Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.02.2024, Az. 3 StR 499/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2024, 1225

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Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. Juni 2023 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger            [X.]im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellen von kinderpornographischen Schriften in zwei Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellen von kinderpornographischen Schriften in acht Fällen und wegen Besitzes von kinderpornographischen Inhalten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, ihn im Übrigen freigesprochen und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Nach den Feststellungen missbrauchte der Angeklagte in zehn Fällen den im Tatzeitraum zehn- bis 13-jährigen Nebenkläger. Im [X.] (1) e) der Urteilsgründe manipulierte der Angeklagte zunächst an dem Glied des Geschädigten, was dieser als schmerzhaft empfand. Anschließend forderte der Angeklagte den Jungen zur Vornahme weiterer sexueller Handlungen auf, was dieser ablehnte. Sodann vollzog der Angeklagte an ihm den Oralverkehr. Beim nachfolgenden Tatgeschehen penetrierte der Angeklagte den Nebenkläger anal ([X.] (1) f) der Urteilsgründe). Bei einer weiteren Gelegenheit manipulierte der Angeklagte an seinem Glied bis zur Ejakulation und ließ das Ejakulat auf das entblößte Gesäß des [X.] heruntertropfen ([X.] (1) i) der Urteilsgründe).

II.

3

Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. [X.] Ausführung bedarf nur das Folgende:

4

1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Insbesondere ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass die [X.] den Angeklagten im [X.] (1) i) der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen hat. Denn das Ejakulieren auf den nackten Körper des Jungen stellt den erforderlichen Körperkontakt dar ([X.], Urteil vom 9. Juli 2014 - 2 StR 13/14, [X.]St 59, 263 Rn. 18; Beschluss vom 19. Dezember 2008 - 2 [X.], [X.]St 53, 118 Rn. 8; Urteil vom 20. Mai 1992 - 2 StR 73/92, [X.]R StGB § 178 Abs. 1 sexuelle Handlung 4 [zu § 178 StGB aF]; [X.]/[X.], StGB, 2. Aufl., § 176 Rn. 11; BeckOK StGB/[X.], [X.]., § 176 Rn. 54).

5

2. Die Strafzumessung ist frei von [X.]. Insbesondere war das [X.] bei der Strafrahmenwahl der beiden abgeurteilten Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (Fälle II. 2. (1) e) und f) der Urteilsgründe) aus Rechtsgründen nicht zur ausdrücklichen Erörterung des Vorliegens minder schwerer Fälle nach § 176a Abs. 4 StGB (in der Fassung vom 3. März 2020) verpflichtet. Angesichts aller für die Wertung der Taten und des [X.] bedeutsamen Umstände, insbesondere mit Blick auf die anale Penetration des damals zwölf- oder 13-jährigen [X.] und den ausgeübten Oralverkehr an dem Jungen, der die geforderten sexuellen Handlungen explizit ablehnte und bei der vorangegangenen Manipulation an seinem Penis Schmerzen verspürte, lag die Annahme von minder schweren Fällen fern.

6

3. Die auf § 66 Abs. 2 und 3 Satz 2 StGB jeweils i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB gestützte Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die formellen Voraussetzungen der genannten Vorschriften liegen vor. Die [X.] hat auch tragfähig den Hang des Angeklagten zu erheblichen Straftaten belegt. [X.] Erörterung bedarf lediglich die Gefährlichkeit des Angeklagten für die Allgemeinheit im Sinne von § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB:

7

Die [X.] hat diese unter anderem damit begründet, dass beim Angeklagten, der die [X.] in der Hauptverhandlung eingeräumt hat, keine Umstände positiv festzustellen gewesen seien, die geeignet seien, die durch den Hang indizierte ungünstige Kriminalprognose zu verbessern. Eine nachhaltige, längerfristige Auseinandersetzung mit seiner Veranlagung, seiner Persönlichkeitsstruktur und den durch diese Umstände ausgelösten Straftaten habe bislang noch nicht stattgefunden. Insbesondere habe er auch in der Hauptverhandlung noch das Bild einer einvernehmlichen sexuellen Beziehung mit dem Nebenkläger aufrechterhalten und insoweit keinerlei Einsicht und Problembewusstsein gezeigt.

8

Trotz dieser für sich genommen bedenklichen Erwägung ist auszuschließen, dass die [X.] rechtsfehlerhaft zulässiges Verteidigungsverhalten als Anknüpfungspunkt für die Gefährlichkeit des Angeklagten verwertet hat (vgl. [X.], Beschluss vom 31. August 2022 - 4 StR 166/22, juris Rn. 4; Urteil vom 25. August 2021 - 3 [X.], [X.], 301 Rn. 6, jeweils mwN). Denn nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe hat die [X.] lediglich auf das Fehlen von [X.] Umständen abgestellt (vgl. [X.], Beschluss vom 25. August 2021 - 3 [X.], [X.], 301 Rn. 7; Urteil vom 19. August 2020 - 5 [X.], juris Rn. 36; Beschluss vom 21. August 2014 - 1 [X.], [X.]R StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 11 Rn. 8). Im Übrigen belegen die zahlreichen weiteren vom [X.] angeführten Umstände, etwa die frühe einschlägige Delinquenz im jugendlichen Alter und die serienmäßige Begehung von Sexualstraftaten ohne extrinsische Faktoren über einen längeren Tatzeitraum, in der Gesamtschau die hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung schwerer sexueller [X.] zum Nachteil von Jungen in Form von Oralverkehr und analer Penetration.

Schäfer     

      

Paul     

      

Anstötz

      

Kreicker     

      

Voigt     

      

Meta

3 StR 499/23

20.02.2024

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 30. Juni 2023, Az: 32 KLs 33/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.02.2024, Az. 3 StR 499/23 (REWIS RS 2024, 1225)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1225

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Zitiert

1 StR 320/14

5 StR 616/19

3 StR 352/20

4 StR 166/22

2 StR 13/14

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