Bundessozialgericht, Urteil vom 17.06.2010, Az. B 3 KR 7/09 R

3. Senat | REWIS RS 2010, 5745

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Pflegeversicherung - Kostenverteilung bei einer rund um die Uhr erforderlichen häuslichen Krankenpflege mit gleichzeitiger Durchführung der Grundpflege - Abrechnung sämtlicher Leistungen nach einheitlichem Stundensatz


Leitsatz

Zur Kostenverteilung zwischen Krankenkasse und Pflegekasse bei einer rund um die Uhr erforderlichen häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs 2 SGB 5, wenn die Pflegekraft zugleich die Grundpflege (§ 36 SGB 11) durchführt und sämtliche Leistungen nach einem einheitlichen Stundensatz abgerechnet werden (Aufgabe von BSG vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R = BSGE 83, 254 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 für die Zeit ab 1.1.2004).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Mai 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.I

Tatbestand

1

Es ist streitig, ob die beklagte Krankenkasse die häusliche Krankenpflege des [X.] täglich für 24 Stunden, jedenfalls aber für mehr als die bisher bewilligten 19 Stunden zu erbringen hat.

2

Der 1956 geborene Kläger ist seit Oktober 2004 dauerhaft pflegebedürftig und rund um die Uhr beatmungspflichtig; er erhält 1,5 bis 2 Liter Sauerstoff pro Minute, wird über eine [X.] ernährt, benötigt eine spezielle Lagerung sowie Vibraxmassagen zur Pneumonieprophylaxe und muss regelmäßig oral und nasal abgesaugt werden. Wegen der [X.] und des Risikos plötzlich auftretender Komplikationen ist die kontinuierliche Anwesenheit einer qualifizierten [X.] erforderlich. Von der [X.] ist der Kläger als Schwerstpflegebedürftiger ([X.]) anerkannt, nachdem ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ([X.]) vom 12.12.2005 einen durchschnittlichen täglichen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 246 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von mindestens 60 Minuten ergeben hatte (Bescheid vom 13.12.2005). Seit dem [X.] wird der Kläger in seiner Wohnung betreut und gepflegt. Sämtliche Maßnahmen der Krankenbeobachtung (täglich rund um die Uhr = 1440 Minuten), der sonstigen medizinischen Behandlungspflege (täglich durchschnittlich 373 Minuten gemäß [X.]-Gutachten vom 12.1.2006) und der Grundpflege (täglich durchschnittlich 246 Minuten) werden von Fachkräften des [X.] ([X.]) im Dreischichtendienst durchgeführt. Die hauswirtschaftliche Versorgung erfolgt durch die Ehefrau, die als Lehrerin berufstätig ist.

3

Der [X.] berechnet einen - mit der Beklagten am 27.1.2006 vereinbarten - einheitlichen Stundensatz von 30,25 Euro (einschließlich Fahrgeld, anderer Nebenkosten und etwaiger Mehrwertsteuer), also pro Tag 726 Euro. Davon übernimmt die Beklagte einen Anteil von 19 Stunden, also täglich 574,75 Euro. Die Beigeladene steuert den monatlichen Höchstsatz für Sachleistungen der [X.] bei, der sich anfangs auf 1432 Euro und seit dem [X.] auf 1470 Euro belief und zum 1.1.2010 auf 1510 Euro erhöht worden ist. Seit November 2005 verbleibt dadurch ein monatlicher Rest von regelmäßig mehr als 3000 Euro, den der [X.] dem Kläger in Rechnung stellt. Bis März 2009 sind auf diese Weise Restbeträge von insgesamt 129 252,25 Euro aufgelaufen, die der Kläger aus eigenen Mitteln beglichen hat.

4

Die Beklagte bewilligte die häusliche Krankenpflege, die von den behandelnden Vertragsärzten jeweils für täglich 24 Stunden verordnet worden ist, stets nur für 19 Stunden, weil während der diversen Maßnahmen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung die zugleich immer notwendige Krankenbeobachtung als selbstständige Leistung in den Hintergrund trete und die Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) nach § 37 Abs 2 [X.]B V ([X.]) deshalb auf jene Zeiten beschränkt sei, in denen keine - in die Zuständigkeit der [X.] fallende - Pflege nach § 36 [X.] geleistet werde. Da eine tägliche Grundpflege von 246 Minuten sowie eine hauswirtschaftliche Versorgung von mindestens 60 Minuten anfalle, könne die häusliche Krankenpflege nur im Umfang von 18 Stunden und 54 Minuten gewährt werden, wobei sie zur Vereinfachung der Abrechnung eine Aufrundung auf 19 Stunden vorgenommen habe (Bescheid vom 30.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 21.9.2006).

5

Das [X.] hat die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Kläger ab 1.11.2005 von den Kosten der Behandlungspflege in vollem Umfang, jedoch verringert um den jeweiligen Sachleistungsanteil der Beigeladenen, freizustellen (Urteil vom 28.8.2007). Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, an den Kläger 129 252,25 Euro zu zahlen und die Kosten der [X.] ab April 2009 in vollem Umfang - abzüglich des von der Beigeladenen zu tragenden [X.] gemäß § 36 Abs 3 Nr 3 [X.] - zu übernehmen (Urteil vom 15.5.2009): Die [X.] nach § 37 Abs 2 [X.]B V sei von der Beklagten in dem verordneten Umfang von täglich 24 Stunden zu übernehmen, weil dieser krankenversicherungsrechtliche Anspruch durch den gleichzeitig gegebenen pflegeversicherungsrechtlichen Anspruch nach § 36 [X.] nicht verdrängt, sondern nur ergänzt werde. Die Krankenbeobachtung und die [X.] seien rund um die Uhr und auch während der Maßnahmen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung notwendig. Sie überlappten sich zwar mit diesen der Pflegeversicherung zuzurechnenden Maßnahmen, würden von diesen aber nicht zu einer untergeordneten "Nebenleistung" herabgestuft, sondern seien mit diesen gleichrangig, weil sie erforderlich seien, um die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung überhaupt ausführen zu können.

