Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2015, Az. 5 StR 601/14

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 16434

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 601/14

vom
28. Januar 2015
in der Strafsache
gegen

wegen
bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 28. Januar 2015
beschlos-sen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. Juli 2014 mit den [X.].
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie wegen [X.] Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fäl-len zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Zudem hat es [X.] getrVerfall angeordnet. Die gegen diese Verurteilung gerichtete Revision des [X.] hat mit der Rüge der Verletzung der § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2, §
273 Abs. 1a Satz 2 StPO Erfolg.
1. Dem liegt folgendes

von der Staatsanwaltschaft in der Gegenerklä-

Verfahrensgeschehen zugrunde:
Noch vor Beginn der Hauptverhandlung am 3. März 2014 erfolgte am 7.
Februar 2014 eine Erörterung gemäß § 212 StPO, an welcher der [X.], der Beisitzer, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und ein Verteidiger des 1
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Angeklagten teilnahmen. Der Angeklagte selbst war bei diesem Gespräch nicht anwesend. Von Seiten des Gerichts wurde im Falle eines Geständnisses ein Strafrahmen von sechs Jahren drei Monaten bis zu sechs Jahren zehn Mona-ten in Aussicht gestellt. Die Staatsanwältin erklärte, sie könne sich einen Straf-rahmen von sechs Jahren fünf Monaten bis zu sechs Jahren elf Monaten [X.], ohne Geständnis eine Freiheitstrafe von neun bis zehn Jahren. Bei
[X.] Vorstellungen eingebracht, da er die [X.] zunächst mit dem Angeklagten und dem Mitverteidiger erörtern wollte. Über den Inhalt dieses Ge-sprächs teilte der Vorsitzende in der Hauptverhandlung nach Verlesung des Anklagesatzes nichts mit, sondern verwies lediglich auf einen bei der Akte [X.] hierüber erstellten Vermerk.
Zu Beginn des [X.] vom 9. April 2014 bat ein Ver-teidiger um ein [X.], da sich aus Sicht der Verteidigung die Beweis-lage entscheidend zugunsten des Angeklagten verändert habe. Die [X.] wurde sodann von 9.15
Uhr bis 11.15 Uhr zur Durchführung des [X.]s unterbrochen. An diesem nahmen die Berufsrichter, die Schöffen, die Staatsanwältin und die Verteidiger teil. Nachdem die Verteidiger auf die aus ihrer Sicht geänderte Beweislage hingewiesen hatten, teilte der Vorsitzende auf Nachfrage mit, dass die Kammer auch unter Berücksichtigung der bisherigen Beweisergebnisse an ihrem Verständigungsvorschlag festhalte. Der Inhalt des

von den Verteidigern in anwaltlichen Erklärungen im Revisi-onsverfahren mitgeteilten

[X.]s wurde vom Vorsitzenden in der Hauptverhandlung nicht mitgeteilt und dementsprechend auch nicht protokol-liert. Eine Verständigung (§ 257c StPO) erfolgte nicht.
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2. Mit dieser Vorgehensweise hat das [X.] gegen die ihm oblie-genden Mitteilungs-
und Dokumentationspflichten von außerhalb der [X.] geführten [X.]en (§ 243 Abs. 4 Satz 1 und 2, § 273 Abs.
1a Satz 2 StPO) verstoßen. Nach dem Regelungskonzept des Verständi-gungsgesetzes wird durch diese Schutzmechanismen das Ziel verfolgt, eine wirksame vollumfängliche revisionsgerichtliche Kontrolle verständigungsbasier-ter Urteile zu ermöglichen und sogenannte informelle Absprachen zu [X.] (vgl. [X.] 133, 168, 221 ff.). Neben der Gewährleistung des Transpa-renzgebotes (vgl. [X.], aaO, [X.] ff.) soll die Mitteilung des wesentlichen Inhalts solcher Gespräche es dem Angeklagten ermöglichen, autonom

auf-grund umfassender Unterrichtung durch das Gericht über die regelmäßig in seiner Abwesenheit durchgeführten Erörterungen

darüber zu entscheiden, ob er den Schutz der [X.] aufgibt und sich mit einer geständi-gen Einlassung des Schweigerechts begibt (vgl. [X.], aaO, [X.] f.).
Ein Verstoß gegen die Transparenz-
und Dokumentationspflichten führt grundsätzlich nicht nur zur Rechtswidrigkeit einer gleichwohl getroffenen Ver-ständigung (vgl. [X.], aaO, [X.]). Er führt auch zur Fehlerhaftigkeit von nicht verständigungsbasierten Urteilen, bei denen nicht auszuschließen ist, dass sie auf eine gesetzeswidrige informelle Absprache oder diesbezügliche Gesprächsbemühungen zurückgehen ([X.], aaO, [X.]).
Vorliegend kann

entgegen der Ansicht des [X.]

ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden, weil das [X.] des Angeklagten durch die unterlassene Mitteilung beeinflusst worden sein könnte. Die Konstellation eines in der Hauptverhand-lung nicht durchgehend schweigenden sich des Schutzes seiner Selbstbelas-tungsfreiheit mithin nicht begebenden Angeklagten (vgl. dazu [X.], Beschluss 5
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vom 29. November 2013

1 [X.], [X.], 221) liegt hier nicht vor. Denn der Angeklagte hat sich in seinem letzten Wort für die von ihm begange-nen Taten entschuldigt, ohne dies näher auszuführen, wobei das [X.]
diese Äußerung im Rahmen der Beweiswürdigung zur Stützung ihrer Überzeu-gung von der Täterschaft des Angeklagten herangezogen hat (UA S. 33).
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass im Falle der Einziehung (§ 74 StGB) die Gegenstände näher zu konkretisieren sind und gegebenenfalls ihr Wert festzustellen ist. Bei Anordnung eines Verfalls StGB (erweiterter Verfall) vorrangigen Vorschriften des [X.] (§§
73, 73a StGB) in den Blick zu nehmen sein.

[X.] König

Berger

Bellay

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Meta

5 StR 601/14

28.01.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2015, Az. 5 StR 601/14 (REWIS RS 2015, 16434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16434

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 200/13

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