Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.02.2011, Az. 33 W (pat) 45/09

33. Senat | REWIS RS 2011, 9713

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "TEFLEXAN/TEFLON" – unmittelbare klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr -


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 43 725

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] und [X.] Kortbein und Kätker

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des [X.] vom 13. August 2007 und vom 25. Februar 2009 aufgehoben und die Löschung der Eintragung der Marke 304 43 725 - [X.] angeordnet.

Gründe

I

1

Gegen die Eintragung der Wortmarke 304 43 725

2

[X.]

3

für

4

Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke

5

ist Widerspruch eingelegt worden aus der Gemeinschaftsmarke 432 120

6

[X.][X.]

7

für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 42, unter anderem für

8

Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke.

9

Mit Beschlüssen vom 13. August 2007 und vom 25. Februar 2009, letzterer im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 1 des Patentamts den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle liegt keine Gefahr von Verwechslungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vor. Aufgrund der vorliegenden Warenidentität ergäben sich im Ausgangspunkt strenge Anforderungen an den Abstand der Vergleichsmarken. Diese Anforderungen würden allerdings durch die allgemein erhöhte Aufmerksamkeit der hier ausschließlich angesprochenen [X.] merklich herabgesetzt, da gewerbliche chemische Erzeugnisse regelmäßig erst nach gründlicher Begutachtung und im Rahmen von Lieferverträgen erworben würden, so dass ihre Kennzeichnungen erhöhte Aufmerksamkeit fänden.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke könne - so der [X.] - vor allem angesichts ihrer amtsbekannten langjährigen Verwendung als gesteigert angesehen werden. Zwar könnten Verwendungen des "sehr häufig als Substanzbezeichnung verwendeten" Begriffs "[X.]" (etwa "[X.]", "[X.]", "[X.]" o. ä.), die sich "ohne jeglichen Markenbezug" als Einträge der Suchmaschine [X.] fänden, nicht gleichzeitig als Bekanntheit der Marke "[X.][X.]" gewertet werden. Auch habe die Widersprechende keine objektiven Marktdaten, wie Umsatzzahlen, Werbeaufwand oder Marktanteile dargetan. Gleichwohl lege die Markenstelle ihrer Beurteilung der Kennzeichnungskraft nicht zuletzt aus Rechtsgründen noch eine gewisse Amtsbekanntheit der Marke „[X.]“ zugrunde und berücksichtige dabei auch die mit dem Bekanntheitsgrad einer Marke oftmals zunehmenden Schwierigkeiten für Inhaber solcher Marken, bei deren Verwendung durch Dritte stets eine Kenntlichmachung des [X.] durchzusetzen. Der Widerspruchsmarke sei deshalb ein überdurchschnittlicher Schutzumfang zuzubilligen.

Selbst wenn danach von einem erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke ausgegangen werde und insgesamt noch sehr strenge Maßstäbe an den erforderlichen Markenabstand angelegt würden, wiesen die Vergleichsmarken keine ausreichende Ähnlichkeit auf, um eine [X.] zu begründen. Vielmehr seien die nach ihrem Gesamteindruck klanglich und schriftbildlich gut erfassbaren Marken noch ausreichend sicher voneinander unterscheidbar. Die Schriftbilder der Marken unterschieden sich aufgrund der unterschiedlichen Wortlängen und des Buchstabens "o" bzw. der Buchstabenfolge "exa" klar voneinander. Auch klanglich unterschieden sich die Marken deutlich. Der anfangsbetonten, zweisilbigen Widerspruchsmarke "[X.]" stehe mit "[X.]" ein dreisilbiges Markenwort mit abweichender Vokalfolge gegenüber, das die Hauptbetonung auf der gedehnt gesprochenen Endsilbe trage. Selbst die buchstabengleichen [X.] befänden sich in unterschiedlichen [X.]. [X.] Annäherungen der einander gegenüberstehenden Markenwörter in einer anderen entscheidungserheblichen Richtung seien ebenfalls nicht gegeben.

