Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.03.2023, Az. B 6 KA 29/22 B

6. Senat | REWIS RS 2023, 3891

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - partielle Öffnung des Planungsbereichs - keine Anfechtungsberechtigung für eine defensive Konkurrentenklage eines niedergelassenen Vertragsarztes gegen die Zulassung eines weiteren Vertragsarztes


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin zu 1. gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. März 2022 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin zu 1. trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 378 870 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin zu 1., eine aus drei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Fachärzten für Orthopädie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft ([X.]) mit [X.] in [X.], wendet sich im Wege der defensiven Konkurrentenklage gegen die Besetzung eines Vertragsarztsitzes im Bereich der Orthopädie in ihrem Planungsbereich [X.].

2

Der [X.] in [X.] stellte mit Beschluss vom [X.] fest, dass im Planungsbereich [X.] für die Fachgruppe der Orthopäden keine Überversorgung mehr besteht und ein weiterer Arzt dieser Fachgruppe im Umfang eines ganzen Versorgungsauftrages nachbesetzt werden kann. Hierauf bewarben sich ua der Kläger zu 2., der Beigeladene zu 7. und die Klägerin zu 1., [X.]etztere mit Anträgen auf Genehmigung zweier Anstellungen für jeweils 13 Wochenstunden am [X.] in [X.]. Der Zulassungsausschuss für Ärzte in [X.] entschied, den Kläger zu 2. für den [X.]tandort [X.] zuzulassen; die Anträge der Klägerin zu 1. und des Beigeladenen zu 7. sowie weiterer Mitbewerber lehnte er ab. Auf die hiergegen eingelegten Widersprüche ließ der beklagte Berufungsausschuss den Beigeladenen zu 7. für den [X.]tandort [X.] zu und wies den Widerspruch der Klägerin zu 1. in Bezug auf die Anstellungsgenehmigungen zurück (Beschluss vom 24.4.2014, Bescheid vom 7.10.2014). Mit weiterem Beschluss vom gleichen Tag (Bescheid vom 5.6.2014) wies der Berufungsausschuss den Widerspruch der Klägerin zu 1. als verfristet und damit unzulässig zurück, soweit diese dem Beschluss des [X.] auch im Wege der defensiven Konkurrentenklage widersprochen hatte.

3

Klage und Berufung der Klägerin zu 1., mit der sich diese in erster [X.]inie gegen die Besetzung eines weiteren Vertragsarztsitzes in ihrem Planungsbereich gewandt und nur noch hilfsweise die Erteilung der Anstellungsgenehmigungen weiterverfolgt hat, sind erfolglos geblieben. Das [X.][X.]G hat bereits eine Anfechtungsberechtigung der Klägerin zu 1. verneint. Vertragsärzte seien nur unter engen Voraussetzungen berechtigt, zugunsten anderer Vertragsärzte ergangene Entscheidungen über eine defensive Konkurrentenklage anzufechten, da die Rechtsordnung bei der Ausübung beruflicher Tätigkeiten grundsätzlich keinen unmittelbaren [X.]chutz vor Konkurrenz gewähre. Die Klägerin zu 1. könne eine Anfechtungsbefugnis nicht aus materiellen Grundrechten, sondern allenfalls aus einfach-rechtlichen und zugleich drittschützenden Vorschriften herleiten, denen ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen derjenigen, die bereits eine Position am Markt innehaben, zu entnehmen sei. Der vorliegend (als einzig denkbar drittschützend) zu berücksichtigenden einfach-rechtlichen Regelung des § 103 Abs 3 [X.]GB V, der dem [X.]andesausschuss vorgebe, dass zuvor angeordnete Zulassungsbeschränkungen aufzuheben sind, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen, enthalte aber keine solche Aussage. Die partielle Öffnung eines [X.] setze danach lediglich voraus, dass der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad nicht mehr um [X.] überschritten werde (§ 101 Abs 1 [X.]atz 3 [X.]GB V). Anders als bei der Ermächtigung von Krankenhausärzten oder der Erteilung einer [X.]onderbedarfszulassung erfordere die Entsperrung keine ausgleichsbedürftige Versorgungslücke; es seien insbesondere keine Ermittlungen zu der Frage anzustellen, ob und ggf welcher Versorgungsbedarf in dem Planungsbereich tatsächlich bestehe. Da der [X.]andesausschuss bei der Beschlussfassung am [X.] nicht willkürlich auf eine fehlerhafte Datengrundlage abgestellt habe, scheide auch unter diesem Aspekt ein Drittschutz aus.