6

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 37 Abs 2 [X.]B V). Ihre Bescheide beruhten auf der Rechtsprechung des B[X.], insbesondere auf dem Urteil des erkennenden Senats vom 28.1.1999 ([X.] [X.] 4/98 R - B[X.]E 83, 254 = [X.]-2500 § 37 [X.]). Danach verdränge der Anspruch auf Pflegesachleistungen nach § 36 [X.] im zeitlichen Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung den Anspruch auf [X.] nach § 37 Abs 2 [X.]B V, wenn der Versicherte Sachleistungen der Krankenkasse und der Pflegekasse in Anspruch nehme und diese von jeweils derselben Fachkraft durchgeführt würden.

7

Die Beklagte beantragt,
 die Urteile des L[X.] Baden-Württemberg vom 15. Mai 2009 und des [X.] Ulm vom 28. August 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger verteidigt das angefochtene Berufungsurteil und beantragt,
 die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beigeladene hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen war (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]). Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen konnte nicht abschließend darüber entschieden werden, in welchem Umfang die täglichen Kosten der gesamten Pflege in Höhe von 726 [X.] von der Beklagten im Rahmen des - der Höhe nach nicht begrenzten - Sachleistungsanspruchs nach § 37 Abs 2 [X.] zu tragen sind. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es auch ab, ob die - der Höhe nach begrenzten - Sachleistungen der Beigeladenen (§ 36 Abs 3 [X.]) ausreichen, den in die Zuständigkeit der Pflegeversicherung fallenden Anteil an der Pflege vollständig abzudecken oder ob ein Rest vom Kläger selbst zu finanzieren bleibt. Die bisherige Praxis, einen Anteil von 19 Stunden pro Tag (574,75 [X.]) von der Krankenversicherung tragen zu lassen und den Rest von 5 Stunden (151,25 [X.]) dem Zuständigkeitsbereich der Pflegeversicherung zuzuordnen, ist jedenfalls rechtswidrig. Der Einwand des [X.], der in die Zuständigkeit der Pflegeversicherung fallende Anteil sei mit deutlich weniger als 5 Stunden zu veranschlagen, trifft zu. Es bedarf jedoch weiterer Ermittlungen zum zeitlichen Aufwand für die einzelnen Pflegeleistungen im Bereich der Behandlungspflege (§ 37 [X.]) und der Grundpflege (§ 14 [X.]) sowie zur Frage der "Verrichtungsbezogenheit" 14 Abs 4 [X.] bis 3 [X.]) einzelner Maßnahmen der Behandlungspflege, um eine exakte zeit- und kostenmäßige Abgrenzung zwischen den Zuständigkeitsbereichen der Krankenkasse und der [X.] vornehmen zu können. Diese Feststellungen hat das [X.] nachzuholen.

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 [X.]) und er hat das Zahlungsbegehren für die Vergangenheit im notwendigen Umfang beziffert. Ein Kostenerstattungsanspruch hat stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zum Gegenstand und muss deshalb, wenn er sich - wie hier - auf laufend durchzuführende Maßnahmen bezieht, für die [X.] bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beziffert werden ([X.], 254, 263 = [X.]-2500 § 37 [X.] S 11). Da das [X.] am 15.5.2009 mündlich verhandelt hat und die Kosten der Pflege vertragsgemäß jeweils monatlich nachträglich abgerechnet werden, mussten die vom Kläger selbst getragenen Kosten bis zum letzten am 15.5.2009 bereits abgerechneten Leistungszeitraum beziffert werden. Das ist mit der Aufschlüsselung und Bezifferung der Kosten für die [X.] bis zum 31.3.2009 auf 129 252,25 [X.] geschehen. Die Pflegeleistungen für April 2009 waren zwar zum [X.]punkt der Berufungsverhandlung bereits erbracht, nach den Feststellungen des [X.] aber noch nicht durch den [X.] abgerechnet. Deshalb war es prozessual zulässig, der Klage für die [X.] vom 1.4. bis zum 15.5.2009 einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die selbst beschaffte [X.] zugrunde zu legen und für die Zukunft, also die [X.] ab 16.5.2009, einen Anspruch auf vierundzwanzigstündige [X.] als Sachleistung der [X.] zu erheben. Beide Formen der Leistungsklage sind durch die Formulierung abgedeckt, die Beklagte werde verurteilt, die Kosten der [X.] ab April 2009 in vollem Umfang, aber verringert um den von der Beigeladenen zu tragenden Pflegesachleistungsanteil nach § 36 Abs 3 [X.], zu übernehmen. Eine Bezifferung des [X.] bzw [X.] für die [X.] ab April 2009 war in der Revisionsinstanz entbehrlich, weil das Revisionsgericht die notwendigen tatsächlichen Feststellungen zu dessen Höhe nicht selbst treffen kann (§ 163 [X.], vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 163 Rd[X.], 5d). Erst im Zuge des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens obliegt es dem Kläger, die bis zu der neuen mündlichen Verhandlung abgerechneten, von ihm selbst getragenen Pflegekosten aufzuschlüsseln und zu beziffern.

