Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. XII ZR 30/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1781

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 30/10
Verkündet am:

31. Oktober 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1361
a)
Zur Berücksichtigung eines nach Eintritt der gesetzlichen Regelaltersgrenze er-zielten Erwerbseinkommens aus einer Nebentätigkeit (im [X.] an [X.], 50 =
FamRZ 2011, 454).
b)
Zur Bemessung des sogenannten angemessenen [X.], wenn der [X.] das Eigenheim zusammen mit einem unterhaltsberechtigten Kind bewohnt.
c)
An den Unterhaltsberechtigten erbrachte Leistungen der Krankentagegeldversi-cherung, die auf während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft erbrachten Beitragsleistungen beruhen, sind regelmäßig in die [X.] einzube-ziehen.
[X.], Urteil vom 31. Oktober 2012 -
XII ZR 30/10 -
OLG Frankfurt am Main

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31.
Oktober
2012
durch den
Vorsitzenden Richter
Dose, die Richterin Dr.
Vézina und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin
wird das Urteil des 2.
Familiensenats in Kassel des [X.] vom 11.
Feb-ruar 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beru-fung der Klägerin für die [X.] ab November 2008 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten [X.] und Entscheidung -
auch über die
Kosten des Revisi-onsverfahrens
-
an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten über Trennungsunterhalt
für die [X.] ab November 2008.

Die Parteien heirateten 1983. Aus der Ehe sind zwei
Kinder hervorge-gangen. Die 1984 geborene Tochter hat ihr Studium im [X.] 2009 abge-schlossen. Der 1985 geborene [X.] studiert noch. Die Eheleute trennten sich 1
2
-
3
-
im Juli 2008. Das Scheidungsverfahren war zum [X.]punkt der mündlichen [X.] vor dem Berufungsgericht noch nicht rechtshängig.
Der Beklagte war Beamter und wurde zum 1.
November 2008 [X.]. Er bezieht eine (wegen Versorgungsausgleichs nach Scheidung seiner ersten
Ehe gekürzte) Pension und erzielt zudem Einkünfte aus einer Nebenbe-schäftigung. Er wohnt in dem Einfamilienhaus, das ihm von seiner Mutter zu-gewendet wurde,
und trägt die [X.]. Außerdem zahlt er Unterhalt für die Kinder, für die Tochter bis zum Abschluss ihres Studiums.
Die Klägerin ist erwerbsunfähig. Sie bezieht Renten
wegen voller Er-werbsminderung. Aufgrund von Klinikaufenthalten in den Jahren 2008 und 2009 bezog die Klägerin Krankentagegeld, das sie dem Beklagten teilweise zur [X.] nicht gedeckten Behandlungskosten weiterleitete.
Das Amtsgericht
hat den Beklagten zur Zahlung von monatlich 385

verurteilt. Das [X.] hat den Unterhalt auf die Berufung der Kläge-rin
ab November 2009 auf monatlich
488

Januar 2010 auf monatlich 478

erhöht.
Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin
die Zahlung eines Tren-nungsunterhalts von monatlich insgesamt 945,47

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und [X.] an das Berufungsgericht.
Auf das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor die-3
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-
sem [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3.
November 2010 -
XII
ZB
197/10
-
FamRZ 2011, 100 Rn.
10).