Die Marken seien auch nicht assoziativ verwechselbar. Insbesondere seien die übereinstimmenden Anfangsbuchstaben ("[X.]") der Markenwörter auch unter Berücksichtigung der weiteren für die Widersprechende eingetragenen Marken 908 747 - [X.] und 1 092 607 - [X.]AIRE nicht geeignet, als kennzeichnungskräftiger Hinweis auf die Widersprechende zu dienen und gedankliche Fehlzuordnungen auszulösen. Die den Marken "[X.][X.]" und "[X.]" gemeinsame Struktur zweisilbiger Marken mit der Anfangssilbe "[X.]" als möglichem Stammbestandteil trete in der angegriffenen Marke nicht als Hinweis auf die Widersprechende zu Tage. Denn in dem jüngeren, dreisilbigen Markenwort "[X.]" bildeten die Anfangsbuchstaben "[X.]" keinen eigenständigen Wortstamm, sondern verteilten sich sowohl nach dem Sprachgefühl als auch (wegen des Anklangs des zweiten Wortteils an den Begriff "flexibel") in semantischer Hinsicht auf zwei Silben. Zudem seien die von der Widersprechenden angeführten Serienmarken [X.]AIRE, [X.] und [X.]EX für gänzlich andere Waren der Klassen 10, 17, 22 und 24 eingetragen, wobei letztere zudem inzwischen gelöscht sei.

Gegen diese Entscheidungen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach ihrer Auffassung besteht zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen. Dabei sei zunächst die gesteigerte Kennzeichnungskraft der bekannten, sogar berühmten Widerspruchsmarke zu berücksichtigen. Unter Vorlage verschiedener "Cross Sales"-Übersichten trägt die Widersprechende vor, das mit "[X.][X.]"-Fluorpolymer-Produkten allein in [X.] in den Jahren 2002 bis 2005 Umsätze in Höhe von … [X.] pro Jahr erzielt worden seien. Hinzu komme die Verwendung von "[X.][X.]" für Fluorfinishes mit Umsätzen zwischen jährlich … [X.] in den Jahren 2002 bis 2005. Zudem gingen aus einer von ihr vorgelegten Übersicht "[X.]® PTFE Net Sales in US$M - European Union 2003 - August 2010" für die Jahre 2003 - 2010 Gesamtumsätze zwischen … und … US-$ in [X.] für PTFE-Dispersionen, -Fine Powder und -Granulate hervor. Aus einer weiteren von ihr vorgelegten Liste "[X.]® Finishes Net Sales in US$M European Union 2003 - August 2010" seien für Finishes in den Jahren 2003 - 2010 Gesamtumsätze in [X.] zwischen … und … US-$ zu entnehmen. Dementsprechend beliefen sich die gesamten [X.]-Umsätze für die verschiedenen [X.][X.]-Produkte teilweise auf insgesamt mehr als … US-$ im Jahr. Fertigprodukte, auf die es vorliegend nicht ankomme, seien  hierbei nicht berücksichtigt.

Zudem hat die Widersprechende eine neuere Markenuntersuchung mit dem Titel "[X.] 2010" des Unternehmens [X.] vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass "[X.]" mit 78 % Bekanntheit (sowie "[X.] Platinum Plus" mit 36 % Bekanntheit) die bekannteste Marke im Bereich der "[X.]" sei. Zudem seien Produkte der Marke "[X.][X.]" bzw. mit "[X.][X.]" - Coating überzogene Küchenprodukte die am meisten verkauften Produkte mit weitem Abstand zu anderen [X.] (47 % Anteil bei "[X.][X.]" gegenüber 8 % bei "[X.]", 4 % bei "[X.]", 3 % bei "[X.]" usw.). Dementsprechend stehe "[X.][X.]" laut der Untersuchung mit über 10 % Abstand gegenüber den [X.] für Produkteigenschaften, wie "leicht zu reinigen", und mit noch größerem Abstand für die Eigenschaften "nicht-haftend" und "hitzeresistent".