2. Rechtsgrundlage des [X.] für die [X.] von November 2005 bis März 2009 ist § 13 Abs 3 Satz 1 [X.], der durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen ([X.]) vom 20.12.1988 ([X.] 2477) geschaffen worden und seit dem Inkrafttreten am 1.1.1989 unverändert geblieben ist. Der [X.] für die [X.] vom 1.4. bis zum 15.5.2009 beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 13 Abs 3 Satz 1 [X.] ([X.], 181, 182 = [X.]-2500 § 13 [X.]4 S 68; stRspr). Der Anspruch auf [X.] als Sachleistung der [X.] für die [X.] ab 16.5.2009 stützt sich auf § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] in der Fassung des [X.]-Wettbewerbsstärkungsgesetzes ([X.]-W[X.]) vom [X.] ([X.] 378), das am [X.] in [X.] getreten ist. Dem Kostenerstattungsanspruch lag für die [X.] bis zum [X.] § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] in der Fassung des [X.]-Modernisierungsgesetzes ([X.]) vom 14.11.2003 ([X.] 2190) zugrunde, das seit dem 1.1.2004 in [X.] war. Der weitere Kostenerstattungsanspruch ([X.] bis 31.3.2009) sowie der [X.] (1.4. bis 15.5.2009) orientiert sich am Anspruch auf [X.] nach § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] in der Fassung des [X.]-W[X.].

3. Ausgangspunkt der den Bescheiden der Beklagten zugrunde liegenden rechtlichen Überlegungen ist der "Drachenflieger-Fall", den der erkennende [X.] durch Urteil vom 28.1.1999 ([X.] [X.] 4/98 R - [X.], 254 = [X.]-2500 § 37 [X.]) entschieden hat und in dem es - ähnlich wie hier - um einen schwerstpflegebedürftigen Dauerbeatmungspatienten ging, der im Schichtdienst rund um die Uhr von jeweils einer Pflegekraft betreut und gepflegt wurde, die zugleich die qualifizierte Krankenbeobachtung, die sonstige medizinische Behandlungspflege sowie die Grundpflege durchführte und für deren Tätigkeit ein einheitlicher Stundensatz berechnet wurde, während die hauswirtschaftliche Versorgung durch Angehörige erfolgte. Dem Begehren, die Krankenkasse in solchen Fällen auch zur Übernahme der Grundpflege zu verpflichten, weil diese angesichts des einheitlichen Stundensatzes im Vergleich zur [X.] keine Mehrkosten verursache, ist der erkennende [X.] seinerzeit entgegengetreten ([X.]O, juris Rd[X.] 25): "Die Sicherstellung der Grundpflege bleibt auch in derartigen Konstellationen Aufgabe der [X.], zumal die Krankenkasse hierfür nicht einmal aufgrund ihrer Satzung eintreten darf 37 Abs 2 Satz 2 bis 4 [X.] in der Fassung des [X.], [X.] 1211). Die Erledigung beider Aufgaben durch ein und dieselbe Pflegekraft entspricht zwar dem Gebot der Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 4 und § 12 [X.], § 4 Abs 3 und § 29 Abs 1 [X.]). Dies rechtfertigt es aber nicht, die Krankenkasse mit den gesamten Kosten zu belasten. Eine zweckmäßige und wirtschaftliche Aufgabenerfüllung im Bereich der Behandlungspflege einerseits und im Bereich der Grundpflege nebst hauswirtschaftlicher Versorgung andererseits lässt sich ohne Weiteres durch entsprechende Vereinbarungen zwischen Krankenkasse und [X.], die ohnehin unter einem Dach angesiedelt sind (§ 46 [X.]), erreichen. Die Art der Hilfeleistungen lässt sich unterscheiden und dem jeweiligen Bereich zuordnen. Es kann ermittelt werden, welchen täglichen [X.]bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung der Pflegebedürftige hat und welche Kosten hierfür anfielen, wenn die [X.] eine gesonderte [X.] mit der Erledigung dieser Aufgaben beauftragen müsste. Diese Kosten müssen von der [X.] getragen werden, wobei sich diese Verpflichtung jedoch auf den dem Pflegebedürftigen zustehenden Wert der Pflegesachleistungen (§ 36 [X.]) beschränkt. Soweit die monatlichen Pflegesachleistungen diesen Wert überschreiten, hat sie der Versicherte aus eigenen Mitteln zu finanzieren; erforderlichenfalls ist die Sozialhilfe eintrittspflichtig. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Krankenkasse entstünden durch die gleichzeitige Erledigung von Pflegeleistungen der [X.] Pflegeversicherung keine Mehrkosten, da sie für die Bereitstellung der Behandlungspflege ohnehin den vereinbarten Stundensatz aufzubringen hätte. Während der Erbringung der Hilfe bei der Grundpflege tritt die Behandlungspflege im Regelfall in den Hintergrund, sodass es gerechtfertigt ist, den Kostenaufwand für diese [X.]en allein der [X.] Pflegeversicherung zuzurechnen. Es bleibt allerdings den Krankenkassen und [X.] überlassen, hierzu Abweichendes zu vereinbaren." Diese Rechtsauffassung findet sich auch im Urteil vom 10.11.2005 ([X.] [X.] 38/04 R - [X.]-2500 § 37 [X.] 6 Rd[X.] 21, 22), in dem die qualifizierte Krankenbeobachtung eines schwerstpflegebedürftigen Versicherten durch eine medizinische Fachkraft zur Vermeidung der Gefahr lebensbedrohlicher Komplikationen dem Leistungskatalog der [X.] bei der häuslichen Krankenpflege nach § 37 [X.] zugeordnet worden ist.

