Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.07.2017, Az. X ZB 11/15

10. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8634

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Gegenstand

Kostenerstattung: Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des deutschen, auswärtigen Rechtsanwalts einer ausländischen Partei


Leitsatz

Einer ausländischen Partei ist es unabhängig von ihrer Parteirolle grundsätzlich nicht zuzumuten, die Wahl des deutschen Rechtsanwalts am Sitz des Prozessgerichts auszurichten (Fortführung von BGH, Beschluss vom 12. September 2013, I ZB 39/13, NJW-RR 2014, 886).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 9. Oktober 2015 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Der Wert des Gegenstands des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 546,33 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Kläger haben die Beklagte, die ihren Sitz in [X.] hat, vor dem [X.] wegen eines annullierten Fluges erfolglos auf Zahlung von 500,- Euro in Anspruch genommen. Die vom Amtsgericht festgesetzten Kosten umfassen Reisekosten für den in [X.]ansässigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Höhe von 564,33 Euro. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den [X.] zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Beklagte entgegentritt.

2

II. [X.] ist kraft Zulassung statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.

3

1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, eine [X.], die ihren Sitz im Ausland habe, sei nicht gehalten, einen am Prozessgericht ansässigen Anwalt zu beauftragen, sondern dürfe einen Anwalt ihres Vertrauens mandatieren. Die erstattungsfähigen Reisekosten eines solchen Anwalts seien regelmäßig nicht auf den Betrag der Kosten beschränkt, die bei Einschaltung eines Terminsvertreters entstünden. Gründe, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigten, lägen im Streitfall nicht vor.

4

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

5

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es einer ausländischen [X.] grundsätzlich nicht zuzumuten, die Wahl des [X.] Rechtsanwalts am Sitz des [X.] auszurichten ([X.], Beschluss vom 12. September 2013 - [X.], NJW-RR 2014, 886 Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich unabhängig von der [X.]rolle der ausländischen [X.]. Die Beklagte, die in [X.] weder ihren Sitz noch eine Niederlassung hat, war entgegen der Auffassung der Kläger nicht gehalten, an Stelle des von ihr in entsprechenden Verfahren regelmäßig beauftragten, in [X.]ansässigen Prozessbevollmächtigten einen im Bezirk des [X.] ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen.

6

b) Soweit die Kläger vortragen, die Beklagte verfüge über eine Rechtsabteilung, handelt es sich um neues Vorbringen, das im Verfahren der Rechtsbeschwerde nicht zu berücksichtigen ist. Unabhängig davon könnte selbst bei Vorhandensein einer Rechtsabteilung nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass deren Mitarbeiter in der Lage sind, einen Zivilprozess in [X.] ohne Einschaltung eines [X.] Rechtsanwalts zu führen.

7

c) Die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Kläger wird als nicht erforderlich angesehen, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und keine Einwendungen gegen die Klageforderung zu erheben ([X.], Beschluss vom 28. Januar 2010 - [X.], [X.] 2010, 369 Rn. 8 mwN). Geht es - wie hier - um die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die beklagte [X.], begründet der Hinweis auf den geringen Betrag der eingeklagten Forderung regelmäßig nicht die Annahme, die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich.

8

d) Unbegründet ist auch der Einwand der Kläger, die Reisekosten seien nur bis zur Grenze der durch die Einschaltung eines am Sitz des [X.] tätigen Unterbevollmächtigten entstehenden Kosten erstattungsfähig. Wird die Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts als aus der Sicht einer verständigen [X.] notwendig anerkannt, ist ihr regelmäßig das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt auch in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen ([X.], Beschluss vom 13. September 2005 - [X.], [X.], 1072 Rn. 9; Beschluss vom 11. Dezember 2007 - [X.], NJW-RR 2008, 1378 Rn. 8 ff.).

9

3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck     

       

Gröning     

       

Bacher

       

Deichfuß     

       

Kober-Dehm     

       

Meta

X ZB 11/15

04.07.2017

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Landshut, 9. Oktober 2015, Az: 33 T 2522/15

§ 91 Abs 2 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.07.2017, Az. X ZB 11/15 (REWIS RS 2017, 8634)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2626 MDR 2017, 1288-1289 REWIS RS 2017, 8634


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZB 11/15

Bundesgerichtshof, X ZB 11/15, 04.07.2017.


Az. 33 T 2522/15

LG Landshut, 33 T 2522/15, 09.10.2015.


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