4

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.][X.]G macht die Klägerin zu 1. Rechtsprechungsabweichungen sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 [X.] und [X.] 2 [X.]GG) geltend.

5

II. Die Beschwerde der Klägerin zu 1. hat keinen Erfolg.

6

1. Der Zulassungsgrund einer Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]GG) ist, soweit er hinreichend dargelegt wurde, nicht erfüllt. Hierfür ist erforderlich, dass das [X.][X.]G seiner Entscheidung tragend einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der einem Rechtssatz in einer Entscheidung des B[X.]G, des Gemeinsamen [X.]enats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] widerspricht. Eine Divergenz im [X.]inne der genannten Vorschrift liegt nicht schon vor, wenn das [X.][X.]G einen Rechtssatz aus einer oberstgerichtlichen Entscheidung nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn es diesem Rechtssatz widersprochen, also einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung einer Revision wegen Divergenz (stRspr; vgl B[X.]G Beschluss vom 29.11.2017 - [X.] [X.]/17 B - juris Rd[X.]3 mwN). Nach diesen Maßstäben kann keine der von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Divergenzen zu einer Revisionszulassung führen.

7

a) Die Klägerin zu 1. rügt zunächst eine Abweichung von der Rechtsprechung des [X.].

8

Das [X.][X.]G habe in seinem Urteil den tragenden Rechtssatz aufgestellt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstoße, wenn einem Vertragsarzt die Anfechtungsbefugnis gegenüber einer Zulassung eines weiteren Arztes abgesprochen werde, weil die Anfechtungsbefugnis nicht aus materiellen Grundrechten abgeleitet werden könne, sondern allenfalls aus einfach-rechtlichen Vorgaben mit Drittschutzcharakter. Insbesondere habe es unter Hinweis auf die Entscheidung des "[X.] vom 28.09.2005 ([X.].: [X.] [X.] 70/04 R - juris, Rd[X.]. 29)" - gemeint ist ersichtlich die entsprechende Entscheidung des [X.]enats - ausgeführt, "dass keine Verletzung von wirtschaftlichen Interessen als Anfechtungsgrund geltend gemacht werden könnten." (Beschwerdebegründung [X.] 8). Die Klägerin zu 1. zitiert schließlich aus [X.] 8 f des Urteilsumdrucks (entspricht juris Rd[X.] 25 und 26) und meint, aus diesen Ausführungen im Urteil des [X.][X.]G lasse sich der folgende abstrakte Rechtssatz ableiten:

        

"Es reicht für die Überprüfung einer Berechtigung zur Anfechtung einer weiteren Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung durch den bereits niedergelassenen Arzt nicht aus, dass dieser die Verletzung von wirtschaftlichen Interessen als Ausfluss des regulierten [X.] und einer budgetierten Gesamtvergütung im vertragsärztlichen Versorgungsbereich als Anfechtungsgrund geltend macht."

9

Demgegenüber enthalte der Beschluss des [X.] vom 17.8.2004 (1 BvR 378/00 - [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.]) die genau gegenteilige Aussage.

