Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 01.06.2022, Az. 7 AZR 232/21

7. Senat | REWIS RS 2022, 4887

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Gegenstand

Befristung - Mitbestimmung des Personalrats


Tenor

Die Revision des beklagten [X.] gegen das Urteil des [X.]arbeitsgerichts Niedersachsen vom 17. März 2021 - 2 [X.] 338/20 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. September 2019 geendet hat.

2

Die promovierte Klägerin war seit dem 19. Oktober 2015 beim beklagten Land an der [X.] als Lehrkraft für besondere Aufgaben iSd. § 32 [X.] Hochschulgesetz tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zunächst der bis zum 30. September 2016 ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristete Arbeitsvertrag vom 14. Oktober 2015. Nach diesem war die Klägerin mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden Vollzeitkraft beschäftigt. Mit [X.] vereinbarten die Parteien eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin ab dem 1. Oktober 2016 „auf bestimmte Zeit ... nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG“ bis zum 30. September 2019. Bis Ende September 2017 betrug die Arbeitszeit der Klägerin 75 %, anschließend 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten.

3

Mit ihrer am 19. August 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 26. August 2019 zugestellten Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der im letzten Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung geltend gemacht. Sie hat die Ansicht vertreten, ein Sachgrund für diese Befristung liege nicht vor. Zudem hat sie bereits in der Klageschrift die ordnungsgemäße Beteiligung des an der [X.] gebildeten Personalrats hinsichtlich der Befristungsabrede gerügt.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21. September 2016 nicht beendet worden ist.

5

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die streitbefangene Befristung sei wegen des vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitskraft der Klägerin gerechtfertigt. Die Mitbestimmung des Personalrats sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Vereinbarung der Befristung. Zudem habe der Personalrat der Befristung zugestimmt. Das ergebe sich aus einem von diesem unter dem Datum des 15. September 2016 unterzeichneten - zur Akte gereichten - Formularschreiben mit den Angaben „Weiterbeschäftigung, Aufstockung Dr. M“ und den angekreuzten vorformulierten Erklärungen „Zustimmung wird erteilt“ und „keine Einwendungen“.

6

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung des beklagten [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Abweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des beklagten [X.] gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Befristungskontrollklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 21. September 2016 vereinbarten Befristung zum 30. September 2019 geendet.

8

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der zuletzt formulierte Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. zu den Anforderungen [X.] 23. Jan[X.]r 2019 - 7 [X.] - Rn. 9, [X.]E 165, 116; [X.]/[X.]/[X.] 13. Aufl. § 17 [X.] Rn. 13; APS/[X.] 6. Aufl. [X.] § 17 Rn. 54; [X.]/[X.] 22. Aufl. [X.] § 17 Rn. 15). Zwar benennt er neben dem Datum des die angegriffene Befristung enthaltenden Vertrags nicht auch den vereinbarten [X.]. Letzterer lässt sich aber schon deshalb zweifelsfrei bestimmen, weil es unstreitig nur eine vertragliche [X.] mit dem im Antrag genannten Datum gibt, nach welcher das Arbeitsverhältnis am 30. September 2019 enden soll. Im Übrigen hatte die Klägerin ihr Begehren bereits in der Klageschrift auf die Feststellung bezogen, dass das Arbeitsverhältnis „aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21.09.2016 nicht beendet wird, sondern über den 30.09.2019 hinaus fortbesteht“. Daraus folgt unmissverständlich, dass sie die im letzten Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2019 befristet ist, zur gerichtlichen Überprüfung stellt. Auch aus der Klagebegründung sowie dem als Anlage beigefügten Arbeitsvertrag vom 21. September 2016 lässt sich das Beendigungsdatum ersehen.

9

II. Die Klage ist auch begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht aufgrund der [X.] im Arbeitsvertrag vom 21. September 2016 mit Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit am 30. September 2019 beendet.

1. Die Befristung gilt nicht nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 17 Satz 1 [X.] erhoben. Sie hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 21. September 2016 mit ihrer am 19. August 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 26. August 2019 zugestellten Klage geltend gemacht. Auch die Klageerhebung vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit wahrt die Klagefrist des § 17 Satz 1 [X.] ([X.]Rspr., vgl. [X.] 23. Jan[X.]r 2019 - 7 [X.] - Rn. 15, [X.]E 165, 116).

