Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.08.2013, Az. 2 WDB 4/13

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2013, 3146

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Gegenstand

Gerichtliches Disziplinarverfahren gegen einen früheren Soldaten; Antrag auf Auszahlung einer Übergangsbeihilfe


Gründe

I.

1

Der frühere Soldat schied nach einer achtjährigen Dienstzeit als Soldat auf [X.] am 31. März 2013 als Stabsunteroffizier aus der [X.] aus. In einem mit Verfügung des Befehlshabers [X.] vom 14. November 2011 eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren, in dem dem früheren Soldaten für den [X.]raum vom 3. Januar 2011 bis mindestens 5. September 2011 regelmäßiger und zur Dienstunfähigkeit führender Konsum des Betäubungsmittels [X.] vorgeworfen wird, verhängte die [X.] des [X.] mit Urteil vom 14. November 2012 wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die [X.]er von vierundzwanzig Monaten in Verbindung mit einer Kürzung der jeweiligen Dienstbezüge um ein Zwanzigstel auf die [X.]er von sechs Monaten. Die dagegen in vollem Umfang mit dem Ziel einer schärferen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme eingelegte Berufung der [X.] ist beim Senat unter dem [X.]. BVerwG 2 WD 7.13 anhängig.

2

Mit Schreiben vom 9. Juli 2013 beantragte der frühere Soldat "gemäß § 82 Abs. 2 [X.]" die Auszahlung seiner Übergangsbeihilfe. Diesen Antrag lehnte der [X.]disziplinaranwalt mit Bescheid vom 17. Juli 2013, dem früheren Soldaten zugestellt am 20. Juli 2013, ab, weil nach einer summarischen Prüfung des [X.] nicht auszuschließen sei, dass die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die disziplinare [X.] verhängt werde. Bei dem früheren Soldaten wäre dies die Aberkennung des Ruhegehaltes, was auch die Übergangsbeihilfe umfasse. Jegliche Zahlung würde deshalb das mögliche Verfahrensergebnis gefährden und laufe dem mit § 82 Abs. 2 Satz 1 [X.] verfolgten Gesetzeszweck zuwider.

3

Mit an den [X.]disziplinaranwalt und das [X.] gerichtetem Schreiben vom 21. Juli 2013 hat der frühere Soldat unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 17. Juli 2013 "die Entscheidung zum Disziplinarverfahren BVerwG 2 WD 7.13" beantragt. Eine Begründung enthält der Antrag nicht. Der [X.]disziplinaranwalt hat ihn mit Schreiben vom 24. Juli 2013 dem [X.] vorgelegt.

II.

4

Der Senat legt den Antrag des früheren Soldaten als Antrag gemäß § 82 Abs. 2 Satz 4 und 6 [X.] aus, mit dem sich der frühere Soldat gegen die Ablehnung seines Antrags gemäß § 82 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf Auszahlung der Übergangsbeihilfe durch den [X.]disziplinaranwalt wendet.

5

Dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung des [X.]disziplinaranwalts ist nicht zu beanstanden.

6

Nach § 82 Abs. 2 Satz 1 [X.] darf, wenn gegen einen früheren Soldaten (vgl. § 1 Abs. 3 [X.]) ein gerichtliches Disziplinarverfahren schwebt, vor dessen rechtskräftigem Abschluss ein Ausgleich oder eine Übergangsbeihilfe nicht gezahlt werden. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, die Auszahlung der Versorgungsleistung zu verhindern, solange das gerichtliche Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen ist und daher nicht feststeht, ob die Versorgungsleistung durch Urteil des Wehrdienstgerichts aberkannt oder gekürzt wird (vgl. Beschluss vom 11. Juni 1985 - BVerwG 2 [X.] 13.84 - BVerwGE 83, 22 <25>). Durch die zwingende Vorschrift soll nicht nur der Zugriff des Dienstherrn aus Ansprüchen gegen den früheren Soldaten, sondern auch der Verfall der einbehaltenen Übergangsbeihilfe im Fall der Aberkennung des Ruhegehalts oder des anderweitigen Verlustes des Soldatenstatus gesichert werden. Bei vorzeitiger Auszahlung des Ruhegehalts, zu dem auch die Übergangsbeihilfe gehört (§ 1 Abs. 3 Satz 2 [X.]), könnten Ansprüche des Dienstherrn gegen den früheren Soldaten meist nicht befriedigt werden oder eine rechtskräftige Aberkennung ginge ins Leere.