Absurd sei hingegen die von der Markeninhaberin vorgetragene Auffassung, die Bekanntheit gelte nicht dem Produkt der chemischen Beschichtung, sondern dem Endprodukt (etwa der "[X.][X.]-Pfanne"), wobei das Wort "[X.][X.]" vom Verbraucher nicht als Marke, sondern als Gattungsbegriff für einen bestimmten [X.] verstanden werde. Vielmehr, so meint die Widersprechende, würden mit ihrem Produkt "[X.][X.]" zahlreiche Endprodukte ausgestattet, etwa Kochgeschirr, Küchengeräte, Bekleidung und Gewebe, [X.], [X.], Schmiermittel, Körperpflegemittel, Brillenglasbeschichtungen und eine große Anzahl von Industrieprodukten in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Verpackungen, Lebensmittel, Ernährung, Elektronik, Kabelwerkstoffe, Industriebackformen, Wandverkleidungen etc.. Hierbei werde die Kennzeichnung "[X.][X.]" von den Lizenznehmern der Widersprechenden markenmäßig unter Hinweis auf den Markencharakter mit dem Symbol "®" bzw. mit dem Hinweis "[X.] ® ist ein eingetragenes Warenzeichen von du Pont" benutzt. Hierzu hat die Widersprechende verschiedene Beispiele eingereicht (Anlagen zum Schriftsatz vom 8. August 2005). Berühmt sei die Widerspruchsmarke daher nicht (nur) für die beschichteten Endprodukte, sondern vor allem für die Oberflächenbeschichtungen selbst.

Die demnach überragende Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei nicht durch ähnliche benutzte [X.] geschwächt worden. Es gebe keine weiteren eingetragenen Marken mit der Buchstabenfolge "[X.]" am Markenanfang, deren [X.] umfassten und die der Widerspruchsmarke so ähnlich seien wie die angegriffene Marke "[X.]".

Dementsprechend reiche bei den hier vorliegenden identischen Waren selbst ein geringer Ähnlichkeitsgrad zwischen den Marken zur Feststellung einer [X.] aus, wobei es - auch mangels entsprechender [X.] – besonders auf die [X.] mit der gemeinsamen [X.] "[X.]-" ankomme. Hinzu kämen die deutlichen Übereinstimmungen in den Endungen "[X.]", mit den klangverwandten und in Kleinschreibung auch schriftbildlich ähnlichen Vokalen O und A. Der einzige Unterschied im weniger beachteten Mittelbereich werde leicht übersehen oder überhört. [X.] sei hingegen die Auffassung der Markeninhaberin, der Verkehr werde die Mittelsilbe "[X.]" der angegriffenen Marke betonen, oder der Versuch der Markeninhaberin, eine Ähnlichkeit der Marken durch Aufteilung der jüngeren Marke in drei Bestandteile auszuräumen.

Ergänzend verweist die Widersprechende auf zahlreiche Entscheidungen, in denen eine [X.] aufgrund einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, gleicher [X.] bzw. schwacher abweichender [X.] angenommen worden sei, insbesondere auf die Entscheidungen [X.], 261 - [X.]/[X.], [X.] (30 W (pat) 272/96) - [X.]/Aspirin; v. 11.01.1995 (28 W (pat) 80/94) - [X.]/[X.]. Weiter verweist die Widersprechende auf Entscheidungen der 2. Beschwerdekammer des [X.] v. 24.01.2005 ([X.]/2003-2) - [X.]I/[X.][X.] und des [X.] Markenamts v. 23.11.2004 ([X.]ET/[X.][X.]), in denen eine [X.] aufgrund der älteren Marke "[X.][X.]" festgestellt worden ist.

Zudem habe die Widersprechende weitere Marken mit dem [X.][X.]" registriert und benutzt, nämlich neben der Marke "[X.]AIRE" vor allem die in [X.] umfangreich benutzte Marke [X.] 029 - "[X.]". Es bestehe daher zumindest eine assoziative [X.]. Dies gelte umso mehr, als auch die angegriffene Marke als Kennzeichnung eines Oberflächenbeschichtungsmittels verwendet werde. Angesichts der Serienmarken "[X.][X.]" und "[X.]" der Widersprechenden liege es daher für den Verkehr nahe, auch die Marke "[X.]" als Marke der Widersprechenden anzusehen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach Auffassung der Markeninhaberin besteht keine [X.]. Zunächst könne nicht von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden. Die von der Widersprechenden vorgetragenen Umsätze bestreitet die Markeninhaberin mit Nichtwissen. Soweit die Widersprechende eine Bekanntheit des Namens "[X.][X.]" geltend gemacht habe, beziehe sich die Bekanntheit weniger auf ihre Marke als vielmehr auf das jeweilige Endprodukt, etwa die allgemein bekannten "[X.]-Pfannen". Insofern sei der Begriff "[X.]" im allgemeinen Sprachgebrauch ein Synonym für die entsprechend beschichteten Pfannen geworden. Nur insoweit bestehe eine Bekanntheit des Produkts und des Markennamens.