2. Die Befristung ist mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 4, § 68 [X.] Personalvertretungsgesetz in der im Zeitpunkt des Abschlusses der streitgegenständlichen Befristungsvereinbarung geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 9. Febr[X.]r 2016 ([X.], [X.]. GVBl. S. 3) unwirksam.

a) Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass dem Personalrat bei der Befristung des Arbeitsvertrags der Klägerin ein Mitbestimmungsrecht nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] zustand. Die Vorschrift begründet ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf einen Aspekt der inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Der Personalrat ist dazu berufen, über die Befristungsvereinbarung „als solche“ mitzubestimmen und nicht (nur) über die damit verbundene Einstellung als „[X.]“ (vgl. Dierßen in [X.]/[X.]/Dierßen/Otte/[X.] [X.] 7. Aufl. § 65 Rn. 99; [X.]/[X.]/[X.] Personalvertretung [X.] Stand März 2022 § 65 Rn. 218; Hauck-Scholz öAT 2013, 221, 222 f.; [X.]/Müller-Fritzsche [X.] 18. Aufl. § 65 Rn. 103 ff.; [X.]/Annuß in [X.]/[X.]/[X.] Personalvertretungsrecht 5. Aufl. § 75 Rn. 29).

[X.]) Das geben bereits Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte von § 65 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 [X.] vor. Während sich das in Nr. 4 der Vorschrift geregelte Mitbestimmungsrecht des Personalrats auf die „Befristung eines Arbeitsvertrages im [X.] an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis“ bezieht, regelt Nr. 1 der Vorschrift die Beteiligung bei der „Einstellung, auch als Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages“. Bei letzterem Mitbestimmungstatbestand ist mit Art. 1 Nr. 20 Buch[X.]b Doppelbuch[X.][X.] des ([X.]) Gesetzes zur Änderung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2015 ([X.]. GVBl. S. 393) die bis zum 31. Dezember 2015 geltende Vorgängerbestimmung des § 65 Abs. 2 Nr. 1 [X.] dahingehend ergänzt worden, dass nach dem Wort „Einstellung“ ein Komma und die Worte „auch als Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages“ eingefügt worden sind. Angesichts dieser - nach dem verlautbarten Willen des [X.]gesetzgebers „klarstellenden“ (vgl. [X.]. 17/3759 S. 24) - Ergänzung entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung (dazu zB [X.] 23. Juni 2009 - 1 [X.] - Rn. 32) erscheint es fernliegend, dass mit Nr. 4 von § 65 Abs. 2 [X.] lediglich der „Grundtatbestand“ von Nr. 1 von § 65 Abs. 2 [X.] wiederholt ist. Der Personalrat bestimmt vielmehr nicht nur bei der Einstellung, sondern auch bei der „Befristung eines Arbeitsvertrags“ mit. Dabei erweitert § 105 Abs. 5 Satz 1 [X.] [X.]. bei Lehrkräften für besondere Aufgaben das Mitbestimmungsrecht des Personalrats noch dahingehend, dass § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] auch für die erstmalige Befristung eines Arbeitsvertrags gilt.

bb) Das auf die Befristung als vertragliche Abrede bezogene Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] entspricht dem klar erkennbaren Willen des [X.]gesetzgebers. Ausweislich der Gesetzesmaterialien ist mit § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] ein „neuer“ Mitbestimmungstatbestand geregelt, der „[X.] und -dauer“ erfasst, um damit namentlich „Kettenbefristungen der Kontrolle des Personalrats“ zu unterstellen (vgl. [X.]. 17/3759 S. 24 f.; vgl. auch den schriftlichen Bericht zur Beschlussempfehlung des [X.] zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften [X.]. 17/4824 S. 6). Insbesondere der Sachgrund einer Befristung soll damit Gegenstand der Beurteilung des Personalrats sein (vgl. Dierßen in [X.]/[X.]/Dierßen/Otte/[X.] [X.] 7. Aufl. § 65 Rn. 99). Entsprechend greift nach § 105 Abs. 5 Satz 1 [X.] die Mitbestimmung des § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] [X.]. bei Lehrkräften für besondere Aufgaben bereits bei der erstmaligen Befristung des Arbeitsvertrags, weil diese - nach gesetzgeberischer Verlautbarung - im Hochschulbereich als Personalmaßnahmen beim wissenschaftlichen/künstlerischen Mittelbau einen besonders hohen Stellenwert hätten, der eine (frühzeitige) Beteiligung des Personalrats im Hinblick auf die „unterschiedlichen und vielfältigen“ [X.] bereits bei [X.] rechtfertige (vgl. [X.]. 17/3759 S. 36).

