Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. IV ZR 170/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9634

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 170/14

Verkündet am:

17. Juni 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

[X.] § 5a a.F.

Erlischt das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.], sind die für den Versicherungsvertrag geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen auch dann in den Versicherungsvertrag einbezogen, wenn der Versicherer sie dem Versicherungsnehmer bislang nicht übergeben hat.

[X.], Urteil vom 17. Juni 2015 -
IV ZR 170/14 -
O[X.]

[X.]

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.]
Karczewski und Dr. Schoppmeyer
auf die mündliche [X.] vom 17. Juni 2015

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 30.
April 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgeho-ben, als zum Nachteil der [X.]n erkannt worden ist.

Die [X.] der Klägerin wird [X.].

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur
neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der [X.]n weitere Leistungen aus ei-nem
Unfallversicherungsvertrag. Am 17. Januar 2005 füllte die Klägerin ein zweiseitiges Antragsformular aus. Die beiden Seiten des [X.] befanden sich in einem aus sechs Seiten bestehenden Vordruck 1
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(ein Deckblatt, zwei Seiten Beschreibung der Versicherungsleistungen, zwei Seiten Antragsformular und eine Seite juristische Hinweise). Die Beschreibung informierte unter einer Überschrift "Diese Leistungen bie-ten Sicherheit -
rund um die Uhr und überall"
über Prozentsätze für aus-gewählte Körperteile entsprechend einer Gliedertaxe. Unter anderem
hieß es dort:

"[X.] bei Verlust oder dauernder Beeinträch-tigung

ein Bein

-
über Mitte des Oberschenkels 70%
-
bis Mitte des Oberschenkels 60%

"

Daneben befand
sich ein Diagramm, das in drei Kurven für unter-schiedliche Tarife die Zusammenhänge zwischen der "Kapitalleistung in %"
und der "Invalidität in %"
darstellte.

Die [X.] ([X.])
erhielt die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder bei [X.] noch später. Die Versicherung begann am 1. Februar 2005; die monatlich zu entrichtenden Beiträge zahlte die Klä-gerin ab Februar 2005.

Die Klägerin verletzte sich am 27. Februar 2007 bei einem Unfall; sie erlitt einen Kreuzbandriss. Dieser führte zu einer dauernden Funkti-onsbeeinträchtigung des linken Knies. Die [X.] rechnete den Versi-cherungsfall mit Schreiben vom 11. Juni 2008 und 18. Juni 2009 auf der 2
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Grundlage eines 1/4
Beinwertes ab und legte dabei nach der Gliedertaxe einen Ausgangswert von 70% zugrunde.

Die Klägerin verlangt Versicherungsleistungen für eine 70%-ige In-validität einschließlich einer Progression. Sie behauptet, die Verletzung führe zu Rückenschmerzen und Beschwerden im Bandscheiben-
und Lendenwirbelbereich, so dass ihr linkes Bein über der Mitte des [X.] in seiner Funktion beeinträchtigt sei. Sie meint, der Inhalt der versprochenen Leistungen folge abschließend aus den Beschreibungen der Versicherungsleistungen im Antragsformular; danach sei der dort an-gegebene Prozentwert auch im Fall einer nur teilweisen Funktionsbeein-trächtigung zu gewähren. Die [X.] seien kein Vertragsbestandteil ge-worden. Jedenfalls habe die [X.] einen Invaliditätsgrad von 70%
an-erkannt.

Das [X.] hat der Klage auf der Grundlage einer Invalidität von 60% stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Oberlandes-gericht
hat die dagegen gerichtete Berufung der [X.]n sowie die [X.] zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die [X.] ihr Klagabweisungsbegehren weiter, mit ihrer [X.] erstrebt die Klägerin eine Verurteilung der [X.]n zu Leistun-gen bei einem Invaliditätsgrad von 70%.

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Entscheidungsgründe

Die Revision
der [X.]n führt zur Aufhebung des [X.] und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht; die [X.] der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Information im Vordruck den Verlust
und die dauernde Beeinträchtigung unabhängig vom Grad der Beeinträchtigung gleichsetze. Da die Klägerin die [X.] der [X.]n nicht erhalten habe, ergebe sich die Leistungspflicht der [X.] allein aus dieser Information. Daher stünden der Klägerin unab-hängig vom tatsächlichen Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung Leis-tungen nach einem Invaliditätsgrad von 60% zu.

