Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2020, Az. I ZR 143/19

I. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11395

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:230720BIZR143.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 143/19
Verkündet am:

23. Juli
2020

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 23.
April 2020
durch [X.], die Richter Prof. Dr.
Schaffert
und
Feddersen und
die Richterinnen
Pohl und Dr.
Schmaltz

beschlossen:
I.
Das Verfahren wird ausgesetzt.
[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] werden
zur Ausle-gung von Art.
31 Abs.
3
Unterabs.
2 und Art.
33 Abs.
2 Unter-abs.
2 der Verordnung
([X.]) Nr.
1169/2011 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 25.
Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur [X.]
([X.]) Nr.
1924/2006 und
([X.]) Nr.
1925/2006 des [X.] und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der [X.], der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/[X.] der [X.], der Richtlinie 2000/13/[X.] des [X.] und des Rates, der [X.]/[X.] und 2008/5/[X.] der [X.] und der Verord-nung
([X.]) Nr.
608/2004 der [X.] ([X.]
L
304 vom 22.
November 2011, S.
18; im Weiteren: Lebensmittelinformati-onsverordnung -
[X.]) folgende Fragen
zur Vorabentschei-dung vorgelegt:
1.
Ist Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.] dahin auszulegen, dass diese Regelung allein für Lebensmittel gilt, bei denen eine Zubereitung erforderlich und die [X.] vorgegeben ist?
2.
Falls Frage
1 zu verneinen ist:
Meint die Wortfolge "je 100
g"
in Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.]
allein
100
Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs
oder aber -
zumindest auch
-
100
Gramm des zuberei-teten
Lebensmittels?
-
3
-

Gründe:
I. Die Beklagte stellt unter anderem das vorverpackte Lebensmittel
"Dr.
O.

Vitalis [X.]" her und vertreibt dieses auf dem
[X.] Markt in einer quaderförmigen Kartonverpackung. Die seitliche Schmalseite der Verpackung enthält unter der Überschrift "[X.]" Angaben zum Brennwert und zu den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäu-ren, Kohlenhydraten, Zucker,
Eiweiß und Salz, und zwar bezogen zum einen auf 100
Gramm des Produkts zum Zeitpunkt seines Verkaufs und zum anderen auf eine aus 40
Gramm dieses Produkts und 60
Milliliter Milch mit einem Fett-gehalt von 1,5% bestehende Portion des zubereiteten Lebensmittels. Auf der Vorderseite der Verpackung als dem [X.] werden die Angaben zum Brennwert und zu den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz bezogen auf eine aus 40
Gramm des Produkts und 60
Milliliter
Milch
mit einem Fettgehalt von 1,5% bestehende 100-Gramm-Portion des zubereiteten [X.] wiederholt.
Der Kläger ist der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach §
4 [X.] eingetragene [X.] und Verbraucherver-bände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Nach seiner Auffassung ver-stößt die Aufmachung des Produkts der
Beklagten dadurch gegen die [X.] über die [X.] bei Angaben je Portion, dass
auf der Schauseite der Verpackung der Brennwert nicht bezogen auf 100
Gramm des Produkts
zum Zeitpunkt des Verkaufs, [X.] bezogen auf 100
Gramm des zubereiteten Lebensmittels angegeben ist.
Mit seiner nach erfolgloser Abmahnung erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln
zu verurteilen, es zu unter-lassen, im
Rahmen geschäftlicher Handlungen für "Vitalis [X.]"
wie in der [nachstehend wiedergegebenen] Anlage
K2 abgebildet mit Nährwertinformatio-nen pro Portion zu werben bzw. werben zu lassen, ohne zusätzlich den Brenn-1
2
3
-
4
-
wert, bezogen auf 100
Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs, das heißt des nicht zubereiteten Produkts, anzugeben.
-
5
-

