Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2017, Az. V ZR 230/16

5. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 9941

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Gegenstand

Nachbarrecht in Bayern: Anspruch auf Rückschnitt einer Grenzbepflanzung bei tiefer liegendem Nachbargrundstück; Anspruchsverjährung


Leitsatz

Bei einer Grenzbepflanzung eines Grundstücks, das tiefer liegt als das Nachbargrundstück, ist die nach den nachbarrechtlichen Vorschriften zulässige Pflanzenwuchshöhe von dem höheren Geländeniveau des Nachbargrundstücks aus zu messen. Der Anspruch auf Rückschnitt gemäß Art. 47 Abs. 1 BayAGBGB entsteht erst, wenn die Pflanze unter Hinzurechnung der Differenz zwischen dem Geländeniveau des tiefer gelegenen Grundstücks, auf dem sie stehen, und dem des höher gelegenen Grundstücks die zulässige Pflanzenwuchshöhe überschritten hat.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 5. Zivilkammer - vom 25. August 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Eigentümer aneinandergrenzender Grundstücke in Hanglage in [X.]     . Das Grundstück des [X.] liegt höher als das der [X.]. Zwischen den Grundstücken befindet sich eine ca. 1 m bis 1,25 m hohe Geländestufe, an der eine Mauer verläuft. Auf dem Grundstück der [X.] steht entlang der Geländestufe eine 6 m hohe [X.]. Sie wurde zuletzt 2009 oder 2010 auf eine Höhe von ca. 2,90 m geschnitten, gemessen von ihrer Austrittsstelle aus dem Boden. Der Kläger verlangt von der [X.], die Hecke zweimal jährlich mit Ausnahme des Zeitraums vom 1. März bis 30. September auf eine Höhe von 2 m, gemessen ab dem oberen Ende der Mauer zwischen den Grundstücken der Parteien, zurückzuschneiden. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

2

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] ihr stattgegeben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision möchte die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht meint, der Kläger könne den Rückschnitt der Hecke nach Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] verlangen. Der Anspruch sei nicht verjährt. Verjährung trete zwar fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem die Grenzbepflanzung erstmals eine Höhe von 2 m überschritten habe (Art. 52 Abs. 1 Bay[X.]). Das könne jedoch zu unbilligen Ergebnissen führen. Ob die Pflanzen die zulässige Höhe einhielten, könne nur durch akkurates Nachmessen festgestellt werden. Das entspreche nicht der Rechtswirklichkeit. Im konkreten Fall komme hinzu, dass an der Grundstücksgrenze eine Geländestufe verlaufe. In einem derartigen Fall sei die Höhe der Grenzbepflanzung nicht von dem Bodenniveau des Grundstücks, auf dem sie stünden, sondern von dem Niveau des benachbarten Grundstücks aus zu messen. Der Wortlaut von Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] stelle zwar allein auf die Pflanzenhöhe als solche ab. Bei einer Geländestufe werde das Nachbargrundstück aber erst beeinträchtigt, wenn die Pflanzen deren Höhe überschritten. Das führe dazu, dass die Geländestufe von 1 m der gesetzlich zulässigen Pflanzenwuchshöhe von 2 m hinzuzurechnen und die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Höhe der [X.] auf 3 m festzulegen sei. Da nach dem Vortrag der Beklagten die Hecke 2009 oder 2010 auf eine Höhe von ca. 2,90 m gekürzt worden sei, sei der nach dem [X.] der Hecke entstandene Anspruch im Hinblick auf das 2014 eingeleitete Schlichtungsverfahren nicht verjährt.

II.

4

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

5

1. Zu Recht bejaht das Berufungsgericht die Voraussetzungen für einen Anspruch des [X.] auf Rückschnitt der [X.].

6

Dieser ergibt sich aus Art. 47 Abs. 1 Bay[X.]. Danach kann der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass auf einem Nachbargrundstück u.a. Bäume, Sträucher oder Hecken, die in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze seines Grundstücks gehalten werden, nicht höher als 2 m sind. So liegt der Fall hier. Nach den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts steht die Hecke in einem Grenzabstand zwischen 0,50 m und 2 m. Sie ist mit einer Wuchshöhe von 6 m unzweifelhaft über die nach Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] zulässige Höhe hinausgewachsen. Der Kläger kann deshalb ein Zurückschneiden verlangen.