a) Diese Entscheidungen waren getragen von dem Bestreben, den getrennten Zuständigkeiten von Krankenkassen für Leistungen nach dem [X.] und [X.] für Leistungen nach dem [X.] auch für diese Fälle "gemischter" bzw zeitgleicher Leistungserbringung durch dieselbe Pflegekraft bei einheitlichem Stundensatz Rechnung zu tragen und Doppelleistungen bzw Doppelzuständigkeiten, die dem System der Sozialversicherung prinzipiell fremd sind, zu vermeiden. Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, dass die Entscheidung, den Anspruch aus § 37 Abs 2 [X.] bei gleichzeitiger Durchführung von Pflegesachleistungen nach § 36 [X.] durch dieselbe Pflegekraft dem Umfang nach zu beschränken, eine krankenversicherungsrechtliche Schlechterstellung bedeutet gegenüber jenen Fällen, in denen ein Versicherter nur die häusliche Krankenpflege rund um die Uhr als Sachleistung in Anspruch nimmt und die Grundpflege sowie die hauswirtschaftliche Versorgung durch Angehörige erledigt werden (so [X.] der Sachverhalt im Beschluss der [X.] des 1. [X.]s des [X.] vom 10.3.2008 - 1 BvR 2925/07 - [X.] 2008, 347), weil dort der - in der Höhe nicht beschränkte - Anspruch aus § 37 Abs 2 [X.] ungeschmälert zu erfüllen ist und dem Versicherten zusätzlich das volle Pflegegeld nach § 37 [X.] zusteht. Der Pflegebedürftige hat nämlich auch in solchen Fällen die freie Wahl zwischen Pflegesachleistungen (§ 36 [X.]) und dem Pflegegeld (§ 37 [X.]); er ist nicht verpflichtet, mit Rücksicht auf das Wirtschaftlichkeitsgebot Pflegesachleistungen in Anspruch zu nehmen, nur weil er die gleichzeitig erforderliche Behandlungspflege (§ 37 Abs 2 [X.]) als Sachleistung erhält und deshalb eine Fachkraft bereit steht, die auch die Pflegesachleistungen erbringen könnte.

b) Schon nach der Entscheidung des erkennenden [X.]s vom 28.1.1999 ([X.], 254 = [X.]-2500 § 37 [X.]) erweisen sich die angefochtenen Bescheide insoweit als rechtswidrig, als für die Dauer der täglichen hauswirtschaftlichen Versorgung des [X.] (§ 14 Abs 4 [X.] 4 [X.]) der Anspruch auf die gleichzeitig erforderliche medizinische Behandlungspflege (§ 37 Abs 2 [X.]) in Form der qualifizierten Krankenbeobachtung und [X.] versagt worden ist. Die Pflegesachleistungen nach § 36 [X.] sind immer nur insoweit als gegenüber der Krankenbeobachtung als Sachleistung der [X.] vorrangig eingestuft worden, als beide Arten der Sachleistungen von derselben Pflegefachkraft zeitgleich erbracht werden. Ein [X.] scheidet naturgemäß aus, wenn die Maßnahmen nicht von derselben [X.], sondern von zwei Personen durchgeführt werden, weil dann die Ansprüche nach § 37 Abs 2 [X.] einerseits und § 36 [X.] (bei Pflegesachleistungen) bzw § 37 [X.] (bei Pflege durch Angehörige) andererseits nicht nur der Zuständigkeit nach, sondern auch der Leistungserbringung nach zu trennen sind, beide Ansprüche also uneingeschränkt nebeneinander stehen.

Da im vorliegenden Fall die hauswirtschaftliche Versorgung des [X.] durch seine Ehefrau erfolgt, sich die gleichzeitige Leistungserbringung durch die jeweils anwesende Fachkraft des [X.] also auf die [X.] und die Grundpflege beschränkt, durfte die Beklagte den Vorrang der Leistungserbringung nach § 36 [X.] nur auf die Maßnahmen der Grundpflege (4 Stunden täglich), nicht aber auf die hauswirtschaftliche Versorgung (mindestens 1 Stunde täglich) beziehen. Demgemäß belief sich der Anspruch des [X.] auf [X.] nach § 37 Abs 2 [X.] schon nach der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden [X.]s auf - gerundet - 20 und nicht nur auf 19 Stunden.

Aus den nachfolgenden Gründen erscheint es aber gut möglich, dass der Anspruch des [X.] aus § 37 Abs 2 [X.] aufgrund weiterer Umstände, die zu einer Reduzierung des Anteils an Grundpflege (§ 36 [X.]) führen könnten, deutlich mehr als 20 Stunden täglich umfasst. Dazu bedarf es jedoch noch weiterer Ermittlungen des [X.].