-
6
-

Darüber hinaus hat
der Kläger den Ersatz pauschaler
Kosten in Höhe von 214

Das Landgericht hat der
Klage stattgegeben ([X.], [X.] 2018, 247 =
[X.], 445). Die Berufung
der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt ([X.], [X.] 2019, 222 und 279 =
[X.], 257). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine
Klageanträge weiter.
[X.] Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung von Art.
31 Abs.
3 und Art.
33
Abs.
2 [X.]
ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 A[X.]V eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
1. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche als nicht aus §
8 Abs.
1 Satz
1, §
3 Abs.
1, §
3a UWG in Verbindung mit Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] und §
12 Abs.
1 Satz
2 UWG begründet angesehen und hier-zu ausgeführt:
Die als Grundlage für eine Verpflichtung der Beklagten, auf der Vorder-seite der Verpackung des Produkts außer
den bereits vorhandenen Nährwert-angaben zusätzlich dessen Brennwert zum Zeitpunkt des Verkaufs anzugeben, allein in Betracht kommende Regelung in Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] be-gründe
nach
dem systematischen Zusammenhang der einschlägigen Regelun-gen der Lebensmittelinformationsverordnung im Ergebnis keine solche Ver-pflichtung. Die

nicht streitgegenständlichen
Angaben auf der seitlichen Schmalseite der Verpackung des Produkts der Beklagten dienten der Erfüllung der in Art.
30 Abs.
1 [X.] geregelten verpflichtenden [X.]. Bei den Angaben auf der Vorderseite (Schauseite) der Verpackung handele es sich hingegen um wiederholende Angaben im Sinne von Art.
30 Abs.
3 Buchst.
b 4
5
6
7
8
-
7
-
[X.]. Insoweit müsse nach
Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] für den Fall, dass die [X.]n und der Brennwert in diesen wiederholenden Angaben lediglich je Portion ausgedrückt seien, der Brennwert (zusätzlich) auch je 100
Gramm ausgedrückt werden. Die sich dabei stellende Frage, ob
wie der Kläger meine
mit der Wortfolge "je 100
Gramm" in Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] 100
Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs oder aber

wie die Beklagte meine

(auch) 100
Gramm des zubereiteten Lebensmittels gemeint seien, sei im letztgenannten Sinne zu beantworten.
Nach Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.] dürfe sich die Brennwertangabe auch auf das zubereitete Lebensmittel beziehen, sofern
wie im vorliegenden Fall
ausreichend genaue Angaben über die Zubereitungsweise gemacht [X.] und die Informationen sich auf das verbrauchsfertige Lebensmittel bezö-gen. Für die Auffassung des [X.], unter "Zubereitung" in diesem Sinne seien nur "recht umfangreiche Arbeitsschritte" wie zum Beispiel Kochen oder Erhitzen zu verstehen, gebe es in der Lebensmittelinformationsverordnung kei-nen
Anhaltspunkt. Die Bestimmung des Art.
32 Abs.
2 [X.], wonach der Brennwert und die [X.]n je 100
Gramm oder je 100
Milliliter anzu-geben seien, sei im Zusammenhang mit Art.
31 Abs.
3 [X.] zu lesen, so dass der Brennwert nach ihr entweder in Bezug auf 100
Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs oder in Bezug auf 100
Gramm des zubereiteten [X.] anzugeben sei bzw. angegeben werden dürfe. Die Bestimmung des Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
1 [X.] als Ausnahmeregelung zu Art.
32 Abs.
2 [X.] sehe gerade für den hier gegebenen Fall des Art.
30 Abs.
3 Buchst.
b [X.] vor, dass die [X.]n ausnahmsweise auch je Portion
deren Gewicht bzw. Volumen nicht zwingend 100
Gramm bzw. 100
Milliliter betrage
ausge-drückt werden dürften. Für diese Fälle verlange Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] sodann eine Brennwertangabe sowohl in Bezug auf die Portion als auch je 100
Gramm. Es bestehe kein Grund, die Angabe "je 100
Gramm" in Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] anders zu verstehen als in Art.
32 Abs.
2 [X.], wo
auch eine Brennwertangabe in Bezug auf 100
Gramm des zubereiteten [X.]
-
8
-
bensmittels zugelassen sei.
2. Der Erfolg der Revision hängt davon ab, ob die Art. 31 Abs. 3
und Art.
33 Abs. 2 [X.] dahin auszulegen sind, dass es verboten ist, in einem Fall wie dem hier in Rede stehenden mit Nährwertinformationen pro Portion des
zubereiteten Lebensmittels zu werben, ohne zusätzlich den Brennwert je 100
g des Lebensmittels zum Zeitpunkt des Verkaufs anzugeben.
a)
Nach
Art.
30 Abs.
1 Unterabs.
1 [X.] enthält die verpflichtende Nähr-wertdeklaration
von Lebensmitteln, die -
wie das Produkt der Beklagten
-
in den Anwendungsbereich des Kapitels
IV Abschnitt
3
dieser Verordnung fallen (vgl. Art.
29 [X.]), den Brennwert (Buchst.
a) und die Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz (Buchst.
b).
Diese Anga-ben müssen nach Art.
34 Abs.
1 Satz
1 [X.] im selben Sichtfeld (Art.
2 Abs.
2 Buchst.
k [X.]) erscheinen und sind nach Art.
34 Abs.
2 Satz
1 [X.], sofern -
wie im Streitfall
-
genügend Platz vorhanden ist, in Tabellenform darzustellen, wobei die Zahlen untereinanderstehen müssen. Der Erfüllung dieser ver-pflichtenden [X.] dienen die -
nicht streitgegenständlichen

