Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.10.2015, Az. B 8 SO 58/15 B

8. Senat | REWIS RS 2015, 4306

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Urteil ohne Entscheidungsgründe - Übergabe des unterschriebenen Urteils an die Geschäftsstelle mehr als fünf Monate nach Verkündung - absoluter Revisionsgrund


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 25. September 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In der Sache begehrt die Klägerin höhere bzw weitere Leistungen nach dem [X.] - ([X.]B XII).

2

Während das [X.] ([X.]) "die Klagen" abgewiesen hat (Gerichtsbescheid vom 6.1.2014), hat das [X.] (L[X.]) [X.] den Beklagten verurteilt, über bestimmte, im einzelnen bezeichnete Anträge der Klägerin (auf Auskunft) zu entscheiden, im Übrigen die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.9.2014).

3

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin ua als Verfahrensmangel geltend, das ihr am 27.4.2015 zugestellte Urteil des L[X.] sei erst am 24.4.2015 außerhalb der von der Rechtsprechung geforderten Fünf-Monats-Frist zur Geschäftsstelle gelangt. Damit fehle es an den Entscheidungsgründen iS des § 547 [X.] Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 202 Sozialgerichtsgesetz ([X.]G).

4

II. [X.] 160a Abs 1 und 2 [X.]G) und begründet. Das angefochtene Urteil des L[X.] ist als auf einem Verfahrensmangel (§ 136 Abs 1 [X.] [X.]G) beruhend anzusehen (§ 547 [X.] ZPO), sodass die Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das L[X.] zurückverwiesen werden konnte (§ 160 Abs 2 [X.] 3 iVm § 160a Abs 5 [X.]G).

5

Nach § 547 [X.] ZPO, der über § 202 [X.]G auch in sozialgerichtlichen Verfahren gilt, iVm § 136 Abs 1 [X.] [X.]G ist die Entscheidung des L[X.] als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen (absoluter Revisionsgrund), weil sie nicht mit Gründen versehen ist.

6

Nach dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) vom 27.4.1993 ([X.], 367 ff = [X.] 3-1750 § 551 [X.] 4, vgl auch: B[X.]E 75, 74, 75 = [X.] 3-2500 § 33 [X.] 12 S 43; B[X.]E 91, 283 ff Rd[X.] 4 = [X.] 4-1500 § 120 [X.] 1; B[X.] [X.] 3-1750 § 551 [X.] 5 S 14 f und [X.] 7 S 20 f; [X.] 4-1750 § 547 [X.] 2 mwN; [X.] 4-1500 § 10 [X.] 3 Rd[X.] 16) gilt nämlich ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil dann als nicht mit Gründen versehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den [X.]n unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Die vom [X.] gezogene Fünfmonatsgrenze trägt dem Erfordernis Rechnung, dass die abgefassten Entscheidungsgründe auf der Überzeugung des Gerichts im Zeitpunkt der Entscheidung und Verkündung beruhen müssen und konkretisiert die rechtsstaatlichen Anforderungen an das gerichtliche Verfahren in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl [X.], Beschluss vom 26.3.2001 - 1 BvR 383/00 - NJW 2001, 2161, 2162). Denn mit zunehmendem Abstand zwischen Beratung der Entscheidung und ihrer Begründung wird die Gefahr eines Auseinanderfallens von [X.] und Entscheidungsgründen zwangsläufig ständig größer ([X.] aaO).

7

Das L[X.] hat die Fünfmonatsfrist nicht eingehalten. Das angefochtene Urteil ist am 24.9.2014 verkündet, aber erst am 24.4.2015, somit deutlich nach Ablauf der Frist von fünf Monaten, der Geschäftsstelle übergeben worden. Dass das Urteil nach der vom Senat eingeholten dienstlichen Stellungnahme des [X.]s am L[X.] Dr. G. nur von diesem verspätet unterschrieben worden ist (am 23.4.2015), das Urteil von der Berichterstatterin des Verfahrens aber bereits im Oktober 2014 abgefasst und von ihr und dem Senatsvorsitzenden im selben Monat unterschrieben worden ist, ist rechtlich ohne Bedeutung. Denn als Entscheidung des gesamten Senats müssen die abgefassten Entscheidungsgründe auf der Überzeugung aller am Verfahren beteiligten [X.]innen und [X.] im Zeitpunkt der Entscheidung und Verkündung beruhen.

8

Das L[X.] wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 8 SO 58/15 B

07.10.2015

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Speyer, 6. Januar 2014, Az: S 16 SO 60/10, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, § 202 S 1 SGG, § 547 Nr 6 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.10.2015, Az. B 8 SO 58/15 B (REWIS RS 2015, 4306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4306

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