4. In der Folgezeit nach dem Urteil vom 28.1.1999 sind die Kranken- und [X.] der Anregung des [X.]s, für Fälle der vorliegenden Art ggf eine andere Kostenaufteilung zu vereinbaren, nicht gefolgt. Jedoch hat der Gesetzgeber durch mehrfache Änderungen des Gesetzes seinen Willen zum Ausdruck gebracht, den Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 2 [X.] durch den gleichzeitigen Bezug von Leistungen nach dem [X.] grundsätzlich nicht einschränken zu lassen und dafür im Einzelfall auch Doppelansprüche bzw Doppelzuständigkeiten in Kauf zu nehmen.

a) Es entsprach von Anfang an der Rechtsauffassung des erkennenden [X.]s, dass Maßnahmen der Behandlungspflege, die entweder ein untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung der Grundpflege nach § 14 Abs 4 [X.] bis 3 [X.] sind oder mit einer solchen Verrichtung notwendigerweise in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, bei der Bemessung des Pflegebedarfs nach den §§ 14, 15 [X.] zu berücksichtigen sind. Eine auf diese Weise in die Pflegeversicherung einbezogene Maßnahme der Behandlungspflege begründete die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] und konnte deshalb nicht mehr als Maßnahme der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs 2 [X.] gegenüber der Krankenkasse beansprucht werden (stRspr, zuletzt Urteil des [X.]s vom 30.10.2001 - [X.] [X.] 2/01 R - [X.]-2500 § 37 [X.] 3). Häufigster Anwendungsfall dieser Rechtsprechung war die Behandlungspflege in Gestalt des An- und [X.] von Kompressionsstrümpfen ab der Kompressionsklasse 2, das als Element des "An- und [X.]" zugleich eine Verrichtung nach § 14 Abs 4 [X.] darstellt. Die Einbeziehung dieser Maßnahme in die Grundpflege bot zwar den Vorteil, möglicherweise erst dadurch einen für die angestrebte Pflegestufe erforderlichen Pflegebedarf zu erreichen, hatte aber den Nachteil, dass der in der Höhe begrenzte Sachleistungsanspruch nach § 36 [X.] vielfach nicht ausreichte, um die Kosten der Pflege abzudecken, sodass der Versicherte den Rest aus eigenen Mitteln aufbringen musste. Diese Eigenbeteiligung des Versicherten entfiele, wenn der in der Höhe unbegrenzte Sachleistungsanspruch nach § 37 Abs 2 [X.] erhalten bliebe. Nur bei der Pflege durch Angehörige und dem daraus resultierenden Anspruch auf Pflegegeld (§ 37 [X.]) ergab sich für die Versicherten kein finanzieller Nachteil, weil ein Vorgehen nach § 37 Abs 2 [X.] in solchen Fällen entbehrlich war.

b) Der Gesetzgeber hat zum 1.1.2004 als Reaktion auf diese für die betroffenen Versicherten überwiegend ungünstige Rechtslage dem § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] durch das [X.] einen 2. Halbsatz angefügt: "Der Anspruch umfasst das Anziehen und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 [X.] zu berücksichtigen ist." Damit war eine Doppelzuständigkeit von Krankenkasse und [X.] für diese Form der Hilfeleistung im Gesetz angelegt. Um diese - an sich systemfremde - Folge für die sonstigen verrichtungsbezogenen Maßnahmen der Behandlungspflege zu vermeiden und deren sachlich nicht zu rechtfertigender Ausklammerung aus der Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] zu beseitigen, hat der [X.] durch Urteil vom [X.] ([X.] [X.] 9/04 R - [X.], 192 = [X.] 4-2500 § 37 [X.] 3) in verfassungskonformer Auslegung der Rechtslage ein Wahlrecht der Versicherten begründet, ob sie für eine bestimmte verrichtungsbezogene Maßnahme der Behandlungspflege die Zuordnung zur Grundpflege wünschen, was zur alleinigen Zuständigkeit der [X.] führt, oder ob sie dies nicht wünschen, was die Zuständigkeit der Krankenkasse fortbestehen lässt.

c) Dieses Wahlrecht der Versicherten hat der Gesetzgeber jedoch zum [X.] durch das [X.]-W[X.] wieder beseitigt und die bis dahin nur für das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 geltende Regelung auf sämtliche verrichtungsbezogenen Maßnahmen der Behandlungspflege ausgeweitet, (vgl dazu BT-Drucks 16/3100, insbesondere zu [X.] 22 b [X.] ff), wie der neue letzte Halbsatz des § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] zeigt: "Der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fallen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 [X.] zu berücksichtigen ist." Zugleich hat er eine damit korrespondierende Regelung in § 15 Abs 3 Satz 2 [X.] geschaffen: "Bei der Feststellung des [X.]aufwandes ist ein [X.]aufwand für erforderliche verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen zu berücksichtigen; dies gilt auch dann, wenn der Hilfebedarf zu Leistungen nach dem [X.] führt." Die Definition der "verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen" entspricht der oben beschriebenen langjährigen Rechtsprechung des erkennenden [X.]s; sie findet sich nun - insoweit nur als Klarstellung gedacht - im neuen § 15 Abs 3 Satz 3 [X.]. Dem Gemeinsamen [X.] wurde die Aufgabe übertragen, in Richtlinien nach § 92 [X.] das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] zu bestimmen (§ 37 Abs 6 Satz 2 [X.]).

d) Mit dieser Neuregelung durch das [X.]-W[X.] hat der Gesetzgeber nunmehr für alle verrichtungsbezogenen Maßnahmen der Behandlungspflege eine Doppelzuständigkeit von Krankenkassen und [X.] geschaffen, die aber in der Praxis bei [X.] stets zu einer Inanspruchnahme der Krankenkassen führen dürfte, weil - wie bereits ausgeführt - der Anspruch aus § 37 Abs 2 [X.] der Höhe nach nicht begrenzt ist. Die Doppelzuständigkeit betrifft auch nur die - hier interessierende - [X.] nach § 37 Abs 2 [X.], nicht aber die [X.] nach § 37 Abs 1 [X.], wie die Ruhensregelung des § 34 Abs 2 Satz 1 [X.] zeigt. Danach ruht ein Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege (§§ 36, 37 [X.]), soweit im Rahmen des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege (§ 37 [X.]) auch Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung besteht. Dies ist nur bei der [X.] nach § 37 Abs 1 [X.] der Fall, welche "die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung" umfasst (§ 37 Abs 1 Satz 3 [X.]). Bei der [X.] nach § 37 Abs 2 [X.] kann die Krankenkasse zwar in ihrer Satzung bestimmen, dass neben der Behandlungspflege auch Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbracht werden und in welcher Dauer und welchem Umfang dies der Fall ist 37 Abs 2 Satz 4 und 5 [X.]). Diese Zusatzleistungen sind nach der ausdrücklichen Anordnung in § 37 Abs 2 Satz 6 [X.] jedoch ausgeschlossen, wenn Pflegebedürftigkeit im Sinne des [X.] eingetreten ist.

