Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.03.2014, Az. 28 W (pat) 542/12

28. Senat | REWIS RS 2014, 6733

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Capromid/AKROMID (Gemeinschaftsmarke)" – zum zeitlichen Eingang der Einrede mangelnder Benutzung - zur rechtserhaltenden Benutzung - zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität und -ähnlichkeit – klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 032 380

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2014 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] sowie die Richterin kraft Auftrags Kriener

beschlossen:

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen, soweit in dem Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 7, vom 27. März 2012 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke [X.] 5583299 „[X.]“ die angegriffene Wortmarke 30 2009 032 380 „[X.]“ gelöscht wurde.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 2. Juni 2009 angemeldet und am 8. Oktober 2009 unter der Nummer 30 2009 032 380 für die Waren der

4

Klasse 1: Kunststoffe im Rohzustand; Kunstharze im Rohzustand; chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke;

5

Klasse 7: Maschinenteile, nämlich Laufrollen, Führungsrollen, Stützrollen, Richtrollen, [X.], [X.], [X.], [X.], Seilumlenkrollen, Drahtführungsrollen, Förderbandrollen, Laschenkettenrollen, [X.]andagen für Rollen, Umlenkwalzen, [X.], Glättwalzen, Druckwalzen, Riemenscheiben, Mitnehmer, Anlaufscheiben, Zahnräder, Zahnstangen, Kegelräder, Schneckenräder, Kettenräder, Dosierräder, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], Gleitplatten, Führungsleisten, Schutzleisten, Förderschnecken, [X.], [X.], [X.], [X.], Ventilsitze, Stampferplatten für Verdichter, Schneid- und Stanzplatten, Auswerfertrommeln, Formen für [X.]eton/Keramik, Maschinenteile, nämlich Dichtringe;

6

Klasse 17: Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate)

7

in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden.

8

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 13. November 2009 veröffentlicht wurde, hat die Widersprechende mit am 8. Dezember 2009 beim [X.] eingegangenem Schreiben aus ihrer für die Waren der

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Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoffe im Rohzustand, Additiv-Konzentrate für Kunststoffe

am 30. Oktober 2007 eingetragenen [X.]swortmarke [X.] 5 583 299

[X.]

Widerspruch gegen die Waren der Klassen 1 und 17 der angegriffenen Marke erhoben.

Gegenstand des patentamtlichen Verfahrens war ferner der Widerspruch einer weiteren Widersprechenden, der aber im [X.]eschwerdeverfahren zurückgenommen wurde.

Mit [X.]eschluss vom 27. März 2012 hat die Markenstelle für Klasse 7 des [X.] eine [X.] zwischen den Vergleichsmarken bejaht und die angegriffene Marke im beantragten Umfang für die Waren der Klassen 1 und 17 gelöscht. Zur [X.]egründung ist ausgeführt, dass sich identische bzw. hochgradig ähnliche Waren der Klassen 1 und 17 gegenüberstünden. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei diese berechtigt, von der angegriffenen Marke die Einhaltung eines deutlichen Abstands zu fordern, der nicht mehr eingehalten werde. Es stünden sich die beiden dreisilbigen Wörter „[X.]“ und „[X.]“ gegenüber, bei denen die klangprägende Vokalfolge [X.] sowie die [X.]uchstabenfolge „romid“ identisch enthalten seien. Die Abweichungen in der ersten Silbe führten angesichts des zusätzlichen, aber klangschwachen [X.]uchstabens „p“ der angegriffenen Marke und der lediglich vertauschten Laute „Ka“ bzw. „Ak“ nicht zu einer signifikanten Veränderung des Klangbildes.

