Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.03.2018, Az. IX R 35/16

9. Senat | REWIS RS 2018, 12459

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Gegenstand

Zur steuerlichen Berücksichtigung eines im Rahmen der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen vereinbarten Vorab-Gewinnverteilungsbeschlusses


Leitsatz

NV: Erwirbt bei einer GmbH der eine Gesellschafter vom anderen dessen Geschäftsanteil mit dinglicher Wirkung zum Bilanzstichtag und vereinbaren die Gesellschafter zugleich, dass dem ausscheidenden Gesellschafter der laufende Gewinn der Gesellschaft noch bis zum Bilanzstichtag zustehen und nach Aufstellung der nächsten Bilanz an ihn ausgeschüttet werden soll, kann ein zivilrechtlich wirksamer und steuerlich anzuerkennender Gewinnverteilungsbeschluss vorliegen mit der Folge, dass der im Folgejahr von der Gesellschaft an den ausgeschiedenen Gesellschafter ausgeschüttete Betrag diesem als (nachträgliche) Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen ist; damit scheidet eine Zurechnung beim erwerbenden Gesellschafter ebenso aus wie eine nachträgliche Erhöhung des Veräußerungserlöses beim ausgeschiedenen Gesellschafter .

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21. September 2016 14 K 3263/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und [X.] (Kläger) werden als Ehegatten im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr (2007) zu 50 % an der [X.] beteiligt; weiterer Gesellschafter zu 50 % war sein [X.]ruder [X.]. Mit notariell beurkundetem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 26. Oktober 2007 veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile "mit dinglicher Wirkung zum 31. Dezember 2007" an [X.]. Unter Ziffer [X.] trafen die Vertragsparteien folgende Vereinbarung:

2

"Die [X.]eteiligten sind darüber einig, daß dem Veräußerer [= Kläger] in [X.]ezug auf den vorstehend übertragenen Geschäftsanteil für die [X.] vom 1. Januar 2007 an keinerlei Ansprüche gegenüber der Gesellschaft mehr zustehen, soweit nachstehend nicht etwas anderes vereinbart wird. Abweichend vom vorstehenden steht Herrn ... [= Kläger] noch die Tantiemezahlung für das [X.] zu. Diese soll ausgezahlt werden nach Erstellung der [X.]ilanz für das Geschäftsjahr 2007. Die Gewinne, die bis einschließlich 31.12.2007 erwirtschaftet werden (= in 2007 erwirtschaftete Gewinne und Gewinnvorträge), stehen Herrn ... [= Kläger] zu ½ Anteil zu, soweit sie nicht bereits ausgeschüttet wurden. Sie werden vollständig in 2008 als Dividende ausgeschüttet. Herr ... [[X.]] verpflichtet sich, erforderlichenfalls entsprechende Gesellschafterbeschlüsse zu fassen."

3

Die Kläger erklärten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einen Gewinn des [X.] aus der Veräußerung von Anteilen an der [X.] i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG) in Höhe von 12.500 €, den der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) mit dem gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid vom 2. Juni 2008 zunächst erklärungsgemäß unter [X.]erücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens und eines steuerfrei bleibenden Teils (4.530 €) in Höhe von (6.250 € - 4.530 € =) 1.720 € festsetzte. Auf Anfrage des [X.] übermittelten die Kläger im Juni 2008 den Kaufvertrag in Ausschnitten, die Regelung in [X.] war hieraus jedoch nicht ersichtlich.

4

Im März und im Juni 2008 beschloss [X.], der zu diesem [X.]punkt alleiniger Anteilseigner der [X.] war, entsprechend der Regelung in [X.] vom 26. Oktober 2007 Ausschüttungen in Höhe von 48.381,79 € und 21.973 € an den Kläger.

5

Unter dem 17. Juni 2008 änderte das [X.] den Einkommensteuerbescheid vom 2. Juni 2008 aus anderen Gründen und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein, dem das [X.] mit [X.]escheid vom 28. Juli 2008 abhalf. Unter dem 20. November 2008 und dem 15. Oktober 2009 änderte das [X.] die Einkommensteuerfestsetzung erneut aus nicht im Streit befindlichen Gründen.

