Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2015, Az. IV ZR 104/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13095

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR
104/13

Verkündet am:

1. April 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

BGHZ:

nein

BGHR: ja

AVB Unfallversicherung (hier Nr. 2.1.1.1, 2.1.2.2.1, 2.1.2.2.2 [X.] 2000)

1.
Findet das Schultergelenk in den Bestimmungen der Gliedertaxe über Verlust oder völlige Funktionsbeeinträchtigung eines Arms
keine Erwähnung, ist der [X.] bei einer Gebrauchsminderung der Schulter nicht nach der Gliedertaxe sondern den Regeln zur Invaliditätsbestimmung für andere Körperteile zu ermitteln (Abgrenzung zu [X.] vom 24. Mai 2006
[X.],
[X.], 387 Rn. 19 ff. und vom 14. Dezember 2011 -
[X.], [X.], 143 Rn. 12 -
"Arm im Schultergelenk").

2.
Die fristgebundene ärztliche Invaliditätsfeststellung muss die Schädigung sowie den Bereich, auf den sich diese auswirkt, ferner die Ursachen, auf denen der [X.] beruht, so umreißen, dass der Versicherer bei seiner Leistungsprü-fung vor der späteren Geltendmachung völlig anderer Gebrechen oder [X.] geschützt wird und stattdessen den medizinischen Bereich erkennen kann, auf den sich die Prüfung seiner Leistungsverpflichtung erstrecken muss (Fortführung des [X.] vom 7.
März 2007 -
[X.], [X.], 1114 Rn. 10 ff.).

BGH, Urteil vom 1. April 2015 -
IV ZR 104/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.],
die Richter [X.] und [X.] auf die mündliche [X.] vom 1. April 2015

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 10. Zi-vilsenats des [X.] vom 22. [X.] 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auf weitere [X.] in Höhe von 37.94

nebst Zinsen
infolge des Unfalles vom 8. Ok-tober 2005
abgewiesen und die dagegen gerichtete Be-rufung des
[X.]
zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert

soweit im Revisionsverfahren noch von Inte-resse

weitere [X.]
in Höhe von [X.] bei der [X.] gehaltenen Unfallversicherung, der [X.]
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-

sicherungsbedingungen der [X.] ([X.] 2000) zugrunde liegen. Vereinbart ist

und für den Fall einer Invalidität durch Unfall eine nach deren Grad aus der Grundsumme errechnete Kapitalzahlung nebst Zuschlag ("Treuebo-nus") von 10%.

Unter "2.1 Invaliditätsleistung"
heißt es in den Bedingungen unter anderem:

"2.1.1 Voraussetzungen für die Leistung

2.1.1.1 Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähig-keit beeinträchtigt (Invalidität). Die Invalidität ist

-
innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und

-
innerhalb von fünfzehn Monaten nach dem Unfall von
ei-nem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns [X.]d gemacht worden.

2.1.2 Art und Höhe der Leistung

2.1.2.2.1 Bei Verlust oder völliger Funktionsunfähigkeit der nachstehend genannten Körperteile und Sinnesorgane [X.] ausschließlich,
soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, die folgenden Invaliditätsgrade (Gliedertaxe):

Arm

70%
Arm bis oberhalb des Ellenbogengelenks

65%
Arm unterhalb des Ellenbogengelenks

60%
Hand

55%
Daumen

20%
Zeigefinger

10%
anderer Finger

5%

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2.1.2.2.2 Für andere Körperteile und Sinnesorgane bemisst sich der Invaliditätsgrad danach, inwieweit die normale [X.] oder geistige Leistungsfähigkeit insgesamt beein-trächtigt ist. Dabei sind ausschließlich medizinische Ge-sichtspunkte zu berücksichtigen.

2.1.2.2.3 Waren betroffene Körperteile oder Sinnesorgane oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd be-einträchtigt, wird der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert. Diese ist nach Ziffer 2.1.2.2.1 und Ziffer 2.1.2.2.2 zu bemessen."

Am 8. Oktober 2005 schlug der Kläger bei einem Sturz mit der lin-ken Schulter auf und zog sich dabei nach den Feststellungen des Beru-fungsgerichts eine Schulterprellung sowie eine Sprengung des linken Schultereckgelenks, der Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Schul-terblatt, mit positivem Klaviertastenphänomen
(im [X.]) zu.
Innerhalb eines Jahres nach dem Sturz traten dauerhafte Beeinträch-tigungen im Bereich der linken Schulter ein, deren Umfang zwischen den Parteien streitig ist.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 attestierte der den Kläger behandelnde Arzt als [X.] eine "Gebrauchsminde-rung der li. Schulter".

