Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.10.2015, Az. 30 W (pat) 15/14

30. Senat | REWIS RS 2015, 3076

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ECOFILL/COFILL (Gemeinschaftsmarke)" – teilweise Warenidentität, teilweise fehlende Warenähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – teilweise klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 001 605

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des [X.] vom 13. März 2013 und vom 10. Februar 2014 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 4 904 876 im Hinblick auf die von der angegriffenen Marke 30 2011 001 605 umfassten Waren „Mischerzeugnisse auf der Basis von Quarzsand, soweit in Klasse 1 enthalten“ zurückgewiesen worden ist. In dem genannten Umfang wird die Löschung der Marke 30 2011 001 605 angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 12. Januar 2011 angemeldet und am 1. März 2011 unter der Registernummer 30 2011 001 605 für folgende Waren in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden:

4

„Klasse 1:

5

Quarzsand ([X.]), insbesondere gemahlener Quarzsand, und Mischerzeugnisse auf der Basis von Quarzsand, soweit in Klasse 1 enthalten;

6

[X.]:

7

Quarzsand als Baumaterial“.

8

Gegen diese Marke, deren [X.]intragung am 1. April 2011 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der am 13. Februar 2006 angemeldeten und am 5. März 2007 eingetragenen [X.]smarke 4 904 876

9

[X.]

die für die Waren der

„Klasse 1:

[X.]hemische [X.]rzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich Zusatzmittel zu Gummi- und Kunststoffmischungen zur Verbesserung der Haftung dieser Mischungen auf Textil- und Metallgewebe sowie auf Drähten“

eingetragen ist.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat unter Vorlage eines Internetauszuges mit einer Produktinformation über die [X.]-Produkte der Widersprechenden eine über „Haftvermittler, sprich [X.]“ hinausgehende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Widersprechende hat hierauf eine eidesstattliche Versicherung vom 8. Oktober 2012, in der u. a. die Umsätze der Produkte [X.] / [X.] GR im Zeitraum der Kalenderjahre 2006 bis 2011 dargelegt werden, nebst Anlagen vorlegt.

Mit Beschlüssen vom 13. März 2013 und vom 10. Februar 2014, von denen letzterer im [X.]rinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 1 den Widerspruch zurückgewiesen, da eine [X.] zwischen den Kollisionsmarken im betroffenen [X.] zu verneinen sei.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die Widerspruchsmarke sei im maßgeblichen Zeitraum zur Produktkennzeichnung in [X.] umfangreich und somit in der [X.] ernsthaft benutzt worden. Die angegriffenen Waren der Klasse 1 "

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei als durchschnittlich einzustufen. Denn die [X.]ndsilbe "-[X.]" ([X.] für "Füllung, (auf)füllen") weise zwar auf die Waren als Füllstoffe hin. Zusammen mit der Anfangssilbe "[X.]O" komme dem Markenwort jedoch kein eindeutig beschreibender Sinngehalt zu. Anhaltspunkte für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft lägen nicht vor.

Der demnach erforderliche Abstand zwischen den Marken werde vorliegend jedoch in jeder Hinsicht eingehalten, denn die Kollisionsmarken seien nicht ähnlich. So seien die schriftbildlichen Unterschiede zwischen dem runden Anfangsbuchstaben "[X.]" der Widerspruchsmarke und dem geraden "[X.]" in der jüngeren Marke auffallend, wenn sie auch bei Kleinschreibung der Marken  ([X.]/cofill) geringer ausfielen. [X.] unterschieden sich die Marken deutlich, da die angegriffene Marke erkennbar die Abkürzung "eco" (für [X.] "ecological" oder auch "economical") enthalte, mit der auf ökologische/ökonomische [X.]igenschaften der Waren hingewiesen werden könne. Die klanglichen Unterschiede zeigten sich in [X.] und [X.]; zudem liege die Betonung der angegriffenen Marke auf der Anfangssilbe "[X.]", wogegen die Widerspruchsmarke auf der Silbe "[X.]O" betont werde. Der eindeutige Sinngehalt der angegriffenen Marke sei zudem geeignet, Verwechslungen zwischen den Marken entgegenzuwirken. Auch seien als beteiligte Verkehrskreise Fachkreise anzusehen, die üblicherweise über die Marken auf ihrem Fachgebiet gut unterrichtet seien und neuen Kennzeichnungen mit größerer Aufmerksamkeit begegneten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Die Widersprechende hat die Beschwerde nicht begründet. Im Verfahren vor der Markenstelle hatte sie vorgetragen, es sei von [X.] bzw. sogar [X.] auszugehen. Der Produktinformation für „[X.]“ könne entnommen werden, dass es sich um eine Mischung von [X.] mit Quarz (Kieselsäure) im Gewichtsverhältnis 1:1 handele. Weiterhin gehe aus einem [X.]intrag des Fachlexikons RÖMPP Online unter dem Stichwort "Quarz" hervor, dass die Bezeichnungen "Siliciumdioxid" bzw. "Kieselsäure" als Synonyme für "Quarz" verwendet würden. Ausgehend hiervon bestehe [X.] bzw. sogar [X.], insbesondere im Verhältnis der [X.] zu den "Mischerzeugnissen auf der Basis von Quarzsand (…)". Unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände sei von [X.] auszugehen, zumal die Widerspruchsmarke "[X.]" vollständig in der jüngeren Marke enthalten sei. Insofern sich beide Marken lediglich durch den Anfangsbuchstaben "[X.]" in der angegriffenen Marke unterschieden, könne dies  eine [X.] nicht ausschließen.

