Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2012, Az. V ZB 27/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5931

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
27/12
vom

31. Mai 2012
in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 31. Mai 2012 durch
den Vor-sitzenden [X.] [X.], die Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Czub
und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 20. Dezember 2011 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe als unzulässig verwor-fen, dass der Antrag des
Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der [X.] verworfen wird.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt

Gründe:

I.
Der Beklagte ist von dem [X.] zur Herausgabe eines Oldtimers verurteilt worden. Innerhalb der Berufungsfrist beantragte er für die [X.] Berufung die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die das [X.] ihm mit am 23. September 2011 zugestelltem Beschluss bewilligte. Am 29.
September 2011 stellte der beigeordnete Prozessbevollmächtigte des [X.]
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klagten bei der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des [X.]s den Antrag, ihm die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Gebühren des Berufungsverfahrens zu erstatten. Am 13. Oktober 2011 gingen die Beru-fung und die Berufungsbegründung des Beklagten bei dem [X.] ein. Nach einem Hinweis des Vorsitzenden, dass die Berufung bis zum [X.] hätte eingelegt werden müssen, hat der Beklagte, der diese Auffas-sung
nicht teilte, mit einem am 28. Oktober 2011 eingegangenen
Schriftsatz hilfsweise die Wiedereinsetzung gegen
die Versäumung der [X.]
beantragt. Er hat vorgetragen, dass sein Prozessbevollmächtigter die Fristen korrekt errechnet habe, bei Eintragung der Daten durch dessen sonst stets gewissenhaften Kanzleiangestellten aber fehlerhaft der 7. Oktober 2011 als [X.] und der 14.
Oktober 2011 als Fristablauf notiert worden sei. Bei Vor-lage der Handakte am 7. Oktober 2011 habe der Prozessbevollmächtigte ge-ringfügige Änderungen an der schon gefertigten Berufungsschrift verfügt. Am nächsten Arbeitstag sei sie dann in den Postlauf gegeben worden.

Das [X.] hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den [X.] Stand gegen die Versäumung
der Berufungsfrist verworfen, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der [X.]sfrist zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzu-lässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Beklagte die versäumte [X.], die Berufungseinlegung, nicht innerhalb der mit der Zustel-lung des [X.] beginnenden zweiwöchigen Wieder-einsetzungsfrist vorgenommen. Die beantragte Wiedereinsetzung gegen die 2
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Versäumung der [X.] sei nicht zu gewähren, da die Frist nicht unverschuldet versäumt worden sei. Der Prozessbevollmächtigte des [X.] habe es pflichtwidrig unterlassen, bei Vorlage der Handakten
am [X.] die Fristen zu überprüfen. Hätte er dies getan, wäre ihm der Fehler aufgefallen,
und er hätte noch am selben Tag die Berufungsschrift fristwahrend per Fax an das [X.] senden können.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Die Sicherung einer einheit-lichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO erfordert nicht eine Entscheidung des [X.]. Das Berufungsgericht hat dem Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung einge-räumten Instanzenzug nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert.

1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass der [X.] die Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die [X.] der Berufungsfrist versäumt hat. Die zweiwöchige [X.] begann mit der Zustellung des [X.] (§ 234 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO) und endete mit Ablauf des 7.
Oktober 2011. Nach §
236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist innerhalb der [X.] des § 234 ZPO die versäumte [X.]

hier die Berufungseinlegung

nachzu-holen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag ge-währt werden. Die Berufung des Beklagten ist aber erst am 13. Oktober 2011, also nach Ablauf der [X.] eingelegt worden. Entgegen der 4
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Auffassung des Beklagten stellt der am 29. September 2011 von seinem Pro-zessbevollmächtigten gestellte Gebührenfestsetzungsantrag keine [X.] dar. Dies folgt

neben den völlig unterschiedlichen Zielrichtungen von Rechtsmitteleinlegung und Vergütungsantrag

schon daraus, dass der Anwalt einen Antrag auf Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu zahlen-den Vergütung nur im eigenen Namen stellt.

