Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.09.2004, Az. 5 StR 205/04

5. Strafsenat | REWIS RS 2004, 1806

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5 [X.]/04
BUNDESGERIC[X.]TS[X.]OF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 2. September 2004 in der Strafsache gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.] 2004, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin [X.],

[X.], Richterin [X.], [X.], [X.]

als [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt [X.]

als Verteidiger,

Rechtsanwalt K

als Vertreter der Nebenklägerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 - für Recht erkannt:

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 12. September 2003 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch dem Ange-klagten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

[X.] Von Rechts wegen [X.]

G r ü n d e
Das [X.] hat den Angeklagten [X.]a wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beteiligung an einer Schlägerei zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts und meint, daß das [X.] zu Unrecht nicht auf Totschlag erkannt habe. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg. [X.]
Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte [X.]a und die Mitangeklagten [X.] und [X.]

, die beide in dieser Sache rechtskräftig verurteilt sind ([X.]wegen ge-fährlicher Körperverletzung, [X.] wegen hierzu geleisteter Beihilfe, [X.] in Tateinheit mit Beteiligung an einer Schlägerei), gehören zur Gruppie-rung der —[X.]ell`s Angelsfi; [X.]ist —Präsidentfi der [X.] Gruppe dieser Ver-- 4 - einigung. Am 28. November 2002 suchten die drei Männer etwa zwischen zwei und drei Uhr den —[X.] auf, wo sie auch die restliche Nacht verbringen wollten. Gegen 6.00 Uhr morgens trafen weitere Gäste ein, darunter das spätere Tatopfer [X.] . Die drei Angeklagten und [X.]mit seinen Begleitern saßen an verschiedenen Tischen; jede Grup-pe blieb für sich. Gegen 9.30 Uhr wollte die Zeugin

[X.]die Zeche kassieren und das Lokal schließen. [X.], der im Verlauf der Nacht eine erhebliche Menge Alkohol und auch Kokain konsumiert hatte, erklärte [X.], er wolle noch etwas trinken, da er gerade erst gekommen sei. Gleich-wohl präsentierte die Zeugin ihm die Rechnung, die auch die Getränke von [X.] s Begleitern umfaßte, was diesen zusätzlich aufregte. Er schubste die Zeugin von sich weg, so daß sie über einen [X.]ocker stürzte und auf einen Blumenkübel fiel. Um die Situation zu entschärfen, wollte der Zeuge [X.]

die Rechnung übernehmen und zückte einen 50 Euro-Schein. Dies brachte [X.]noch mehr auf und er wies den Zeugen an, das Geld [X.]. Nunmehr mischte sich [X.] ein und forderte B

in ruhigem Ton auf, auszutrinken, zu bezahlen und das Lokal zu verlassen. Zugleich beauftragte er eine der [X.], den Angeklagten [X.]a

, der sich in-zwischen in einem [X.] zum Schlafen gelegt hatte, zu [X.] und zur Verstärkung herbeizuholen. Sie begab sich zu [X.]a , schil-derte ihm die Situation und forderte ihn auf, seine restlichen Sachen mitzu-nehmen und nach vorne zu kommen.
Im Barraum war [X.] inzwischen auf die Sofaecke zugetreten, in der [X.] und [X.] saßen, und drängte sich zwischen sie. Daraufhin er-hob sich [X.] und setzte sich auf einen Barhocker am Tresen. Als [X.] nicht aufhörte zu —pöbelnfi, sagte [X.] sinngemäß, B

solle —nicht so eine Welle schieben und sich statt dessen verpissenfi. [X.]

baute sich nunmehr vor [X.] auf und sagte mehrmals —[X.], als wolle er sich prügeln. Plötzlich ging er auf [X.] los und versetzte ihm einen Faustschlag, so daß [X.] rückwärts gegen den Tresen fiel. Er fing sich jedoch schnell wieder und stieß [X.] mit den [X.]änden zurück. Nun griff [X.]a mit - 5 - Billigung des [X.] in die Auseinandersetzung ein und versetzte [X.] mehrere Schläge. [X.] , der über das Verhalten des [X.] inzwischen in Wut geraten war, nahm einen [X.] vom Tresen und schlug diesen zweimal schnell hintereinander auf den [X.]

s, so daß dieser kurzfristig zu Boden ging. Der Zeuge [X.]stand währenddessen hinter [X.]und versuchte vergeblich, ihn wegzuziehen. Ein anderer Begleiter [X.] s wurde von [X.] mit Gewalt daran gehindert, die Streitenden zu trennen. Im Verlauf der Schlägerei wurde [X.] von zwei Messerstichen am Ober-körper getroffen, wobei nicht festgestellt werden konnte, wer [X.] [X.]oder [X.]a [X.] das Messer geführt hat und ob der jeweils Unbewaffnete billi-gende Kenntnis von dem [X.] des anderen hatte.
Unmittelbar nach den Messerstichen ließen [X.]und [X.]a [X.] [X.] hatte immer noch den Aschenbecher in der [X.]and [X.] von [X.] ab, der sich in Richtung Ausgang bewegte, jedoch im Flur zusammenbrach. Währenddessen verband [X.] sich eine Schnittwunde, die er an der rechten [X.]andinnenfläche erlitten hatte. Er veranlaßte dann die Bestellung eines Krankenwagens für [X.] [X.] dessen Stichverletzungen noch keiner ent-deckt hatte [X.] mit der Bemerkung, man wisse doch gar nicht, was dieser für innere Verletzungen habe. Danach verließen [X.]a