Angaben auf der seitlichen Schmalseite der Verpackung des Produkts der Be-klagten.
b) Enthält die Kennzeichnung eines vorverpackten Lebensmittels -
wie im Streitfall
-
die verpflichtende [X.] gemäß Art.
30 Abs.
1 [X.], kann auf der Verpackung nach Art.
30 Abs.
3 Buchst.
b [X.] der Brennwert zusammen mit den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz wiederholt werden.
Diese Angaben müssen nach Art.
34 Abs.
3 Unterabs.
1 Buchst.
a [X.] im [X.] (Art.
2 Abs.
2 Buchst.
l [X.]) dargestellt wer-den, können aber nach Art.
34 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.] auch in anderer als der in Art.
34 Abs.
2 [X.] bestimmten Form erscheinen.
Bei den

streitgegenständlichen
-
Angaben auf der Vorderseite der Verpackung zu Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz handelt es sich um sol-che freiwilligen, wiederholenden Angaben.
10
11
12
-
9
-
c) Es ist fraglich, ob Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.] dahin auszulegen ist, dass diese Regelung allein für Lebensmittel gilt, bei denen eine Zubereitung erforderlich und die Zubereitungsweise vorgegeben ist (Vorlagefrage
1).
[X.]) Nach
Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
1 [X.] sind der Brennwert und die [X.]n gemäß Art.
30 Abs.
1 bis
5 [X.] diejenigen des Lebensmit-tels zum Zeitpunkt des Verkaufs. Nach Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.] können sich diese Informationen gegebenenfalls auf das
zubereitete Lebensmittel be-ziehen, sofern ausreichend genaue Angaben über die Zubereitungsweise [X.] werden und sich die Informationen auf das verbrauchsfertige Lebensmit-tel beziehen.
Die Regelung des Art.
31 Abs.
3 [X.] gilt nicht nur für die ver-pflichtende [X.] (Art.
30 Unterabs.
1 [X.]), sondern auch im Falle einer freiwilligen wiederholenden [X.] (Art.
30 Abs.
3 [X.]).
bb) Die streitgegenständlichen Angaben auf der Vorderseite (im Haupt-sichtfeld) der Verpackung zu Brennwert (Energie), Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz beziehen sich nicht auf das Lebensmittel zum Zeitpunkt des Verkaufs (Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
1 [X.]), sondern auf das zubereitete [X.] (Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.]),
nämlich das mit Milch zubereitete [X.], wobei ausreichend genaue Angaben über die Zubereitungsweise [X.] werden (40
g [X.] werden 60
ml Milch mit einem Fettgehalt von 1,5% zugesetzt) und die Informationen sich auf das verbrauchsfertige Lebensmittel beziehen. Das Berufungsgericht hat nach Ansicht des Senats zutreffend ange-nommen, dass es für die Auffassung des [X.], unter "Zubereitung" im Sinne dieser Vorschrift seien nur "recht umfangreiche Arbeitsschritte" wie zum Beispiel Kochen oder Erhitzen zu verstehen, keinen
Anhaltspunkt
in der [X.]informationsverordnung gibt.
[X.]) Fraglich ist
allerdings, ob Art. 31 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.], wie die Revision in der mündlichen Revisionsverhandlung geltend gemacht hat, allein
für Lebensmittel gilt, bei denen -
wie etwa bei [X.], Puddingpulver, 13
14
15
16
-
10
-
löslichem Getränkepulver, Soßenpulver oder Backmischungen
-
eine Zuberei-tung erforderlich und zudem die Art der Zubereitung vorgegeben ist. Diese [X.] ist entscheidungserheblich, weil die zuletzt genannte Voraussetzung im Streitfall nicht erfüllt ist. [X.] kann auf unterschiedliche Weise zubereitet wer-den. Es kann beispielsweise mit Milch
oder
mit Joghurt zubereitet werden, wo-bei die Milchprodukte einen unterschiedlichen Fettgehalt haben können; außer-dem können ihm
andere Zutaten wie etwa Obst oder Honig zugesetzt werden. Die Frage ist nicht zweifelsfrei zu beantworten.
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] verlangen die einheitliche Anwendung des [X.]srechts und der [X.], dass die Begriffe einer unionsrechtlichen Vorschrift, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitglied-st[X.]ten verweist, in der Regel in der gesamten [X.] autonom und einheitlich auszulegen sind. Die Auslegung hat dabei unter Berücksichtigung nicht nur des Wortlauts der Bestimmung, sondern auch ihres [X.]s und des mit der Regelung verfolgten Zwecks zu erfolgen ([X.], Urteil vom 21.
Juni 2018