Nach der in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2015 erklärten teilweisen Rücknahme des Widerspruchs in Bezug auf die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der [X.] beantragt die Widersprechende,

die angefochtenen Beschlüsse des [X.]s aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren der Klasse 1 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, es bestehe schon keine [X.]. Dies sei für das Rohmaterial „Quarzsand ([X.])" und die [X.] offensichtlich. Bei den „Mischerzeugnissen auf der Basis von Quarzsand (…)“ handele es sich ausweislich des [X.] lediglich um eine beispielhafte Konkretisierung des Warenoberbegriffs „[X.]“. Aber auch in tatsächlicher Hinsicht blieben die „[X.]" ein Rohmaterial und seien somit unähnlich zu den weiterverarbeiteten "chemischen [X.]rzeugnissen (…)“ der Widerspruchsmarke. Außerdem würden die Waren in sehr unterschiedlichen Phasen eines Produktionsprozesses eingesetzt; denn die Waren der angegriffenen Marke würden nie dem [X.]ndverbraucher zur Verfügung gestellt, sondern ausschließlich als Rohmaterial an weitere Firmen als "Quarzsand ([X.])" abgeben und erst dort weiter verarbeitet. Dies führe dazu, dass die Vertriebskanäle sehr unterschiedlich seien und kein Durchschnittsverbraucher die Marken nebeneinander im Regal wahrnehmen werde; denn "[X.]" werde an den [X.]ndkunden über den [X.]inzelhandel, z. B. in Baumärkten, abgegeben.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei gering. Der [X.] „-FlLL" sei ein für den Durchschnittsverbraucher verständlicher beschreibender Bestandteil für "Füllung“ und habe daher eine wenig ausgeprägte Bedeutung. Damit seien die dominierenden [X.]lemente für den [X.] "[X.]O" und "[X.][X.]O". Diese [X.]lemente würden indes anders geschrieben und ausgesprochen ("KO" zu "[X.]-KO"). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass der Verkehr dem Wortanfang seine besondere Aufmerksamkeit widme, sei eine Zeichenähnlichkeit nicht gegeben.

Wegen der weiteren [X.]inzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache im tenorierten Umfang [X.]rfolg.

Nachdem die Beschwerdeführerin den Widerspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Hinblick auf die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der [X.] zurückgenommen hat, sind Gegenstand des Verfahrens lediglich noch die von der angegriffenen Marke 30 2011 001 605 beanspruchten Waren der  Klasse 1.

Insoweit besteht für die angegriffenen Waren „

Im Übrigen, hinsichtlich der weiteren angegriffenen Waren („

1. Ob [X.] vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des [X.]uropäischen Gerichtshofes als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des [X.]inzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. [X.]uGH [X.] 2013, 923, Nr. 34 - [X.]; [X.], 1098, Nr. 44 - [X.]/[X.]; [X.], 933, Nr. 32 - [X.]; [X.] 2015, 176, Nr. 9 - [X.]/[X.]; [X.] 2014, 488, Nr. 9 - D[X.]SP[X.]RADOS/D[X.]SP[X.]RADO). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im [X.]inzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der [X.] eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. [X.] 2015, 176, Nr. 9 - [X.]/[X.]; [X.] 2014, 488, Nr. 9 - D[X.]SP[X.]RADOS/D[X.]SP[X.]RADO; [X.] 2014, 382, Nr. 14 - R[X.]AL-[X.]hips).