cc) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Entscheidung des [X.] vom 5. Mai 2004 (- 7 [X.] - [X.]E 110, 295) zum [X.] Personalvertretungsgesetz (Thür[X.]G in der seinerzeit einschlägigen Fassung - aF -) nicht auf die hier einschlägige Regelung übertragbar. Das gilt ebenso für die auf dieses Urteil Bezug nehmende Senatsentscheidung vom 24. August 2011 (- 7 [X.] - [X.]E 139, 109) zu der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung des [X.]. Der Personalrat hatte nach § 75 Abs. 1 Thür[X.]G aF eingeschränkt mitzubestimmen [X.]. bei der Einstellung von Angestellten (Nr. 1) und bei der Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse (Nr. 3). Für die Befristung von Arbeitsverhältnissen selbst sah das Thür[X.]G aF ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht vor. Daraus hat der Senat geschlossen, dass sich das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 Thür[X.]G aF nicht auf die Befristung des Arbeitsverhältnisses bezieht, sondern (allein) auf die mit der Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses verbundene Einstellung des Arbeitnehmers ([X.] 5. Mai 2004 - 7 [X.] - zu I 5 der Gründe, [X.]O). Dementsprechend hat der Senat zum [X.] Personalvertretungsgesetz vom 22. Jan[X.]r 2007 ([X.] aF, [X.]. GVBl. S. 11) angenommen, das nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] aF bestehende Mitbestimmungsrecht des Personalrats „bei der Verlängerung befristeter Arbeitsverträge“ betreffe nicht die in einem Verlängerungsvertrag vereinbarte Befristung, sondern die damit verbundene Einstellung des Arbeitnehmers ([X.] 24. August 2011 - 7 [X.] - Rn. 42, [X.]O). Nach Ansicht des [X.]gesetzgebers bedurfte es der Regelung in § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] aF jedoch nicht mehr, da durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Bundesrecht klargestellt sei, dass die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses eine Einstellung darstelle (vgl. [X.]. 17/3759 S. 24). Entsprechend ist die frühere Regelung der Nr. 4 von § 65 Abs. 2 [X.] aF nunmehr in Nr. 1 von § 65 Abs. 2 [X.] klarstellend aufgenommen, während es sich bei § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] um einen neu geschaffenen Mitbestimmungstatbestand handelt. Zu letzterem verhalten sich die von der Revision herangezogenen Senatsentscheidungen nicht.

dd) Danach unterlag die streitgegenständliche Befristung der Mitbestimmung des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.]. Bei ihr handelt es sich um eine Befristung „im [X.] an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis“ iSd. § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.]. Nach dem Wortlaut der Norm sind jedenfalls diejenigen Fälle erfasst, bei denen ein befristetes Arbeitsverhältnis „im [X.]“, also ohne zeitliche Unterbrechung an ein vorangegangenes befristetes Arbeitsverhältnis, geschlossen werden soll ([X.]/[X.]/[X.] Personalvertretung [X.] Stand März 2022 § 65 Rn. 223).

b) Ohne Rechtsfehler ist das [X.] weiter davon ausgegangen, dass der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist.

