Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. IX ZR 109/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4042

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04
Verkündet am: 14. April 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

StBerG §§ 5, 6 Nr. 4, BGB §§ 134, 139, 823 Abs. 2 Bf

a) Ein [X.], in dem sich ein Kontierer im Sinne des § 6 Nr. 4 StBerG zu Buch-führung und Steuerberatung verpflichtet, ist grundsätzlich insgesamt nichtig.
b) Ein Kontierer im Sinne des § 6 Nr. 4 StBerG, der vor Abschluß eines auch auf Steuerberatung gerichteten [X.]es nicht unmißverständlich darauf hinweist, daß er hierzu nach § 5 StBerG nicht befugt ist, haftet aus Verschulden bei [X.].
c) § 5 StBerG ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. - 2 - [X.], [X.]eil vom 14. April 2005 - [X.]/04 - OLG Düsseldorf

LG Wuppertal

- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2005 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 20. April 2004 hinsicht-lich der Entscheidung über die Kosten und insoweit aufgehoben, als die Berufung in Höhe von 25.873,15 • nebst Zinsen zurück-gewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen angeblich falscher Buchführung und Steuerberatung. Der Beklagte ist Kontierer im Sinne des § 6 Nr. 4 StBerG und war für den Kläger und seine Ehefrau bis April 2002 tätig. Er ließ den Klä-ger und seine Ehefrau am 10. Februar 1998 eine Vollmacht für einen Steuerbe-rater unterschreiben. In der Folgezeit unterzeichnete der Beklagte verschiede-- 4 - ne an das Finanzamt gerichtete Schreiben unter Verwendung eines Stempels dieses Steuerberaters mit dem Zusatz "i.A.". Jahresabschlüsse, Testate und Steuererklärungen unterzeichnete der Steuerberater.

Am 15. Februar 2002 begann im Unternehmen des [X.] eine Be-triebsprüfung, die zu verschiedenen Beanstandungen und Steuernachzahlun-gen führte, derentwegen der Kläger, soweit in der Revision noch in Streit, Schadensersatz in Höhe von 25.873,15 • nebst Zinsen begehrt.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe die gesamte Beratung in steu-erlichen Angelegenheiten allein und selbständig vorgenommen. Der Beklagte sei auch nicht lediglich als Gehilfe des Steuerberaters aufgetreten; diesen ha-be er, der Kläger, nicht einmal gekannt. Bei seiner Anhörung durch das [X.] führte der Kläger persönlich aus, der Beklagte habe ihm und seiner Ehefrau immer wieder erklärt, daß er kurz vor seiner Steuerberaterprüfung stünde, allerdings gewisse Tätigkeiten nicht eigenverantwortlich durchführen dürfe und deshalb der Obhut eines Steuerberaters bedürfe.

Der Beklagte behauptet, nicht steuerberatend für den Kläger tätig gewe-sen zu sein. Vielmehr habe nur ein [X.] über die Buchführungsarbeiten be-standen. Insoweit habe er keine schadensursächlichen Pflichtverletzungen be-gangen.

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. - 5 - Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und [X.].

1. Das Berufungsgericht hat dahingestellt sein lassen, was Inhalt des [X.]es zwischen den Parteien war, denn die Klage sei bereits unschlüssig. Nach dem Klagevortrag sei Inhalt des [X.]es auch die Hilfeleistung in Steu-ersachen gewesen. Ein derartiger [X.] sei gemäß § 134 BGB, § 5 StBerG nichtig, weil der Beklagte zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugt gewe-sen sei. Der [X.] lasse sich auch nicht in einen auf Erstellung der Buchfüh-rung gerichteten wirksamen und einen im übrigen unwirksamen Teil aufspalten, weil beides untrennbar miteinander verbunden gewesen sei.

Ansprüche aus Verschulden bei [X.]sschluß und aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 5 StBerG kämen nicht in Betracht, weil der Beklagte durch den Hinweis, daß er kurz vor der Steuerberaterprüfung stehe, gewisse Tätigkeiten nicht eigenverantwortlich durchführen dürfe und deshalb der Obhut eines Steuerberaters bedürfe, seiner Aufklärungspflicht genügt habe. Deshalb sei der Kläger auch nicht in den Schutzbereich des § 5 StBerG einbezogen.