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken im tenorierten Umfang die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen.

2. Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke gemäß §§ 43 Abs. 1, 26 Abs. 1 [X.] die Benutzung der Widerspruchsmarke für alle Waren mit Ausnahme von „Haftvermittlern“ bestritten hat und die Widersprechende eine weitergehende Benutzung ihrer Marke auch nicht geltend gemacht hat, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von diesen Waren auszugehen.

Die Markeninhaberin hat zwar die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, diese [X.] bezog sich jedoch von vornherein und ohne Vorbehalt nicht auf "Haftvermittler“. Insoweit hat die Markeninhaberin vielmehr selbst eine Produktbeschreibung der [X.]-Produkte der Widersprechenden vorgelegt ([X.]. 70 [X.]) und vorgetragen, die Widerspruchsmarke werde ausschließlich im Sinne dieser Produktbeschreibung für „Haftvermittler sprich [X.]“ genutzt. Soweit die [X.] somit eingeschränkt erhoben worden ist, ist anzumerken, dass die Widersprechende eine über den Inhalt der Produktbeschreibung hinausgehende Benutzung weder behauptet, noch diesbezügliche Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorgelegt hat. Somit ist von diesen Waren auszugehen, wobei es dahinstehen kann, ob der für die Widerspruchsmarke im Register eingetragene Warenbegriff „

3. Auf Seiten der angegriffenen Marke nehmen an dem [X.] zwei [X.] teil, nämlich einerseits „

[X.]ntgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke, der die Markenstelle in ihrem [X.]rstbeschluss noch gefolgt ist, handelt es sich bei den „

4. Ausgehend hiervon liegen die [X.] und die angegriffenen Waren der Klasse 1 „

a) [X.]ine Ähnlichkeit von Waren ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.]rbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer [X.]igenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der [X.] wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggfls. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie - was zu unterstellen ist - mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. [X.]uGH [X.] 1998, 922, 923 f., Nr. 22 - 29 - [X.]anon; [X.]uGH [X.] 2006, 582, Nr. 85 - [X.]; [X.] 2006, 941, Nr. 13 - TOS[X.]A [X.]; [X.] 2004, 241, 243 - GeDIOS; [X.] 2001, 507, 508 - [X.]VIAN/R[X.]VIAN; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 9 Rdn. 59 m. w. N.).

b) In Anwendung der dargelegten Grundsätze liegen die angegriffenen Waren „

Die Markenstelle hat hierzu mit Recht ausgeführt, dass sich „

Wegen des damit festzustellenden [X.] ist die Annahme einer [X.] von vornherein ausgeschlossen ist, so dass die Beschwerde insoweit zurückzuweisen war. Denn nach der ständigen Rechtsprechung kann eine absolute Warenunähnlichkeit selbst bei (unterstellter) Identität der Zeichen nicht, selbst nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, ausgeglichen werden (st. Rspr.; vgl. [X.]uGH, [X.] Int. 2009, [X.]. 34 - WAT[X.]RFORD ST[X.]LL[X.]NBOS[X.]H, [X.], [X.] 2014, 488, Rdnr. 9 - D[X.]SP[X.]RADOS/D[X.]SP[X.]RADO; [X.] 2012, 1145 Rdnr. 34 - [X.]; [X.] 2009, 484, Rdnr. 25 - M[X.]TROBUS).

c) Soweit die angegriffene Marke „

aa) Unter den weit gefassten Warenoberbegriff der „

[X.]ntgegen der Argumentation der Markeninhaberin ist der Warenoberbegriff somit nicht auf Quarzsand als „Rohstoff“ beschränkt, sondern umfasst vielmehr auch (ggf. chemisch) weiterverarbeitete [X.] auf unterschiedlichen Fertigungsstufen. Der Zusatz "s

Insoweit die Markeninhaberin schließlich vorträgt, die Waren der angegriffenen Marke würden ausschließlich als „Rohmaterial Quarzsand in Rein- und Mischform“ an weitere Firmen abgegeben und erst dort weiterverarbeitet, kann dies dahinstehen. Die Argumentation übersieht, dass es alleine auf die im Register enthaltenen [X.] ankommt; der beabsichtigte oder erfolgte tatsächliche [X.]insatz der Marke ist dagegen unerheblich (vgl. [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rn. 71).