[X.]) Nach § 68 Abs. 1 [X.] bedarf eine Maßnahme, soweit sie der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, seiner Zustimmung. Das weitere Mitbestimmungsverfahren regelt § 68 Abs. 2 [X.]. Das Mitbestimmungsverfahren beginnt nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift damit, dass die Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme schriftlich oder per E-Mail unterrichtet und die Zustimmung beantragt. Für Zeitpunkt und Umfang der Unterrichtung enthält § 60 Abs. 1 [X.] allgemeine Regelungen: Nach Satz 1 der Vorschrift hat die Unterrichtung „rechtzeitig und umfassend“ zu sein; nach Satz 2 sind dem Personalrat die hierfür erforderlichen Unterlagen und Tatsachen zugänglich zu machen oder bekannt zu geben. Umfassend ist die Unterrichtung nach Satz 4 der Norm, wenn alle der Dienststelle für die Entscheidung zur Verfügung stehenden Unterlagen oder von ihr der Entscheidung sonst zugrunde gelegten Tatsachen dem Personalrat „in den Grenzen des Absatzes 2 vorgelegt, zugänglich gemacht oder bekannt gegeben werden“.

bb) Gemessen daran hat das beklagte Land die Durchführung eines ordnungsgemäßen Mitbestimmungsverfahrens nicht dargelegt.

(1) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s hat das beklagte Land lediglich ein Schreiben des Personalrats vom 15. September 2016 vorgelegt und hierzu - auch noch in der Revision - die Ansicht vertreten, daraus ergebe sich dessen Zustimmung zur Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin. Diese Auffassung ist unzutreffend. Das Schreiben des Personalrats vom 15. September 2016 enthält als einzigen Hinweis darauf, was Gegenstand eines Beteiligungsverfahrens gewesen sein könnte, die Angabe „Weiterbeschäftigung, Aufstockung Dr. M“. Zudem sind handschriftlich angekreuzt die Aussagen „Zustimmung wird erteilt“ und „keine Einwendungen“. Daraus ergibt sich nicht, dass beim Personalrat - entsprechend § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] - die Zustimmung zu einer „Befristung“ eingeholt wurde. Die Begriffe „Weiterbeschäftigung, Aufstockung“ sprechen vielmehr dafür, dass der Personalrat lediglich hinsichtlich der Einstellung nach § 65 Abs. 2 Nr. 1 [X.] beteiligt worden ist. [X.] im Übrigen auch, ob den Formerfordernissen des § 68 Abs. 2 Satz 1 [X.] („schriftlich oder durch E-Mail“) genügt wurde und welchen Inhalt die Unterrichtung hatte. Es ist darum nicht einmal ersichtlich, dass dem Personalrat die [X.] mitgeteilt worden ist. Entsprechendes gilt für die jedenfalls im vorliegenden Fall unerlässliche Mitteilung des [X.] iSd. § 14 Abs. 1 [X.]. Diese Informationen sind aber erforderlich, damit der Personalrat sein Mitbestimmungsrecht ausüben kann. Anderenfalls ist seine Unterrichtung nicht umfassend iSd. § 60 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 [X.]. Eine Kontrolle des Personalrats über die Wirksamkeit der Befristung, wie sie der [X.]gesetzgeber vorgesehen hat (vgl. [X.]. 17/3759 S. 24 f.), ist ansonsten nicht möglich. Der Personalrat kann bei unterbliebener oder unzureichender Unterrichtung des Weiteren keinen Einfluss darauf nehmen, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung abgesehen oder wegen der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben oder der in Aussicht genommenen [X.] ggf. eine längere Laufzeit vereinbart werden kann (vgl. zu § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] NW [X.] 21. August 2019 - 7 [X.] - Rn. 49). Hinzu kommt, dass bei dieser Ausgestaltung der Personalratsbeteiligung die typisierende Bezeichnung des [X.] dazu führt, dass der Arbeitgeber auf diesen festgelegt ist. Dadurch ist gewährleistet, dass er den [X.] in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht gegen einen [X.] austauschen kann, zu dem der Personalrat seine Zustimmung nicht erteilt hat (vgl. zu § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] NW: [X.] 21. August 2019 - 7 [X.] - Rn. 49; 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 51, [X.]E 142, 308).

(2) Die pauschale Behauptung der Revision, der Personalrat sei schon wegen der sich „aus § 60 [X.] ergebenden Verpflichtung des Arbeitgebers über die Hintergründe umfassend informiert“ gewesen, enthält keinen über den vom [X.] festgestellten Sachverhalt hinausgehenden - in der Revisionsinstanz ohnehin grundsätzlich unbeachtlichen - Tatsachenvortrag. Das Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung ersetzt nicht den dementsprechenden Vortrag, der auf ihre Einhaltung schließen lässt.