I.
Das Berufungsgericht hat zur Berechnung des Unterhalts das Renten-einkommen der Klägerin zugrunde gelegt. Eine Schwerbeschädigtenrente habe die Klägerin nicht beantragen müssen, weil diese jedenfalls mit dauerhaft wirk-samen Abschlägen verbunden gewesen wäre, welche die Klägerin nicht habe hinnehmen müssen.
Von der Klägerin aufgenommene Kredite seien nicht zu berücksichtigen, weil diese zum einen den allgemeinen Lebensbedarf finanziert hätten, welcher bereits durch den Unterhalt gedeckt sei, und zum anderen Krankheitskosten, für die zunächst die Beihilfe hätte in Anspruch genommen werden müssen.
Das Krankenhaustagegeld könne nicht gänzlich außer Anrechnung blei-ben, weil der Abschluss der diesbezüglichen Versicherung bereits während des ehelichen Zusammenlebens erfolgt sei. Zum anderen sei das Krankenhausta-gegeld aber nicht als Surrogat für eine die Ehe prägende Einkommensquelle anzusehen, weil die Klägerin als unterhaltsberechtigte Person bereits im Bezug der Erwerbsminderungsrente stehe. Dem entspreche es, wenn Krankenhausta-gegeld auf Seiten des [X.] lediglich bei der Leistungsfähigkeit mit einberechnet würde.
Die Gelder seien auf einen längeren [X.]raum umzule-gen
und auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen.
Das Einkommen, das der Beklagte nach seiner Pensionierung aus einer Nebentätigkeit erwirtschafte, sei für die Unterhaltsberechnung nicht zu berück-sichtigen. Der Beklagte gehe dieser Nebentätigkeit nach, um seinen insgesamt 8
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hohen Verbindlichkeiten nachkommen zu können. Da er bereits im Bezug von [X.] stehe, sei er gegenüber der Klägerin in keiner Weise dazu ver-pflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Eine Gesamtbetrachtung der Einkommenssituation der Parteien, der Verflechtung ihrer wirtschaftlichen [X.] und der fortbestehenden Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern ergebe hier, dass das Zusatzeinkommen anrechnungsfrei bleibe. [X.] ins Gewicht falle, dass der Beklagte aus den ihm zufließenden Alters-ruhegeldern den vor der Pensionierung innegehaltenen Lebensstandard kaum aufrechterhalten
könne und sich trotz der Pensionierung zu der Bedienung des mit der Klägerin gemeinsam aufgenommenen Darlehens verpflichtet sehe.

Der Wohnwert des vom Beklagten gemeinsam mit dem [X.] der [X.] bewohnten Hauses von 330

korrespondiere mit dem Wert, wie er in den Unterhaltsgrundsätzen des [X.] im angemessenen Selbstbehalt gegenüber Ehegatten
niedergelegt
sei. Dem Wohnwert stünden zu berücksich-tigende Finanzierungsaufwendungen von monatlich 943

. Für den Trennungszeitraum sei noch nicht zwischen Zins und Tilgung zu differenzieren, weil noch kein Scheidungsantrag gestellt sei und die Klägerin von der Vermö-gensbildung noch über den Zugewinnausgleich profitiere.
Bei der Bedarfsberechnung sei der Unterhalt
der volljährigen Kinder an-zusetzen. Der Vorrang des [X.] wirke sich erst im Mangelfall aus.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

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6
-
1. Bei
der
Bedarfsermittlung hat das Berufungsgericht die vom
Beklagten bezogenen Einkünfte aus einer nach seiner Pensionierung ausgeübten [X.] vollständig unberücksichtigt gelassen. Das begegnet durchgreifenden Bedenken.
a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des [X.], dass nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze grundsätzlich keine Erwerbsobliegen-heit mehr besteht. Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der [X.] für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist vielmehr -
entsprechend der Lage bei dem
Unterhaltsberechtigten
-
regelmäßig überobli-gatorisch
([X.]surteil [X.]Z 188, 50 =
FamRZ 2011, 454 Rn.
19
ff. m.w.N.).
Diese vom [X.] für den nachehelichen Unterhalt aufgestellten Grundsätze gelten auch für den Trennungsunterhalt nach §
1361 BGB.
b) Aus der grundsätzlichen Überobligationsmäßigkeit (Unzumutbarkeit) der Erwerbstätigkeit folgt indessen noch nicht
ohne weiteres, dass das daraus erzielte Einkommen für die Unterhaltsbemessung außer Betracht zu lassen ist. In welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist vielmehr nach den Grundsätzen von [X.] und Glauben aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei können
etwa das Alter und die mit der fortgesetzten Erwerbstätigkeit zuneh-mende
körperliche und geistige Belastung, ergänzend auch die ursprüngliche Planung der Eheleute und die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse her-angezogen werden ([X.]surteil [X.]Z 188, 50 =
FamRZ 2011, 454 Rn.
23
ff. m.w.N.).
c) Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kom-menden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisions-gericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeits-14
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7
-
prüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der [X.] Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt ([X.]surteile [X.]Z 188, 50 =
FamRZ 2011, 454 Rn.
25; vom 14.
Oktober 2009 -
XII
ZR
146/08
-
FamRZ 2009, 1990 Rn.
19 und vom 14.
April 2010 -
XII
ZR
89/08
-
FamRZ 2010, 869 Rn.
48).
Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil
nicht in vollem [X.]. Zwar hat es auf die wirtschaftliche Verflechtung der Parteien abgestellt und auf die finanzielle Lage des Beklagten nach Abzug des Ehegatten-
und Kindesunterhalts sowie der auf den [X.] zu erbringenden Zins-
und Til-gungsleistungen. Hierbei hat es aber nicht berücksichtigt, dass nach seiner Be-rechnung der Trennungsunterhalt
der Klägerin bereits dadurch geschmälert worden ist, dass der Kindesunterhalt
sowie die
Zins-
und Tilgungsleistungen
bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden sind. Die damit verbundene Einkommensminderung wird daher im Ergebnis von beiden Parteien zur Hälfte getragen, so dass sich daraus allein
noch nicht ohne weiteres ergibt, dass dem Beklagten für die genannten Zwecke zusätzliche Geldmittel anrechnungsfrei verbleiben müssen. Für die Abwägung der beiderseitigen Belange ist entgegen der Auffassung des [X.]
des Weiteren
von Bedeutung, welche Höhe das Einkommen
aus der Nebentätigkeit erreicht. Nicht zuletzt von der konkreten Höhe hängt es ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem [X.] der Einsatz des Erwerbseinkommens für den Trennungsunterhalt zu-zumuten ist. Dazu hat das Berufungsgericht
keine Feststellungen getroffen.