7

Dem steht nicht entgegen, dass dem Nachbarn nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers bei einem Verstoß gegen Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] ein Anspruch auf Beseitigung oder auf Zurückversetzen der Pflanzen zusteht (vgl. Becher, Die gesamten Materialien zu den das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Nebengesetze betreffenden [X.] Gesetzen und Verordnungen, [X.] und V, [X.], 1899, [X.]). Der Rückschnitt ist ein Weniger gegenüber der vollständigen Beseitigung und damit möglicher Inhalt des Anspruchs aus Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] (vgl. [X.] 1993, 100, 104; [X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 47 [X.] Rn. 24; [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 2. Aufl., 73 f.; [X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 3. Aufl., 2. Teil Rn. 154, 155; [X.]/[X.]/Götz, Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., § 18 Rn. 8; [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., [X.]. 10 [X.] 5).

8

2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Anspruch des [X.] nicht verjährt ist.

9

a) Der Anspruch des Grundstückseigentümers auf Beseitigung eines die Grenzabstandsvorschrift des Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] verletzenden Zustandes verjährt in fünf Jahren (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Bay[X.]). Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Eigentümer des Grundstücks von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (Art. 52 Abs. 1 Satz 3 Bay[X.]). Das gilt auch für den Anspruch auf Rückschnitt ([X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 52 [X.] Rn. 4; [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., [X.]. [X.] 1).

Billigkeitsgesichtspunkte stehen dem, anders als das Berufungsgericht meint, nicht entgegen. Für den Beginn der Verjährung ist ein subjektives Element erforderlich. Der Nachbar muss bei objektiver Betrachtung die Verletzung des Grenzabstands, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme geeigneter Messhilfen, erkennen können. Ist die Grenzabstandsverletzung bei objektiver Betrachtung zweifelhaft, beginnt die Verjährung erst, wenn die Verletzung eindeutig wird (vgl. [X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 52 [X.] Rn. 7; [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., [X.]. [X.] 2a; [X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 3. Aufl., 2. Teil Rn. 185; [X.]/[X.]/Götz, Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., § 18 Rn. 10; [X.]/[X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 2. Aufl., [X.]). Die fünfjährige Verjährungsfrist gibt dem Nachbarn dann genügend Zeit zu überlegen, ob er seinen Anspruch durchsetzen will. Es ist ihm ohne weiteres möglich, innerhalb von fünf Jahren nach dem Hinauswachsen von Pflanzen über die gesetzliche Höhe hinaus den jährlichen Zuwachs zu beobachten. Auch lässt sich, notfalls mit Hilfe fachmännischer Beratung, ermitteln, wie lange das Wachstum der Pflanzen andauern wird, so das auch der Umfang künftiger Beeinträchtigungen eingeschätzt werden kann. Der Nachbar kann somit innerhalb der Frist entscheiden, ob er das Zurückschneiden der Pflanzen verlangt (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2003 - [X.], [X.], 33, 37).

b) Im [X.] von 0,5 m bis 2 m entsteht der Anspruch aus Art. 47 Abs. 1 Bay[X.], wenn die Pflanzen über die zulässige Höhe von 2 m hinauswachsen (vgl. Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze sowie zur Änderung weiterer landesrechtlicher Vorschriften, [X.]. 14/9958 S. 11; [X.] 1993, 100, 105; [X.], NJW-RR 1992, 276, 277; [X.], NJW-RR 1996, 1483; AG [X.], NJW-RR 1990, 401; [X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 52 [X.] Rn. 6; [X.], [X.]isches privates Nachbarrecht, 2011, Art. 52 Rn. 5; [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., [X.]. [X.] 2; [X.]/[X.]/Götz, Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., § 18 Rn. 9; [X.]/[X.] [2012] EGBGB Art. 124 Rn. 39; vgl. auch [X.], NJW-RR 1997, 657 zu § 43 Abs. 1 Ziff. 2 [X.] HE aF; differenzierend [X.]/[X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 2. Aufl., [X.] zu Art. 52 Abs. 1 Bay[X.] aF: Anpflanzung). Werden die Pflanzen zurückgeschnitten, entsteht der Anspruch auf Rückschnitt nach jedem Nachwachsen über die höchstzulässige Höhe wieder neu (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - [X.], NJW-RR 2012, 82 Rn. 7 zu § 14 Abs. 1 Sächs[X.]).

c) Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Anspruch des [X.] auf Rückschnitt entstanden ist, als die [X.] zuletzt eine Höhe von 2 m, gemessen von der ca. 1 m hohen Geländestufe, und damit eine absolute Höhe von 3 m überschritten hat. Das war, nachdem die Hecke 2009/2010 auf etwa 2,90 m zurückgeschnitten worden war, frühestens im Laufe des Jahres 2009 der Fall.

aa) Allerdings ist die nach Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] im [X.] bis 2 m zulässige Höhe der Pflanzen grundsätzlich von der Stelle aus zu messen, an der diese aus dem Boden austreten (vgl. [X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 3. Aufl., 2. Teil Rn. 150; [X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 52 [X.] Rn. 28; [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., [X.]. 10 [X.] 6; [X.], [X.]isches privates Nachbarrecht, 2011, Art. 47 Rn. 9; [X.]/[X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 2. Aufl., S. 161; vgl. auch [X.], Nachbarrecht [X.], 7. Aufl., [X.]. 11.1).

bb) Das gilt aber nicht für die Grenzbepflanzung eines Grundstücks, das tiefer liegt als das Nachbargrundstück.