Verstärkt wird die Doppelzuständigkeit durch den ebenfalls zum [X.] durch das [X.]-W[X.] geschaffenen § 37 Abs 2 Satz 3 [X.]: "Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 [X.], die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben." Dies betrifft insbesondere in Pflegeheimen lebende Wachkomapatienten und Dauerbeatmungspatienten (BT-Drucks 16/3100, [X.], 105). Obgleich bereits die notwendige Krankenbeobachtung und sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege der Versicherten zu den Sachleistungen der [X.] bei vollstationärer Pflege gehören (§ 43 Abs 2 Satz 1 [X.]), hat der Gesetzgeber zur Vermeidung zu hoher Eigenbeteiligungen der Versicherten bzw zur Verringerung der Gefahr der Sozialhilfebedürftigkeit einen zusätzlichen Anspruch gegen die Krankenkassen nach § 37 Abs 2 [X.] - und damit eine weitere Doppelzuständigkeit - im stationären Bereich geschaffen.

e) Diese Rechtsentwicklung lässt erkennen, dass der Gesetzgeber den Anspruch aus § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] auch bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Leistungen nach dem [X.] möglichst ungeschmälert erhalten wissen will. Versicherte, die häuslicher Krankenpflege nach § 37 Abs 2 [X.] bedürfen, sollen diesen Anspruch auch dann in möglichst weitem Umfang wahrnehmen können, wenn sie pflegebedürftig sind und deshalb Leistungen nach dem [X.] erhalten. Dies entspricht zum einen dem in § 31 [X.] niedergelegten Grundsatz, dass die medizinische Rehabilitation gegenüber der Pflege Vorrang hat, und zum anderen dem Zweck der Regelungen der [X.] Pflegeversicherung, die Leistungen der [X.] zu ergänzen, sie aber prinzipiell nicht - ganz oder teilweise - zu verdrängen, wie der erkennende [X.] es für den Bereich der Hilfsmittel (§ 33 [X.]) und Pflegehilfsmittel (§ 40 [X.]) bereits grundlegend ausgeführt hat (Urteil vom 15.11.2007 - [X.] A 1/07 R - [X.], 197 = [X.] 4-2500 § 33 [X.]6). Die Parallelität und Gleichrangigkeit der Ansprüche gegen die Krankenkasse und die [X.] kommt auch in der Vorschrift des § 13 Abs 2 [X.] zum Ausdruck, wonach die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 [X.] unberührt bleiben.

5. Vor diesem Hintergrund muss die Entscheidung vom 28.1.1999 ([X.], 254 = [X.]-2500 § 37 [X.]) jedenfalls für die [X.] ab 1.1.2004 als durch die Rechtsentwicklung überholt angesehen und deshalb aufgegeben werden. Da der Anspruch aus § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] der gesetzlichen Konzeption nach durch den Anspruch nach § 36 [X.] nicht überlagert oder verdrängt, sondern lediglich ergänzt werden soll, ist bei gleichzeitiger Erbringung der Leistungen durch dieselbe Fachkraft eine Kostenaufteilung zwischen Krankenkasse und [X.] vorzunehmen, die dem Grundsatz der Parallelität und Gleichrangigkeit beider Ansprüche Rechnung trägt.

a) Nicht gangbar ist dabei der von den Vorinstanzen gewählte Weg, die monatlichen Gesamtkosten der Pflege des [X.] (30 Tage x Tagessatz von 726 [X.] = 21 780 [X.]) in der Weise aufzuteilen, dass die [X.] den monatlichen Sachleistungsanteil der [X.] von derzeit 1510 [X.] (§ 36 Abs 3 [X.]) übernimmt und die Krankenkasse den großen Rest von 20 270 [X.] zahlt. Diese Kostenaufteilung hätte zwar den Vorteil, dass ein Versicherter in solchen Fällen von jeder finanziellen Eigenbeteiligung frei wäre, wie es bei der häuslichen Krankenpflege nach § 37 [X.] an sich auch vorgesehen ist. Dieses Modell ist jedoch rechtlich ausgeschlossen, weil es der mit Wirkung ab 1.4.1995 durch das [X.] vom [X.] ([X.] 1014, seinerzeit § 37 Abs 2 Satz 4 [X.]) in das Gesetz eingefügten und bei allen Rechtsänderungen inhaltlich unverändert gebliebenen Anordnung des § 37 Abs 2 Satz 6 [X.] widerspricht, dass die Krankenkassen bei der [X.] (§ 37 Abs 2 [X.]) nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit weder Grundpflege noch - hier nicht von Interesse - hauswirtschaftliche Versorgung leisten dürfen. Dieses Verbot wäre zwar gewahrt, wenn bei einem Versicherten [X.] eine tägliche Grundpflege von nur einer Stunde anfiele (30 Tage x Stundensatz von 30,25 [X.] = 907,50 [X.], also weniger als 1510 [X.]), es wäre aber verletzt, wenn die Grundpflege den monatlichen Beitrag von 1510 [X.] übersteigen würde, wie es [X.] bei einer täglichen Grundpflege von zwei Stunden der Fall wäre (1815 [X.]). Die Grundpflege des [X.] umfasst täglich vier Stunden; demgemäß würde das Modell von [X.] und [X.] zu einer rechtswidrigen Leistung der beklagten Krankenkasse führen, weil sie für einen den Monatsbetrag von 1510 [X.] übersteigenden Teil der Grundpflege eintreten müsste.