Zudem seien die beiderseitigen Marken unähnlich. Die angegriffene Marke "[X.]" sei im Gegensatz zur Widerspruchsmarke "[X.][X.]" dreisilbig, dominiert von den hellen Vokalen "E" und "A", wobei sich ein völlig anderer Sprechrhythmus mit Betonungsschwerpunkt auf der Silbe "[X.]" ergebe. Gerade diese Mittelsilbe als prägender Wortteil finde sich in der [X.] nicht wieder. Zudem hätten die Endsilben "[X.]" und "[X.]" ein völlig abweichendes Buchstaben- und Lautbild. Bei der jüngeren Marke sei der Mittelteil "[X.]" prägend, während dies bei der Widerspruchsmarke die beiden Silben "[X.]" und "[X.]" seien. Dabei werde die Widerspruchsmarke praktisch als einsilbig wahrgenommen mit allenfalls einer Hervorhebung der Silbe "[X.]" in der Aussprache. Die [X.] von "[X.]" bedinge auch zwei zusätzliche Buchstaben. Daher seien auch die weiteren von der Widersprechenden genannten Entscheidungen nicht mit den hier streitgegenständlichen Marken vergleichbar.

Die Widersprechende könne auch nicht die vier ersten Buchstaben "[X.]" als prägendes und identisches Merkmal beider Marken hervorheben. Denn jedenfalls der Buchstabe "L" sei bei der jüngeren Marke "[X.]" Bestandteil der zweiten Silbe "[X.]", wobei der Mittelbereich "[X.]" sprachlich als Einheit gesehen werde. Zudem stehe die [X.] "[X.]" bei der Widerspruchsmarke offenbar für den Beschichtungsgrundstoff "[X.]", so dass ihm markenrechtlich kein besonderes Gewicht zukommen könne. Die dreisilbige jüngere Marke setze sich hingegen aus drei Bestandteilen zusammen ("[X.]" für "[X.]", "[X.]" für "flexibel", "[X.]" für "anorganisch"), wobei sie sich grundlegend von der Widerspruchsmarke unterscheide, da sich dort der Mittelteil "[X.]" nicht wiederfinde.

Bei den Marken "[X.]K[X.]" und "[X.]ET", die als jüngere Marken Gegenstand von erfolgreichen Widerspruchsverfahren der Widersprechenden gewesen seien, handele es sich hingegen um wesentlich eher verwechselbare Marken als die vorliegend angegriffene Marke "[X.]". Bei "[X.]K[X.]" sei nur ein Buchstabe verändert, bei "[X.]ET" liege ebenfalls eine zweisilbige Marke mit gleicher Buchstabenzahl und gleichem Sprechrhythmus vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Zwischen den Marken besteht [X.] i. S. d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

[X.] liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von [X.] ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der [X.] kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042, Rdn. 28 - [X.] LIFE; [X.], 343, Nr. 33 - [X.]/[X.] ("[X.]"), jew. m. w. N.).

Insbesondere bestimmt sich die [X.] anhand einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der [X.] oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. [X.] 2002, 544, 545 - B[X.]K 24 m. w. N.; GRUR 2002, 1067 - [X.]/[X.]; GRUR 2003, 963 - [X.]/[X.]us).

