Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2006, Az. VIII ZR 191/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4252

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 29. März 2006 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 273 Abs. 1, 556 Abs. 3 In einem bestehenden Mietverhältnis über Wohnraum kann der Mieter nicht die voll-ständige Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen, wenn der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten eines Abrechnungszeitraums abgerechnet hat. In diesem Fall ist der Mieter dadurch hinreichend geschützt, dass ihm bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung des Vermieters gemäß § 273 Abs. 1 [X.] ein Zurückbehaltungsrecht jedenfalls hinsichtlich der laufenden Nebenkosten-vorauszahlungen zusteht (Abgrenzung zum [X.]surteil vom 9. März 2005 - [X.], NJW 2005, 1499). [X.], Urteil vom 29. März 2006 - [X.] - [X.]. [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.], Zivilkammer 34, vom 28. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Kläger sind Mieter einer Wohnung in [X.], die [X.] ist die Vermieterin. Mit Schreiben vom 16. September 2002 erteilte die [X.] eine Abrechnung über die angefallenen Betriebs- und Heizkosten für das [X.]. Unter Berücksichtigung der von den Klägern erbrachten Vorauszahlungen von 1.411,20 • errechnete die [X.] einen Betrag von 262,09 • zu ihren [X.]. Die Abrechnung für das [X.] wies unter Anrechnung der [X.] der Kläger von insgesamt 1.227,10 • eine Nachforderung der [X.]n in Höhe von 211,34 • aus. 1 Mit ihrer Klage haben die Kläger die Feststellung begehrt, dass die Ne-benkostenabrechnung der [X.]n für das [X.] unwirksam sei und die [X.] hieraus keine Zahlungsansprüche herleiten könne. Ferner haben sie Rückzahlung der erbrachten Vorauszahlungen auf die Betriebs- und Heizkosten 2 - 3 - für die Jahre 2001 und 2002 von insgesamt 2.638,30 • verlangt. Mit der [X.] hat die [X.] Zahlung der sich aus den beiden [X.]en ergebenden Beträge von zusammen 473,43 • sowie von [X.] in Höhe von weiteren 2.774,92 • nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat dem Feststellungsantrag der Kläger stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Widerklage hat das Amtsgericht unter Abweisung im Übrigen teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat das [X.] die mit der Widerklage verfolgten Zahlungsansprüche mit Ausnahme der [X.] aus den Nebenkostenabrechnungen für gerechtfertigt erklärt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Berufung der Kläger hat das [X.] insgesamt zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche auf Rückzahlung der Neben-kostenvorauszahlungen für die Jahre 2001 und 2002 weiter. Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt: 3 [X.] vom 16. September 2002 für das [X.] sei insgesamt unwirksam, da die [X.] für den [X.] eine neue Wirtschaftseinheit gebildet habe, ohne dies vorher anzukündi-gen und in der Abrechnung zu erläutern. Gleiches gelte für die das [X.] betreffende Abrechnung. Gleichwohl hätten die Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen für diesen Zeit-raum. Ein derartiger Anspruch stehe einem Mieter nur bei einem beendeten 4 - 4 - Mietverhältnis zu, in dem sich der Mieter nicht mehr gemäß § 273 [X.] durch Einbehaltung der laufenden Abschlagszahlungen auf die Nebenkosten schadlos halten könne. Hingegen habe der Mieter in einem nicht beendeten [X.] mit dem ihm wegen der nicht fristgerechten Abrechnung zustehenden Zu-rückbehaltungsrecht an den laufenden Vorauszahlungen ein wirkungsvolles Druckmittel in der Hand, den Vermieter zur Abrechnung anzuhalten. Der Mieter könne - bis zur Höhe der in dem nicht abgerechneten Zeitraum geleisteten [X.] - im laufenden Jahr die Abschlagszahlungen zurückhalten und bis zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung des Vermieters einbehalten. I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision der Kläger zurückzuweisen ist. 5 Zu Recht hat das Berufungsgericht den Klägern einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 1.411,20 • für das [X.] und von 1.227,10 • für das [X.] versagt. 