b) Mit Blick auf die dargestellten Rechtsänderungen des § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] durch das [X.] und das [X.]-W[X.] und unter Berücksichtigung des Leistungsverbots in § 37 Abs 2 Satz 6 [X.] ist vielmehr von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Der Kläger hat seit November 2005 einen umfassenden Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 2 Satz 1 [X.], der auch alle verrichtungsbezogenen 14 Abs 4 [X.] bis 3 [X.]) krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen umfasst, selbst wenn diese bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14, 15 [X.] zu berücksichtigen sind. Ergänzt wird dieser krankenversicherungsrechtliche Anspruch durch einen Sachleistungsanspruch nach § 36 [X.] gegenüber der [X.] (vgl auch § 13 Abs 2 [X.]), der aber nur die sogenannte "reine" Grundpflege, also die Grundpflegemaßnahmen des § 14 Abs 4 [X.] bis 3 [X.] mit Ausnahme der schon von § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] erfassten verrichtungsbezogenen [X.], sowie die hauswirtschaftliche Versorgung beinhaltet - insoweit ist die [X.] nicht leistungsverpflichtet (vgl § 37 Abs 2 Satz 6 [X.]). Die Ansprüche aus der [X.] nach § 37 Abs 2 [X.] und aus der Pflegeversicherung nach § 36 [X.] stehen also gleichberechtigt nebeneinander. Die noch dem [X.] ([X.], 254 = [X.]-2500 § 37 [X.]) zugrunde liegende Annahme, während der Erbringung der Hilfe bei der Grundpflege trete die Behandlungspflege im Regelfall in den Hintergrund, sodass es gerechtfertigt sei, den Kostenaufwand für diese [X.]en allein der [X.] Pflegeversicherung zuzurechnen, vertritt der [X.] nicht mehr, weil die Änderungen des [X.] und des [X.]-W[X.] belegen, dass die [X.] nach den Vorstellungen des Gesetzgebers an den pflegebedingten Aufwendungen insbesondere bei Fällen der Rund-um-die-Uhr-Betreuung stärker beteiligt sein soll.

c) Zur Abgrenzung beider Bereiche ist wie folgt vorzugehen: Es ist zunächst von dem im [X.] festgestellten Gesamtumfang aller Hilfeleistungen bei der Grundpflege die von der [X.] geschuldete "reine" Grundpflege zu trennen und zeitlich zu erfassen; die hauswirtschaftliche Versorgung spielt in der Regel - und auch im vorliegenden Fall - keine Rolle, weil sie nicht von der Pflegefachkraft, sondern von einem Dritten (hier: von der Ehefrau des [X.]) erbracht wird. Der so ermittelte [X.]wert ist aber nicht vollständig, sondern nur zur Hälfte vom Anspruch auf die ärztlich verordnete, rund um die Uhr erforderliche Behandlungspflege (einschließlich der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen) abzuziehen, weil während der Durchführung der Grundpflege weiterhin Behandlungspflege - auch als Krankenbeobachtung - stattfindet und beide Leistungsbereiche gleichrangig nebeneinander stehen. Aus der Differenz zwischen dem verordneten zeitlichen Umfang der häuslichen Krankenpflege und der Hälfte des zeitlichen Umfangs der "reinen" Grundpflege ergibt sich der zeitliche Umfang der häuslichen Krankenpflege, für den die Krankenkasse einzutreten hat. Die [X.] hat die Kosten der Hälfte des [X.]aufwands der "reinen" Grundpflege zu tragen, jedoch begrenzt auf den Höchstbetrag für die Sachleistungen der dem Versicherten zuerkannten Pflegestufe. Reicht der Höchstbetrag zur Abdeckung dieser Kosten nicht aus, hat der Versicherte den verbleibenden Rest aus eigenen Mitteln aufzubringen; notfalls ist die Sozialhilfe eintrittspflichtig.

d) Bezogen auf den vorliegenden Fall könnte sich daraus - beispielhaft - folgende Kostenverteilung ergeben:

[X.]) Wenn von dem im [X.] vom 12.12.2005 festgestellten täglichen [X.] von 246 Minuten [X.] ein Anteil von 126 auf verrichtungsbezogene [X.] entfiele, verblieben an "reiner" Grundpflege noch 120 Minuten. Davon wäre die Hälfte, also 60 Minuten, vom zeitlichen Umfang der verordneten häuslichen Krankenpflege von 1440 Minuten (24 Stunden) abzuziehen, woraus sich eine Differenz von 1380 Minuten (23 Stunden) ergibt. Die Krankenkasse hätte die Pflege demgemäß für täglich 1380 Minuten zu übernehmen. Die [X.] würde die Pflegekosten für täglich 60 Minuten tragen. Daraus errechnete sich für die [X.] ein Monatsbetrag von 907,50 [X.] (30 Tage x 1 Stunde x Stundensatz von 30,25 [X.]); der Versicherte hätte keine Eigenbeteiligung zu tragen.