Gegen diesen [X.]eschluss richtet sich die [X.]eschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Sie ist der Ansicht, der zu fordernde größere [X.] sei eingehalten. Die Waren der angegriffenen Marke richteten sich an Fachleute der kunststoffverarbeitenden Industrie, die eine gegenüber dem Durchschnittsverbraucher gesteigerte Aufmerksamkeit hätten und die sich neben der Produktkennzeichnung vor allem an den chemischen Eigenschaften des Produkts orientierten, da im chemischen [X.]ereich unter den gleichen Marken häufig Werkstoffe mit anderen Zusammensetzungen oder anderen Verarbeitungsmöglichkeiten angeboten würden. Zudem bestellten die Fachleute die chemischen Spezialprodukte anhand von Werkstofflisten, in denen neben den Markennamen auch die vorrangig interessierenden Werkstoffeigenschaften der Produkte genauestens spezifiziert seien, sodass mangels telefonischen oder auf Zuruf erfolgenden Kaufes und fehlender Radio- oder Fernsehwerbung für die Produkte die Gefahr klanglicher Verwechslungen auszuschließen sei.

Die Endung „-mid“ sei für technische Kunststoffe aus [X.] eine gebräuchliche Endung; dies zeige sich auch durch die im einschlägigen Produktbereich insgesamt 392 eingetragenen Marken mit diesem [X.]estandteil mit Schutz in [X.]. Angesichts dieser Kennzeichnungspraxis würden sich die angesprochenen [X.]e daher vorrangig an dem der Endung „-mid“ vorangestellten [X.] orientieren und entsprechend ihr Augenmerk auf die abweichenden Wortanfänge „Capro-“ und „Akro-“ legen.

Mit am 6. Januar 2014 eingegangenem Schriftsatz hat die [X.]eschwerdeführerin und Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede mangelnder [X.]enutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Der Senat hatte in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2013 den Verfahrensbeteiligten aufgegeben, die Verhandlung durch schriftsätzliches Vorbringen bis zum 17. Januar 2014 vorzubereiten.

Die [X.]eschwerdeführerin und Inhaberin der angegriffenen Marke, die an der mündlichen Verhandlung nach vorheriger Ankündigung nicht teilgenommen hat, beantragt sinngemäß,

den [X.]eschluss des [X.]s vom 27. März 2012 insoweit aufzuheben, als die Löschung der Marke 30 2009 032 380 für die Waren der Klassen 1 und 17 angeordnet wurde und den Widerspruch aus der Marke [X.] 5 583 299 „[X.]“ zurückzuweisen.

Die [X.]eschwerdegegnerin und Widersprechende beantragt,

die [X.]eschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Einrede der Nichtbenutzung sei als verspätet zurückzuweisen, weil sie sehr kurz vor der mündlichen Verhandlung erhoben worden sei und zu einer nicht zu rechtfertigenden Verfahrensverzögerung führe, die bei rechtzeitiger Erhebung vermieden worden wäre. Zudem sei nicht erkennbar, ob die Nichtbenutzungseinrede auf der [X.]asis von § 43 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 [X.] erhoben werde, daher sei sie unklar.

Die Widersprechende hat gleichwohl diverse Unterlagen zur Glaubhaftmachung der bestrittenen [X.]enutzung der Widerspruchsmarke eingereicht, u. a. eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden, Werbeanzeigen, eine Aufstellung des [X.], Rechnungen, Werbebroschüren sowie Aufkleber. Darüber hinaus trägt die Widersprechende vor, die Marke richte sich nicht ausschließlich an Fachleute, aber auch bei diesem Personenkreis könne es bei flüchtigem Lesen oder Zuhören zu Verwechslungen der sich gegenüberstehenden Marken kommen. Zudem sei die Aufmerksamkeit bei Waren, die laufend gekauft würden, verringert, sodass es durchaus zu Verwechslungen bei dem [X.]ezug der Produkte kommen könne und dies umso leichter, als es sich um identische Waren handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt [X.]ezug genommen.

II.

Die zulässige [X.]eschwerde ist nicht begründet.

Zwischen der angegriffenen Wortmarke „[X.]“ und der Widerspruchsmarke „[X.]“ ist [X.] im Sinn der §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 [X.] gegeben, so dass die in dem angefochtenen [X.]eschluss ausgesprochene Löschung der jüngeren Marke insoweit zu bestätigen war.

