Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.12.2013, Az. XI B 17/13

11. Senat | REWIS RS 2013, 523

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Gegenstand

Darlegung von Zulassungsgründen bei kumulativer Urteilsbegründung


Leitsatz

1. NV: Ist das Urteil des FG kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, muss für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO schlüssig dargelegt werden.

2. NV: Hieran fehlt es, wenn das FG den Vorsteuerabzug aus Rechnungen auch deshalb versagt, weil in den Rechnungen kein Leistungszeitpunkt genannt ist, und der Beschwerdeführer zu dieser Begründung keinen Zulassungsgrund darlegt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und [X.]eschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, nahm in den Streitjahren (1997, 1998 und 2000) aus mehreren Rechnungen der Firma [X.] und der Firma [X.] den Vorsteuerabzug vor.

2

Der [X.]eklagte und [X.]eschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte nach Durchführung einer Außenprüfung in den [X.] für die Streitjahre vom 3. Dezember 2008 den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen, weil [X.] und [X.] nicht Leistende gewesen seien.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Es führte aus, dass [X.] und [X.] nicht leistende Unternehmer gewesen seien und im Übrigen die Rechnungen wegen formeller Mängel nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten. In vielen Fällen enthielten die Rechnungen des [X.] und alle Rechnungen des [X.] keine konkrete Leistungsbeschreibung. [X.]eispielhaft verwies das [X.] dazu auf die Rechnung des [X.] vom 23. November 2000. Weiter führte das [X.] aus, darüber hinaus fehle es bei allen Rechnungen an der Angabe des Leistungszeitpunkts.

4

Mit ihrer [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin ausführlich gegen die Annahme, [X.] und [X.] seien nicht Leistende gewesen. Soweit das [X.] die Klageabweisung darüber hinaus auf formelle Mängel der Rechnungen gestützt hat, bringt sie auf S. 16 der [X.]egründung lediglich vor, das [X.] habe in seinem Urteil nur eine Rechnung angeführt und zu den Rechnungen der Firma [X.] nicht gesagt, welche formellen Mängel bestehen sollen. Mithin seien konkrete Feststellungen und formelle [X.]eanstandungen des Gerichts zu den Rechnungen in den Entscheidungsgründen nicht angegeben und damit insoweit keine tragenden Gründe vorhanden.

Entscheidungsgründe

5

II. Die [X.]eschwerde ist unzulässig.

6

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche [X.]edeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] ([X.]) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O). Die Nichtzulassung kann mit der [X.]eschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 [X.]O). In der [X.]eschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 [X.]O dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O). Ist das Urteil des [X.] kumulativ auf mehrere [X.]egründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, muss für jede dieser [X.]egründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.[X.]. Senatsbeschlüsse vom 20. Juli 2005 XI [X.] 95/03, [X.]/NV 2005, 2032; vom 26. Februar 2008 XI [X.] 215/06, juris; vom 26. März 2009 XI [X.] 83/08, juris; vom 6. Dezember 2011 XI [X.] 44/11, [X.]/NV 2012, 745, jeweils m.w.N.).

7

2. Hieran fehlt es im Streitfall in [X.]ezug auf die vom [X.] erfolgte Klageabweisung wegen formeller Mängel der Rechnungen des [X.] und des [X.]; denn die Klägerin hat nicht in schlüssiger Weise dargelegt, dass das angefochtene Urteil insoweit nicht mit Gründen versehen ist (§ 119 Nr. 6, § 105 Abs. 2 Nr. 5 [X.]O).

8

a) Vom Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O ist auszugehen, wenn den [X.]eteiligten --zumindest in [X.]ezug auf einen der wesentlichen [X.] die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. [X.]-[X.]eschluss vom 10. November 2011 X [X.] 211/10, [X.]/NV 2012, 426, m.w.N.). Diesem Zweck genügt eine [X.]egründung nur dann nicht und stellt deshalb einen Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 6 [X.]O dar, wenn den [X.]eteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, weil die [X.]egründung des Urteilsspruchs überhaupt oder im Hinblick auf einen selbständigen prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel fehlt oder weil die Entscheidungsgründe nur aus inhaltsleeren Floskeln bestehen oder missverständlich und verworren sind (z.[X.]. [X.]-[X.]eschluss vom 1. Februar 2012 VI [X.] 71/11, [X.]/NV 2012, 767). Nicht ausreichend für die Annahme eines Verfahrensfehlers ist hingegen, dass die Urteilsbegründung nicht den Erwartungen eines [X.]eteiligten entspricht, lückenhaft, rechtsfehlerhaft oder nicht überzeugend ist (vgl. z.[X.]. [X.]-[X.]eschluss vom 11. Juli 2012 X [X.] 41/11, [X.]/NV 2012, 1634, m.w.N.).

9

b) Gemessen daran hat die Klägerin zu der [X.]egründung des [X.], die Klägerin sei wegen formaler Mängel der Rechnungen des [X.] und des [X.] nicht zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug berechtigt, in ihrer [X.]eschwerdebegründung keine [X.]atsachen schlüssig dargelegt, die einen wesentlichen [X.]egründungsmangel im vorgenannten Sinne ergeben. Die Klägerin hat zwar behauptet, das [X.] habe zu den Rechnungen der Firma [X.] nicht gesagt, welche formellen Mängel bestehen sollen. Aber einmal abgesehen davon, dass damit kein Verfahrensfehler zum [X.], in dem alle beanstandeten Eingangsrechnungen von [X.] stammen, dargelegt wird, trifft diese [X.]ehauptung --worauf das [X.] zutreffend hingewiesen [X.] nach dem Inhalt des Urteils des [X.] auch für die Rechnungen der Firma [X.] aus den Jahren 1997 und 1998 nicht zu. Das [X.] hat vielmehr auf S. 15 seines Urteils --und sei es auch nur kurz-- ausgeführt, darüber hinaus fehle es bei allen Rechnungen an der Angabe des [X.]. Die Feststellung des [X.] ist inhaltlich zutreffend. Dieser vom [X.] für alle Rechnungen, also auch für die Rechnungen des [X.], festgestellte Mangel trägt für sich genommen die Klageabweisung (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, [X.]E 223, 535, [X.]St[X.]l II 2009, 432).

c) Im Übrigen ist der Vortrag der Klägerin auch insoweit unschlüssig, als sie rügt, das [X.] habe in seiner [X.]egründung nur eine Rechnung angeführt. Das [X.] hat vielmehr ausdrücklich von "allen Rechnungen" gesprochen. Alle Rechnungen wurden im Übrigen mit Schreiben der Senatsvorsitzenden des [X.] vom 24. August 2012 angefordert und mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 30. August 2012 dem [X.] vorgelegt. Sie befinden sich in einem [X.]eihefter "Rechnungen zum Schriftsatz vom 30.8.12" zu den [X.]-Akten. Auf die von den [X.]eteiligten eingereichten Unterlagen hat das [X.] auf S. 9 des Urteils ausdrücklich [X.]ezug genommen.

3. Der [X.]eschluss ergeht nach § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ohne weitere [X.]egründung.

Meta

XI B 17/13

05.12.2013

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 11. September 2012, Az: 2 K 1545/2009, Urteil

§ 115 Abs 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 119 Nr 6 FGO, § 15 Abs 2 Nr 1 UStG 1999, § 14 Abs 1 S 2 Nr 4 UStG 1999, § 15 Abs 2 Nr 1 UStG 1993, § 14 Abs 1 S 2 Nr 4 UStG 1993

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.12.2013, Az. XI B 17/13 (REWIS RS 2013, 523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 523

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