Hieraus ergibt sich jedoch keine Abweichung des [X.][X.]G von der Rechtsprechung des [X.]. Der von der Klägerin zu 1. ausdrücklich als Aussage des [X.] formulierte Rechtssatz, es reiche "für die Überprüfung einer Berechtigung zur Anfechtung einer weiteren Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung durch den bereits niedergelassenen Arzt aus, dass dieser die Verletzung von wirtschaftlichen Interessen als Ausfluss des regulierten [X.] und einer budgetierten Gesamtvergütung im vertragsärztlichen Versorgungsbereich als Anfechtungsgrund geltend macht" (Beschwerdebegründung [X.] 12), lässt sich der zitierten Entscheidung des [X.] schon nicht - auch nicht sinngemäß - entnehmen. Das [X.] trifft in seinem Beschluss vom 17.8.2004 keine Aussage zur Anfechtungsberechtigung eines niedergelassenen Vertragsarztes, wenn ein weiterer Vertragsarzt - etwa im Rahmen der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes oder anlässlich einer (teilweisen) Entsperrung des [X.] - zugelassen wird. Es hat vielmehr entschieden, dass es mit dem Grundrecht eines niedergelassenen Vertragsarztes aus Art 12 Abs 1 GG nicht vereinbar ist, eine gegen eine Ermächtigungsentscheidung gerichtete defensive Konkurrentenklage ausschließlich bei besonders schweren materiellen Mängeln der Begründetheit der angefochtenen Entscheidung zuzulassen ([X.] aaO, juris Rd[X.]5). Dabei hat es betont, dass die Versorgung der gesetzlich Versicherten in erster [X.]inie den freiberuflichen, in eigener Praxis tätigen Vertragsärzten obliegt (aaO, juris Rd[X.] 2) und die Ermächtigung eine gegenüber der Zulassung nachrangige Form der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist (aaO Rd[X.] f unter Hinweis auf B[X.]G Urteil vom [X.] - [X.]ozR 3-2500 § 116 [X.] 24 [X.] 111). Weiter hat es ausgeführt, dass dem in § 116 [X.]atz 2 [X.]GB V und § 31a Abs 1 [X.]atz 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) gesetzlich angeordneten Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte im [X.]ichte des Art 12 GG vor dem Hintergrund restriktiver Bedarfsplanung und limitierter Gesamtvergütungen drittschützende Wirkung in dem [X.]inne zukommt, dass diese Ärzte befugt sind, Krankenhausärzte begünstigende Ermächtigungsentscheidungen gerichtlich anzufechten (aaO, juris Rd[X.]6 f). Wenn das [X.] ausführt, dass die Ermächtigung eines Krankenhausarztes derselben Fachrichtung und Qualifizierung in die Berufsausübungsfreiheit eines Vertragsarztes eingreift, der in demselben räumlichen Bereich die gleichen [X.]eistungen anbietet, indem sie die Erwerbsmöglichkeiten "über das dem Vertragsarztrecht immanente Maß hinaus" einschränkt, wird deutlich, dass sich die Aussagen des [X.] gerade nicht auf das Verhältnis des niedergelassenen Vertragsarztes zu Bewerbern um eine reguläre Zulassung beziehen. Ein solcher Vertragsarzt - so das [X.] - konkurriert nicht mehr nur mit anderen niedergelassenen Vertragsärzten, die ebenso wie er in eine Praxisausstattung investieren, sich niederlassen und - abgesehen von den vertragsärztlichen Bindungen - im freien Wettbewerb untereinander stehen, weil die Patienten die freie Arztwahl haben; er konkurriert infolge der Ermächtigung zusätzlich mit Krankenhausärzten, denen die Krankenhäuser die sächlichen Mittel zur Verfügung stellen (aaO, juris Rd[X.]9). Aus alldem wird deutlich, dass das [X.] in dem zitierten Beschluss gerade keine Aussagen zu der Anfechtung einer weiteren Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung anlässlich einer teilweisen Entsperrung durch den bereits niedergelassenen Arzt treffen will. Maßgeblich ist für das [X.] der gesetzliche Vorrang des niedergelassenen Vertragsarztes gegenüber dem Krankenhausarzt, der eine Ermächtigung begehrt. Zum eventuellen Vorrang des bereits zugelassenen Vertragsarztes gegenüber anderen Ärzten, die sich ebenfalls aufgrund eines ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes niederlassen wollen, verhält sich der zitierte Beschluss nicht.

b) Ferner rügt die Klägerin zu 1. eine Abweichung von den [X.]enatsentscheidungen vom 28.10.2009 ([X.] [X.] 42/08 R - B[X.]GE 105, 10 = [X.]ozR 4-5520 § 24 [X.]) und vom 17.8.2011 ([X.] [X.] 27/10 R - [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.]). Aus diesen lasse sich der folgende abstrakte Rechtssatz ableiten:

        

"Eine Berechtigung des bereits zugelassenen Vertragsarztes, die einem Arzt erteilte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung aufgrund einer partiellen Öffnung eines [X.] anzufechten besteht, weil der dem Konkurrenten eingeräumte [X.]tatus auch im Fall des § 103 Abs. 3 [X.]GB V i.V.m. § 26 BedarfsplR[X.] nachrangig gegenüber dem bereits vorbestehenden [X.]tatus des zugelassenen Vertragsarztes ist."

