Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2016, Az. 4 StR 354/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3293

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Gegenstand

Konkurrenzen bei Urkundenfälschung: Mehrmaliger Gebrauch gefälschter Kraftfahrzeugkennzeichen


Tenor

1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 30. März 2016 gewährt.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. März 2016 dahin geändert und neu gefasst, dass

a) der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung  in drei Fällen, Sachbeschädigung sowie Urkundenfälschung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] vom 21. Mai 2015 nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten

und

wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt ist;

b) eine der für die Fälle II. 5 und 6 der Urteilsgründe jeweils verhängten Freiheitsstrafen entfällt.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

4. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, Urkundenfälschung in zwei Fällen sowie Sachbeschädigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] vom 21. Mai 2015 nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Seine nach Gewährung von Wiedereinsetzung in den  vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Rechtsmittels zulässige Revision führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und dem Wegfall einer Einzelstrafe. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. Dem Angeklagten war nach der Versäumung der Frist zur Begründung der Revision auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung nimmt der [X.] auf die Ausführungen des [X.] in seiner Zuschrift vom 7. September 2016 Bezug.

3

2. Der Schuldspruch war wie aus der [X.] ersichtlich abzuändern.

4

a) Die Annahme zweier rechtlich selbständiger Taten der Urkundenfälschung in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe (Fälle 4 und 5 der Anklageschrift vom 2. Juni 2015) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5

Zwar trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe sein mit falschen amtlichen Kennzeichen versehenes Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15, Rn. 10; Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, [X.], 272). Die [X.] hat jedoch nicht bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des [X.] entspricht (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Juli 2015 – 4 [X.], Rn. 5; Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15, Rn. 10; Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, [X.]R StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3). Nach den Feststellungen nutzte der Angeklagte sein mit falschen Kennzeichen versehenes Fahrzeug am 18. Februar 2015 um 20.15 Uhr (Fall II. 5 der Urteilsgründe) und am 19. Februar 2015 um 9.00 Uhr (Fall II. 6 der Urteilsgründe) im öffentlichen Straßenverkehr. Aus der zugrunde liegenden Beweiswürdigung ergibt sich, dass er dazu am 19. Februar 2015 um 9.00 Uhr gegenüber einem Angehörigen des kommunalen [X.] angab, die (falschen) Kennzeichen am Vorabend selbst angebracht zu haben. Danach ist es nicht ausgeschlossen und bei der Beurteilung der Konkurrenzen auch zugunsten des Angeklagten anzunehmen, dass er schon beim Anbringen der Kennzeichen den Vorsatz zu einer zeitnahen Mehrfachnutzung des Fahrzeugs mit den falschen Kennzeichen hatte. Das hat zur Folge, dass der in der Fahrzeugnutzung liegende mehrfache Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Juli 2015 – 4 [X.], Rn. 5; Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15, Rn. 10).

6

b) Im Fall II. 7 der Urteilsgründe wird die Annahme einer (tateinheitlich) verwirklichten vollendeten Nötigung von den Feststellungen nicht getragen. Danach fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw gezielt auf die Zeugen Z.     , P.    und [X.]    zu. Dabei nahm er in Kauf, alle drei mit seinem Pkw zu erfassen und zu verletzen. Dass er dabei auch den (zumindest bedingten) Vorsatz hatte, diese Personen – wie letztendlich geschehen – zu einem Sprung auf eine Grünfläche zu zwingen, kann weder den Feststellungen, noch der sie tragenden Beweiswürdigung entnommen werden. Ergänzende Feststellungen sind unter den hier gegebenen Umständen nicht zu erwarten.

7

c) Der [X.] ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 [X.] ab. § 265 [X.] steht dem nicht entgegen.

8

3. Infolge der Schuldspruchänderung kommt eine der beiden für die Fälle II. 5 und 6 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen von sechs Monaten Freiheitsstrafe in Wegfall. Die für die Fälle II. 1 bis 6 unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] vom 21. Mai 2015 gebildete Gesamtstrafe kann trotzdem bestehen bleiben, weil der [X.] mit Rücksicht auf die verbleibenden Einzelstrafen (drei Mal sieben Monate Freiheitsstrafe, zwei Mal sechs Monate Freiheitsstrafe, einmal vier Monate Freiheitsstrafe und einmal 120 Tagessätze Geldstrafe) und den unverändert gebliebenen Schuldumfang ausschließen kann, dass die [X.] auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2015 – 3 StR 490/14, [X.], 139, 140; Beschluss vom 6. Dezember 2012 – 2 StR 294/12, Rn. 5; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 354 Rn. 22 aE).

9

Die im Fall II. 7 verhängte Freiheitsstrafe hat ebenfalls Bestand. Denn der [X.] kann ausschließen, dass die [X.] und die Bestimmung der Strafe durch die fehlerhafte rechtliche Würdigung beeinflusst worden sind.

4. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.

[X.]Franke

                          Bender                           [X.]

Meta

4 StR 354/16

26.10.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bad Kreuznach, 30. März 2016, Az: 1 Ks 1023 Js 12511/15

§ 52 StGB, § 267 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2016, Az. 4 StR 354/16 (REWIS RS 2016, 3293)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1045 REWIS RS 2016, 3293

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