§
5a [X.] regele den vorliegenden Fall nicht. Denn die [X.] habe der Klägerin im Antragsformular bis ins Einzelne gehende In-formationen zur Bestimmung des ihren Leistungen zugrunde liegenden Invaliditätsgrades erteilt. Bei einer solchen Teilinformation, die ein Versi-cherungsnehmer als ihm günstige Regelung verstehen dürfe, komme der Vertrag mit der für den Versicherungsnehmer günstigen Regelung zu-stande. Auf § 5 [X.] a.F. könne sich die [X.] nicht berufen, weil sie im Versicherungsschein nicht auf Abweichungen zwischen Antragsformu-lar und Versicherungsschein hingewiesen habe.

Die [X.] habe in ihren vorprozessualen Abrechnungsschreiben kein Anerkenntnis zu einem Invaliditätsgrad von 70% abgegeben; es handele sich lediglich um einseitige Absichtserklärungen. Nach den Aus-führungen des Sachverständigen liege eine dauernde Beeinträchtigung 7
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des linken Beines nur bis zur Mitte des Oberschenkels vor. Daher [X.] nur ein Invaliditätsgrad von 60% in Betracht. Soweit die Klägerin dies abweichend beurteile, sei dieses Vorbringen nicht zulassungsfähig. Denn die Klägerin habe in erster Instanz von ihrem Recht, den Sachverständi-gen mit ihren Thesen zu konfrontieren und ihn gegebenenfalls ergänzend mündlich anzuhören, keinen Gebrauch gemacht.

II.
Dies hält der rechtlichen Prüfung nicht stand, soweit zum Nach-teil der [X.]n entschieden worden ist. Im Übrigen ist die Entschei-dung rechtsfehlerfrei.

1.
Die Revision der [X.]n ist begründet.

a) Der Klägerin steht nach den bisherigen Feststellungen des Be-rufungsgerichts kein Anspruch auf Versicherungsleistungen nach einem Invaliditätsgrad von 60% zu, weil bei ihr
nur eine teilweise Funktionsbe-einträchtigung des linken Knies vorliegt.
Nr.
2.1.2.2.1 der [X.] 2000 der [X.]n bestimmt, dass bei einer bloßen Funktionsbeeinträchtigung für die Berechnung der Invaliditätsleistung nur der entsprechende Teil des jeweiligen Prozentsatzes gilt. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass die [X.] 2000 nicht Vertragsbestandteil geworden sind.

aa) Für den Versicherungsvertrag gelten die [X.] 2000 der [X.]. Dies folgt aus §
5a [X.], der auf den [X.] abgeschlos-senen Versicherungsvertrag anwendbar ist (Art. 1 EG[X.]). Danach gilt ein Versicherungsvertrag auch dann "auf der Grundlage des Versiche-rungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlos-11
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sen", wenn der Versicherungsnehmer diese Unterlagen nicht erhalten hat, sofern der Versicherungsnehmer dem Vertrag nicht widerspricht und ein Jahr seit Zahlung der ersten Prämie verstrichen ist.

§ 5a [X.] erfasst alle Fälle, in denen der Versicherer weder bei Vertragsschluss noch später die von ihm für den betreffenden [X.] verwendeten Versicherungsbedingungen dem Versiche-rungsnehmer übergibt. Daher werden bei einem in der Geltungszeit von § 5a [X.], d.h. in der [X.] zwischen
dem 29. Juli 1994 und dem 31.
Dezember 2007 geschlossenen Versicherungsvertrag die [X.] des Versicherers jedenfalls dadurch [X.], dass der Versicherungsnehmer innerhalb eines Jahres, nachdem er die erste Prämie gezahlt hat, dem Versicherungsvertrag nicht wider-spricht (§ 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 [X.]). Dies entspricht ein-helliger Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Frank-furt
am Main
VersR 2004, 1451, 1452; OLG Frankfurt
am Main
VersR 2005, 631, 633; [X.] [X.], 851, 852; [X.] [X.], 101, 102; [X.] VersR 2001, 837, 838) sowie der [X.] Meinung in der Literatur ([X.] in [X.]/[X.], [X.] 27.
Aufl. §
5a Rn. 57; [X.] in [X.], [X.] 9. Aufl. Einf. [X.] Rn. 88; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.] Rn. 58; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2.
Aufl. § 5a Rn. 46; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], Versiche-rungsrechts-Handbuch
2004
§ 10 Rn. 157 ff.; [X.], [X.] 1994, 374, 380; [X.], [X.], 616, 619
f.; [X.], r+s 1996, 1, 4;
a.[X.]/[X.], NJW 1996, 153, 158; [X.], Verbraucherinformation und Vertragsschluß
nach neuem Recht -
Dogmatische Einordnung und prak-tische Handhabung, 1995 S. 25
ff.). Dies gilt auch für die [X.], weil § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] nach der Rechtsprechung des Senats nur im Bereich der Lebens-
und Rentenversicherung und der [X.]
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satzversicherung zur Lebensversicherung richtlinienkonform einschrän-kend auszulegen ist, aber auf die von der [X.] nicht erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt anzuwen-den ist (Senatsurteil vom 7. Mai 2014

IV ZR 76/11, [X.]Z 201, 101 Rn. 27).