Demgegenüber sei das [X.][X.]G zu dem Ergebnis gekommen, dass der dem Konkurrenten (dem Beigeladenen zu 7.) eingeräumte [X.]tatus gegenüber dem bereits vorbestehenden [X.]tatus der klägerischen [X.] nicht nachrangig sei. Damit habe das [X.][X.]G den tragenden Rechtssatz aufgestellt, dass "der bereits zugelassene Arzt keine Vorrangstellung gegenüber dem nach § 103 Abs. 3 [X.]GB V i.V.m. § 16 b Abs. 3 [X.]. 2 Ärzte-ZV nach einer erfolgten partiellen Öffnung des [X.] (neu) zugelassenen Konkurrenten habe, weil die Anforderungen, die in der bisherigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung im Rahmen der Ermächtigung von Krankenhausärzten oder der Erteilung einer [X.]onderbedarfszulassung an die Ermittlungen einer konkreten Bedarfslage zum Ausgleich derartiger Versorgungslücken entwickelt worden seien, auf die Besetzung eines Arztsitzes nach (partieller) Öffnung … nicht übertragen werden könnten." ([X.] 13 f der Beschwerdebegründung).

Auch aus diesen Darlegungen ergibt sich keine Divergenz. Der von der Klägerin zu 1. formulierte Rechtssatz zur Anfechtungsberechtigung eines bereits niedergelassenen Vertragsarztes im Falle der partiellen Öffnung des [X.] lässt sich den genannten [X.]enatsentscheidungen nicht - auch nicht sinngemäß - entnehmen.

Der [X.]enat hat in seinem Urteil vom 28.10.2009 ([X.] [X.] 42/08 R - B[X.]GE 105, 10 = [X.]ozR 4-5520 § 24 [X.]) die Anfechtungsbefugnis einer [X.] gegen die Zweigpraxisgenehmigung für einen Kollegen verneint. Dabei hat er in Bezug auf die drei in ständiger Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Anfechtungsberechtigung eines Vertragsarztes im Wege der defensiven Konkurrentenklage (vgl aaO Rd[X.]9 sowie sogleich unter Rd[X.] 20) bereits die zweite, nämlich dass durch eine Zweigpraxisgenehmigung dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet (oder zumindest erweitert) wird, verneint (aaO Rd[X.] 24 ff). [X.]oweit er darüber hinaus auch die nach der [X.]enatsrechtsprechung erforderliche dritte Voraussetzung, dass der dem Konkurrenten eingeräumte [X.]tatus gegenüber dem [X.]tatus des [X.] nachrangig ist, als nicht erfüllt angesehen hat, bezog sich dies nicht auf die Vertragsarztzulassung. [X.]o hat der [X.]enat ausgeführt, gegenüber den bislang entschiedenen Fällen bei Ermächtigungen und [X.]onderbedarfszulassungen bestehe im Falle einer Zweigpraxisgenehmigung die Besonderheit, dass der Konkurrent bereits über einen - durch die Zulassung an seinem Vertragsarztsitz vermittelten - [X.]tatus verfüge, ihm der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung mithin auch ohne die Genehmigung bereits eröffnet sei. Daher sei nicht der aus der Zulassung resultierende [X.]tatus zur Gegenüberstellung geeignet. Vielmehr bedürfe es - da auch das Konkurrenzverhältnis allein aus der Zweigpraxisgenehmigung resultiere - der Prüfung, ob die durch diese Genehmigung eingeräumte Rechtsposition gegenüber derjenigen der am Ort der beabsichtigten Zweigpraxis zugelassenen Vertragsärzte nachrangig sei. Dies hat der [X.]enat verneint (aaO Rd[X.]2). Der [X.]enat hat somit keine Aussage zu dem aus der Zulassung resultierenden [X.]tatus im Verhältnis zu einem ebenfalls niedergelassenen Konkurrenten getroffen oder dazu, inwieweit sich ein bereits zugelassener Vertragsarzt gegen die Zulassung eines weiteren Vertragsarztes bei partieller Öffnung des [X.] zur Wehr setzen kann. Auch in der [X.]enatsentscheidung vom 17.8.2011 ([X.] [X.] 27/10 R - [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.]) hat der [X.]enat sich nicht zur [X.]ituation eines bereits niedergelassenen Vertragsarztes im Verhältnis zu Neuzulassungen geäußert. Gegenstand des Revisionsverfahrens war die defensive Konkurrentenklage einer zur Erbringung von Dialyseleistungen ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtung, deren [X.]tatus der [X.]enat gegenüber der [X.]onderbedarfszulassung eines potentiellen Konkurrenten als grundsätzlich vorrangig angesehen hat. Die von der Klägerin zu 1. aufgeworfene Frage, ob die vom [X.]enat in den zitierten Entscheidungen gegebenen Begründungen auch auf die partielle Entsperrung des [X.] gemäß § 103 Abs 3 [X.]GB V zu übertragen sind ([X.] 17 der Beschwerdebegründung), ist keine Frage der Divergenz, sondern der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]GG, vgl sogleich unter Rd[X.]5 ff).