6 1. Nach § 556 Abs. 3 Satz 1 [X.] hat der Vermieter über [X.] für Betriebskosten jährlich abzurechnen. Die Abrechnung ist dem Mieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 [X.], der gemäß Art. 229 § 3 Abs. 9 EG[X.] auf die hier maßgeblichen Abrechnungszeiträume anwendbar ist, spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des [X.]. 7 Eine wirksame Abrechnung hat die [X.] nach den - für die Revision günstigen - Ausführungen des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit der Ne-benkostenabrechnung vom 16. September 2002 für das [X.] und darüber 8 - 5 - hinaus auch für das [X.] nicht erteilt. Danach ist die [X.] für das [X.] mit schwerwiegenden Mängeln behaftet und insgesamt unwirksam. Gleiches gilt auch für die das [X.] betreffende Abrechnung. 9 a) In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten, ob ein Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis die Rückzahlung von geleisteten [X.] und Heizkosten verlangen kann, wenn der Vermieter - wie hier - nicht fristgerecht im Sinne des § 556 Abs. 3 Satz 2 [X.] abrechnet. Teilweise wird ein derartiger Anspruch mit der Begründung bejaht, es bestehe keine Veranlassung, dem Vermieter Vorauszahlungen zu belassen, wenn er über diese nicht abrechne ([X.]/[X.], [X.] (2003), § 556 [X.]. 140; [X.], Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 556 [X.]. 153 m.w.Nachw.; [X.], [X.] 1995, 105 ff.; [X.], Handbuch der [X.], 9. Aufl., [X.]. 3183 ff.; [X.]. [X.], 158, 159; 1998, 519, 520; [X.], 696, 697). Nach der Gegenansicht besteht der Anspruch des [X.] auf Rückzahlung nicht, da ihm bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Nebenkosten-vorauszahlungen zustehe und er bereits durch dieses Druckmittel hinreichend geschützt sei ([X.], NJW-RR 2000, 9, 12; [X.], NJW-RR 2000, 85, 86; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 556 [X.]. 10; [X.]/ [X.], 65. Aufl., § 556 [X.]. 11; [X.], [X.] der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl., Abschn. G [X.]. 51 ff.; [X.]. in [X.]t-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 [X.]. 459, 282 ff.; [X.]/ [X.], Betriebskostenpraxis, 2002, [X.]. 278). b) Der [X.] hält die letztgenannte Ansicht für richtig. 10 Allerdings hat der [X.] entschieden, dass der Mieter in ergänzender Auslegung des Mietvertrags nach Beendigung des Mietverhältnisses einen [X.] - 6 - spruch auf die volle Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen hat ([X.], Urteil vom 9. März 2005 - [X.], NJW 2005, 1499). Ist das [X.] beendet, hat der Mieter kein Druckmittel in Form eines Zurückbehaltungs-rechts (§ 273 [X.]) gegenüber laufenden Verbindlichkeiten in der Hand, um die Verpflichtung des Vermieters zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung [X.]. Der unter Umständen äußerst zeitraubende und nicht immer Erfolg ver-sprechende Umweg über eine ([X.] auf Erteilung der Abrechnung kann dem Mieter nicht zugemutet werden ([X.] [X.]O unter [X.] unter [X.] auf [X.] [X.]O). Steht nach dem erfolglosen Ablauf der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht fest, in welcher Höhe der Vermieter Ersatz seiner Auslagen beanspruchen kann, so muss der Mieter, da weitere Darlegungen als diejenigen zur Höhe der geleisteten Vorauszahlungen und zur fehlenden Abrechnung von ihm nicht zu fordern sind, berechtigt sein, die [X.] insgesamt zurückzuverlangen (vgl. [X.] [X.]O unter II 3 f.). [X.]) Diese Gesichtspunkte treffen aber bei einem laufenden [X.] nicht zu. Eine ausfüllungsbedürftige [X.] ist hier nicht festzustellen (vgl. [X.] [X.]O; [X.] [X.]O). Rechnet der Vermieter nicht fristgerecht ab, ist der Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis bereits [X.] geschützt, ohne dass es eines Anspruchs auf Rückzahlung der ge-leisteten Abschlagszahlungen bedarf. 