a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wird vom [X.] als sehr hoch beurteilt. Bei der Kennzeichnung "[X.][X.]" handelt es sich um eine seit Jahrzehnten benutzte Traditionsmarke der Widersprechenden, die auch breiten [X.] als Beschichtung zahlreicher Waren, insbesondere im Bereich der Küchenutensilien und der Bekleidung bekannt ist. Abgesehen davon, dass die Widersprechende hierfür Belege eingereicht hat, wie zuletzt eine Markenuntersuchung aus dem [X.], ist eine solche Bekanntheit im Grundsatz auch nicht von der Inhaberin der angegriffenen Marke bestritten worden. Vielmehr bestätigt sie ausdrücklich die Bekanntheit des Namens "[X.]", wendet aber sinngemäß ein, dass sich "[X.][X.]" zu einer Bezeichnung für einen bestimmten [X.] entwickelt habe, so dass er vom Verkehr nicht als Marke, sondern als (beschreibende) Gattungsbezeichnung verstanden und verwendet werde (vgl. Schriftsätze der Markeninhaberin vom 13. Juni 2005 und vom 17. Januar 2011). Ähnliche Erwägungen hat der [X.] angestellt, der den dahingehenden Einwand der Markeninhaberin aufgegriffen und - ohne entscheidungserheblich darauf abzustellen - von einem "sehr häufig als Substanzbezeichnung" verwendeten Begriff gesprochen hat, dessen Bekanntheit nicht gleichzeitig als Bekanntheit der Marke "[X.][X.]" gewertet werden könne.

Hieraus kann die Markeninhaberin jedoch aus verschiedenen Gründen nichts für sich herleiten. Die Umwandlung einer Marke zur Gattungsbezeichnung, auf die der o. g. Vortrag sinngemäß abzielt, stellt einen [X.] nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 [X.] dar, der grundsätzlich nur im Wege der [X.] vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden kann (§ 55 Abs. 1 [X.]). Allerdings hat der [X.] in seiner Entscheidung [X.], 338 - [X.]/[X.] festgestellt, dass der Verfall einer Marke wegen Umwandlung zur Gattungsbezeichnung unter Umständen auch im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren als ein die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (negativ) beeinflussender Faktor berücksichtigt werden kann (a. a. O., Leitsatz 1), da der Verfall die wohl stärkste nachträgliche Schwächung der Kennzeichnungskraft einer Widerspruchsmarke zur Folge hat. Jedoch müssen die hierfür maßgeblichen Umstände im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren liquide sein.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Da häufig besonders wertvolle und bekannte Marken der Gefahr einer Umwandlung zur Gattungsangabe unterliegen (z. [X.], [X.], Saccharin, Kaffee Hag), sind an die Feststellung einer Umwandlung strenge Anforderungen zu stellen. Nur, wenn lediglich noch ein völlig unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise eine Herkunftsvorstellung mit dem Zeichen verbindet und wenn der Prozess der Umwandlung auf einem Verhalten oder der Untätigkeit des Markeninhabers beruht, kann der [X.] erfüllt sein (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 9. Aufl., § 49, Rdn. 30, 31).

Solche Umstände sind von der Markeninhaberin nicht vorgetragen worden, im Übrigen wären sie von der Widersprechenden unter Vorlage von Markenuntersuchungen zum Markenbewusstsein und Beispielen für Markenverwendungen von Lizenznehmern substantiiert bestritten bzw. widerlegt worden. Sie sind somit nicht liquide. Dann aber muss die unbestritten hohe Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke, die offenbar so groß ist, dass die Marke von Teilen der Verbraucher stellvertretend für eine ganze Warengattung verwendet wird, (umgekehrt) der Kennzeichnungskraft der Marke zugute kommen.

gewerbliche Verkehrsteilnehmer, d. h. Hersteller, Händler und Abnehmer von chemischen Beschichtungen als Vorprodukte (z. [X.]). Ist die Widerspruchsmarke - unstreitig und im Übrigen belegt - selbst bei Endverbrauchern weithin bekannt (s. o.), sogar in Zusammenhang mit Waren, die gegenüber Beschichtungen auf einer späteren Produktionsstufe stehen, so muss dies erst recht für Fachleute gelten, die sich beruflich mit Beschichtungen befassen. Von solchen Fachleuten muss aber umso mehr erwartet werden, dass sie mit den Produktkennzeichnungen auf ihrem Gebiet so vertraut sind, dass sie jedenfalls die seit Jahrzehnten verwendete Marke des marktführenden Beschichtungsprodukts einem bestimmten Betrieb zuordnen können und nicht etwa versehentlich für eine bloße Gattungsbezeichnung halten. Nach alledem muss der Widerspruchsmarke eine außergewöhnlich hohe Kennzeichnungskraft zugebilligt werden.

b) Die sich gegenüberstehenden Waren sind identisch, da chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke für beide Marken eingetragen sind.

c) Den damit zu fordernden sehr deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke nicht mehr ein.

fl exan / Te fl on) sowie der am Markenende (im Vergleich zum Wortinneren) leichter wahrnehmbare identische Schlussbuchstabe "N". In klanglicher Hinsicht sind am Markenende zusätzlich die beiden klangverwandten, da beiderseits dunklen Vokale A und O zu berücksichtigen, so dass die Endungen "[X.]" bzw. "ON" der Marken ähnlich klingen.