18
-
8
-
Die vom Berufungsgericht
durchgeführte Abwägung beruht demnach
ne-ben dem aufgezeigten Widerspruch auf einer unvollständigen
Tatsachengrund-lage
und kann somit keinen Bestand haben.
2. Die hinsichtlich des Beklagten
angestellte Einkommensermittlung des [X.]
bleibt ebenfalls nicht frei von Beanstandungen.
a) Die Revision rügt zunächst teilweise mit Recht, dass das Berufungs-gericht die dem Beklagten in den Jahren 2008 und 2009
zugeflossenen Steuer-erstattungen nicht berücksichtigt hat. Die im [X.] geflossene Steuererstat-tung war in erster Instanz unstreitig. Im Berufungsurteil
ist die Steuererstattung nicht berücksichtigt worden, ohne dass das Berufungsgericht dies begründet hat.
Es ist daher davon auszugehen, dass das Berufungsgericht den [X.] insoweit versehentlich übergangen hat.

Im Hinblick auf die nach dem Vorbringen der Revision im
Jahr 2009 zu-geflossene Steuererstattung mangelt es indessen -
worauf die [X.] zutreffend hinweist
-
an einer den Anforderungen des §
551 Abs.
3 Nr.
2
b ZPO entsprechenden Verfahrensrüge, da mit der Revisionsbegründung inso-weit nicht näher bezeichnet worden ist, welcher konkrete Vortrag vom [X.] übergangen worden
sei (vgl. Musielak/[X.] ZPO 9.
Aufl. §
551 Rn.
11 m.w.N.).

b) Die Revision rügt weiter, das Berufungsgericht habe den Wohnwert des dem Beklagten gehörenden [X.] zu niedrig veranschlagt. Auch dieser Rüge bleibt der Erfolg nicht versagt.
Nach der
Rechtsprechung des [X.]s ist von der Berücksichtigung des vollen [X.] dann abzusehen, wenn die Wohnung gemessen an den [X.] der Eheleute zu groß ist und eine Pflicht zur Verwertung 19
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9
-
des Wohneigentums (noch) nicht besteht ([X.]surteile vom 5.
März 2008 -
XII
ZR
22/06
-
[X.], 963, 965; vom 18.
Januar
2012 -
XII
ZR
177/09
-
[X.], 514 und [X.]Z 154, 247, 254 =
FamRZ 2003, 1179, 1182 m.w.N.).
Dann ist der Vorteil mietfreien Wohnens nach der Trennung der [X.] nur in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten dar-stellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Woh-nungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste ([X.]surteil vom 28.
März 2007 -
XII
ZR
21/05
-
FamRZ
2007, 879, 880
f.; vgl. [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der fami-lienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
479). Ist eine Wiederherstellung der ehe-lichen Lebensgemeinschaft allerdings nicht mehr zu erwarten, etwa wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtli-chen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben, sind solche Ausnahmen von der Berücksichtigung des vollen Mietwerts nicht mehr gerechtfertigt ([X.] vom 5.
März 2008 -
XII
ZR
22/06
-
[X.], 963 Rn.
15).
Das Berufungsgericht hat für das erste Trennungsjahr den sogenannten Für die [X.] danach hat es einen "objektiven"
Wohnwert in Ansatz gebracht und diesen auf ebenfalls 330