Selbst wenn man einen ausschließlich auf erlaubte Buchführungstätig-keit gerichteten [X.] annehme oder die Erwägungen zum Schutzzweck auf den gegen das Steuerberatungsgesetz verstoßenden Teil des [X.]es be-schränke, sei ein Schadensersatzanspruch zu verneinen, weil die dem [X.] vorgeworfenen Fehler überwiegend die steuerliche Beratung beträfen und im übrigen ein Schaden nicht ausreichend dargelegt sei. - 6 -

2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht durchgehend stand.

a) Zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß ein [X.] aus positiver [X.]sverletzung nicht in Betracht kommt, weil der [X.] den Parteien geschlossene [X.], wie es sich nach der Behauptung des [X.] darstellt, nichtig ist. Da der Beklagte verpflichtet sein sollte, [X.] Hilfe in Steuersachen zu leisten, jedoch nicht zu den in §§ 3 und 4 StBerG bezeichneten Personen gehört, sondern Kontierer im Sinne des § 6 Nr. 4 StBerG war, verstößt der [X.] gegen § 5 StBerG. Dies macht den [X.] gemäß § 134 BGB nichtig ([X.] 132, 229, 231; [X.], [X.]. v. 26. September 1996 - [X.], AG 1997, 42).

Hieran ändert sich nichts, wenn der vertraglich Verpflichtete diese Arbei-ten von einer befugten Person als Erfüllungsgehilfe verrichten läßt ([X.] 98, 330, 335; 132, 229, 232; [X.], [X.]. v. 26. September 1996 [X.]O). Deshalb ist es unerheblich, daß der Beklagte einzelne Erklärungen von dem Steuerbe-rater unterschreiben ließ.

b) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß sich der [X.] nicht in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufspalten läßt. Er ist vielmehr im ganzen unwirksam, obwohl er auch erlaubte Tätigkeit umfaßt hat.

Die Parteien haben nach dem Vorbringen des [X.] einen einheitli-chen [X.] geschlossen. Da jedenfalls der gegen § 5 StBerG verstoßende Teil gemäß § 134 BGB nichtig ist, ist das gesamte Rechtsgeschäft nichtig, - 7 - wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenom-men sein würde, § 139 BGB ([X.] 45, 376, 380; [X.], [X.]. v. 30. Januar 1997 - [X.] ZR 133/96, [X.], 625, 627). Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Teilwirksamkeit ist derjenige, der Rechte aus dem [X.] herleitet, hier also der Kläger (vgl. [X.], [X.]. v. 30. Januar 1997 [X.]O; v. 24. September 2002 - [X.], [X.], 211, 212). Die Revi-sion hat jedoch entsprechenden Sachvortrag des [X.] nicht aufgezeigt. Es kommt darauf an, welche Entscheidung die Parteien bei Kenntnis der Sachlage nach Treu und Glauben und bei vernünftiger Abwägung getroffen hätten ([X.], [X.]. v. 7. Januar 1993 - [X.] ZR 199/91, [X.], 1189, 1191; v. 30. Januar 1997, [X.]O S. 627). Danach liegt es hier keineswegs nahe, daß der Kläger und seine Ehefrau in Kenntnis der Nichtigkeit nur mit der Steuerberatung eine an-dere Person beauftragt hätten, denn es kann ihnen gerade auf die einheitliche Betreuung durch eine Person angekommen sein Der Kläger hat nach dem Hinweis des Berufungsgerichts vom 20. Januar 2004 auf die Nichtigkeit des [X.]es nichts für eine Teilwirksamkeit vorgetragen, sondern sich im Gegen-teil auf die Gesamtnichtigkeit berufen.

c) Zutreffend hat das Berufungsgericht gesehen, daß gleichwohl [X.] des [X.] aus Verschulden bei [X.]sschluß in Betracht kommen. Beruht die Nichtigkeit eines [X.]es auf einem Wirksamkeitshindernis, das der Sphäre einer Partei zuzurechnen ist, kann diese wegen mangelnder Aufklärung des [X.]spartners schadensersatzpflichtig sein (vgl. [X.] 18, 248, 252; 92, 164, 175; 99, 101, 106; 142, 51, 61; [X.]/[X.], [X.]. § 311 Rn. 41; [X.]/[X.], [X.]. § 311 Rn. 60). - 8 - Das Verbot des § 5 StBerG richtet sich gegen den Berater, nicht gegen dessen Kunden ([X.] 132, 229, 231 f). Demgemäß ist es die Pflicht des Hilfe-leistenden, der nur einen Teil der vom Verbot des § 5 StBerG umfaßten [X.] erbringen darf, auf die Grenzen seiner Leistungsbefugnis unmißverständ-lich hinzuweisen und eine weitergehende Tätigkeit abzulehnen.

d) Schließlich hat das Berufungsgericht richtig erkannt, daß dem Kläger auch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 5 StBerG [X.] zustehen können. § 5 StBerG ist Schutzgesetz in diesem Sinn ([X.] NJW 1991, 430, 431). Er schützt nicht nur wichtige Gemeinschaftsgü-ter wie die Steuerrechtspflege, sondern auch die Steuerpflichtigen vor unsach-gemäßer Beratung und Vertretung durch unfähige und ungeeignete Berater ([X.] 54, 301, 315; [X.] 132, 229, 231; [X.] [X.]O).

e) Das Berufungsgericht hat aber auf der Grundlage des [X.] zu Unrecht angenommen, daß der Beklagte seine Aufklärungspflicht erfüllt hat und der Kläger und seine Ehefrau deshalb auch nicht in den Schutzbereich des § 5 StBerG fallen.

