 

hilfsweise

                 

seinen Anspruch auf Zahlung von 17.447,55 Euro brutto - hilfsweise 7.922,99 Euro brutto - im Insolvenzverfahren über das Vermögen der N GmbH zur Insolvenztabelle festzustellen.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das [X.] hat den Leistungsantrag als Hauptantrag und den Feststellungsantrag als Hilfsantrag verstanden. Die Leistungsklage hat es als zulässig, aber unbegründet angesehen. Der Kläger habe die wirksame Ausschlussfrist versäumt.

7

Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht die Berufung zurückgewiesen.

9

I. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Revision den gesetzlichen Anforderungen. Die Revision legt im Einzelnen dar, dass und warum sich der Entstehungsgeschichte der §§ 259a und 259b [X.] der Wille des Gesetzgebers entnehmen lasse, in einem Insolvenzplan geregelte Ausschlussfristen seien unwirksam. Damit ist der aus Sicht der Revision vorliegende Rechtsfehler des angegriffenen Urteils hinreichend aufgezeigt. Im Hinblick darauf, dass das Revisionsgericht an die Revisionsgründe nicht gebunden ist, war eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Urteils nicht erforderlich (vgl. [X.] in [X.]Rspr. seit 22. Januar 2009 - 6 [X.] - Rn. 10, [X.]E 129, 170; zuletzt 31. Juli 2014 - 6 [X.] - Rn. 13).

II. [X.] ist zulässig.

1. Das [X.] hat entgegen der Rüge der Beklagten den Klageanträgen zu Recht ein Rangverhältnis von Haupt- und Hilfsantrag entnommen, ohne dabei § 308 Abs. 1 ZPO zu verletzen. Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 19. November 2015 (- 6 [X.] - Rn. 15 ff.).

2. Die Leistungsklage ist zulässig. Das hat der Senat in seiner Entscheidung vom 19. November 2015 (- 6 [X.] - Rn. 21) ausgeführt und nimmt darauf Bezug.

III. [X.] ist unbegründet.

1. Die Ausschlussfrist im Insolvenzplan ist wirksam, hindert aber entgegen der Ansicht des [X.]s die Durchsetzung der Planquote mit der Leistungsklage nicht. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 19. November 2015 (- 6 [X.] - Rn. 22 ff.) Bezug.

2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis ist nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 11. Juli 2012, sondern durch den im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleich beendet worden. Das schließt den Anspruch nach § 113 Satz 3 [X.] aus.

a) Der Anspruch nach § 113 Satz 3 [X.] besteht nur, wenn der Verwalter „kündigt“. Voraussetzung ist also, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung des Insolvenzverwalters bzw. in der Eigenverwaltung des Schuldners und nicht durch einen anderen Beendigungstatbestand endet, der die Kündigung gegenstandslos macht ([X.] 25. April 2007 - 6 [X.] - Rn. 18 f., 24, [X.]E 122, 197).

b) Ein Vergleich iSv. § 779 BGB hat zwar grundsätzlich keine schuldumschaffende Wirkung. Er ändert aber das ursprüngliche Schuldverhältnis insoweit, als in ihm streitige oder ungewisse Punkte geregelt werden. Dies gilt auch für [X.]e ([X.] 8. März 2012 - [X.]/11 - Rn. 33, 35; 23. Juni 2010 - [X.]/08 - Rn. 15).

c) Die Parteien haben in dem im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleich vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf der Höchstfrist des § 113 Satz 3 [X.], sondern zu einem späteren Zeitpunkt enden soll. Sie haben insoweit mit dem [X.], der eine Doppelnatur hat, materiell-rechtlich einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Das Arbeitsverhältnis sollte nicht mehr aufgrund der einseitigen Willenserklärung der Beklagten mit der gesetzlichen Höchstfrist, sondern zu einem späteren, einvernehmlich festgelegten Zeitpunkt enden. Die Kündigung war damit gegenstandslos geworden und durch den [X.] als neuen, eigenständigen Beendigungstatbestand ersetzt worden.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    [X.]    

                 

Meta

6 AZR 558/14

19.11.2015

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Mönchengladbach, 29. Januar 2014, Az: 7 Ca 2137/13, Urteil

§ 113 S 3 InsO, § 779 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2015, Az. 6 AZR 558/14 (REWIS RS 2015, 2090)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2090


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 AZR 558/14

Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 558/14, 19.11.2015.


Az. 7 Ca 2137/13

Arbeitsgericht Mönchengladbach, 7 Ca 2137/13, 29.01.2014.


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