2. [X.]oweit die Klägerin zu 1. eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg. Eine grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Fragen besteht nicht.

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB B[X.]G Beschluss vom 29.11.2006 - [X.] [X.] 23/06 B - [X.]ozR 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.]3 mwN; B[X.]G Beschluss vom 28.10.2015 - [X.] [X.] 12/15 B - [X.]ozR 4-2500 § 116 [X.]1 Rd[X.] 5; B[X.]G Beschluss vom 15.10.2020 - [X.] [X.] 16/20 B - juris Rd[X.] 8). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt (B[X.]G Beschluss vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 29/17 B - juris Rd[X.]). [X.] ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder wenn die Bedeutung über den Einzelfall hinaus fehlt, weil eine weitergehende Bedeutung der Rechtsfrage für weitere Fälle nicht erkennbar ist oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB B[X.]G Beschluss vom 13.2.2019 - [X.] [X.] 17/18 B - juris Rd[X.] 7).

a) Die Klägerin zu 1. hält zunächst die folgende Rechtsfrage für klärungsbedürftig:

        

"Können Vertragsärzte gegenüber dem Berufungsausschuss für Ärzte im Rahmen einer defensiven Konkurrentenklage geltend machen, dass die materiellen Voraussetzungen für eine partielle Öffnung des [X.] durch den [X.]andesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht vorlagen?"

Diese Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig. Der [X.]enat hat bereits entschieden, dass eine Kontrolle der Beschlüsse des [X.]andesausschusses nur inzident im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Bescheide der Zulassungsgremien erfolgt (vgl B[X.]G Urteil vom 2.10.1996 - 6 [X.] 52/95 - B[X.]GE 79, 152, 154 f = [X.]ozR 3-2500 § 103 [X.] [X.] 4 = juris Rd[X.]4; B[X.]G Urteil vom 5.11.2003 - [X.] [X.] 53/02 R - [X.]ozR 4-2500 § 101 [X.] = juris Rd[X.] 20 ff sowie B[X.]G Urteil vom [X.] - 6 [X.] 41/91 - B[X.]GE 70, 285 = [X.]ozR 3-2500 § 122 [X.] = juris Rd[X.] 25 ff zur Genehmigung zum Einsatz eines medizinisch-technischen Großgerätes; vgl auch B[X.]G Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 27/19 R - [X.]ozR 4-2500 § 103 [X.]1 Rd[X.]5 sowie [X.] in jurisPK-[X.]GB V, 4. Aufl 2020, § 100 Rd[X.]4, [X.]tand 27.6.2022). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies im Rahmen einer defensiven Konkurrentenklage - vorausgesetzt, es liegt eine Anfechtungsberechtigung vor - anders sein sollte. Allerdings fehlt es hier gerade an einer Anfechtungsberechtigung der Klägerin zu 1. (vgl hierzu sogleich unter b), sodass die gestellte Rechtsfrage für den vorliegenden Rechtsstreit ohnehin nicht entscheidungserheblich ist.

b) Weiterhin möchte die Klägerin zu 1. grundsätzlich geklärt wissen:

        

"Durfte den §§ 95 ff. in Verbindung mit § 103 Abs. 3 [X.]GB V und § 26 Bedarfsplanungs-Richtlinie eine drittschützende Wirkung im Rahmen der defensiven Konkurrentenklage abgesprochen werden?"