Die Frage der [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter [X.]erücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. hierzu [X.] [X.], 237, 238 - PICARO/ [X.]; [X.], 1040, 1042, [X.]. 25 - pjur/pure; [X.], 64, [X.]. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 833, [X.]. 30 - Culinaria/Villa Culinaria).

a. Die Widersprechende konnte auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässig erhobene Einrede der Nichtbenutzung die [X.]enutzung der Widerspruchsmarke „[X.]“ in [X.]ezug auf die Ware „Kunststoffmaterialien“ glaubhaft machen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit am 6. Januar 2014 eingegangenem Schriftsatz erstmalig die rechtserhaltende [X.]enutzung der Widerspruchsmarke bestritten, ohne Satz 1 oder Satz 2 des § 43 Abs. 1 [X.] präzise zu zitieren. Das undifferenzierte [X.]estreiten der [X.]enutzung macht aber, anders als die Widersprechende meint, die Einrede nicht unklar, da in ständiger Rechtsprechung davon auszugehen ist, dass diese dann beide [X.]räume, nämlich 30. Oktober 2007 bis 30. Oktober 2012 und 26. März 2014 bis 26. März 2009, umfassen soll, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind. ([X.], 719 [X.]. 20 - idw Informationsdienst Wissenschaft; [X.]/[X.], [X.], 10. Auflage, § 43 [X.]. 18).

Das Erheben der Einrede der Nichtbenutzung ist, anders als die Widersprechende geltend macht, nicht verspätet. Voraussetzung für das Vorliegen einer Verspätung i. S. d. § 82 Abs. 1 S. 1 [X.] i. V. m. §§ 282 Abs. 2, 296 Abs. 2 ZPO wäre die Verzögerung des Verfahrens. Die Einrede der Nichtbenutzung ist am 6. Januar 2014 und damit 23 Tage vor der zunächst am 29. Januar 2014 anberaumten mündlichen Verhandlung und 11 Tage vor Ablauf der mit der Ladung den [X.]eteiligten gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 [X.] i. V. m. § 129 Abs. 2 ZPO mitgeteilten Schriftsatzfrist bis 17. Januar 2014 erhoben worden. Nach der Rechtsprechung des [X.] wird die eine Woche vor der mündlichen Verhandlung eingegangene und dem Widersprechenden zugestellte Einrede im Sinn von § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht als verspätet angesehen (siehe 29 W (pat) 76/06 [X.]/NETT; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. 2012, § 43 [X.]. 33 ff., 35). Danach ist von einer Verfahrensverzögerung im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Die Voraussetzungen für die Einrede gemäß §§ 125 b Nr. 4, 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind nicht gegeben, da die fünfjährige [X.]enutzungsschonfrist der am 30. Oktober 2007 eingetragenen Widerspruchsmarke erst nach der am 13. November 2009 erfolgten Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke, nämlich am 30. Oktober 2012, endete. Das [X.]estreiten der [X.]enutzung war aber gemäß §§ 125 b Nr. 4, 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] zulässig. Der Widersprechenden oblag es damit glaubhaft zu machen, dass ihre Marke für die von ihr umfassten Waren innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im [X.]eschwerdeverfahren, also in der [X.] vom 26. März 2014 bis 26. März 2009, gemäß Art. 15 [X.]V in der [X.] benutzt worden ist. Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die [X.]enutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke geschäftlich verwertet wird. Dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der [X.]enutzung sowie die Art der Waren (vgl. [X.] GRUR 2003, 425, 428, Rn. 38 - Ajax/[X.]; [X.], 582, 584, Rn. 70 - [X.]). Nach der [X.] Spruchpraxis ist davon jedenfalls auszugehen, wenn die Marke „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist“ (vgl. [X.] GRUR 2008, 343, 346, Nr. 74 – [X.] SpA).

Aus der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden vom 23. Januar 2014 geht hervor, dass die Widersprechende mit der Widerspruchsmarke „[X.]“ für unterschiedliche Kunststoffmaterialien, wie [X.]e, [X.]/Polypropylen-Mischungen und weitere Mischungen mit A[X.]S und P[X.]T mit jährlich verkauften ca. 3.800 bis 10.562 Tonnen in [X.] Umsätze in Höhe von über … bis zu über … Euro in den Jahren von 2009 bis 2013 erzielt hat.