[X.]) [X.] auf die verrichtungsbezogenen [X.] indes [X.] nur ein Anteil von 36 Minuten, verblieben an "reiner" Grundpflege noch 210 Minuten. Die Hälfte davon, also 105 Minuten, wäre vom [X.] von 1440 Minuten abzuziehen, sodass für die Krankenkasse 1335 Minuten an Pflege zu finanzieren wären. Die [X.] hätte die Pflegekosten für 105 Minuten zu übernehmen, woraus sich ein Monatsbetrag von rund 1588 [X.] ergibt. In diesem Falle greift aber die "Deckelung" des Sachleistungsanspruchs nach § 36 Abs 3 [X.] auf derzeit 1510 [X.] in der [X.]; deshalb hätte der Versicherte einen monatlichen Eigenanteil von rund 78 [X.] aufzubringen.

cc) Ergänzend zum ersten Rechenbeispiel (oben [X.]) bleibt anzumerken, dass die [X.] zwar nur einen Monatsbetrag von 907,50 [X.] an Pflegesachleistungen erbringen müsste, in der Vergangenheit aber immer der Höchstbetrag geleistet worden ist. Den sich daraus ergebenden Differenzbetrag hätte die Krankenkasse leisten müssen. Der [X.] stünde insoweit ein Erstattungsanspruch gegen die Krankenkasse nach § 105 [X.]B X zu, während der Leistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse in Höhe dieses Differenzbetrages als erfüllt gälte (§ 107 [X.]B X). Der Versicherte könnte gegen die [X.] wegen der hauswirtschaftlichen Versorgung durch die Ehefrau einen restlichen Pflegegeldanspruch nach § 38 [X.] geltend machen.

dd) Ergänzend zum zweiten Rechenbeispiel (oben [X.]) bleibt anzumerken, dass der Versicherte die Eigenbeteiligung nicht dadurch vermeiden könnte, dass er auf die Beantragung der Pflegesachleistungen bei der [X.] verzichtet oder den entsprechenden Leistungsantrag wieder zurücknimmt, um sich auf diese Weise alle von der Fachkraft ohnehin zum Einheitspreis erbrachten Pflegeleistungen allein auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Dieser Weg steht einem Versicherten nicht offen, weil das Verbot, bei der [X.] für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung aufzukommen (§ 37 Abs 2 Satz 6 [X.]), nicht an den Bezug von Leistungen nach dem [X.], sondern ausdrücklich nur an den "Eintritt von Pflegebedürftigkeit" anknüpft.

e) Der erkennende [X.] konnte die Berechnung der Kostenaufteilung nicht selbst durchführen, da das Gutachten des [X.] vom 12.12.2005 nicht eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit mit 246 Minuten täglicher Grundpflege verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen bzw "reine" Grundpflegemaßnahmen berücksichtigt worden sind; diese Feststellungen wird das [X.] nachzuholen haben. So ist [X.] bei den Verrichtungen "Ankleiden" und "Auskleiden" ein Hilfebedarf von 16 und 9 Minuten angegeben, zugleich aber vermerkt, darin sei das An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe einbezogen. Für diese behandlungspflegerische Maßnahme ist nunmehr ein gesonderter [X.]wert zu ermitteln. Ferner ist [X.] bei der Verrichtung "Zahnpflege" ein Hilfebedarf von 15 Minuten aufgeführt, in den das Säubern der [X.] einbezogen ist. Auch dafür ist ein anteiliger [X.]wert zu ermitteln. Die [X.]werte für die einzelnen verrichtungsbezogenen [X.], zu denen [X.] auch die mit 35 Minuten veranschlagte Hilfe bei der Zuführung der Sondennahrung über die [X.] gehört (B[X.]E 28, 199, 201 = [X.] [X.] 22 zu § 1531 [X.]; [X.] in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand August 2008, § 37 [X.] Rd[X.] 23b zum Stichwort Sondenernährung), sind anschließend vom festgestellten [X.] von 246 Minuten abzuziehen, um so den Hilfebedarf für die "reine" Grundpflege abzugrenzen, der hier mit einem Anteil von 50 % in die Zuständigkeit der [X.] Pflegeversicherung fällt.

6. Die Zuzahlung des Versicherten von 10 % der Kosten für die ersten 28 Kalendertage der häuslichen Krankenpflege je Kalenderjahr sowie die Zuzahlung von 10 [X.] für jede Verordnung dieser Sachleistung nach § 37 Abs 5 iVm § 61 Satz 3 [X.] ist jeweils im Rahmen der in § 62 [X.] definierten Belastungsgrenze zu leisten. Ob und in welchem Umfang der Kläger diese Zuzahlungen zu tragen hat und ob sie gegebenenfalls bereits erbracht worden sind, wird das [X.] ebenfalls zu ermitteln haben.

7. Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 3 KR 7/09 R

17.06.2010

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Ulm, 28. August 2007, Az: S 1 KR 3988/06, Urteil

§ 13 Abs 3 S 1 SGB 5, § 37 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB 5 vom 14.11.2003, § 37 Abs 2 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 37 Abs 2 S 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 37 Abs 2 S 6 SGB 5, § 14 Abs 4 Nr 1 SGB 11, § 14 Abs 4 Nr 2 SGB 11, § 14 Abs 4 Nr 3 SGB 11, § 14 Abs 4 Nr 4 SGB 11, § 15 Abs 3 S 2 SGB 11, § 15 Abs 3 S 3 SGB 11, § 31 SGB 11, § 36 Abs 3 Nr 3 SGB 11, § 37 SGB 11

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.06.2010, Az. B 3 KR 7/09 R (REWIS RS 2010, 5745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5745

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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