12 Von dem Anspruch auf Erteilung einer den Grundsätzen des § 259 [X.] entsprechenden Abrechnung abgesehen, ist der Mieter aufgrund des fälligen Anspruchs auf Abrechnung berechtigt, jedenfalls die weiterlaufenden [X.] auf die Nebenkosten gemäß § 273 [X.] zu verweigern ([X.], [X.] 91, 62, 71; 113, 188, 196; für Gewerberaum [X.], Urteil vom 29. Februar 1984 - [X.] ZR 310/82, NJW 1984, 1684 unter 2 c). Insofern [X.] sich die Rechte des Mieters in einem laufenden Mietverhältnis von 13 - 7 - seiner Stellung nach Ende des Mietvertrags. In letzterem Fall steht dem Mieter mangels eines Anspruchs des Vermieters auf weitere Entrichtung von [X.] auf Nebenkosten kein Zurückbehaltungsrecht zu, so dass seine Po-sition ungleich schwächer ist als die des Mieters in einem fortdauernden Miet-verhältnis. Im laufenden Mietvertrag kann sich der Mieter durch die Einbehal-tung der weiter geschuldeten Abschlagszahlungen absichern oder Druck auf den Vermieter ausüben, damit dieser die geschuldete Abrechnung erteilt (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 2005 [X.]O unter [X.]). Dem Mieter steht mit dem Recht aus § 273 [X.] ein starkes Druckmittel zur Verfügung. Die einbehaltenen Beträge werden in der Regel schneller die Höhe eines in Betracht kommenden Erstattungsanspruchs aus der versäumten Abrechnung erreichen, als ein [X.] auf Rückzahlung der Vorschüsse gerichtlich durchgesetzt werden könn-te ([X.] [X.]O). Die Verweisung des Mieters auf ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Vorauszahlungen entspricht auch der Begründung des [X.] zum Mietrechtsreformgesetz (BT-Drucks. 14/4553, [X.]), die bei fehlender Abrechnung des Vermieters für das nicht beendete Mietverhältnis die geschuldeten Rechte des Mieters aufführt, ohne zusätzlich einen Anspruch auf Rückzahlung der Abschlagszahlungen zu erwähnen. 14 [X.]) Ein Anspruch des Mieters auf Rückzahlung erbrachter [X.] ist ferner nicht nach § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. [X.] gegeben. Rechnet der Vermieter nicht fristgerecht über die Abschlagszahlungen ab, ist damit der Rechtsgrund für die vertraglich geschuldeten Vorauszahlungen nicht später weggefallen ([X.] [X.]O; [X.] NZM 2002, 436; [X.] [X.]O, [X.]. 52; [X.], [X.], 158, a.A. [X.]/[X.] [X.]O; [X.] [X.]O). Rechtsgrund für die Leistung des Mieters ist die im Mietver-trag getroffene Vereinbarung über die [X.]. Eine solche [X.] - 8 - einbarung hat zwar zur Folge, dass der Vermieter nach § 556 Abs. 3 Satz 1 [X.] über die Betriebskosten unter Berücksichtigung der geleisteten [X.] abzurechnen hat. Die dem Vermieter obliegende [X.], der der Vermieter nach den Ausführungen des Berufungsgerichts bisher nicht nachgekommen ist, stellt nicht den Rechtsgrund der Abschlagszahlungen dar, so dass eine fehlende Abrechnung den Rechtsgrund nicht entfallen lässt. [X.]) Weiterhin kommt auch ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen nach § 667 [X.] nicht in Betracht (so aber [X.] [X.]O). Ein gesondertes Auftragsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter hinsichtlich der Nebenleistungen, für die Betriebskosten anfallen, liegt nicht vor. Vielmehr erge-ben sich die Pflichten des Vermieters zur Erbringung der Nebenleistungen ebenso wie eine eventuelle Vergütungspflicht des Mieters unmittelbar aus dem Mietvertrag (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 2005 [X.]O unter II 3 a hinsichtlich der Verpflichtung des Vermieters zur Erstattung etwaiger Überzahlungen). 16 2. Soweit die Revision vorbringt, das Mietverhältnis sei durch die [X.] mehrfach fristlos sowie hilfsweise ordentlich gekündigt worden, so dass nicht von einem fortlaufenden, sondern von einem beendeten Mietverhältnis auszu-gehen sei, hat sie hiermit keinen Erfolg. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die [X.] die Kläger in einem wei-teren Prozess auf Räumung und Herausgabe der Wohnung verklagt; diesen Rechtsstreit haben die Parteien jedoch übereinstimmend für erledigt erklärt. Da die Kläger die Wohnung noch bewohnen, ist davon auszugehen, dass beide Parteien über den Fortbestand des Mietverhältnisses einig sind. Die von der Revision vorgebrachte Ankündigung der [X.]n, sie beabsichtige, das 17 - 9 - Wohnhaus, in dem sich die Wohnung der Kläger befindet, abzureißen und allen Mietern künftig neue Wohnungen anzubieten, führt zu keiner anderen Beurtei-lung. [X.] Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.]. [X.], Entscheidung vom 17.09.2004 - 920 C 332/03 - [X.], Entscheidung vom 28.07.2005 - 334 [X.]/04 -

Meta

VIII ZR 191/05

29.03.2006

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2006, Az. VIII ZR 191/05 (REWIS RS 2006, 4252)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4252

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