20/17, NJW 2018, 2309 Rn.
33
Oberle; Urteil vom 23.
Mai 2019
658/17, NJW 2019, 2293 Rn.
50
WB).
(2) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind unter "zubereiteten [X.]n"
grundsätzlich alle essfertig gemachten Lebensmittel zu verstehen; sie sind abzugrenzen von solchen Lebensmitteln, die -
wie etwa Obst
-
schon an sich verzehrfertig sind (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Oktober 2019 -
I
ZR
44/19, [X.], 307 Rn.
29 =
WRP 2020, 314 -
Sonntagsverkauf von Backwaren). Aus dem [X.] der Bestimmung
des Art.
31 Abs.
3 Unter-abs.
2 [X.] ergibt sich gleichfalls, dass der Begriff "zubereitetes
Lebensmittel"
grundsätzlich alle verbrauchsfertigen Lebensmittel umfasst. Allerdings könnte das diese Bestimmung einleitende Wort "Gegebenenfalls"
darauf hindeuten, dass die Vorschrift nicht sämtliche Fälle erfasst, in denen sich die Informationen auf ein
zubereitetes
Lebensmittel beziehen. Unter Berücksichtigung des 17
18
-
11
-
Zwecks der Regelung erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sie allein [X.] erfasst, bei denen die Art der Zubereitung vorgegeben ist.
Die Best-immungen über
die verpflichtende
[X.] haben gemäß Erwä-gungsgrund
35 [X.] den Zweck, die Vergleichbarkeit von Produkten in unter-schiedlichen Packungsgrößen zu ermöglichen. Um den Durchschnittsverbrau-cher anzusprechen und ihren Informationszweck zu erfüllen, sollen die [X.] zum Nährwert einfach und leicht verständlich sein (vgl. Erwägungs-grund
41 [X.]). Kann ein Lebensmittel auf unterschiedliche Weise zubereitet werden, lassen die auf den [X.] eines Herstellers bezogenen Angaben zum Brennwert und zu den [X.]n des zubereiteten [X.] regelmäßig keinen Vergleich mit entsprechenden Lebensmitteln anderer Hersteller zu. Eine hinreichende Vergleichbarkeit des [X.] und der [X.]n ist in solchen Fällen möglicherweise nur gewährleistet, wenn die Informationen
auf das Lebensmittel zum Zeitpunkt des Verkaufs [X.] sind. Dies könnte dafür sprechen, dass sich die Angaben zum Brennwert und zu den [X.]n in derartigen Fällen nicht auf das zubereitete [X.] beziehen dürfen, sondern auf das Lebensmittel zum Zeitpunkt des Verkaufs beziehen müssen.
d) Für den Fall, dass die erste Vorlagefrage verneint wird, stellt sich die Frage, ob die Wortfolge "je 100 g" in Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] allein 100
Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs oder aber -
zumindest auch
-
100
Gramm des verbrauchsfertigen Lebensmittels meint (Vorlagefra-ge
2).
[X.]) Nach Art.
32 Abs.
2 [X.] sind der Brennwert und die Nährstoffmen-gen gemäß Art.
30 Abs.
1 bis
5 [X.] je 100
g oder je 100
ml anzugeben. Zu-sätzlich zu dieser Form der Angabe können nach Art.
33 Abs.
1 Buchst.
a [X.] der Brennwert und die Mengen an Nährstoffen gemäß Art.
30 Abs.
1 bis