[X.]) Eine solche Einbeziehung der Versicherungsbedingungen setzt voraus, dass der Versicherer den Versicherungsvertrag nur unter Einbe-ziehung entsprechender Versicherungsbedingungen abschließen möchte und der Versicherungsnehmer dies jedenfalls bis zum Ablauf der Wider-spruchsfrist erkennen konnte. Dies ist im Streitfall erfüllt. Ein durch-schnittlicher Versicherungsnehmer entnimmt dem Antragsformular un-schwer, dass die [X.] die Unfallversicherung unter Geltung ihrer [X.] abschließen wollte, weil sie bereits im Antragsformular im [X.] an die Erklärungen des Versicherungsnehmers unter der Über-schrift "Erklärungen und Hinweise 1. Vertragsgrundlagen"
darauf [X.], dass für den Versicherungsumfang die im Antrag gemachten An-gaben sowie die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (V.

[X.] 2000) gelten. Zudem unterschrieb die Klägerin eine gesonderte Er-klärung, das
Bedingungsheft Stand 1. Januar 2003 erhalten zu haben, und hatte deshalb besonderen Anlass anzunehmen, dass die [X.] der [X.]n einbezogen werden sollten.

Hingegen hängt die Einbeziehung der Versicherungsbedingungen nach §
5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 4 [X.]

anders als das [X.] meint

nicht davon ab, ob und welche Teilinformationen der Versicherungsantrag zu Gegenstand und Inhalt der Versicherung ent-hielt. Solches steht nicht einmal der Einbeziehung von Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen nach §
305 Abs. 2 BGB entgegen; vielmehr betrifft 16
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dies allein die Frage, ob die Parteien in einzelnen Punkten

etwa als In-dividualabrede (§
305b BGB)

vorrangige Regelungen gegenüber den Versicherungsbedingungen getroffen haben. Es besteht kein Anhalts-punkt dafür, dass §
5a [X.] insoweit strengere Anforderungen
an die Einbeziehung von allgemeinen Versicherungsbedingungen stellt.

§
5a [X.] unterscheidet nicht danach, ob und welche Teilin-formationen der Versicherer erteilt; eine solche
Unterscheidung war auch nicht Teil der gesetzgeberischen Interessenabwägung. §
5a Abs. 1 Satz
1 [X.] knüpft schon dem Wortlaut nach ausschließlich daran an, ob dem Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen bei der Antragstellung übergeben worden sind oder nicht. § 5a [X.] sollte das Problem lösen, dass mit den neu vorgesehenen Informationspflich-ten vor Vertragsabschluss

teilweise als unüberwindbar bezeichnete

Schwierigkeiten im Massengeschäft der Versicherung befürchtet wurden (BT-Drucks. 12/7595 [X.]). Die Vorschrift sollte
jeden Fall erfassen, in dem die Versicherungsbedingungen erst nach Antragstellung überlassen wurden (BT-Drucks. 12/7595 [X.]). Im Ergebnis erleichtert § 5a [X.] damit die Einbeziehung der Versicherungsbedingungen in den Ver-sicherungsvertrag.

cc) Ebenso
wenig kommt es für die Einbeziehung der [X.] nach §
5a Abs.
2 Satz 4 [X.] darauf an, ob der Versicherer die [X.] dem Versicherungsnehmer zumindest innerhalb der Jahresfrist übergibt ([X.] in [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. §
5a Rn.
57; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 5a Rn. 46; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.] Rn. 58; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 2004 § 10 Rn. 158; [X.], [X.] 1994, 374, 380; [X.], [X.], 616, 619
f.; [X.], r+s 1996, 1, 4).
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§
5a Abs. 2 Satz 4 [X.] schafft im Interesse der Rechtssi-cherheit ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie Klarheit über Inhalt und Wirksamkeit des [X.]; dies erfordert, dass hier stets die entsprechenden Versicherungsbedingungen in den Versiche-rungsvertrag einbezogen sind (so auch [X.] aaO; [X.] aaO;
MünchKomm-[X.]/[X.] aaO; [X.] aaO Rn. 159; [X.] in [X.]/Matusche-[X.] aaO §
8 Rn. 9). Die von §
5a Abs. 1 Satz
1 [X.] getroffene Entscheidung gilt auch hier. Soweit teilweise ange-nommen wird, in diesem Falle komme ein bloßer "Rumpfvertrag"
ohne Einbeziehung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen
zustande (so [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO), entspricht dies nicht der Interessen-abwägung des Gesetzgebers. Es liegt typischerweise im Interesse beider Vertragsparteien, dass [X.] in den Vertrag einbezogen werden. Denn häufig fehlt es im Versicherungsrecht

