Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.04.2019, Az. 3 StR 530/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2019, 8609

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wohnungseinbruchsdiebstahl: Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung bei Wegwerfen einer erbeuteten Schmuckschatulle mit Modeschmuck


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. September 2018 aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Wohnungseinbruchdiebstahls verurteilt worden ist; insoweit bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten;

b) mit den zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls unter Einbeziehung mehrerer zuvor verhängter Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und wegen zweier weiterer [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Wohnungseinbruchdiebstahls hält der materiellrechtlichen Überprüfung nicht stand.

3

a) Das [X.] hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:

4

Der Angeklagte brach mit einem gesondert abgeurteilten Mittäter in ein freistehendes Einfamilienhaus ein. Dort nahmen sie "tatplanmäßig" eine Schatulle mit Modeschmuck mit, um sie für sich zu behalten. Als sie nach Verlassen des Anwesens feststellten, dass es sich "wider Erwarten" um nahezu wertlosen Modeschmuck handelte, warfen sie die Schatulle nebst dem Schmuck weg.

5

b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann die Verurteilung wegen vollendeten Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 1 StGB aF keinen Bestand haben; denn sie tragen nicht die Annahme, dass der Angeklagte und sein Mittäter bezüglich des Schmuckkoffers samt Modeschmuck die nach § 242 Abs. 1 StGB erforderliche Zueignungsabsicht hatten.

6

Enthält ein Behältnis, das der Täter in seinen Gewahrsam bringt, nicht die vorgestellte werthaltige Beute, auf die es ihm bei der Tat allein ankommt, und entledigt er sich - nachdem er dies festgestellt hat - deswegen des Behältnisses sowie des ggf. darin befindlichen, ihm nutzlos erscheinenden Inhalts, so kann er mangels Zueignungsabsicht bezüglich der erlangten Beute nicht wegen eines vollendeten, sondern nur wegen versuchten (fehlgeschlagenen) Diebstahls bestraft werden ([X.], Beschlüsse vom 13. Oktober 2016 - 3 [X.], juris Rn. 5; vom 1. Februar 2000 - 4 StR 564/99, [X.], 531; vom 9. Juli 2013 - 3 [X.], [X.], 309; jeweils mwN; LK/[X.], StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 162).

7

So liegt es möglicherweise hier. Die vom [X.] getroffenen Feststellungen belegen nicht widerspruchsfrei, dass sich die konkrete Zueignungsabsicht des Angeklagten und seines Mittäters bei der Wegnahme auf den Schmuckkoffer an sich oder jegliche darin befindlichen Sachen bezog und somit ein vollendeter Diebstahl vorlag. Nach diesen nahmen die beiden Täter zwar einerseits die Schatulle mit dem Modeschmuck entsprechend ihrem Tatplan mit, was darauf hindeutet, dass sie sich diese ungeachtet ihres Inhalts zueignen wollten. Andererseits spricht aber die weitere Feststellung des [X.]s, dass die beiden sich der Schatulle nebst dem Schmuck entledigten, als sie erkannten, dass es sich bei dem Inhalt des Koffers "wider Erwarten" um nahezu wertlosen Modeschmuck handelte, dafür, dass sie den Schmuckkoffer wegwarfen, weil sich hierin nicht die nach ihren Vorstellungen bei der Tatbegehung erhoffte wertvolle Beute befand.

8

Das Urteil ist insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

9

2. Die Aufhebung des Schuldspruches in diesem Fall hat den Wegfall der hierfür bemessenen [X.] und damit die Aufhebung der - unter Einbeziehung weiterer Strafen aus vorangegangenen Entscheidungen gebildeten - Gesamtstrafe von einem Jahr und drei Monaten zur Folge. Diese Gesamtstrafe hat aber auch - ebenso wie die zweite verhängte Gesamtstrafe von zwei Jahren - aus anderen Gründen keinen Bestand.

Dem [X.] ist, wie bereits der [X.] zutreffend ausgeführt hat, bei der Bildung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe aus der für die Tat vom 10. November 2015 verhängten [X.] und den nicht vollstreckten Strafen aus Urteilen vom 20. November 2015, 8. Dezember 2015, 26. Juli 2016 und 30. August 2016 ein Rechtsfehler unterlaufen. Jedenfalls die am 26. Juli 2016 ausgesprochene Strafe für eine am 10. Juli 2016 begangene Tat hätte nicht einbezogen werden dürfen, weil diese Tat nicht vor den Vorverurteilungen vom 20. November und 8. Dezember 2015 begangen wurde. Darüber hinaus entzieht sich auch die Einbeziehung der übrigen genannten Strafen der revisionsgerichtlichen Überprüfung, weil hinsichtlich dieser Strafen weder das Datum der den Verurteilungen zugrundeliegenden Taten mitgeteilt wird noch ob und seit wann die [X.] rechtskräftig sind.

Der Senat hebt beide verhängten Gesamtfreiheitsstrafen auf, weil wegen der oben erörterten mangelhaften Darlegung der für die Beurteilung der Gesamtstrafenbildung wesentlichen Daten hinsichtlich der früher verhängten Strafen nicht ausgeschlossen werden kann, dass insgesamt eine oder mehrere andere Gesamtstrafen hätten gebildet werden müssen.

Schäfer     

        

Ri[X.] Gericke
befindet sich im
Urlaub und ist deshalb
gehindert zu
unterschreiben.

        

[X.]

                 

Schäfer

                 
        

Wimmer     

        

     Berg     

        

Meta

3 StR 530/18

03.04.2019

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kleve, 7. September 2018, Az: 120 KLs 18/18

§ 22 StGB, § 23 StGB, § 242 Abs 1 StGB, § 244 Abs 1 Nr 3 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.04.2019, Az. 3 StR 530/18 (REWIS RS 2019, 8609)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 2868 REWIS RS 2019, 8609

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 182/17 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren wegen Diebstahls: Zueignungsabsicht bei Wegnahme eines Behältnisses und dessen anschließender Entsorgung samt Inhalt; Sachverständigenanhörung …


3 StR 182/17 (Bundesgerichtshof)


3 StR 529/19 (Bundesgerichtshof)

Konkurrenzen bei schwerem Einbruchsdiebstahl und Bandendiebstahl


4 StR 63/18 (Bundesgerichtshof)

Einziehung von Taterträgen bei Mittäterschaft: Erfordernis einer Mitverfügungsmacht bei der Zurechnung von Beuteanteilen


2 StR 481/17 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Bandendiebstahl und Einbruchdiebstahl: Konkurrenzen bei begangener Sachbeschädigung


Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 447/23

Zitiert

3 StR 174/13

3 StR 173/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.