bb) Ausgehend von dem nach alledem weit gefassten Warenoberbegriff „

Somit lassen sich unter den weit gefassten Warenoberbegriff der angegriffenen Marke auch „Haftvermittler“ im Sinne der [X.] subsumieren, insofern letztere zu einem beliebigen Anteil Quarzsand enthalten und daher auch „

cc) Lediglich ergänzend und zur Klarstellung - und im Hinblick auf die diesbezüglichen [X.]rwägungen im [X.]rinnerungsbeschluss - ist anzumerken, dass auch die [X.]-Produkte der Widersprechenden selbst vom angesprochenen [X.] sowohl als „Haftvermittler“ im Sinne der Widerspruchsmarke als auch als „Mischerzeugnisse auf der Basis von Quarzsand (…)“ wahrgenommen werden können und daher ihrerseits die [X.] belegen.

Für die Beurteilung der [X.] kommt es nach den bereits dargelegten Grundsätzen darauf an, ob die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbunden Unternehmen.  Zwar hat die Markenstelle zutreffend ausgeführt, dass sich „Quarzsand“ und „Kieselsäure“, wie sie ausweislich der Produktbeschreibung ([X.]. 70 [X.]) in den Produkten der Widerspruchsmarke enthalten ist, chemisch in der jeweiligen Summenformel unterscheiden. Gleichwohl hat die Widersprechende belegt, dass selbst Fachartikel zur chemischen Beschaffenheit von „Quarz“ daraufhin hinweisen, dass "Kieselsäure" als Synonym für Siliziumdioxid und damit für Quarz(sand) verwendet wird (vgl. Römpp Lexikon [X.]hemie Online, Version 3.19, Stichwort „Quarz“ = [X.]. 52 ff. [X.]). Ausgehend hiervon muss davon ausgegangen werden, dass in den beteiligten Verkehrskreisen, auch in Fachkreisen, eine Gleichsetzung von „Kieselsäure“ und „Quarzsand“ („Siliziumdioxid“) stattfinden kann. In diesem Sinne trägt auch die Widersprechende unwidersprochen vor, bei ihren Produkten handele es sich um „feinvermahlenen Quarzsand („Kieselsäure“) mit [X.] im Gewichtsverhältnis 1:1“. Legt man dies zugrunde, können die [X.]-Produkte der Widersprechenden, die sich ausweislich der Produktbeschreibung gut in Gummimischungen dispergieren lassen und diesen beigegeben werden, um hohe statische und dynamische Haftwerte an Textilien oder Stahlcord zu erzielen, sowohl als „

5. Die Widerspruchsmarke „[X.]“ verfügt, wie auch die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, im maßgeblichen [X.] von Haus aus über eine normale (durchschnittliche) Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. [X.] 2013, 833, [X.] – [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria).

Anhaltspunkte für eine originäre Kennzeichnungsschwäche bestehen nicht.

. Durch die Verbindung mit der Anfangssilbe „[X.]O-“ kann die Widerspruchsmarke in ihrer für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen Gesamtheit indes nicht als kennzeichnungsschwach angesehen werden. Bei dem zusammengesetzten Wort „[X.]“ handelt es sich um ein Kunstwort ohne beschreibenden [X.]harakter im Hinblick auf die beanspruchten Waren.

Andererseits ist auch keine erhöhte  Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde zu legen. Die von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen (die [X.]idesstattliche Versicherung vom 8. Oktober 2012 nebst Anlagen) beschränken sich im Wesentlichen auf die Angabe von Umsätzen und die exemplarische Vorlage von Rechnungskopien und lassen keine ausreichenden Rückschlüsse auf die Bekanntheit der Widerspruchsmarke zu.

Die Widerspruchsmarke weist nach alledem von Hause aus eine normale Kennzeichnungskraft auf.