Diese Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, da sich ihre Beantwortung bereits aus der Rechtsprechung des [X.]enats ergibt. Nach ständiger [X.]enatsrechtsprechung erfolgt die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen bei der sog defensiven Konkurrentenklage zweistufig. Zunächst ist zu klären, ob die Klägerin zu 1. berechtigt ist oder war, die dem Konkurrenten erteilte Begünstigung anzufechten. Nur wenn das zu bejahen ist, muss in einem zweiten [X.]chritt geprüft werden, ob die Verwaltungsentscheidung in der [X.]ache rechtmäßig ist (vgl nur B[X.]G Urteile vom 30.11.2016 - [X.] [X.] 3/16 R - [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.]2 Rd[X.] 20 und vom 15.3.2017 - [X.] [X.] 18/16 R - [X.]ozR 4-5540 Anl 9.1 [X.]1 Rd[X.]1, jeweils mwN). Die Berechtigung eines Vertragsarztes oder einer sonstigen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung befugten Einrichtung (vgl § 95 Abs 1 [X.]atz 1 [X.]GB V), gegen eine zugunsten anderer Ärzte oder Einrichtungen ergangene Entscheidung gerichtlich vorzugehen, besteht nach der Rechtsprechung des [X.]enats - im [X.] an die Entscheidung des [X.] vom 17.8.2004 ( - 1 BvR 378/00 - [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.]) - nur dann, wenn (1.) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen [X.]eistungen anbieten und (2.) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert wird und nicht nur ein weiterer [X.]eistungsbereich genehmigt wird sowie (3.) der dem Konkurrenten eingeräumte [X.]tatus gegenüber demjenigen des [X.] nachrangig ist. [X.]etzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des [X.]tatus an den Konkurrenten vom Vorliegen eines [X.] abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten oder Einrichtungen nicht abgedeckt wird (stRspr; vgl etwa B[X.]G Urteil vom 15.3.2017 - [X.] [X.] 18/16 R - [X.]ozR 4-5540 Anl 9.1 [X.]1 Rd[X.]2 mwN; vgl auch [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 3405/08 - [X.] 2009, 376 = NVwZ 2009, 977 = juris Rd[X.] 9).