Der [X.] verkennt nicht, dass beide Marken in Form der in der jüngeren Marke zusätzlich vorhandenen Mittelsilbe "(F)[X.]" auch über einen beachtlichen klanglichen und schriftbildlichen Unterschied verfügen, der durch den Sinnanklang an den Begriff "flexibel" und den [X.]" (gesprochen: "ks") sowie die damit verbundene Verlängerung der jüngeren Marke nicht einfach übergangen werden kann. Hinzu kommen Unterschiede bei der Betonung ("[X.][X.]" bekanntermaßen auf der ersten Silbe, "[X.]" entsprechend der bei chemischen Begriffen (z. B. "Methan", "Polyurethan") üblichen Endung auf der letzten Silbe). Auch ist zu berücksichtigen, dass sich die beiderseitigen Waren an [X.] wenden, die mit den Marken auf ihrem Gebiet vertraut sind und deren Unterschiede leichter erkennen. Im Falle einer nur "normal" gesteigerten Kennzeichnungskraft oder bei nicht identischen Waren wäre daher eine [X.] anders zu beurteilen gewesen.

Jedoch stellt die [X.] einen Rechtsbegriff dar, bei dem es um die Frage geht, welcher Schutzumfang einer Marke zukommt und welchen Abstand sie damit von der jüngeren Marke fordern kann (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 9, Rdn. 10). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich die jüngere Marke gerade im charakteristischen Wortanfang "[X.]", der immerhin zwei Drittel der Widerspruchsmarke ausmacht, erkennbar an diese annähert. Die Widersprechende hat darlegen können, dass eine weitere Marke mit diesem Markenanfang nicht in der Klasse 1 eingetragen ist, jedenfalls nicht für [X.]e verwendet wird.

Zudem konnte der [X.] nicht feststellen, dass die Buchstabenfolge "[X.]" oder "[X.]" eine Fachabkürzung für "[X.]" darstellt. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich diese Buchstabenfolge in der chemischen oder technischen Fachliteratur, insbesondere in [X.], hierfür als Sachabkürzung findet. Im Übrigen handelt es sich bei dem von der Widersprechenden verwendeten [X.] um ein polymerisiertes [X.], also Polyfluorethylen. Hierfür wird, wie aus den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen hervorgeht, die (Fach-)Abkürzung "PTFE" verwendet. Bei dem ersten Teil "[X.](L)" der Widerspruchsmarke handelt es sich damit offenbar nur um eine selbst kreierte Abkürzung, die keinen Eingang in den beschreibenden fachlichen Sprachgebrauch gefunden hat.

Aus den von ihr vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Markenuntersuchung von [X.] (vorgelegt mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010), geht zudem hervor, dass die Marken der (jedenfalls der bekannteren) Konkurrenzprodukte anders gebildet sind, insbesondere nicht die [X.] "[X.](L)" aufweisen (z. B. "[X.], "[X.]", "[X.]", "Secural", "Durit", "Thermolon", "[X.]", "[X.]", "[X.]"). Der gut informierte [X.] wird sich unter diesen Umständen angesichts der Marke "[X.]" an die bekannte Widerspruchsmarke erinnert fühlen und bemerken, dass hier eine klare Annäherung in einer charakteristischen [X.] an diese vorliegt. Dies hat der Inhaber einer berühmten Marke im identischen Warenbereich nicht zu dulden.

Angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls war daher eine [X.] i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] festzustellen, so dass die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 [X.] aufzuerlegen.

Meta

33 W (pat) 45/09

08.02.2011

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.02.2011, Az. 33 W (pat) 45/09 (REWIS RS 2011, 9713)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9713

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