Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.10.2014, Az. 2 StR 202/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 2153

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Gegenstand

Strafverfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger: Neuvornahme der Gesamtstrafenbildung nach fehlerhaft gebildeter früherer Gesamtstrafe


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. Februar 2014 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger unter Einbeziehung der Strafen aus den Urteilen des [X.] vom 4. Mai 2011 und 8. September 2011 sowie der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.]s Aachen vom 26. September 2013 unter Auflösung der in der letztgenannten Entscheidung verhängten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

2

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

3

Während der Schuld- und Strafausspruch aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] nicht zu beanstanden sind, hält die Bildung der Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

4

Das [X.] hätte die Freiheitsstrafen von jeweils zwei Monaten aus den Vorverurteilungen des [X.] vom 4. Mai 2011 und 8. September 2011 nicht in die nachträglich gebildete Gesamtstrafe einbeziehen dürfen, da diese Strafen bereits vollständig verbüßt waren und gemäß § 55 Abs. 1 StGB die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe mit bereits erledigten Strafen nicht in Betracht kommt (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 55 Rn. 6). Dass bereits das [X.] Aachen in seinem eine eigene Sachentscheidung enthaltenen Berufungsurteil vom 26. September 2013 die Freiheitsstrafen aus den vorgenannten Urteilen des [X.] rechtsfehlerhaft in die nachträgliche Gesamtstrafe einbezogen hatte, obwohl die Strafen auch zu diesem Zeitpunkt bereits verbüßt waren (vgl. hierzu [X.], 12. Aufl., § 55 Rn. 24 f.), führt zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Denn für die nachträgliche Gesamtstrafenbildung ist die tatsächlich gegebene materielle Gesamtstrafenlage maßgeblich, so dass eine fehlerhaft gebildete frühere Gesamtstrafe aufzulösen und die Gesamtstrafenbildung insgesamt neu vorzunehmen ist ([X.], Beschluss vom 24. März 1988 - 1 [X.], [X.]St 35, 243, 244 f.; Beschluss vom 5. Dezember 1990 - 3 [X.], [X.]R StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Strafen, einbezogene 4). Da eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nicht mehr möglich war, hätte das [X.] einen Härteausgleich erwägen müssen (vgl. Fischer aaO § 55 Rn. 21).

5

Dagegen ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass die Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.]s Aachen vom 26. September 2013 in die nachträgliche Gesamtstrafenbildung einzubeziehen waren, weil insoweit die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 StGB vorlagen.

6

Darüber hinaus waren auch hinsichtlich des weiteren unerledigten Urteils des [X.] vom 3. Juli 2013, mit dem gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10 Euro verhängt worden ist, die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 StGB erfüllt. Eine Entscheidung über die Einbeziehung dieser Strafe hat das [X.] indes rechtsfehlerhaft nicht getroffen. Der Umstand, dass das [X.] Aachen in seinem Urteil vom 26. September 2013 gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von einer Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Urteil des [X.] vom 3. Juli 2013 abgesehen hatte, hinderte das [X.] nicht, die Geldstrafe in die von ihm neu zu bildende Gesamtstrafe einzubeziehen; vielmehr hätte das [X.] diesbezüglich eine eigenständige Entscheidung gemäß § 53 Abs. 2 StGB treffen müssen (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Mai 2007 - 5 StR 24/07, [X.], 232; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1251 f.).

Appl                     Schmitt                        Eschelbach

               Ott                          Zeng

Meta

2 StR 202/14

15.10.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 4. Februar 2014, Az: 65 KLs 24/13

§ 55 StGB, § 179 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.10.2014, Az. 2 StR 202/14 (REWIS RS 2014, 2153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2153

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Referenzen
Wird zitiert von

5 StR 247/23

2 StR 572/15

2 StR 572/15

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