In quantitativer Hinsicht ist mit diesen für die [X.]undesrepublik [X.], der gemessen am [X.]ruttoinlandsprodukt größten Volkswirtschaft in [X.], glaubhaft gemachten Umsatzzahlen von einer ernsthaften [X.]enutzung in der [X.] auszugehen (vgl. [X.] [X.], 182 - [X.]/[X.]; [X.]PatG 24 W (pat) 35/07 - [X.]; 30 W (pat) 1/10 - [X.]/TOMTEC).

Die Art und die Form der [X.]enutzung der Marke „[X.]“ sind sowohl aus dem eingereichten Plastiksack für die in Form von Granulat vertriebenen Waren und dem eingereichten Produktaufkleber sowie den eingereichten Werbeunterlagen und den Werbebroschüren zu entnehmen. Aus diesen ergibt sich, dass die Kunststoffe der Widersprechenden unter der [X.]ezeichnung „[X.]“ teilweise auch zusammen mit angehängten [X.], [X.], [X.], [X.], M, [X.], [X.], [X.] oder [X.] vertrieben und in unterschiedlichen [X.]au- und Produktteilen (Airbags, Schibindungen, [X.]ohrer, Autoverkleidungen, [X.]) Verwendung finden. Der überwiegende Teil der von der Widersprechenden eingereichten [X.]roschüren ist nicht mit einem Erscheinungsdatum versehen. Im Zusammenhang mit der Erklärung in der eidesstattlichen Versicherung, die auf die [X.]roschüren [X.]ezug nimmt, sowie aus dem Inhalt der [X.]roschüre „Ihr Spezialist für innovative und anwendungsorientierte Kunststoff[X.]ompounds“ (Anlage 6 zum Schriftsatz vom 26. Februar 2014) ergibt sich jedoch, dass die Jahre 2010 bis 2012 und damit der [X.]enutzungszeitraum 26. März 2014 bis 26. März 2009 betroffen ist.

Die Widersprechende hat daher die ernsthafte [X.]enutzung in der [X.] für „Kunststoffmaterialien“ und damit für die unter die Warenbegriffe „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke“ und „Kunststoffe im Rohzustand“ der Klasse 1 zu subsumierenden Waren durch die eidesstattliche Versicherung und die ergänzend hierzu eingereichten Unterlagen für den maßgeblichen [X.]enutzungszeitraum ausreichend glaubhaft gemacht.

b. Mit den von der angegriffenen Marke „[X.]“ beanspruchten Waren der Klasse 1 „Kunststoffe im Rohzustand; Kunstharze im Rohzustand; chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke“ und den von der Widerspruchsmarke benutzten Waren der Klasse 1 besteht Identität zwischen den „Kunststoffen im Rohzustand“ sowie den „chemischen Erzeugnissen für gewerbliche Zwecke“ zu den „Kunstharzen im Rohzustand“ hochgradige Ähnlichkeit.

In [X.]ezug auf die „Waren aus Kunststoffe (Halbfabrikate)“ der Klasse 17 der angegriffenen Marke und den benutzten Widerspruchswaren „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke“, „Kunststoffe im Rohzustand“ besteht angesichts gleicher [X.]eschaffenheit und der Herstellung in den gleichen kunststoffverarbeitenden [X.]etrieben als „Rohstoffe“ der „Halbfabrikate aus Kunststoffen“ hochgradige Ähnlichkeit.

c. Die Widerspruchsmarke verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Kennzeichnungskraft ist die Eignung eines Zeichens, sich dem angesprochenen [X.] aufgrund seiner Eigenart einzuprägen, d. h. als Herkunftshinweis erkannt, in Erinnerung behalten und wieder erkannt zu werden. Je größer die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist, umso größer ist ihr Schutzumfang und umso eher ist auch eine [X.] zu bejahen ([X.] GRUR 1998, 387 - Springende Raubkatze, GRUR Int. 1999, 734 - Lloyd Schuhfabrik).