(1) Ob für die Ermittlung der im [X.] nach Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] zulässigen Höhe der Pflanzen zu berücksichtigen ist, dass das Nachbargrundstück auf einem höheren [X.] liegt, ist allerdings umstritten. Teilweise wird angenommen, eine Hanglage sei für die Ermittlung der zulässigen Höhe der Grenzbepflanzung gänzlich unbeachtlich. Es komme allein auf die Wuchshöhe der Pflanzen an (vgl. [X.], Das [X.] private Nachbarrecht, 2011, Art. 47 Rn. 9; so auch [X.], Nachbarrecht für [X.], 7. Aufl., [X.]. 11; Keil/[X.], [X.], 21. Aufl., §§ 38, 39 [X.]. 4). Nach anderer Auffassung, der das Berufungsgericht folgt, ist bei einer Hanglage die zulässige Pflanzenwuchshöhe von dem [X.] des Nachbargrundstücks aus zu messen. Falle das Grundstück zur Pflanze hin ab, sei der [X.]unterschied der zulässigen Höhe der Pflanze hinzuzurechnen, steige es zur Pflanze hin an, sei der [X.]unterschied abzuziehen (vgl. [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., [X.]. 10 [X.] 6a; [X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 47 [X.] Rn. 28; [X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 3. Aufl., 2. Teil Rn. 150; [X.]/[X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 2. Aufl., S. 161; so auch [X.], Die Justiz 1976, 472, 473; [X.], Nachbarrechtsgesetz [X.], 3. Aufl., § 12 Rn. 24).

(2) Richtigerweise ist bei einer Grenzbepflanzung eines Grundstücks, das - wie hier - tiefer liegt als das Nachbargrundstück, die nach den nachbarrechtlichen Vorschriften zulässige Pflanzenwuchshöhe von dem höheren [X.] des Nachbargrundstücks aus zu messen. Der Anspruch auf Rückschnitt gemäß Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] entsteht erst, wenn die Pflanze unter Hinzurechnung der Differenz zwischen dem [X.] des tiefer gelegenen Grundstücks, auf dem sie stehen, und dem des höher gelegenen Grundstücks die zulässige Pflanzenwuchshöhe überschritten hat. Wie die Messung im umgekehrten Fall zu erfolgen hat, also bei einer Grenzbepflanzung auf dem höher gelegenen Grundstück, bleibt offen.

Bei einer Bepflanzung des tiefer gelegenen Grundstücks widerspräche eine Messung von der [X.] der Pflanze dem Sinn und Zweck von Art. 47 Abs. 1 Bay[X.]; der Anwendungsbereich der Vorschrift ist deshalb im Wege teleologischer Reduktion zugunsten des tiefer liegenden Grundstücks einzuschränken.

(a) Der Gesetzgeber hat in Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] eine Abwägung getroffen zwischen den Interessen des Grundstückseigentümers, sein Grundstück durch Anpflanzungen zu begrünen, und denen des Nachbarn, sein Grundstück zu nutzen, ohne durch den Entzug von Wasser, Licht und Luft beeinträchtigt zu werden. Er hat dies in der Weise getan, dass er für bestimmte Gewächse in Abhängigkeit von ihrer Wuchshöhe Grenzabstände festgelegt hat. Er ist dabei davon ausgegangen, dass Pflanzen bereits mit dem Austritt aus dem Boden das Nachbargrundstück beeinträchtigen können. Auf dieser Grundlage hat er eine Wuchshöhe von 2 m bestimmt, die der Nachbar im Grenzbereich von 0,50 m bis 2 m hinnehmen muss (vgl. Becher, Die gesamten Materialien zu den das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Nebengesetze betreffenden [X.] Gesetzen und Verordnungen, [X.] und V, [X.], 1899, [X.]). Ist bei Pflanzen der Grenzabstand nicht eingehalten, gewährt das Landesrecht mit Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] einen Anspruch unabhängig davon, ob die Missachtung dieser Vorgaben zu einer Eigentumsbeeinträchtigung des Nachbargrundstückes im Sinne des § 1004 BGB führt (vgl. Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - [X.]/09, NJW-RR 2010, 807 Rn. 24). Die aus den [X.] folgende Eigentumsbeschränkung findet ihre Rechtfertigung in dem auf gegenseitige Rücksichtnahme angelegten nachbarlichen Verhältnis (vgl. Begründung zum Entwurf des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze [[X.]], [X.]. 9/10458 S. 22; [X.] 1993, 100, 106; [X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 47 [X.] Rn. 1; [X.], Das Nachbarrecht in [X.]n, 7. Aufl., [X.]. 10 [X.] 3; [X.]/[X.], [X.]isches Nachbarrecht, 3. Aufl., 2. Teil Rn. 102).