6

Mit der Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum ([X.]) 2008, die am 12. November 2009 beim [X.] einging, übermittelten die Kläger Steuerbescheinigungen der GmbH, aus denen hervorging, dass der Kläger im April und Juli dieses Jahres Ausschüttungen der [X.] in Höhe von insgesamt 70.355 € erhalten hatte. Das [X.] vertrat die Auffassung, dass es sich bei den Ausschüttungen nicht, wie von den Klägern erklärt, um Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern um ein zusätzliches Entgelt für die [X.] handele, das die Einkünfte des [X.] aus § 17 EStG erhöhe. Mit [X.]escheid vom 23. September 2011 änderte das [X.] dementsprechend die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 [X.] und berücksichtigte die Ausschüttungen als zusätzliche Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an der [X.] (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG). Aus der Summe der bereits im vorangegangenen Einkommensteuerbescheid berücksichtigten Einkünfte in Höhe von 6.250 € und der Nettodividende in Höhe von (Ausschüttung 70.355 € – KapESt 14.071,50 € - [X.] 774,50 € =) 55.509 €, insgesamt 61.759 €, verblieben nach Abzug des steuerfrei bleibenden Teils des Veräußerungsgewinns (= 4.530 €) steuerbare Einkünfte in Höhe von 57.229 €. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger hatte keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht ([X.]) hat der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2016, 1949 veröffentlichten Urteil stattgegeben. Es vertrat die Auffassung, dass die an den Kläger im Jahr 2008 ausgeschüttete Dividende der [X.] nicht zu dem im Streitjahr zu berücksichtigenden "Veräußerungspreis" i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG gehöre, sondern vom Kläger im [X.] 2008 als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern sei; denn die Dividende sei dem Kläger nach § 20 Abs. 2a EStG i.d.F. des [X.] (a.F.) zuzurechnen. Der Kläger habe mit seinem [X.]ruder [X.] --dem Erwerber seine Geschäftsanteile an der [X.]-- in Ziffer IV Nr. 2 des notariell beurkundeten [X.] vom 26. Oktober 2007 einen zeitlich vorgezogenen [X.] (§ 46 Nr. 1 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) gefasst; zu diesem [X.]punkt sei der Kläger zivilrechtlicher Inhaber (§ 39 Abs. 1 [X.]) von 50 % der Anteile an der [X.] gewesen. Die notariell beurkundete Vereinbarung sei [X.] (§§ 126 Abs. 4, 128 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs --[X.]G[X.]--) und erfülle alle gesetzlichen Voraussetzungen eines wirksamen Gesellschafterbeschlusses über die Gewinnverteilung nach §§ 29, 46 Nr. 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 2, 51 Abs. 3 GmbHG. Vor diesem Hintergrund sei die im Streitjahr dem Grunde nach beschlossene und nach Ausscheiden des [X.] im Folgejahr ausgeschüttete Dividende nicht Teil des Veräußerungsgewinns im Streitjahr, sondern als Einnahme des [X.] bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Folgejahr zu erfassen.

8

Im Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens hat das [X.] mit Einkommensteuerbescheid vom 25. Juni 2014, der nach § 68 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, die Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] geändert; hierbei ermittelte das [X.] den Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG aus der Summe des im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid vom 2. Juni 2008 berücksichtigten Veräußerungsgewinns in Höhe von 12.500 € und der Nettodividende in Höhe von 55.509 €; nach Abzug des steuerfrei bleibenden Veräußerungsgewinns in Höhe von 4.530 € und Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ergab sich ein [X.]etrag von 29.474 €.

9

Mit seiner gegen das erstinstanzliche Urteil gerichteten Revision vertritt das [X.] weiter die Auffassung, dass es sich bei der in Ziffer IV Nr. 2 des [X.] vom 26. Oktober 2007 enthaltenen Vereinbarung weder um einen wirksamen Ausschüttungsbeschluss noch um einen wirksamen (vorgezogenen) Gewinnverwendungsbeschluss, sondern um einen gesellschaftsrechtlich unverbindlichen Ergebnisverwendungsvorschlag handele. Da im [X.]punkt der [X.] vom März und Juni 2008 aber nicht der Kläger, sondern [X.] alleiniger Anteilseigner der [X.] gewesen sei, seien diesem (und nicht dem Kläger) die [X.] nach § 20 Abs. 2a EStG a.F. zuzurechnen. [X.] habe lediglich die ihm selbst zuzurechnenden Ausschüttungen einkommensteuerrechtlich "verwendet", indem er sie an den Kläger weitergeleitet habe. Der Kläger seinerseits habe dadurch einen zusätzlichen Veräußerungserlös für die Abtretung seiner Gesellschaftsanteile erhalten.