7

Das Gesetz lässt deshalb eine vorzeitige Auszahlung nur insoweit zu, als dies ohne Gefährdung des [X.] vertretbar ist (Beschluss vom 17. Juli 1991 - BVerwG 2 [X.] 14.91 - [X.] 1991, 376 m.w.N. = juris Rn. 6). Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Auszahlung gemäß § 82 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist deshalb das Verfahrensergebnis im Wege einer summarischen Prüfung anhand des [X.] im [X.]punkt der Entscheidung zu ermitteln. Dabei erfordert der Zweck des Gesetzes bei mehreren Möglichkeiten, nicht von der für den früheren Soldat günstigeren, sondern von der für ihn ungünstigeren Möglichkeit auszugehen (Urteil vom 20. November 1973 - BVerwG II WD 39.73 - BVerwGE 46, 196 <200>).

8

Infolge der in vollem Umfang eingelegten Berufung der [X.] wird in der Berufungshauptverhandlung eine Beweisaufnahme mit der Vernehmung mehrerer Zeugen erforderlich sein. Es erscheint nach summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen, dass die Berufung Erfolg hat und der frühere Soldat zu einer höheren Disziplinarmaßnahme verurteilt wird. Ausgangspunkt der [X.] ist für Fälle des strafbaren Erwerbs, Besitzes, Konsums sowie der strafbaren Weitergabe von Betäubungsmitteln im oder außer Dienst bei aktiven Soldaten grundsätzlich ein Beförderungsverbot, in schweren Fällen eine Dienstgradherabsetzung (vgl. zuletzt Urteil vom 7. Mai 2013 - BVerwG 2 WD 20.12 - Rn. 61 m.w.N.). Ein schwererer Fall kommt hier - auch wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat - nicht nur deshalb in Betracht, weil der frühere Soldat nach seiner eigenen Einlassung in seiner aktiven Dienstzeit über einen längeren [X.]raum regelmäßig [X.] konsumiert hat, sondern auch, weil im Raum steht, dass er damit vorsätzlich seine Dienstunfähigkeit herbeigeführt haben könnte. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die disziplinare [X.], hier die Aberkennung des Ruhegehalts, nicht auszuschließen.

9

Im Fall einer Dienstgradherabsetzung würde sich die zunächst auf 14 126, 22 € berechnete Übergangsbeihilfe (vgl. Angabe der Wehrbereichsverwaltung Ost - Gebührniswesen - vom 31. Januar 2013, [X.]) nicht mehr aus den Dienstbezügen des letzten Monats des aktiven Dienstes des früheren Soldaten, das heißt aus der Besoldungsgruppe [X.] in der Stufe 4 berechnen, sondern wäre nach dem dann niedrigeren Dienstgrad und der Besoldungsgruppe, in die der frühere Soldat zurücktritt, neu zu berechnen (stRspr, vgl. Beschluss vom 25. Januar 1993 - BVerwG 2 [X.] 7.92 - BVerwGE 93, 342 <349>). Zudem hätte der frühere Soldat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen, was ebenfalls durch das Auszahlungsverbot der Übergangsbeihilfe gesichert werden soll (vgl. [X.], a.a.[X.] § 82 Rn. 6). Die Aberkennung des Ruhegehalts ginge bei einer vorzeitigen Auszahlung der Übergangsbeihilfe ins Leere (vgl. Beschluss vom 11. Juni 1985 a.a.[X.]).

Da das Ausmaß einer eventuellen Degradierung nach summarischer Prüfung nicht absehbar und auch nicht völlig ausgeschlossen ist, dass es zur Verhängung der [X.], der Aberkennung des Ruhegehaltes kommt, kommt auch eine teilweise vorzeitige Auszahlung der Übergangsbeihilfe nicht in Betracht.

Der frühere Soldat hat seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht begründet. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, die eine andere Entscheidung ermöglichen würden. Zwar ergibt sich aus den Feststellungen des Truppendienstgerichts, dass der frühere Soldat seine finanzielle Situation als "angespannt" ansieht, das reicht aber für eine abweichende Entscheidung nicht aus. Denn die Auszahlung der Versorgungsleistungen ist nach § 82 Abs. 2 [X.] ohne Rücksicht auf die [X.] oder wirtschaftliche Lage des Soldaten nur insoweit zulässig, als dies ohne Gefährdung des [X.] vertretbar ist (Beschluss vom 17. Juli 1991 a.a.[X.]).

Meta

2 WDB 4/13

28.08.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WDB

§ 1 Abs 3 S 2 WDO 2002, § 82 Abs 2 S 1 WDO 2002, § 82 Abs 2 S 2 WDO 2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.08.2013, Az. 2 WDB 4/13 (REWIS RS 2013, 3146)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3146

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