Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.11.2021, Az. 8 B 29/21

8. Senat | REWIS RS 2021, 759

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Gegenstand

Ablehnung einer Spielhallenerlaubnis wegen Unterschreitens des Mindestabstandes


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 10. März 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 90 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die [X.]eklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für ihre zuvor auf Grundlage einer unbefristeten Erlaubnis nach § 33i [X.] betriebene Spielhalle wegen Unterschreitens des landesgesetzlichen [X.] zu zwei benachbarten Spielhallen ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage dagegen abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung zurückgewiesen. Der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt und das Mindestabstandsgebot für Spielhallen seien mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Abweichung vom gesetzlichen Mindestabstandsgebot, weil kein atypischer Fall gegeben sei. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

2

Die allein auf den [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung setzt voraus, dass die Rechtssache eine Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die der - gegebenenfalls erneuten oder weitergehenden - höchstrichterlichen Klärung bedarf, sofern diese Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten steht und dies zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus führen wird. Der Rechtsmittelführer hat darzulegen, dass diese Voraussetzungen vorliegen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Dem wird die [X.]eschwerde nicht gerecht.

3

1. Die von der Klägerin für [X.] erachtete Frage,

ob für [X.] eine dem Vorbehalt des Gesetzes genügende rechtliche Grundlage gegeben ist, auf deren [X.]asis sich die [X.]eklagte die sich aus der beschränkenden Regelung des § 25 Abs. 1 GlüStV (Mindestabstand zwischen Spielhallen) i.V.m. § 16 ff. AG GlüStV [X.] ergebende Notwendigkeit der Durchführung eines Auswahlverfahrens zwischen den in [X.] stehenden Spielhallenbetreibern stützen kann,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, da die [X.]eschwerdebegründung insoweit keinen bundesrechtlichen Klärungsbedarf erkennen lässt. Daran ändert der Umstand nichts, dass sie einen Verstoß des [X.]erufungsurteils gegen Verfassungsrecht, namentlich den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, geltend macht. Sie rügt lediglich eine Verletzung dieses bundesrechtlichen Grundsatzes, ohne aufzuzeigen, dass dessen Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt wäre, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (vgl. dazu u.a. [X.], [X.]eschlüsse vom 19. August 2013 - 9 [X.] 1.13 - [X.] 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 4 und vom 29. Juni 2015 - 10 [X.] 66.14 - juris Rn. 15).

4

2. Die Klägerin legt auch hinsichtlich der von ihr als [X.] erachteten sinngemäßen Frage,

ob die Sachkriterien für die Auswahl zur Auflösung von [X.] zwischen den gesetzlichen Mindestabstand unterschreitenden Spielhallen mindestens in ihren Grundsätzen gesetzlich bestimmt sein müssen,

keinen höchstrichterlichen Klärungsbedarf dar. Diese Frage hat das [X.]undesverfassungsgericht in seinem von der Klägerin zitierten [X.]eschluss vom 7. März 2017 - 1 [X.]vR 1314/12 u.a. - ([X.]VerfGE 145, 20 Rn. 181 ff.) hinreichend geklärt. Danach verstößt das Fehlen von gesetzlichen Kriterien für die bei der Wiedererteilung von Erlaubnissen zu treffende Auswahl unter Spielhallen mit nach Ablauf der Übergangsfrist erloschenen Altgenehmigungen, die zueinander den gesetzlichen Mindestabstand nicht einhalten, dann nicht gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, wenn der Eingriff in die [X.]erufsfreiheit durch eine Übergangsfrist und die Möglichkeit einer Härtefallbefreiung vom Mindestabstandserfordernis abgemildert ist und nur eine bestimmbare Anzahl von [X.]estandsspielhallen betrifft ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 7. März 2017, a.a.[X.] Rn. 183). Der Gesetzgeber kann die [X.]ewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen anhand sachgerechter Kriterien den zuständigen [X.]ehörden überlassen, da eine ausdrückliche gesetzliche Regelung soweit ersichtlich nur ein geringes Mehr an [X.]estimmtheit und Rechtsklarheit schaffen könnte. Auch soweit eine Vielzahl von Konkurrenzsituationen aufgelöst werden muss, erfordert der Vorbehalt des Gesetzes daher jedenfalls derzeit keine ausdrückliche gesetzgeberische Festlegung der maßgeblichen [X.]. Insofern gebietet es die ohnehin geforderte [X.]erücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber auch ohne ausdrückliche gesetzliche [X.]estimmung, dass die zuständigen [X.]ehörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei [X.]eachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 7. März 2017, a.a.[X.] Rn. 185).

5

Über diese Grundsätze hinausgehenden Klärungsbedarf lässt die [X.]eschwerdebegründung nicht erkennen. Ein solcher [X.]edarf kann insbesondere nicht aus den von der Klägerin geltend gemachten Unterschieden zwischen den landesrechtlichen Regelungen in [X.] und den vom [X.]undesverfassungsgericht bewerteten Regelungen im [X.] abgeleitet werden. Diese betreffen nicht die Auslegung des revisiblen [X.]undesrechts, auf welche der [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung zielt.

