Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. 3 StR 458/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2003, 3970

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/02vom13. März 2003in der Strafsachegegenwegen Körperverletzung u. [X.] 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 13. März2003, an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] [X.]als Vorsitzender,die [X.] am [X.] Dr. Miebach, von [X.], [X.], [X.]als beisitzende [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.] in der Verhandlung,[X.] bei der Verkündung als Vertreter der [X.]schaft,[X.]als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revision der Nebenkläger gegen das Urteil des [X.]sKiel vom 7. Juni 2002 wird verworfen.Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihres Rechtsmittels unddie dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen not-wendigen Auslagen zu tragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigenwegen Bedrohung sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheitmit Beteiligung an einer Schlägerei zu einer Jugendstrafe von einem Jahr unddrei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.Mit der auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionerstreben die Nebenkläger eine Verurteilung des Angeklagten wegen Körper-verletzung mit Todesfolge. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.I.Das [X.] hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:Der Angeklagte, die Zeugin [X.], die sich kurz zuvor in das [X.] Angeklagten gesetzt hatte, und der Zeuge [X.]unterhielten sich in [X.] 4 -sen Pkw als unvermittelt der Zeuge [X.] (im folgenden: [X.]) [X.] öffnete und versuchte, die Zeugin [X.] zum Aussteigen zu überre-den. Als diese ablehnte, schlug er die Türe kräftig zu. Dieser Vorgang wieder-holte sich noch mindestens einmal. Der Angeklagte fühlte sich dadurch provo-ziert und stieg aus seinem Pkw aus; es entwickelte sich ein Streitgespräch, indessen Verlauf der Zeuge B. [X.] den Angeklagten aufforderte, beiseite zugehen und sich mit ihm zu prügeln. Daraufhin versetzte der Angeklagte [X.] einen Faustschlag ins Gesicht. Der nun hinzutretende, später getöteteB. d. Ältere (im folgenden: d. Ä.), der Zeuge B. [X.] sowie [X.] weitere Person schlugen und traten gemeinsam auf den Körper und [X.] ein, der noch weitere Tritte erhielt, als er zu Boden fiel.Schließlich ließen sie von ihm ab, gingen dann aber erneut [X.] auf den Angeklagten los und schlugen ihn wieder zusammen. [X.] von weiteren Angriffen abzuhalten, hielt der Angeklagte diesem einrotes Messer an den Hals oder vor die Brust, welches er schließlich verlor.Als der Angeklagte zu seinem Auto zurückging, nahm [X.] eine[X.] und schritt auf den Angeklagten zu, um ihn mit der Flasche zuschlagen. B. [X.] folgte ihm. Der Angeklagte stand nun so, daß er nicht insein Auto einsteigen konnte, möglicherweise wurde er auch von [X.] gehindert. Von dem Zeugen [X.] ließ er sich in dieser Situation [X.] geben. [X.] schlug zweimal mit der [X.] nachdem [X.] des Angeklagten, er traf einmal die Schulter, der zweite Schlag ver-fehlte den Angeklagten; die Flasche zerbrach am Auto. Etwa zur gleichen Zeitrief B. [X.], der neben [X.] stand, und der möglicherweise dabei [X.] in der Hand hielt: "Burschen, ihr werdet hier mit durchgeschnittenerKehle weggehen". Während [X.] mit der Flasche auf den Angeklagteneinschlug, versetzte ihm der Angeklagte mit dem [X.] innerhalb- 5 -kürzester Zeit 13 ungezielte Messerstiche, um den Angriff abzuwehren. [X.] trafen in Bauch und Brust, zwei in das Gesicht und jeweils drei Stiche inden Rücken und den linken Arm. Aufgrund der Aussage des [X.]hält der Tatrichter für möglich, daß sich [X.], als ihn die Stiche trafen, [X.] unten beugte, um die Flasche aufzuheben, die ihm aus der Hand gefallenwar, und dabei von dem weiter [X.] Angeklagten an seiner Schulterfestgehalten wurde. Zeitgleich setzte der Angeklagte das Messer auch gegenB. [X.] ein, um dessen Angriff gegen sich abzuwehren, und fügte ihm [X.] leichte Schnittverletzung zu. Beide [X.] ließen zunächst nicht von [X.] ab; entfernten sich aber schließlich oder wurden weggezogen.[X.] verstarb kurze Zeit später an einem durch eine Herztamponadehervorgerufenen Herzstillstand, da einer der Messerstiche die Herzspitze [X.] hatte.[X.] Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Die Kammer mußtesich nicht zu einer nochmaligen Anhörung des Sachverständigen gedrängt se-hen. Sie ist von dem Bewegungsablauf ausgegangen, den die [X.] und dabei unter eingehender Erörterung der [X.] der [X.] und -tiefe sowie des Verlaufs der Stichkanäle inÜbereinstimmung mit dem Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, daßjeder Einstich nur sehr kurz gewesen sein kann und die Messerstiche innerhalbkürzester Frist (5 bis 10 Sekunden) erfolgt sein müssen. Der durch den [X.]möglicherweise erst in der Hauptverhandlung neu eingeführte Bewe-gungsablauf berührte die dem Sachverständigengutachten zugrunde liegendenAnknüpfungstatsachen nicht; diese standen - unabhängig von [X.] -verschiedenen zu ihnen führenden Handlungsabläufen - aufgrund der vorge-nommenen Sektion fest. Das [X.] durfte daraus die [X.], daß der Angeklagte bei jedem Stich - also auch denen in den Rücken -ungezielt zugestoßen hat. Die von Nebenklage und [X.] zi-tierte Entscheidung [X.], 201 betrifft einen ganz anderen Sachver-halt - Erstattung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens.2. Auch der Sachrüge bleibt der Erfolg versagt. Die Annahme des Land-gerichts, der Angeklagte habe sich nicht der Körperverletzung mit Todesfolgeschuldig gemacht, weil der zum Tode B. d. Ä. führende Messereinsatz [X.] durch Notwehr gerechtfertigt war, weist keinen Rechtsfehler auf.a) [X.] war nicht eingeschränkt. Der [X.] kann offen lassen, ob in dem gegen B. [X.] geführten Faustschlag [X.] eine Provokation gelegen hat. Jedenfalls hätte sich eine solcheangesichts des zwischen ihr und dem bis zum letzten Angriff anhaltendenvielaktigen gewalttätigen Geschehens, bei dem der Angeklagte mehrfach zu-sammengeschlagen worden war und nun erneut von [X.], den er im üb-rigen nicht provoziert hatte, und B. [X.] angegriffen wurde, im Zeitpunkt dertödlichen Stiche nicht mehr ausgewirkt (vgl. BGHSt 26, 256, 257).b) Rechtsfehlerfrei hat das [X.] angenommen, daß die [X.] auch zur Verteidigung erforderlich waren. Der Angegriffene darf sichgrundsätzlich des Abwehrmittels bedienen, das er zur Hand hat und dessenEinsatz eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr erwarten läßt([X.]/[X.], StGB 51. Aufl. § 32 Rdn. 16 d). Allerdings muß vom [X.] regelmäßig verlangt werden, daß er die Verwendung der Waffe androht,ehe er sie lebensgefährlich einsetzt (BGHR StGB § 32 Abs. 2 Erforderlichkeit15 m. w. N.), wenn ihm dies nach [X.] möglich ist ([X.]/[X.] aaO).- 7 -Entgegen der Auffassung des [X.]s lassen die Urteils-gründe nicht besorgen, daß das [X.] nicht ausreichend geprüft und er-örtert hat, ob der Angeklagte nicht vor dem Zustechen den Messereinsatz hätteandrohen müssen. Die getroffenen Feststellungen belegen, daß der Tatrichterohne Rechtsfehler davon ausgegangen ist, daß dem Angeklagten in der kon-kreten Situation eine Androhung des Messereinsatzes nicht mehr möglich war,ohne seine Verteidigungsmöglichkeiten zu beeinträchtigen. Er war unmittelbarzuvor mehrmals von mehreren, unter anderem den beiden Angreifern zusam-mengeschlagen worden, hatte bereits kurz zuvor ein Messer erfolglos zur [X.] eingesetzt, um die anhaltenden und schwerwiegenden Angriffe abzuweh-ren, und sah sich nun erneut den beiden auf ihn zukommenden Angreifern ge-genüber, deren einer - nicht widerlegbar - ein Messer in der Hand hielt und rief"Burschen, ihr werdet hier mit durchgeschnittener Kehle weggehen", währendder andere bereits die Hand zum Schlag mit der [X.] gegen den [X.]des Angeklagten erhoben hatte.c) Ohne Rechtsfehler ist das [X.] davon ausgegangen, daß auchdie Stiche in den Rücken zur Verteidigung erforderlich waren. Der Tatrichtervermochte nicht auszuschließen, daß sich das spätere Tatopfer nach untenbeugte, um die Flasche (oder gegebenenfalls den noch als Stichwaffe ver-wendbaren Flaschenhals) aufzuheben, damit er den Angriff wirkungsvoll [X.] konnte. Damit dauerte aber der rechtswidrige Angriff gegen den Ange-klagten auch in dieser Situation noch an, insbesondere hat sich dadurch die- 8 -von beiden Angreifern ausgehende unmittelbare Lebensgefahr für den Ange-klagten nicht entscheidend verringert. An dieser Beurteilung ändert sich [X.] dadurch, daß der Angeklagte dabei [X.] an der Schulter fest-gehalten hat.[X.] [X.]von [X.] [X.] [X.]

Meta

3 StR 458/02

13.03.2003

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. 3 StR 458/02 (REWIS RS 2003, 3970)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3970

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