so insbesondere bei der Unfall-versicherung nach dem [X.]

an gesetzlichen Regelungen, die nach §
306 Abs. 2 BGB als dispositives Recht die fehlenden vertragli-chen Regelungen über Gegenstand und Inhalt des [X.] sowie zu den wechselseitigen Rechten und Pflichten ersetzen könnten. Ohne eine Einbeziehung von Versicherungsbedingungen be-stünde daher eine große Unsicherheit über den Inhalt des Vertrags; §
5a Abs. 2 Satz 4 [X.] soll aber gerade Rechtssicherheit schaffen (BT-Drucks. 12/7595 [X.]). Dieses Interesse besteht unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen in diesem [X.]raum auch tatsächlich erhalten hat. Demgemäß knüpft die [X.] allein an den [X.]ablauf nach Zahlung der ersten Prämie an.

dd) Einbezogen sind die V.

[X.] 2000, Stand 1.
Januar 2003. Diese hat die [X.] bereits im Versicherungsantrag eindeutig be-20
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zeichnet. Auf die Frage, wie sich die Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien während der [X.] darstellen, kommt es nicht an; der Versicherungsfall trat erst mehr als zwei
Jahre nach Zahlung der ersten Prämie
ein.

b) Entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts ergibt sich aus
den Angaben zu den [X.]n im Antragsformular kein [X.].
Diese
Angaben enthalten weder eine gegenüber den [X.] vor-rangige oder abschließende Regelung noch ist ihretwegen die Bestim-mung des Leistungsumfangs in Nr. 2.1.2.2.1 [X.] einschränkend auszu-legen.

aa) Die im Vordruck aufgeführten [X.] und Be-schreibungen der Leistungen enthalten keine gegenüber den [X.] der [X.]n vorrangige oder abschließende Regelung der Leistungspflich-ten.

Es liegt keine Individualvereinbarung vor. Ebenso
wenig hat die Klägerin mit dem Antragsformular unvollständige [X.] erhalten. Die [X.] stellte dabei zwar die mit der [X.] verbundenen Leistungen und insbesondere die unterschiedli-chen Tarife schriftlich dar; dies führt jedoch nicht dazu, dass solche [X.] als Versicherungsbedingungen anzusehen sind oder an deren Stelle treten. Auch sonst enthält die allgemeine Beschreibung der [X.] im Vordruck der [X.]n keine Erklärungen, auf-grund derer ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer annehmen konnte und durfte, dass bereits diese Angaben verbindliche Regelungen enthielten,
die vorrangig gegenüber den Bestimmungen der [X.] seien.

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Vielmehr handelt es sich

wie sich sowohl aus der Darstellungsart mit Grafiken und Bildern als auch am Inhalt der Textpassagen ("[X.]") und der Art der Formulierungen ("Diese Leistungen bie-ten Sicherheit -
rund um die Uhr und überall"; "Lebensstandard sichern und erhalten"; "[X.] auf Dauer ausgleichen"
etc.) erken-nen lässt

um eine werbende Beschreibung der Leistungen. Denn die [X.] hat im Antragsformular selbst
klar und deutlich darauf [X.], dass die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (V.

[X.] 2000) Vertragsgrundlage seien. Kein durchschnittlicher Versiche-rungsnehmer kann unter diesen Umständen annehmen, dass der [X.] mit solchen werbenden Umschreibungen die wechselseitigen [X.] und die aus dem Versicherungsvertrag folgenden Rechte, Pflich-ten und Obliegenheiten umfassend und abschließend festlegen möchte. Damit kann dahinstehen, unter welchen Umständen im Rahmen der An-tragstellung
erfolgte Angaben zu den Versicherungsleistungen Vorrang gegenüber einzelnen Bestimmungen der [X.] haben.