(3) Schließlich musste der Personalrat entgegen der Ansicht des beklagten [X.] auch keinen „weiteren Informationsbedarf“ anmelden. Insbesondere greift nicht die Zustimmungsfiktion des § 68 Abs. 2 Satz 6 [X.]. Danach gilt die Zustimmung des Personalrats als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der zweiwöchigen Äußerungsfrist vom Personalrat verweigert wird. Diese Frist beginnt erst mit der Zuleitung des Zustimmungsantrags des Arbeitgebers (vgl. [X.] 28. Jan[X.]r 2010 - 2 [X.]/09 - Rn. 17). Voraussetzung ist jedoch eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Personalrats über die Maßnahme (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Personalvertretung [X.] Stand März 2022 § 68 Rn. 35; [X.]/Müller-Fritzsche [X.] 18. Aufl. § 68 Rn. 12; vgl. zum [X.] NW OVG [X.] 19. April 1993 - [X.] - [X.] 1995, 493). Nach dem vom [X.] festgestellten Sachverhalt fehlte es schon an einem Antrag auf Zustimmung zur ([X.]-)Befristung des Arbeitsvertrags mit der Klägerin.

c) Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats führt zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Befristung. Auch das hat das [X.] zutreffend erkannt.

[X.]) Welche Sanktion bei der Verletzung eines Mitbestimmungsrechts eintritt, hängt von der Ausgestaltung und dem Zweck des jeweiligen Mitbestimmungsrechts ab. Durch Auslegung des einzelnen Mitbestimmungstatbestandes ist zu ermitteln, ob und inwieweit sich das Mitbestimmungsrecht überhaupt auf Rechtsgeschäfte und auf arbeitsvertragliche Beziehungen erstreckt. Dem Gegenstand der Mitbestimmung kommt damit entscheidende Bedeutung zu ([X.] 13. April 1994 - 7 [X.] - zu [X.] 2 a bb der Gründe, [X.]E 76, 234). Dient das Mitbestimmungsrecht zumindest auch dazu, den Arbeitnehmer vor ihm nachteiligen Maßnahmen und Vertragsgestaltungen zu schützen, so ist im Falle seiner Verletzung die individ[X.]lrechtliche Rechtsunwirksamkeit eine geeignete Sanktion. Sie ist durch den Schutzzweck der mitbestimmungsrechtlichen Norm gedeckt (vgl. [X.] 20. Febr[X.]r 2002 - 7 AZR 707/00 - zu I 2 b [X.] der Gründe mwN zur „Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung“, [X.]E 100, 311).

bb) Danach hat das [X.] ohne Rechtsfehler angenommen, dass Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 65 Abs. 2 Nr. 4 [X.] die Unwirksamkeit der Befristung ist (ebenso Dierßen in [X.]/[X.]/Dierßen/Otte/[X.] [X.] 7. Aufl. § 65 Rn. 99; [X.]/[X.]/[X.] Personalvertretung [X.] Stand März 2022 § 65 Rn. 227; [X.]/Müller-Fritzsche [X.] 18. Aufl. § 63 Rn. 8 f.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bezieht sich das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsrecht bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen auf die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsvertrags. Es hat zum Ziel, eine Befristung nur mit Zustimmung des Personalrats vereinbaren zu können. Ohne Zustimmung des Personalrats ist dem Arbeitgeber eine solche Vertragsgestaltung verwehrt. Diesem Schutzgedanken entspricht es, dass die Verletzung des Mitbestimmungsrechts zur Unwirksamkeit der [X.] führt und das Vertragsverhältnis der Parteien im Übrigen nicht berührt ([X.] 9. Juni 1999 - 7 [X.] - zu 3 der Gründe, [X.]E 92, 36 unter Bezugnahme auf die Urteile des Senats vom 13. April 1994 - 7 [X.] - [X.]E 76, 234 und vom 8. Juli 1998 - 7 [X.] -; zur jüngeren Rspr. vgl. [X.] 21. August 2019 - 7 [X.] - Rn. 46 mwN; vgl. auch [X.], 221, 224).