5 [X.] je Portion und/oder je Verzehreinheit in für Verbraucher leicht erkennbarer Wei-se ausgedrückt werden, sofern die zugrunde gelegte Portion bzw. Verzehrein-19
20
20
-
12
-
heit auf dem Etikett quantifiziert wird und die Anzahl der in der Packung enthal-tenen Portionen bzw. Verzehreinheiten angegeben ist. Abweichend von Art.
32 Abs.
2 [X.] dürfen nach Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
1 [X.] in den Fällen gemäß Art.
30 Abs.
3 Buchst.
b
[X.] die [X.]n und/oder der Prozentsatz der in Anhang
XIII Teil
B festgelegten Referenzmengen lediglich
je Portion oder je Verzehreinheit ausgedrückt werden.
In solchen Fällen wird nach Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2
[X.]
der Brennwert je 100
g oder je 100
ml und je Portion oder je Verzehreinheit ausgedrückt.
bb) Nach Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
1 [X.] durfte die Beklagte im hier in Rede stehenden Fall einer freiwilligen, wiederholenden Angabe des [X.] und der [X.]n gemäß
Art.
30 Abs.
3 Buchst.
b [X.] die Nährstoff-mengen lediglich je Portion angeben. Sie durfte die [X.] ferner -
wie geschehen
-
je Portion des zubereiteten Lebensmittels angeben, da Art.
33 Abs.
2 Unterabs. 1 [X.] gleichermaßen
für den Fall gilt, dass sich die [X.] auf das Lebensmittel zum Zeitpunkt des Verkaufs beziehen (Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
1 [X.]),
wie auch für den -
hier in Rede stehenden
-
Fall, in dem sich diese Informationen auf das zubereitete Lebensmittel beziehen (Art.
31 Abs.
3 Unterabs.
2 [X.]). Die Beklagte hat die [X.] im Streitfall auch "lediglich"
je Portion des zubereiteten Lebensmittels angegeben; dem steht nicht entgegen, dass sie die zugrunde gelegte Portion auf dem [X.] mit der Angabe "=
100
g"
quantifiziert hat.
[X.]) Die Beklagte war danach gemäß
Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] verpflichtet, den Brennwert je 100
g oder je 100
ml und je Portion oder je [X.] auszudrücken. Die Beklagte hat auch den Brennwert je Portion des zubereiteten Lebensmittels angegeben
und die Größe dieser Portion mit der Angabe "=
100
g"
quantifiziert. Es ist allerdings fraglich, ob die Beklagte mit die-ser Angabe zugleich auch ihrer Verpflichtung genügt hat, den Brennwert
"je 100
g"
anzugeben. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit der Wortfolge "je 100
g" in Art.
33 Abs.
2 Unterabs.
2 [X.] -
wie die Beklagte meint
-
zumindest 21
22
-
13
-
auch 100
Gramm des zubereiteten Lebensmittels und nicht allein -
wie der Klä-ger meint
-
100
Gramm des Lebensmittels zum Zeitpunkt des Verkaufs gemeint sind. Auch diese Frage lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten.
dd) Eine Antwort auf diese Frage lässt sich weder dem Wortlaut noch dem [X.] der Vorschrift entnehmen. Die Frage kann [X.] nur im Blick auf den Zweck der [X.] beantwortet werden.
(1) Nach Erwägungsgrund
35 Satz