Der Beklagte war verpflichtet, unmißverständlich darauf hinzuweisen, daß er zur Steuerberatung nicht befugt ist. Der Kläger wußte jedoch nach sei-nen Angaben vor dem [X.] lediglich, daß der Beklagte die [X.] noch nicht abgelegt hatte. Aus den Erläuterungen des Beklagten - wie sie der Kläger schildert - konnte er den Eindruck gewinnen, daß dieser unter Aufsicht eines Steuerberaters gleichwohl berechtigt war, die ihm nach Behauptung des [X.] aufgetragene steuerberatende Tätigkeit auszuüben. Die vom Kläger dargelegten Ausführungen des Beklagten zu seiner Bera-tungsbefugnis brachten nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß er keine - 9 - befugnis brachten nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß er keine steu-erberatende Tätigkeit erbringen durfte. Danach mußte es dem Kläger nicht ausgeschlossen erscheinen, daß der Beklagte unter Aufsicht eines [X.] Tätigkeiten ausüben durfte, die ihm als selbständige Tätigkeit versagt [X.]. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte auch eine - vom Kläger vermittelte - Haftpflichtversicherung für Steuerberatertätigkeit unterhielt.

Deshalb ist auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht tragfähig, der Kläger sei wegen dieses Hinweises nicht in den Schutzbereich des § 5 StBerG einbezogen. Dies ließe sich nur dann annehmen, wenn dem Kläger ein Verstoß des Beklagten gegen § 5 StBerG und dessen Rechtsfolgen hinrei-chend deutlich gemacht worden wären.

3. Das Berufungsgericht wird nunmehr die Beweisaufnahme dazu durch-zuführen haben, was tatsächlich Inhalt des [X.]es zwischen den Parteien war, und im Falle der Vereinbarung steuerberatender Tätigkeit aufklären müs-sen, ob der Beklagte den Kläger ausreichend über das bestehende Verbot be-lehrt hat.

a) Sollte der Beklagte auch [X.] erbringen und hat er nicht mit der notwendigen Deutlichkeit erläutert, daß er nicht steuerbera-tend tätig sein durfte, so ist davon auszugehen, daß der Kläger und seine Ehe-frau bei unmißverständlicher Aufklärung über den Verstoß gegen § 5 StBerG jedenfalls hinsichtlich der Steuerberatung eine andere hierzu befugte Person beauftragt hätten, die sie sodann zutreffend beraten hätte. Dies ergibt sich aus der Vermutung, daß der Mandant bei pflichtgemäßer Beratung dem Rat gefolgt wäre, sofern für ihn bei vernünftiger Betrachtungsweise aus damaliger Sicht - 10 - nur diese Entscheidung nahegelegen hätte ([X.] 123, 311, 315; [X.], [X.]. v. 9. November 1995 - [X.] ZR 161/94, [X.], 71, 73; v. 18. November 1999 - [X.] ZR 402/97, [X.], 35, 38; v. 4. Mai 2000 - [X.] ZR 142/99, [X.], 1591, 1594). Dann kann auch hinsichtlich der [X.] für einen neuen Steuerberater (Position 4) ein Schaden entstanden sein; denn ausweis-lich der Rechnung des Steuerberaters wurde nach Stunden abgerechnet. Der zeitliche Aufwand wäre bei einem ohnehin mit den Angelegenheiten des [X.] befaßten Steuerberater möglicherweise deutlich niedriger gewesen.

b) Ergibt die Beweisaufnahme, daß der Beklagte ausschließlich mit Buchführungsarbeiten beauftragt war, ist auf folgendes hinzuweisen:

[X.]) Die Kosten der Verteidigung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (Position 1) wären aus den zutreffenden Gründen des Berufungsurteils nicht ersatzfähig. Der Kläger hat außerdem für die Reisen die Belege, die zu verbu-chen gewesen wären, nicht hinreichend bezeichnet.

[X.]) Eine Ersatzpflicht hinsichtlich der [X.] für einen neu-en Steuerberater (Position 4) kommt in Betracht, wenn dessen Teilnahme an der Betriebsprüfung wegen Fehlern des Beklagten in der Buchführung veran-laßt war.

[X.]) Hinsichtlich des Zinsschadens (Position 6) ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß bislang ein allein auf Buchhaltungsfehler - 11 - zurückgehender Schaden - auch im Schriftsatz vom 30. Januar 2004 - nicht nachvollziehbar vorgetragen ist.

[X.] [X.]

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 109/04

14.04.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. IX ZR 109/04 (REWIS RS 2005, 4042)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4042

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.