Anhand dieser Rechtsprechung lässt sich die vorliegende Konstellation einer teilweisen Entsperrung des [X.] aber klar beantworten. Wie das [X.][X.]G in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, setzt die - für die Zulassungsgremien verbindliche - partielle Öffnung eines [X.] lediglich voraus, dass dort der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad nicht mehr um [X.] überschritten ist (§ 101 Abs 1 [X.]atz 3 [X.]GB V). Ob hierdurch tatsächlich eine Versorgungslücke entsteht, etwa weil die bereits zugelassenen Vertragsärzte keine freien Kapazitäten haben, um die Versorgung weiterer Versicherter sicherzustellen, ist ohne Belang. Die bereits zugelassenen Vertragsärzte sind im Rahmen der teilweisen Öffnung ihres [X.] - anders als etwa ein bereits in den Krankenhausplan aufgenommenes Krankenhaus bei der Auswahlentscheidung anlässlich des Antrags eines Neubewerbers auf Aufnahme (zu diesem Aspekt vgl [X.] Beschluss vom [X.], aaO, juris Rd[X.]0) - zwar insoweit geschützt, als die ihnen einmal erteilte Zulassung bei einem Bewerberüberhang nicht zur Disposition steht. Jedoch kommt es für die Zulassung eines weiteren Vertragsarztes nach Wegfall der Überversorgung auf eine konkrete Bedarfslage - anders als etwa bei der Ermächtigung eines Krankenhausarztes oder einer [X.]onderbedarfszulassung (vgl B[X.]G Urteil vom 7.2.2007 - [X.] [X.] 8/06 R - B[X.]GE 98, 98 = [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.]0 zur Ermächtigung sowie B[X.]G Urteil vom 17.6.2008 - [X.] [X.] 38/08 R - [X.]ozR 4-2500 § 101 [X.] 5 zum [X.]onderbedarf) - nicht an. Auch hängt die Zulassung des neuen Bewerbers nicht von der Auslastung der bestehenden Vertragsarztpraxen oder deren Abstand zur geplanten neuen Praxis ab, wie es bei dem besonderen Versorgungsauftrag zur [X.] der Fall ist (vgl B[X.]G Urteil vom 17.8.2011 - [X.] [X.] 27/10 R - [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.] zu § 6 Anlage 9.1 [X.]). [X.]etztlich realisiert sich bei der teilweisen Entsperrung des [X.] lediglich ein dem Vertragsarztsystem immanentes Wettbewerbsrisiko, das der bereits niedergelassene Vertragsarzt hinzunehmen hat (zu diesem Aspekt vgl auch [X.] Beschluss vom 17.8.2004 - 1 BvR 378/00 - [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.] = juris Rd[X.]9 zu Einschränkungen der Erwerbsmöglichkeiten "über das dem Vertragsarztrecht immanente Maß hinaus" bzw Rd[X.] 23 zur Bedarfsplanung, die den einzelnen Vertragsarzt begünstige, der "innerhalb des geschlossenen [X.]ystems der vertragsärztlichen Versorgung nur einer für ihn noch tragbaren Konkurrenz ausgesetzt ist" ; vgl auch [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 3405/08 - [X.] 2009, 376 = NVwZ 2009, 977 = juris Rd[X.] 9 und 10, der ein "dem jeweiligen Markt bereits immanentes Wettbewerbsrisiko" bzw eine Verschärfung des "systemimmanenten" Wettbewerbsdrucks anspricht).

In diesem Zusammenhang hat der [X.]enat bereits in seinem - auch von der Klägerin zu 1. angeführten - Urteil vom 7.2.2007 ([X.] [X.] 8/06 R - B[X.]GE 98, 98 = [X.]ozR 4-1500 § 54 [X.]0 = juris Rd[X.] 21) ausgeführt, dass der vom [X.] in seinem Beschluss vom 17.8.2004 (aaO, juris Rd[X.] 24) angeführte Gesichtspunkt, dass infolge des vertragsärztlichen Vergütungssystems mit budgetierten Gesamtvergütungen Abrechnungsmöglichkeiten für weitere Vertragsärzte die Verdienstmöglichkeiten der bereits vertragsärztlich Tätigen schmälern können, nicht für eine Berechtigung zur Anfechtung ausreiche, da dann diese auch gegenüber weiteren Zulassungen anderer Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung anzuerkennen wäre. Das [X.] sei jedoch nicht von einer drittschützenden Wirkung der Normen über die vertragsärztliche Zulassung (§§ 95 ff [X.]GB V) ausgegangen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass der [X.]enat nicht von einer Anfechtungsberechtigung für eine defensive Konkurrentenklage eines niedergelassenen Vertragsarztes gegen die Zulassung eines weiteren Vertragsarztes - etwa nach partieller Öffnung des [X.] - ausgeht.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 [X.]atz 1 Teilsatz 3 [X.]GG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin zu 1. die Kosten des von ihr ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. ist nicht veranlasst, da sie - anders als der Beigeladene zu 7. - keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).

4. Die Festsetzung des [X.]treitwerts entspricht der von den Beteiligten nicht angegriffenen Festsetzung durch das [X.][X.]G (§ 197a Abs 1 [X.]atz 1 Teilsatz 1 [X.]GG iVm § 63 Abs 2 [X.]atz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Rademacker

[X.]oose 

[X.]   

Meta

B 6 KA 29/22 B

23.03.2023

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Kiel, 12. Dezember 2017, Az: S 2 KA 349/14, Urteil

§ 103 Abs 3 SGB 5, § 95 SGB 5, §§ 95ff SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 9 SGB 5, § 26 ÄBedarfsplRL, § 16b Abs 3 S 2 Ärzte-ZV, § 54 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.03.2023, Az. B 6 KA 29/22 B (REWIS RS 2023, 3891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3891

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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