Das [X.] beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Das [X.] sei zu Recht davon ausgegangen, dass die aufgrund der [X.] vom März und Juni 2008 ausgezahlten Kapitalerträge nach § 20 Abs. 2a EStG a.F. dem Kläger zuzurechnen seien, da die Vertragsparteien des [X.] vom 26. Oktober 2007 in Ziffer IV Nr. 2 der Urkunde einen wirksamen [X.] gefasst hätten; die Regelung des § 101 [X.]G[X.] finde, wovon das [X.] zutreffend ausgegangen sei, im Streitfall keine Anwendung. Entgegen der Auffassung des [X.] komme es daher mit [X.]lick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 2a EStG a.F. nicht darauf an, zu welchem [X.]punkt ein eventueller Gewinnausschüttungs- oder Gewinnverwendungsbeschluss von den Gesellschaftern gefasst worden sein sollte. Eine abweichende Gewinnverteilung könne, wie im Streitfall, satzungsdurchbrechend auch bereits vor Feststellung des Jahresabschlusses beschlossen werden. Soweit das [X.] aufgrund der dem Streitfall zugrunde liegenden Tatsachen die Vertragsvereinbarungen dahin gehend gewürdigt habe, stehe dies entgegen der Auffassung des [X.] weder in "Divergenz" zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, noch liege darin eine unvertretbare oder willkürliche Tatsachenwürdigung.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht die dem Kläger im [X.] zugeflossenen Erträge aus der Beteiligung an der [X.] nicht als nachträgliche Einnahmen aus der Veräußerung von Anteilen dieser [X.] im Streitjahr berücksichtigt; diese stellen vielmehr im nicht streitbefangenen [X.] Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen dar.

1. Nach § 17 Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, wenn der [X.]er innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der [X.] qualifiziert beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen gehalten hat.

a) Veräußerungsgewinn [X.] von § 17 Abs. 1 EStG ist gemäß Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungspreis [X.] der genannten Vorschrift ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer durch Abschluss des dinglichen [X.] am maßgebenden Stichtag erlangt (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 11. April 2017 IX R 4/16, [X.], 1309; vom 13. Oktober 2015 IX R 43/14, [X.], 326, [X.], 212, m.w.N.).

Der Veräußerungsgewinn ist grundsätzlich für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt der Veräußerung, d.h. der Zeitpunkt, zu dem das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen auf den Erwerber übergegangen ist ([X.]-Urteile vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, [X.], 380, [X.], 969; vom 23. Mai 2012 IX R 32/11, [X.], 234, [X.], 675, m.w.N.). Eine nachträgliche Änderung des Veräußerungspreises kann grundsätzlich auch dann auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirken, wenn das Ereignis erst nach dem Zeitpunkt der Veräußerung eingetreten ist; ist über den Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Betriebsübertragung keine abschließende Einigung --etwa der Höhe nach-- erzielt worden, erhöht ein später --etwa aufgrund eines [X.]erbeschlusses-- festgesetzter Mehrbetrag [X.] von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend, d.h. für das Jahr der Veräußerung, den Veräußerungsgewinn (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 234, [X.], 675, m.w.N.).

b) Nicht zur Gegenleistung und damit nicht zum Veräußerungspreis gemäß § 17 Abs. 2 EStG zählen --gesellschaftsrechtlich geschuldete oder vertraglich vereinbarte-- Leistungen der Kapitalgesellschaft [X.] des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG an den veräußernden [X.]er, die von Gesetzes wegen (noch) dem Veräußerer der --später übertragenen-- Kapitalbeteiligung steuerrechtlich zuzurechnen sind. Die persönliche Zurechnung solcher Kapitalerträge richtet sich vorliegend nach § 20 Abs. 2a EStG in der im Streitjahr geltenden a.F. Anteilseigner [X.] dieser Vorschrift ist derjenige, dem die Anteile an der Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt des [X.] zivilrechtlich (§ 39 Abs. 1 AO) oder [X.] ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über die Anteile ausübt-- wirtschaftlich (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) zuzurechnen sind (§ 20 Abs. 2a Satz 2 EStG a.F.; s. hierzu [X.]-Urteil vom 16. April 2014 I R 2/12, [X.], 15).

c) Werden derartige Leistungen der Kapitalgesellschaft [X.] des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgrund zivilrechtlich wirksamer (zu diesem Erfordernis s. etwa [X.]-Urteil vom 7. November 2001 I R 11/01, [X.] 2002, 540) vertraglicher Abreden zwischen Veräußerer und Erwerber der Kapitalbeteiligung geschuldet, obliegt die gegebenenfalls erforderliche Auslegung der maßgeblichen Vertragsbestimmungen --etwa als Gewinnverwendungsbeschluss, als [X.], als Ausschüttungsbeschluss oder als anderweitige schuldrechtliche Vereinbarung (s. hierzu [X.]-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 111/00, [X.] 2002, 628)-- dem [X.] als Tatsacheninstanz; sie bindet den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O, soweit sie den Grundsätzen der §§ 133157 BGB entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 234, [X.], 675, und in [X.] 2002, 628).