Das begegnet Bedenken. Hinsichtlich des angemessenen [X.] hat das Berufungsgericht zur Begründung auf den in seinen Unterhaltsgrund-sätzen (vgl. [X.], 224, 229 Nr.
21.4) ausgewiesenen Betrag
von (sei-nerzeit) 330

dass es sich hierbei um einen Mindestbetrag handelt, hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass sich dieser Betrag allein auf den Unterhaltspflichtigen bezieht. Im vorliegenden Fall kommt das mietfreie Wohnen aber auch dem gemeinsamen [X.] zugute.
Der 25
26
-
10
-
Beklagte leistet insoweit Naturalunterhalt, der ihn von der Unterhaltspflicht ge-genüber dem [X.] teilweise befreit (vgl. [X.]surteil vom 17.
Dezember
2008 -
XII
ZR
63/07
-
FamRZ 2009, 404
Rn.
16). Dieser Umstand ist im Rahmen der Festlegung des angemessenen [X.] zu berücksichtigen, zumal das Be-rufungsgericht den nicht um den Wohnbedarf gekürzten Unterhaltsanspruch des [X.]es vom Einkommen
des Beklagten abgezogen hat.
Hinsichtlich des für die [X.] nach Juli 2009 auf denselben Betrag ge-schätzten vollen [X.] hat das Berufungsgericht nicht begründet, warum es einen geänderten Bewertungsmaßstab bereits nach Beendigung des ersten Trennungsjahres angewendet hat, statt wie nach der oben angeführten [X.]s-rechtsprechung, erst wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben. Im Übrigen rügt die Revision
zu Recht, dass eine tragfähige Grundlage für eine Schätzung nach §
287 ZPO
im Berufungsurteil
nicht aufgeführt ist.
c) Die Revision macht zu Unrecht geltend, das Berufungsgericht habe den Tilgungsanteil der vom Beklagten bedienten [X.] nicht berücksichtigen dürfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s sind vom Wohnwert die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen ([X.]surteil vom 5.
März 2008 -
XII
ZR
22/06
-
[X.], 963
Rn.
17
ff.). Dazu gehören grundsätzlich auch die Tilgungsleistungen. Dass diese der Vermögensbildung dienen,
steht dem nicht entgegen,
solange der andere Ehegatte von der [X.] profitiert. Letzteres ist nicht nur gegeben, wenn der andere Ehegatte Miteigentümer des Grundstücks ist, sondern auch bei bestehendem Alleineigentum, solange sich die Vermögensbildung noch im Zugewinn nieder-schlägt. Das ist hier der Fall, weil die Parteien im gesetzlichen Güterstand leben 27
28
29
-
11
-
und der Scheidungsantrag bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht zugestellt und der Stichtag nach §§
1376 Abs.
2, 1384 BGB demnach noch nicht eingetreten war.
3. Im Wesentlichen ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das [X.] habe die Unterhaltsleistungen (Zahlbeträge) an die volljährigen Kinder nicht einkommensmindernd berücksichtigen dürfen.
a) Nach der Rechtsprechung
des [X.]s sind auch nachrangige [X.] volljähriger Kinder bei der Bemessung des [X.] des Ehegatten zu berücksichtigen ([X.]surteile vom 31.
Januar 1990 -
XII
ZR
21/89
-
FamRZ 1990, 979, 980 m.w.N. und vom 25.
Februar 1987 -
IVb
ZR
36/86
-
[X.], 456, 458
f.). Der Nachrang der weiteren Unter-haltspflichten wirkt sich erst bei der Leistungsfähigkeit aus und hindert eine Be-rücksichtigung der Unterhaltslast bei der Bemessung des [X.] nicht
(vgl.
auch [X.]surteile
[X.]Z 178, 79 =
[X.], 2189 Rn.
18
f. zum Verhältnis zwischen vorrangigem Minderjährigenunterhalt und Ehegatten-unterhalt
und vom 19.
Februar 2003 -
XII
ZR
67/00
-
FamRZ 2003, 860, 865 zum Verhältnis von Elternunterhalt und Familienunterhalt). Die Entscheidung des [X.] vom 25.
Januar 2011 (FamRZ
2011, 437) steht dem nicht entgegen. Vielmehr kommt es nach der daran ausgerichteten neuen Rechtsprechung des [X.]s darauf an, ob es sich bei dem nachrangigen Un-terhaltsanspruch um eine eheprägende Verbindlichkeit handelt, was bei vor der Scheidung geborenen gemeinsamen Kindern regelmäßig der Fall ist
(vgl. [X.] [X.]Z 192, 45 =
[X.], 281 Rn.
18
f.).
Ein Mangelfall liegt nach den insoweit revisionsrechtlich nicht zu bean-standenden Feststellungen des [X.] nicht vor.