Anhaltspunkte für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive [X.]enutzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Anders als die Inhaberin der angegriffenen Marke meint, handelt es sich bei der Wortendung „-mid“ nicht um die beschreibende Abkürzung für Kunststoffe aus [X.]. Denn die Kurzform für [X.]e lautet üblicherweise „PA“, auch kommt der Endung „-mid“ bei „[X.]“ keine eigenständige [X.]edeutung zu, vielmehr ist mit dem Suffix „-amid“ der Hinweis auf eine Amidbindung enthalten. Von einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist daher nicht auszugehen.

d. Ausgehend von identischen und hochgradig ähnlichen Waren und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“ hält die angegriffene Marke „[X.]“ den zur Verneinung der [X.] erforderlichen deutlichen Abstand nicht mehr ein.

Maßgebend für die [X.]eurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden [X.]etrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] GRUR 2010, 933 [X.]. 33 - [X.]; [X.]GH, a. a. [X.] - Maalox/[X.]; a. a. [X.] - pure/ pjur). Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)[X.]ild und im [X.]edeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen. Für die Annahme einer [X.] reicht dabei in der Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus ([X.]GH GRUR 2011, 824 Nr. 26 - Kappa; [X.], 1055 [X.]. 26 - airdsl; [X.] 2008, 393, 395 [X.]. 21 - HEITEC).

Die sich gegenüber stehenden Wortmarken „[X.]“ und „[X.]“ sind angesichts identischer Silbenanzahl, der identischen das Klangbild maßgeblich prägenden Vokalfolge „[X.]“ und der identischen übereinstimmenden letzten fünf [X.]uchstaben „-romid“ unmittelbar klanglich verwechselbar. Der in der angegriffenen Marke zusätzlich vorhandene Konsonant „p“ spielt für das Klangbild, da er vor dem Konsonanten „r“ eher klangschwach ist und auf den klangstarken Vokal „a“ folgt, keine Rolle. Der einzige Unterschied in der Reihenfolge der [X.]uchstabenanfänge geht angesichts der geschilderten Übereinstimmungen und der Tatsache, dass die [X.]uchstaben „Ca-“ bzw. „Ak-“ am Wortanfang lediglich vertauscht sind (sogenannte Klangrotation) im klanglich sonst identischen Gesamtgefüge unter.

Anders als die Inhaberin der angegriffenen Marke meint, tritt im [X.]ereich der hier maßgeblichen Produkte die klangliche Zeichenähnlichkeit nicht in den Hintergrund. Nach ständiger Rechtsprechung kommt der klanglichen Ähnlichkeit von Marken in der Praxis die weitaus größte [X.]edeutung zu. Auch wenn, nach dem Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke, die in Rede stehenden Waren hauptsächlich anhand von Werkstofflisten bestellt würden und insgesamt tatsächlich weniger Gelegenheit zu klanglichen Verwechslungen bestünde, ist nicht zu vernachlässigen, dass [X.]estellvorgängen dennoch auch mündliche, etwa telefonische Nachfragen vorausgehen und im Übrigen hierbei nicht nur fachkundige Adressaten mit den Kennzeichen in [X.]erührung kommen, sondern auch fachfremde Personen beteiligt sind. Hinzu kommt, dass erfahrungsgemäß selbst bei einer nur optischen Wahrnehmung einer Marke gleichzeitig der klangliche Charakter des [X.] unausgesprochen mit aufgenommen und damit die Erinnerung an klanglich ähnliche Marken geweckt werden, die von früheren [X.]egegnungen bekannt sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Auflage, § 9 [X.]. 230 m. w. N.). Die klangliche [X.] wird also nicht nur durch unmittelbares Hören, sondern auch durch die ungenauen Erinnerungen an den Klang der beiden Marken ausgelöst (vgl. auch [X.]PatGE 23, 176, 179).

Im Hinblick auf die festgestellte Identität bzw. die hochgradige Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und der klanglich ähnlichen Wortzeichen ist eine [X.] zu bejahen und die [X.]eschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückzuweisen.

e. [X.]ei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der [X.]illigkeit einem Verfahrensbeteiligten die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] aufzuerlegen.

Meta

28 W (pat) 542/12

26.03.2014

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.03.2014, Az. 28 W (pat) 542/12 (REWIS RS 2014, 6733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6733

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