1 der Verordnung ist es aus Gründen der Vergleichbarkeit von Produkten in unterschiedlichen Packungsgrößen sinn-voll, weiterhin vorzuschreiben, dass sich die verpflichtende [X.] auf Mengen von 100
g oder 100
ml beziehen sollte, und gegebenenfalls zusätz-liche Angaben auf [X.] zuzulassen. Um den Zweck einer Vergleich-barkeit von Produkten in unterschiedlichen Packungsgrößen zu ermöglichen, könnte es geboten sein, den Brennwert des Produkts zum Zeitpunkt des [X.] und nicht den Brennwert einer nach bestimmter Rezeptur zubereiteten Portion des Lebensmittels anzugeben. Möglicherweise führt
allein die Angabe des [X.] eines bestimmten Produkts zum Zeitpunkt seines Verkaufs zu der
vom [X.]sgesetzgeber gewünschten
Vergleichbarkeit mit den Produkten anderer Hersteller. Diese Produkte können wohl nicht anhand der [X.] zu Portionen in zubereitetem Zustand miteinander verglichen werden, weil schon die Art der Zubereitung im Ermessen eines jeden
einzelnen [X.] steht. Es ist allerdings grundsätzlich nicht gewährleistet, dass die eine Ver-gleichbarkeit der Produkte verschiedener Hersteller ermöglichende, auf 100
g oder 100
ml des Lebensmittels zum Zeitpunkt des Verkaufs bezogene Nähr-wertdeklaration in den Pflichtangaben oder auf der Vorderseite der Verpackung erfolgt. Sowohl die verpflichtenden als auch die freiwilligen Nährwertangaben können sich sowohl auf das Lebensmittel zum Zeitpunkt des Verkaufs als auch auf das zubereitete Lebensmittel beziehen. Die verpflichtenden Angaben müs-sen zudem nicht im [X.], sondern können auch in einem anderen Sichtfeld stehen.
23
24
-
14
-
(2) Andererseits geht aus Erwägungsgrund
41 der Verordnung hervor, dass die Informationen zum Nährwert, um den [X.] und den Informationszweck zu erfüllen, einfach und verständlich sein sollten, damit sie den Verbraucher nicht verwirren. Daraus könnte
sich ergeben, dass die verpflichtende [X.] nicht durch die möglicherweise verwirrende Wiedergabe weiterer zulässiger Angaben in anderen Sichtfeldern in den Hintergrund treten soll. Es könnte den Verbraucher verwirren, wenn neben dem Brennwert je Portion des zubereiteten Lebensmittels der Brennwert je 100
g des nicht zubereiteten Lebensmittels genannt würde (vgl. [X.], [X.], 427: "Ein solcher Wechsel der Bezugsgrößen in einer einzi-gen Auflistung von Angaben würde wohl niemandem und zumal nicht dem [X.] nützen.").
Koch
Schaffert
Feddersen

Pohl
Schmaltz
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.08.2018 -
3 [X.]/18 -

[X.], Entscheidung vom 13.06.2019 -
I-4 [X.] -

25

Meta

I ZR 143/19

23.07.2020

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2020, Az. I ZR 143/19 (REWIS RS 2020, 11395)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11395

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 U 225/22

4 U 68/23

Zitiert

I ZR 143/19

Zitieren mit Quelle:
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