(b) Dieser gedankliche Ausgangspunkt der Interessenabwägung des Gesetzgebers trifft nicht uneingeschränkt zu, wenn die Pflanzen auf einem Grundstück stehen, das tiefer liegt als das Nachbargrundstück. Fällt der Hang zu den Pflanzen hin ab, ist eine Beeinträchtigung des höher gelegenen Grundstücks nämlich erst möglich, wenn die Pflanzen dessen Höhenniveau erreichen. Soweit sich die Pflanzen unterhalb des [X.]s des höher gelegenen Nachbargrundstücks befinden, sind für dieses Nachteile hingegen ausgeschlossen. Würde man auch in einer solchen Situation für die Bemessung der zulässigen Pflanzenwuchshöhe auf die [X.] aus dem Boden abstellen, würde die Interessenabwägung, die der Gesetzgeber getroffen hat, verfälscht. Dem Sinn und Zweck der Grenzabstandsflächen entspricht es deshalb, der zulässigen Pflanzenwuchshöhe die Differenz zwischen dem [X.] des tiefer gelegenen Grundstücks, auf dem die Pflanzen stehen, und dem des höher gelegenen Grundstücks hinzuzurechnen. Das führt dazu, dass bei einer Hanglage die Grenzbepflanzung auf dem tiefer gelegenen Grundstücks absolut gesehen höher als 2 m wachsen kann. [X.] stehen dem - anders als der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint hat - nicht entgegen. Soweit topographische Gegebenheiten wie Unebenheiten im Gelände die Messung erschweren können, handelt es sich nicht um eine Besonderheit der Hanglage. Solche Messschwierigkeiten können gleichermaßen bei horizontalem Geländeverlauf entstehen.

(c) Diesen Erwägungen hat der [X.] Gesetzgeber an anderer Stelle Rechnung getragen. Er hat in Art. 50 Abs. 1 Satz 1 Bay[X.] eine Ausnahme von der Einhaltung des [X.] zugelassen. Nach dieser Vorschrift ist u.a. Art. 47 Abs. 1 Bay[X.] nicht auf Gewächse anzuwenden, die sich hinter einer Mauer oder einer sonstigen dichten Einfriedung befinden und diese nicht oder nicht erheblich überragen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in diesem Fall Nachteile für das Nachbargrundstück durch die Pflanzen von vornherein ausgeschlossen sind (vgl. Becher, Die gesamten Materialien zu den das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Nebengesetze betreffenden [X.] Gesetzen und Verordnungen, [X.] und V, [X.], 1899, [X.] u. [X.]; [X.]/[X.], [X.] in [X.]n, 1988, Art. 50 [X.] Rn. 3). Dieser Gesichtspunkt kommt auch zum Tragen, wenn sich die Grenzbepflanzung auf einem Grundstück befindet, das tiefer liegt als das Nachbargrundstück. Die Vergleichbarkeit der Interessenlage der Grundstücksnachbarn wird besonders augenfällig, wenn - wie hier - entlang der Grundstücksgrenze eine Geländestufe verläuft.

d) Danach ist der Anspruch der Klägerin auf Rückschnitt nicht verjährt. Die Verjährungsfrist des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Bay[X.] begann frühestens mit dem Schluss des Jahres 2009. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass sie 2014 durch die Einreichung des Güteantrags nach Art. 1 Nr. 1 Buchst. e) [X.] gehemmt worden ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Hiergegen wendet sich die Revision auch nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

Schmidt-Räntsch     

      

Brückner

      

Göbel     

      

Haberkamp     

      

Meta

V ZR 230/16

02.06.2017

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 25. August 2016, Az: 5 S 1274/16

Art 47 Abs 1 AGBGB BY, Art 52 Abs 1 S 2 AGBGB BY

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2017, Az. V ZR 230/16 (REWIS RS 2017, 9941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9941


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. V ZR 230/16

Bundesgerichtshof, V ZR 230/16, 02.06.2017.


Az. 5 S 1274/16

LG Nürnberg-Fürth, 5 S 1274/16, 25.08.2016.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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