, [X.] und [X.] den Club. [X.] verstarb kurze Zeit später infolge der [X.]. Die Schläge mit dem [X.] hatten Platzwunden an seiner linken [X.] verursacht. I[X.]
Die Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung des Landge-richts haben keinen Erfolg. Die Ausführungen, mit denen das [X.] dargelegt hat, warum die Beweislage (alle drei Angeklagte haben in der [X.]auptverhandlung von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht) eine hinrei-chend zweifelsfreie Zuordnung der Messerstiche nicht zulasse, sind weder lückenhaft noch lassen sie eine Gesamtbewertung aller für und gegen einen - 6 - [X.] durch den Angeklagten [X.]a sprechenden Indizien vermissen (vgl. BG[X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung 2).
Das [X.] hat zunächst darauf abgestellt, daß keiner der [X.] den [X.] gesehen hat. Auch hat keiner der Zeugen vor oder nach der Auseinandersetzung bei einem der Angeklagten ein Messer [X.]. Die [X.] setzt sich außerdem mit der Frage auseinander, ob einer der Angeklagten ein stärkeres Motiv für einen derart massiven Angriff hatte als der andere. Dabei zieht sie in Erwägung, daß [X.]a sich [X.] als Mitglied auf Probe bei den —[X.]ell`s Angelsfi vor seinem —Präsiden-tenfi [X.] habe hervortun wollen. Diese allein aus der [X.]ierarchie hergeleitete Vermutung eines stärkeren Beweggrundes hat das [X.] nachvoll-ziehbar als nicht ausreichend erachtet, um [X.]a als Messerstecher zu überführen; sie wird im übrigen auch durch die vom [X.] angestellte Überlegung relativiert, daß der Angeklagte [X.]a

im Unterschied zu [X.] von dem Opfer zuvor weder verbal noch körperlich angegriffen worden war. Daß [X.]a mit dem möglicherweise von [X.] stammenden [X.]inweis aufgeweckt wurde, er möge, wenn er nach vorne komme, seine Sachen mit-nehmen, durfte das [X.] für ein nicht aussagekräftiges, etwa auf die Täterschaft des [X.]a hinweisendes Indiz halten. Diese Bemerkung [X.] nicht als eine Aufforderung zur Mitnahme eines Messers verstanden wer-den, sondern könne naheliegend auch als harmlose Äußerung in dem Sinne gemeint gewesen sein, daß man das Lokal angesichts der angespannten Situation nun doch lieber verlassen wolle, statt [X.] wie ursprünglich geplant [X.] dort zu übernachten.
Ausgehend von der rechtsfehlerfrei gewonnenen Prämisse, daß der tödliche Messerstich dem Angeklagten [X.]a nur dann angelastet wer-den kann, wenn der Angeklagte [X.] als Ausführender der Messerstiche ausscheidet, hat das [X.] auch geprüft, ob die Täterschaft des [X.]zweifelsfrei auszuschließen ist. In diesem Zusammenhang hat es insbeson-dere die Bemerkung über —innere Verletzungenfi, die ärztliche [X.]ilfe nötig - 7 - machten, erörtert, die als Täterwissen gedeutet werden könnte. Dieses Indiz wird jedoch nach Auffassung der [X.] dadurch entkräftet, daß [X.]dieses Wissen auch aus dem Vorgehen des [X.]a [X.] falls dieser als Ex-zeßtäter gestochen haben sollte [X.] erlangt haben könnte. Andererseits hat das [X.] nicht übersehen, daß [X.] derjenige war, den [X.]at-tackiert hatte und der zunächst mit dem [X.] massiv gegen das spätere Opfer vorgegangen ist, was wiederum für dessen Täterschaft sprechen würde.
Daß die [X.] bei dieser Beweislage nicht ausdrücklich [X.] hat, daß [X.] von Beginn bis zum Ende der Auseinandersetzung den Aschenbecher als Schlagwerkzeug in der [X.]and hielt, stellt keinen [X.] dar, weil entgegen der Auffassung der Staatsan-waltschaft nicht [X.] und zwar nicht nur denktheoretisch [X.] auszuschließen ist, daß er die Messerstiche mit der anderen [X.]and geführt haben kann. In die-sem Zusammenhang weist das [X.] auch auf die Möglichkeit hin, daß [X.]a dem [X.] erst kurz vor Ausführung der Stiche das Tatmesser zu-gesteckt haben könnte.
Was die von der Staatsanwaltschaft vermißte Auseinandersetzung mit der Aussage des [X.]betrifft, gilt Ähnliches. Dieser Zeuge will kein Messer bei [X.] wahrgenommen haben, als er vergeblich versuchte, [X.]von [X.] wegzuziehen. [X.] stand nach den Urteilsfeststellungen während des Tatgeschehens hinter [X.], so daß er einen eventuellen [X.] nicht notwendig hätte bemerken müssen. Dies gilt umso mehr, als in das Kampfgeschehen nicht nur [X.]a und [X.], sondern auch andere Personen involviert waren. Der Zeuge hat in diesem Zusammenhang von einem Knäuel und einem unübersichtlichen Gewühl gesprochen. Im übrigen steht die Tatsache, daß keiner der vielen Zeugen weder bei [X.]a noch bei [X.]ein Messer gesehen haben will, möglicherweise im Zusammenhang mit der allseits bekannten Gewaltbereitschaft der —[X.]ell`s Angelsfi. Auch aus diesem Grund kommt der Aussage des Zeugen jedenfalls in diesem Punkt - 8 - nur ein geringer Beweiswert zu. Angesichts der eingehenden Beweiswürdi-gung gerade zu der Frage der Zuordnung der Messerstiche ist auszuschlie-ßen, daß die [X.] diese von der Staatsanwaltschaft aufgezeigten Umstände etwa nicht bedacht haben könnte.
[X.] [X.]äger Gerhardt Brause [X.]

Meta

5 StR 205/04

02.09.2004

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.09.2004, Az. 5 StR 205/04 (REWIS RS 2004, 1806)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1806

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