[X.] und [X.] sind sich ferner in schriftbildlicher wie auch in klanglicher Hinsicht normal (durchschnittlich) ähnlich.

a) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. [X.] 2014, 382, Nr. 14 - R[X.]AL-[X.]hips; [X.] 2013, 833, Nr. 30 - [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria). Dabei ist von dem allgemeinen [X.]rfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich   gegenüberstehender   Zeichen    ist    nach    deren    Ähnlichkeit   in   Klang,

[X.] auf der einen und die angegriffene Marke [X.] auf der anderen Seite. Die Widerspruchsmarke, die kein Kurzwort mehr darstellt, ist vollständig in dem jüngeren Wortzeichen enthalten, so dass die Kollisionsmarken in sechs von sieben Buchstaben identisch sind.

c) Bei derart weitgehenden Übereinstimmungen wirkt sich der einzige Unterschied durch den zusätzlichen Anfangsbuchstaben „[X.]“ in der angegriffenen Marke optisch nicht ausreichend differenzierend aus, dies sowohl in den registrierten Markenformen (jeweils Versalien) als auch - erst recht - bei Kleinschreibung ([X.]/cofill), so dass schriftbildlich eine jedenfalls normale (durchschnittliche) Zeichenähnlichkeit festzustellen ist.

d) Ferner sind die Marken auch klanglich jedenfalls durchschnittlich ähnlich.

Zwar werden, worauf die Inhaberin der angegriffenen Marke zutreffend hinweist, [X.] im Allgemeinen stärker beachtet als die übrigen Markenteile. Doch gilt dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt. Bei weitgehenden Übereinstimmungen im Übrigen kann eine alleinige Abweichung am Wortanfang die [X.] häufig nicht ausschließen (vgl. m. w. N. [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rn. 267). So liegt der Fall auch hier. Wenngleich die jüngere Marke „[X.]“ dreisilbig ist und die Betonung auch auf der ersten Silbe liegt, besteht gleichwohl klangliche Identität in den Silben „[X.]O“ und „[X.]“. Angesichts der identischen Übernahme dieser beiden Silben ist der vorangestellte Vokal „[X.]“, auch wenn er sich am Wortanfang befindet, alleine nicht geeignet, den Gesamteindruck einer jedenfalls durchschnittlichen klanglichen Ähnlichkeit zu beseitigen, zumal er auch gegenüber der nachfolgenden [X.] „[X.]O“ nicht besonders klangstark hervortritt.

7. Ausgehend davon kann in der Gesamtabwägung angesichts der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, der zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der [X.] sowie der festgestellten [X.] eine klangliche und schriftbildliche [X.] nicht verneint werden.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass sich die hier relevanten Waren der Klasse 1, die für gewerbliche Zwecke bestimmt sind, überwiegend an Fachkreise richten. Auch wenn man davon ausgeht, dass diese Fachkreise den im Identitätsbereich befindlichen Waren mit erhöhter Aufmerksamkeit begegnen, verkleinert sich der für die Vermeidung der [X.] erforderliche [X.] nur geringfügig und wird vorliegend, in der Gesamtabwägung der genannten Faktoren, nicht eingehalten.

Der Annahme einer [X.] steht schließlich auch nicht entgegen, dass die jüngere Marke sich aufgrund ihres vermeintlichen Sinngehaltes von der Widerspruchsmarke entferne. Zwar können Übereinstimmungen im Wort- und Klangbild durch Unterschiede im Sinngehalt so reduziert werden, dass eine [X.] zu verneinen ist. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Sinngehalt vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort  erfasst  wird und sein Verständnis keinen weitergehenden Denkvorgang erfordert ([X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rn. 289, 291 ff.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Vielmehr stehen sich [X.] gegenüber, die so weder in der Umgangs- noch in der Fachsprache vorkommen.

Nach alledem war der Beschwerde im tenorierten Umfang stattzugeben.

8. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 15/14

29.10.2015

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.10.2015, Az. 30 W (pat) 15/14 (REWIS RS 2015, 3076)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3076

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

28 W (pat) 580/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "DESPERADO/DESPERADOS (IR-Marke)" - rechtserhaltende Benutzung – keine Warenähnlichkeit zwischen "Bier" und Snackartikeln – …


28 W (pat) 580/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren "DESPERADO/DESPERADOS (IR-Marke)" – Verwechslungsgefahr -


25 W (pat) 81/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – „Sammy’s/Sammy’s Super Toasties/Sammy’s Super Sandwich“ – keine Glaubhaftmachung der rechterhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke …


30 W (pat) 21/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "TITAN Shield (Wort-Bild-Marke)/TitanFuge (Unionsmarke)/Sopro Titan" – zur Einrede mangelnder Benutzung – fehlende Glaubhaftmachung …


25 W (pat) 51/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Pfeffi/Pfeffi" – zur Warenähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – teilweise unmittelbare Verwechslungsgefahr


Referenzen
Wird zitiert von

29 W (pat) 26/15

27 W (pat) 14/17

26 W (pat) 62/14

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.