cc) Die Regelung des § 63 [X.] steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

(1) Nach Satz 1 der Vorschrift dürfen Maßnahmen, bei denen die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung unterlassen oder bei einer Beteiligung gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist, „nicht vollzogen“ werden. Gemäß Satz 2 der Vorschrift sind Maßnahmen, die entgegen Satz 1 durchgeführt worden sind, „zurückzunehmen“, soweit nicht Rechte Dritter oder öffentliche Interessen entgegenstehen. Diese Vorschrift betrifft das Innenverhältnis zwischen Dienststellenleitung und Personalrat und begründet das Recht des Personalrats, vom Dienststellenleiter zu verlangen, eine mitbestimmungswidrige Maßnahme rückgängig zu machen. Sie wurde 1994 in das Personalvertretungsgesetz aufgenommen und dient der Sicherung und Durchsetzung der Rechte des Personalrats. Mit ihr sollte eine Rechtsschutzlücke geschlossen werden, die darin gesehen wurde, dass sich die Rechtsschutzmöglichkeiten des Personalrats auf [X.] Feststellungsverfahren beschränkten; der Personalrat auf die Maßnahme selbst jedoch keinen Zugriff hatte (vgl. [X.]. 12/4370 S. 141). § 63 Satz 2 [X.] vermittelt dem Personalrat damit einen Rechtsanspruch auf Rücknahme der Maßnahme (BVerwG 11. Mai 2011 - 6 [X.]/10 - Rn. 9 ff.). Die individ[X.]lrechtlichen Folgen eines mitbestimmungswidrigen Handelns des Arbeitgebers werden in dieser Vorschrift nicht geregelt. Dies hat der Senat zu der entsprechenden Regelung in § 74 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.] bereits entschieden, nach der der Dienststellenleiter Maßnahmen, die unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats zustande gekommen sind, zurückzunehmen hat (vgl. [X.] 9. Juni 1999 - 7 [X.] - zu 3 der Gründe, [X.]E 92, 36). Für § 63 [X.] gilt nichts anderes.

(2) Auch aus der Gesetzeshistorie lässt sich nicht herleiten, der [X.]gesetzgeber habe mit § 63 [X.] eine abschließende Regelung zu den Rechtsfolgen einer unterbliebenen Mitbestimmung treffen wollen, welche auch die individ[X.]lrechtliche Position des von einer Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers erfasst. Zwar hat der [X.]gesetzgeber von dem im Anhörungsverfahren vorgebrachten Vorschlag, bei Unterlassung der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung die Unwirksamkeit der Maßnahme anzuordnen, ausdrücklich abgesehen. Dies wurde aber damit begründet, die Belange des Personalrats seien dadurch gewahrt, dass dieser das Unterbleiben der Durchführung der Maßnahme verlangen könne und bei einem Streit über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer Maßnahme die Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen Klärung bestünde (vgl. [X.]. 12/4370 S. 141). Dies belegt aber nur, dass die bereits bestehende Rechtsfolgenanordnung im Verhältnis zwischen Dienststelle und Personalrat nicht modifiziert werden sollte. Ein gesetzgeberischer Wille für eine - von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur „Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung“ abweichende - Regelung über die Wirksamkeit einer mitbestimmungswidrigen Maßnahme im Verhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien drückt sich hierin gerade nicht aus.

III. Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat das beklagte Land die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schmidt    

        

    Hamacher     

        

    Klose     

        

        

        

    Steininger     

        

    Mertz    

                 

Meta

7 AZR 232/21

01.06.2022

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Oldenburg (Oldenburg), 25. Februar 2020, Az: 1 Ca 319/19 Ö, Urteil

§ 65 Abs 2 Nr 1 PersVG ND 2007, § 65 Abs 2 Nr 4 PersVG ND 2007, § 60 PersVG ND 2007, § 63 PersVG ND 2007, § 68 PersVG ND 2007

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 01.06.2022, Az. 7 AZR 232/21 (REWIS RS 2022, 4887)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4887

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