Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2016, Az. 2 StR 480/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 1097

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:081216B2STR480.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 480/16

vom
8. Dezember
2016
in der Strafsache
gegen

wegen
Diebstahls

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 8.
Dezember
2016
gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten B.

A.

wird das Urteil
des [X.] vom 24.
März 2016, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten B.

A.

wegen Diebstahls zu
einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen eingelegte [X.] des Angeklagten ist erfolgreich.
Die Verfahrensrügen können unerörtert bleiben, denn die Sachrüge führt bereits zum Erfolg. Die Beweiswürdigung ist nicht frei von [X.].
Nach den Feststellungen des [X.] drang der
Angeklagte zu-sammen mit dem
nicht revidierenden Angeklagten S.

F.

am 3.
Februar
2015
gegen 20.00
Uhr gewaltsam in die [X.] in der H.

Straße

in W.

ein und entwendete dort entsprechend dem
gemeinsamen
[X.] Briefmarken und Postwertzeichen im Gesamtwert von 11.000
Euro, 1
2
3
-
3
-
während der weitere nicht revidierende Angeklagte A.

A.

vor dem

[X.] vor der Tat, um 18.10
Uhr wurde auf der Bundesstraße

in Richtung [X.] W.

ein grauer Audi
A8 bei einer

.

A.

geführt wurde. Der Angeklagte S.

F.

befand sich auf dem Bei-
fahrersitz. Derselbe PKW
wurde am Tattag [X.] um 20.32
Uhr auf der Bundesautobahn

in Richtung D.

am J.

tunnel im Rahmen
einer Geschwindigkeitskontrolle festgestellt. Er wurde zu diesem [X.]punkt von A.

A.

geführt, während die Angeklagten S.

F.

und B.

A.

auf dem Beifahrersitz bzw. im [X.] saßen.
Das [X.]
hat
den Angeklagten B.

A.

im Wesentlichen auf-
grund der Aussagen der Zeuginnen K.

und We.

für überführt
gehalten.
Beide Zeuginnen hatten zur Tatzeit in unmittelbarer Nähe zum Tatort drei männliche Personen beobachtet und auf dem um 20.32
Uhr anlässlich der
Ge-schwindigkeitsüberwachung gefertigten, ihnen von der Polizei vorgelegten
Lichtbild
den Angeklagten
wiedererkannt. Die Zeuginnen hatten dies auf Vorhalt in der Hauptverhandlung bestätigt; die Zeugin K.

hatte den Angeklagten
auch in der Hauptverhandlung wiedererkannt.
Das
[X.]
hat nicht
über-sehen, dass das Bild des Angeklagten B.

A.

den Zeuginnen
von den
Ermittlungsbeamten
nicht zusammen mit Bildern anderer Personen, sondern als
Einzelbild vorgelegt wurde, so dass dem Ergebnis ein wesentlich geringerer
Beweiswert zukommt als dem einer vorschriftsmäßigen Wahllichtbildvorlage. Es hat die Verurteilung gleichwohl auch auf die Aussage der Zeuginnen gestützt, da weitere gewichtige Indizien für die Täterschaft des Angeklagten B.

A.

sprächen. Insbesondere stehe aufgrund des
vorgenannten um
20.32
Uhr gefer-tigten Fotos fest, dass alle drei Angeklagten von W.

in Richtung D.

gefahren seien, denn die Angeklagten seien auf dem Foto von der [X.]
-
4
-
tin Br.

, die sie
aus mehreren Ermittlungsverfahren im Großraum B.

ken-
ne, ebenso wie durch den
Zeugen
A.

M.

, der die Vermietung des auf
dem Lichtbild abgebildeten Audi
A8 abgewickelt habe, bei polizeilichen [X.] wiedererkannt worden.
Diese Beweiswürdigung trägt die Verurteilung nicht. Denn das Wieder-erkennen des Angeklagten B.

A.

auf dem um 20.32
Uhr gefertigten Bild
begegnet nicht nur im Hinblick auf die fehlende Wahllichtbildvorlage Bedenken.
Konnte ein Zeuge eine
ihm vorher unbekannte
Person nur kurze [X.] beobach-ten, darf sich der Tatrichter nicht ohne weiteres auf die subjektive Gewissheit des Zeugen beim Wiedererkennen verlassen, sondern muss aufgrund objekti-ver Kriterien nachprüfen,
welche Beweisqualität dieses Wiedererkennen hat,
und dies in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar darle-gen ([X.], Beschluss vom 1.
Oktober 2008

5
StR
439/08, [X.], 283 Rn.
7).
Dies hat das [X.] vorliegend nicht getan. Aus den Urteilsgründen ergibt sich nicht, anhand welcher Merkmale die Zeuginnen K.

und We.

den Angeklagten auf dem
um 20.32
Uhr gefertigten Bild, anhand dessen
der
anthropologische Sachverständige die Identität mit dem Angeklagten B.

A.

gerade nicht feststellen konnte (UA S.
24), wiedererkannt haben.
Die Beweiswürdigung ist überdies auch deshalb lückenhaft, weil das
Urteil nicht erkennen lässt, ob
sich das [X.] mit dem eingeschränkten Beweiswert des wiederholten Wiedererkennens

nach fehlerhafter Lichtbildvor-lage

durch die Zeugin K.

in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt hat
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 19.
November 1997

2
StR
470/97, [X.]R StPO Identifizierung
13).
Ebenso wenig tragfähig ist die Beweiswürdigung des [X.] zu der Feststellung, der Angeklagte B.

A.

sei um 20.32
Uhr
auf der Bundes-
5
6
7
-
5
-
autobahn

in einem grauen [X.] zusammen mit den beiden Mitangeklagten
von W.

kommend unterwegs gewesen. Nach den Urteilsgründen
konnte
der anthropologische Sachverständige die Identität des Angeklagten auf dem Foto nicht positiv feststellen (UA S.
24). Die Erwägungen des [X.] zum Wiedererkennen durch die Zeugen Br.

und A.

M.

bilden keine hin-
reichende Nachprüfungsgrundlage für das Revisionsgericht. Insoweit fehlt es bereits an einer konkreten Darlegung
dazu, wann, wie oft, wie lange und in [X.] zeitlichen Abstand zur Identifizierung die Zeugen den Angeklagten gese-hen hatten. Eine Beurteilung der Fähigkeit der Zeugen,
den Angeklagten zu identifizieren,
ist dem Revisionsgericht vor diesem Hintergrund nicht möglich. Überdies werden auch hier äußere Merkmale des Angeklagten, anhand derer die Zeugen ihn auf dem Foto wiedererkennen konnten, nicht mitgeteilt.
Weiteren vom [X.] als indiziell angenommenen Umständen

etwa der Vorstrafe des Angeklagten und dem opus moderandi

kommt an-gesichts dessen kein objektiver Beweiswert zu.
Fischer
Eschelbach
Bartel

Wimmer
Grube
8

Meta

2 StR 480/16

08.12.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2016, Az. 2 StR 480/16 (REWIS RS 2016, 1097)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1097

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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