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiederein-setzungsfrist (vgl. § 233 ZPO) versagt.

a) Allerdings trifft den Prozessbevollmächtigten des Beklagten kein [X.] an der Versäumung der [X.]. Zwar nimmt das Be-rufungsgericht zutreffend an, dass nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] einem Rechtsanwalt die Pflicht zur eigenverantwortlichen Prüfung obliegt, ob das von der Kanzleikraft notierte Fristende richtig ermittelt und eingetragen worden ist, wenn ihm die Akten -
wie hier auf [X.] -
zur [X.] vorgelegt werden (vgl. nur [X.], Beschluss vom 10. Juni 2008

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ZB 2/08, [X.], 3439, 3440, mwN). Diese Prüfung muss aber nicht sofort erfolgen, weil die [X.] gerade den Sinn hat, dem Rechtsanwalt einen gewissen Spielraum zur Bearbeitung bis zum endgültigen Ablauf der Frist zu verschaffen. Sie kann daher auch noch am folgenden Tag vorgenommen wer-den ([X.], Beschluss vom 10. Juni 2008

[X.], [X.], 3439, 3440; Beschluss vom 24. Oktober 2001

[X.], [X.], 1391, jeweils mwN). Es kann daher nicht beanstandet werden, dass der [X.] des Beklagten am [X.], dem 7. Oktober 2011, die Frist nicht sofort überprüft hat. Dass er die notwendige Überprüfung am folgenden Arbeitstag möglicherweise
ebenfalls nicht vorgenommen und die fehlerhafte 6
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Fristnotierung nicht bemerkt hat, muss außer Betracht bleiben. Denn dies ist für die Fristversäumung nicht ursächlich geworden, da zu diesem Zeitpunkt die Frist bereits abgelaufen war.

Ein Organisations-
und Überwachungsverschulden ist dem [X.] des Beklagten nicht anzulasten. Der Beklagte hat glaubhaft [X.], dass dieser seinen Pflichten zur Kontrolle seines ihm als zuverlässig bekannten Kanzleimitarbeiters nachgekommen ist.

b) Der Beklagte hat jedoch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den [X.] Stand gegen die Versäumung der [X.] nicht innerhalb der [X.] des § 234 ZPO gestellt.

Nach § 234 Abs. 2 ZPO beginnt die [X.] mit dem
Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Ein Hindernis ist nicht erst bei Kenntnis des wahren Sachverhalts entfallen; vielmehr ist es auch behoben, sobald das Fort-bestehen der Ursache der Verhinderung nicht mehr unverschuldet ist ([X.], Beschluss vom 16. September 2003

[X.]/03,
NJW-RR 2004, 282, 283, mwN). Hier hätte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, nachdem ihm die Akte aufgrund der notierten [X.] zur Bearbeitung vorgelegt worden war, [X.] an dem darauffolgenden Arbeitstag eine Kontrolle der von seinem An-gestellten eingetragenen Fristen vornehmen und
damit jedenfalls am Montag, dem
10. Oktober 2011, als die Berufung in den Postauslauf gegeben wurde, erkennen müssen, dass die Berufungseinlegungsfrist bereits abgelaufen war (vgl. [X.],
aaO). Ab diesem Zeitpunkt war das Hindernis somit behoben,
und die [X.] des § 234 ZPO begann zu laufen. Der Antrag auf [X.] gegen die Versäumung der [X.] ist jedoch 8
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nicht innerhalb der am 24. Oktober 2011 endenden Frist gestellt worden, [X.] ging erst am 28. Oktober 2011 ein.

3.
Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten wegen Versäumung der Beru-fungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger

Stresemann

Czub

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.05.2010 -
23 O 369/09 -

OLG Naumburg, Entscheidung vom 20.12.2011 -
2 U 57/10 -

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Meta

V ZB 27/12

31.05.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2012, Az. V ZB 27/12 (REWIS RS 2012, 5931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5931

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