[X.]) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass nach der Rechtsprechung des Senats in Fällen, in denen Bestimmungen der [X.] nicht eindeutig sind und Zweifel sich aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht über-winden lassen, nach §
305c Abs. 2 BGB von der für den Versicherungs-nehmer günstigeren Auslegung auszugehen ist (Senatsurteile vom 9. Juli 2003

IV ZR 74/02, [X.], 1163 unter II
2
c und vom 24. Mai 2006

IV ZR 203/03, [X.], 1117 Rn. 18). Solche Zweifel bestehen im Streitfall nicht.

Die Regelung in den [X.] ist eindeutig. Gemäß Nr. 2.1.2.2 [X.] kommt es für die Höhe der Invaliditätsleistung auf den Grad der unfall-25
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bedingten Invalidität an. Nr. 2.1.2.2.1 [X.], der bei Verlust oder Funkti-onsunfähigkeit bestimmter Körperteile Invaliditätsgrade festlegt, be-stimmt anschließend ausdrücklich, dass bei [X.] oder Funktions-beeinträchtigung der entsprechende Teil des jeweiligen Prozentsatzes gilt. Hingegen handelt es sich bei den Angaben der [X.]n, auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, nicht um [X.], sondern um beispielhafte, verkürzte Darstellungen. Sie befinden sich im Vordruck vor dem Antragsformular und sollen die Versicherungs-bedingungen nicht ersetzen, sondern nur in ihren wesentlichen Punkten erläutern.

Dies erkennt ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne Schwierigkeiten. Es ist ihm

insbesondere aufgrund des klaren und ein-deutigen Hinweises unter der Überschrift "Vertragsgrundlagen", wonach für den Versicherungsumfang die [X.] der [X.]n gelten

klar, dass sich der Leistungsumfang im Einzelfall nach den Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen richtet, die auch bei den in den [X.] angegebenen Gliedmaßen und Sinnesorganen je nach den Um-ständen zu geringeren Leistungen als den dort genannten Prozentsätzen führen können.

2.
Die [X.] der Klägerin
ist unbegründet.

a) Das Berufungsgericht hat die Schreiben der [X.]n rechts-fehlerfrei dahin ausgelegt, dass die [X.] damit keinen [X.] von 70% anerkannt habe.

Die beiden Schreiben der [X.]n nennen als unfallbedingten Invaliditätsgrad 14% (Schreiben vom 11. Juni 2008) bzw. 17,5% (Schrei-28
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ben vom 18. Juni 2009). Auf dieser Grundlage hat die [X.] ihre Leis-tungen abgerechnet. Ein etwaiges Anerkenntnis der [X.]n geht [X.] nicht über diesen Invaliditätsgrad hinaus.
Soweit die [X.] in den Schreiben außerdem einen "Invaliditätsgrad bei völliger Gebrauchs-/
Funktionsbeeinträchtigung bzw. Verlust"
bzw. für "Verlust oder Funkti-onsunfähigkeit eines Beines"
von 70% nennt, gibt sie damit

wie sich schon aus dem Text der Schreiben entnehmen lässt

bloß einen in der Gliedertaxe enthaltenen festen Wert wieder. Dieser stellte in beiden Schreiben lediglich einen Berechnungsfaktor für die von der [X.]n ermittelte Gesamtinvalidität dar; ein Anerkenntnis liegt darin nicht.

b) Ohne Erfolg rügt die [X.], das Berufungsgericht habe der Behauptung der Klägerin nachgehen müssen, ihr linkes Bein sei über der Mitte des Oberschenkels in seiner Funktion beeinträchtigt, so dass der hierfür geltende Wert der Gliedertaxe von 70% zugrunde zu legen sei. Das Berufungsgericht hat diese Angriffe der Klägerin auf das erstinstanzliche Gutachten nicht zugelassen, ohne dass dies revisions-rechtlich zu beanstanden ist.

Die von der [X.] erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer [X.] wird abgesehen (§
564 ZPO).

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III. Die Sache ist noch nicht zur Endentscheidung reif. Das [X.] wird aufzuklären haben, in welchem Ausmaß das linke Bein der Klägerin in seiner Funktion tatsächlich beeinträchtigt ist und welcher Invaliditätsgrad sich danach gemäß den Regelungen in Nr.
2.1.2.2.1 [X.] ergibt.

[X.] [X.] [X.]

Dr. Karczewski Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.07.2013 -
8 O 3241/10 -

O[X.], Entscheidung vom 30.04.2014 -
7 U 1238/13 -

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Meta

IV ZR 170/14

17.06.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. IV ZR 170/14 (REWIS RS 2015, 9634)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9634

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 170/14

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