30
31
32
-
12
-
b) Allerdings rügt die Revision zu Recht, dass der in Abzug gebrachte Unterhalt für den [X.] nicht ohne weiteres der Einkommensgruppe
3 der [X.]
Tabelle entnommen werden durfte. Dem Berufungsurteil
mangelt es insoweit an einer Angemessenheitsbetrachtung unter Einbeziehung des [X.], die unter Umständen dazu führen kann, dass der Kindes-unterhalt
der ersten Einkommensgruppe der [X.] Tabelle zu entneh-men ist (vgl. [X.]surteile [X.]Z 175, 182, 200
f.
=
FamRZ
2008, 968, 973; [X.]Z 178, 79 =
[X.], 2189
Rn.
20 jeweils m.w.N.).

4. [X.] der Klägerin
durchge-führte Einkommensermittlung des [X.] haben teilweise
Erfolg.
a)
Eine von der Klägerin zur Finanzierung ihres Unterhalts [X.] ist nicht zu berücksichtigen, weil dies -
wie das Berufungs-gericht
zu Recht aufgeführt hat
-
zu einer doppelten Befriedigung des [X.] führen würde.
Im Hinblick auf die
Zahnbehandlung der Klägerin hat das Berufungsgericht schließlich die Darlegung der Notwen-digkeit einer Darlehensaufnahme vermisst, was revisionsrechtlich nicht zu [X.] ist.
b) Dass das Berufungsgericht das der Klägerin zugeflossene Kranken-haustagegeld
berücksichtigt hat, entspricht der Rechtsprechung
des [X.]s ([X.]surteil vom 1.
Oktober
1986 -
IVb
ZR
68/85 =
[X.], 36, 38; vgl. [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
115 m.w.N.
sowie zum Abzug der entsprechenden Versicherungsbeiträge [X.]surteil vom 27.
Mai
2009 -
XII
ZR
111/08
-
FamRZ 2009, 1207 Rn.
28).
Die teilweise Weiterleitung des [X.] an den Beklagten hat das Berufungsgericht berücksichtigt.

33
34
35
36
-
13
-
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht indessen das Krankenhaustage-geld nicht als bedarfsbestimmend (eheprägend) behandelt. Der [X.] hat be-reits in einem Fall
-
nach der Trennung der Ehegatten bezogenes
-
Kranken-haustagegeld auf
Seiten des Unterhaltsberechtigten als eheprägendes Ein-kommen zugrunde gelegt
([X.]surteil vom 1.
Oktober
1986 -
IVb
ZR 68/85 = [X.], 36, 38). Der Umstand, dass die Klägerin für die [X.]räume des Krankentagegeldbezugs außerdem
eine Erwerbsminderungsrente bezog, [X.] entgegen der Auffassung des [X.], die auch durch die von ihm angeführte Entscheidung des [X.] (FamRZ 1991, 86) nicht gestützt wird, keine entscheidende Besonderheit. Zwar kann unter Umständen ein neben das unveränderte Einkommen tretender Bezug eine unerwartete und vom [X.] abweichende Entwicklung darstellen, die dessen Berück-sichtigung bei der [X.] entgegensteht (vgl. [X.]surteil vom 2.
Juni 2010 -
XII
ZR
138/08
-
FamRZ 2010, 1311 Rn.
28
f. zu
einer an den Un-terhaltspflichtigen gezahlten Abfindung).
Das ist aber im vorliegenden Fall be-reits deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine Versicherungsleistung han-delt, die unter Konsumverzicht durch entsprechende Beitragsleistungen wäh-rend der bestehenden Lebensgemeinschaft erkauft worden ist. Wie die Bei-tragsleistungen ist demnach regelmäßig auch die Versicherungsleistung als deren Äquivalent bei der [X.] zu berücksichtigen.
37
-
14
-
III.
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil weitere tatrichterliche Feststellun-gen erforderlich sind.

Dose

Vézina

Klinkhammer

Ri[X.] Dr. Günter hat Urlaub

Botur

und ist deswegen an der Un-
terschrift gehindert.

Dose

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.02.2009 -
52 [X.]/08 -

OLG Frankfurt
am Main, Entscheidung vom 11.02.2010 -
2 UF 100/09 -

38

Meta

XII ZR 30/10

31.10.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. XII ZR 30/10 (REWIS RS 2012, 1781)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1781

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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