2. Nach diesen Maßstäben hat das [X.] unter den besonderen Umständen des Streitfalls zu Recht entschieden, dass die dem Kläger im [X.] zugeflossenen Erträge aus der Beteiligung an der [X.] nicht Teil des Veräußerungspreises für die Anteile an dieser [X.] sind, sondern dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.

a) Die --schon nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffene-- Würdigung des [X.], die Vertragsparteien des [X.] vom 26. Oktober 2007 hätten in Ziffer IV Nr. 2 der Urkunde einen wirksamen [X.] gefasst, lässt nach Auffassung des Senats weder einen Verstoß gegen Auslegungsgrundsätze noch einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze erkennen; sie ist daher für den [X.] bindend.

b) Der [X.] in Ziffer IV Nr. 2 des [X.] entspricht --entgegen der Auffassung des FA-- den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen und ist daher zivilrechtlich wirksam (s. [X.]-Urteil in [X.] 2002, 540).

Denn die Verteilung des Ergebnisses einer GmbH, welche dem Grunde nach im Verhältnis der Geschäftsanteile vorzunehmen ist (§ 29 Abs. 3 Satz 1 GmbHG), kann mit Zustimmung aller [X.]er (§ 46 Nr. 1 GmbHG) auch abweichend (s. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, § 46 Rz 17: "beliebig") von dieser gesetzlichen Grundregel und --im Falle notarieller Beurkundung (§§ 126 Abs. 4, 128 BGB)-- grundsätzlich auch abweichend von eventuellen anderslautenden Satzungsbestimmungen erfolgen (vgl. Urteil des [X.] vom 7. Juni 1993 II ZR 81/92, [X.], 15, m.w.N.; [X.]-Urteil vom 27. Januar 1977 I R 39/75, [X.]E 122, 43, [X.] 1977, 491; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, § 29 Rz 53; [X.]/Verse, GmbHG, 12. Aufl., § 29 Rz 76; Ekkenga in [X.] Kommentar GmbHG, § 29, Rz 192). Eine derartige, von [X.] an der GmbH beteiligten [X.]ern einstimmig beschlossene Gewinnverteilung kann gesellschaftsrechtlich auch schon vor Ablauf des Geschäftsjahres und Feststellung des Jahresabschlusses vorgenommen werden; eine entsprechende, zivilrechtlich wirksame [X.] ist grundsätzlich steuerrechtlich anzuerkennen ([X.]-Urteil in [X.]E 122, 43, [X.] 1977, 491). Die Voraussetzungen für eine von der gesetzlichen Grundregel oder eventueller Satzungsbestimmungen abweichende schriftliche Beschlussfassung ohne vorherige Einberufung einer [X.]erversammlung bei gleichzeitiger Anwesenheit aller [X.]er waren im Streitfall ebenfalls erfüllt (§§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 2, 51 Abs. 3 GmbHG).

c) Der [X.] in Ziffer IV Nr. 2 des [X.] entspricht auch den Anforderungen an die hinreichende Klarheit gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen und Vereinbarungen, da der dem Kläger hiernach zustehende "Tantiemeanspruch" im Zuge der Erstellung der Bilanz der [X.] zumindest bestimmbar ist.

d) Im Streitfall sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, die gegen die grundsätzliche steuerrechtliche Anerkennung der zivilrechtlich wirksamen vorgezogenen Gewinnverteilung sprechen könnten. Da die beteiligten [X.]er in dem maßgeblichen Beschluss eine Verteilungsquote bestimmt haben, die ihnen mit Blick auf ihre mitgliedschaftlichen Beteiligungsrechte im Streitjahr ohnehin zustand, besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die gewählte Vereinbarung dem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO) dienen sollte.

e) Zwischen den Beteiligten ist zudem unstreitig, dass der Kläger im Zeitpunkt des in Ziffer IV Nr. 2 des [X.] zivilrechtlich wirksam gefassten [X.] zivilrechtlicher Eigentümer der maßgeblichen Anteile an der [X.] gewesen ist; ihm sind mithin nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 20 Abs. 2a EStG a.F. die im VZ 2008 ausgeschütteten Erträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen.

Für eine anderweitige steuerrechtliche Einordnung der dem Kläger zugeflossenen Kapitalerträge fehlt es an einer rechtlichen Grundlage.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IX R 35/16

13.03.2018

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 21. September 2016, Az: 14 K 3263/13, Urteil

§ 17 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 17 Abs 2 S 1 EStG 2002, § 20 Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 20 Abs 2a S 1 EStG 2002, § 20 Abs 2a S 2 EStG 2002, § 39 Abs 1 AO, § 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO, § 164 Abs 1 AO, § 172 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 173 Abs 1 Nr 1 AO, § 68 FGO, § 29 Abs 3 S 1 GmbHG, § 46 Nr 1 GmbHG, § 47 Abs 1 GmbHG, § 48 Abs 2 GmbHG, § 51 Abs 3 GmbHG, § 126 Abs 4 BGB, § 128 BGB, § 133 BGB, § 145 BGB, EStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.03.2018, Az. IX R 35/16 (REWIS RS 2018, 12459)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12459

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