6

Gleiches gilt, soweit die Klägerin die [X.] der in [X.] geltenden Regelungen zur Auswahlentscheidung zwischen [X.] geltend macht, die wegen Nichteinhaltung des [X.] untereinander kollidieren. Klärungsbedarf hinsichtlich des von ihr angeführten Maßstabes der unionsrechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit zeigt die [X.]eschwerdebegründung nicht auf, sondern rügt lediglich eine angeblich fehlerhafte Anwendung revisiblen Rechts durch das [X.]erufungsgericht, die eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache nicht rechtfertigen kann.

7

3. Auch der mit der [X.]eschwerdebegründung aufgeworfenen Frage,

ob dem Gesetzesvorbehalt für Folgeanträge einer maximal bis zum 30. Juni 2021 befristeten Erlaubnis durch einen Verweis auf eine Übergangsregelung Genüge getan werden kann,

kommt keine grundsätzliche [X.]edeutung zu. Sie wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil der Klägerin für ihre hier streitgegenständliche Spielhalle zuletzt lediglich eine nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2012 bis zum 30. Juni 2017 geltende Erlaubnis nach § 33i [X.] und danach keine befristete Erlaubnis erteilt worden war.

8

4. Eine Zulassung wegen grundsätzlicher [X.]edeutung kommt auch nicht mit [X.]lick auf die von der Klägerin formulierte Frage in [X.]etracht,

ob ein rechtswidriges Auswahlverfahren durch Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt auf die Erlaubnispflicht für Spielhallen selbst durchschlägt.

9

Auch sie wäre im angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Das [X.]erufungsurteil nimmt keine Rechtswidrigkeit des von der [X.]eklagten durchgeführten Auswahlverfahrens an und verhält sich deshalb nicht zu der Frage, welche Auswirkungen eine solche auf die Vereinbarkeit des [X.] für Spielhallen mit höherrangigem Recht hätte.

5. Grundsätzliche [X.]edeutung kommt der Rechtssache schließlich nicht wegen der von der Klägerin geltend gemachten Abweichung des [X.]erufungsurteils von dem [X.]eschluss des [X.] vom 4. September 2017 (11 [X.]) zu. Die Abweichung der Entscheidung eines [X.] von der Rechtsprechung eines anderen [X.] kann zwar grundsätzlichen Klärungsbedarf im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO indizieren (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 17. Juni 2019 - 10 [X.] 21.18 - juris Rn. 6), sofern sie dieselbe Norm des revisiblen Rechts betrifft. Das legt die Klägerin mit ihrer [X.]eschwerdebegründung indessen nicht dar. Sowohl das [X.] als auch das [X.]erufungsgericht haben ihrer Entscheidung den bundesrechtlichen Maßstab des Gesetzesvorbehalts aus der Entscheidung des [X.]undesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 - 1 [X.]vR 1314/12 u.a. - ([X.]VerfGE 145, 20 Rn. 182, 185) zugrunde gelegt. Ihre unterschiedliche [X.]ewertung der Vereinbarkeit des jeweiligen irrevisiblen Landesrechts mit diesem Maßstab des revisiblen Rechts verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche [X.]edeutung. Im Übrigen ist das [X.]erufungsgericht auch nicht von einer mit der [X.] Rechtslage vergleichbaren landesrechtlichen Regelung ausgegangen. Es hat dem [X.] Landesrecht hinreichende Auswahlkriterien bei kollidierenden [X.] sowie die Möglichkeit entnommen, eine Amortisierung von im Vertrauen auf den [X.]estand einer gewerberechtlichen Erlaubnis getätigten Investitionen zu berücksichtigen, die das [X.] für das dortige Landesrecht verneint hatte (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 4. September 2017 - 11 [X.] - NVwZ 2017, 1552 Rn. 16 ff., 19).

6. Soweit die Klägerin rügt, das Auswahlverfahren der [X.]eklagten verletze das unionsrechtliche Transparenzgebot, erschöpft sich ihr Vortrag in der Kritik der davon abweichenden materiell-rechtlichen Würdigung des [X.]erufungsgerichts, ohne (ggf. erneuten oder weitergehenden) rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich des von diesem angewandten unionsrechtlichen Maßstabes aufzuzeigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht vorliegend nicht der [X.]illigkeit, die außergerichtlichen Kosten der [X.]eigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil die [X.]eigeladene zu 1 mit ihrem Antrag, die [X.]eschwerde zurückzuweisen, keine Ausführungen zur Sache gemacht hat (vgl. dazu [X.], [X.]eschlüsse vom 17. Februar 1993 - 4 C 16.92 - juris Rn. 3 und vom 24. Juli 1996 - 7 KSt 7.96 - [X.] 310 § 162 VwGO Nr. 31 S. 7) und die [X.]eigeladene zu 2 keinen Antrag gestellt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

8 B 29/21

30.11.2021

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 10. März 2021, Az: 4 A 3178/19, Urteil

§ 25 Abs 1 GlüStVtr NW, § 29 Abs 4 S 2 GlüStVtr NW, § 162 Abs 3 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.11.2021, Az. 8 B 29/21 (REWIS RS 2021, 759)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 759

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