Bereits am 24. August 1999 war der Kläger auf seinen linken Arm gestürzt. Die Beklagte hatte seinerzeit unter Heranziehung der Glieder-taxe eine Invaliditätsleistung auf der Grundlage einer Invalidität von 1/7 Armwert erbracht. Für die vorgenannten Folgen des Unfalls vom 8. Okto-ber 2005 lehnte sie [X.] ab, weil eine dauerhafte Schä-digung nicht objektivierbar sei.

Der Kläger
hat geltend gemacht, der Grad seiner Invalidität betra-ge mindestens 3/7 des [X.]; er habe bei dem Unfall vom 8. Oktober 2005 auch eine Verletzung des linken Schlüsselbeins und insbesondere 3
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des [X.]s, der Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Brustbein, erlitten, die fehlverheilt sei und zur Funktionsbeeinträch-tigung der Schulter beitrage. Die Beklagte schulde eine Invaliditätsleis-nus von 10%, mithin

Das [X.] hat den Invaliditätsgrad des [X.] nach [X.] zweier medizinischer Gutachten mit 1/10 Armwert (das entspricht einer Gesamtinvalidität von 7%) bestimmt, dem Kläger danach
zuzüglich

,
zugesprochen und bezüglich des Unfalls vom 8. Oktober 2005 die wei-tergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des [X.], der im Berufungsverfahren unter ande-rem geltend gemacht hatte, seine Schulterverletzung sei nicht nach der vereinbarten Gliedertaxe, sondern nach Nr. 2.1.2.2.2 [X.] 2000 zu beur-teilen, zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein ur-sprüngliches Klagebegehren weiter und fordert 37.940

Differenz zwischen seiner ursprünglichen Klagforderung und der vom [X.] zugesprochenen Summe.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es die Folgen des Unfalls vom 8. Oktober 2005 betrifft, und zur
Zurück-verweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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I. Dieses hat den Invaliditätsgrad mit Hilfe des [X.] der Glie-dertaxe bestimmt. Das Schultergelenk habe keinen funktionellen Selbst-zweck, sondern diene anatomisch allein dem funktionsgerechten Einsatz des Armes. Beim Kläger bestehe die Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit in einer funktionellen Beeinträchtigung des linken [X.], so dass für die Invaliditätsbestimmung zwingend die Gliedertaxe gelte. Ohne Bedeutung sei, dass die Beeinträchtigung auf einen Seh-nenschaden im Schultereckgelenk zurückzuführen sei. Nach der Recht-sprechung des [X.] sei bei [X.] stets der Invaliditätsgrad für den Verlust oder die Funktionsunfähigkeit der ent-sprechenden Gliedmaße "im Gelenk"
anzunehmen.
Das sachverständig beratene [X.] habe den Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung der erlittenen Verletzung des Schultereckgelenks zutreffend bestimmt. Der Sachverständige Prof. Dr. T.

habe überzeugend dargelegt, dass die Gebrauchsminderung des linken Arms mit insgesamt 5/20 Armwert zu bewerten sei, dabei sei einerseits die Verletzung des [X.] zu berücksichtigen, die der Sachverständige mit 2/20 Armwert be-wertet habe, andererseits die vom Sachverständigen mit 1/7 Armwert bewertete Vorinvalidität. Letztere müsse nach Nr.
2.1.2.2.3 [X.] 2000 in Abzug gebracht werden.

Den Nachweis dafür, dass bei dem Unfall vom 8. Oktober 2005 auch das linke [X.] verletzt worden sei, habe der Klä-ger bisher nicht erbracht. Eine weitere Sachaufklärung dazu erübrige sich, weil es für diese behauptete Verletzung an einer ärztlichen Fest-stellung binnen 15 Monaten nach dem Unfall fehle
(Nr.
2.1.1.1 [X.] 2000).
Die vom Kläger vorgelegte fristgerechte Feststellung einer dauer-haften Gebrauchsminderung der linken Schulter besage nichts über eine Verletzung des [X.]s. Eine solche Verletzung und ihre 8
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fehlerhafte Verheilung seien als invaliditätsbegründender [X.] somit nicht fristgerecht ärztlich festgestellt.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Rechtsfehlerhaft ist bereits die Bestimmung des Invaliditätsgra-des anhand der Gliedertaxe der Nr. 2.1.2.2.1 [X.] 2000.

Deren Auslegung ergibt, dass die Verletzung des [X.] vom Armwert nicht erfasst wird, so dass der Grad der Invalidität des [X.] nach Nr.
2.1.2.2.2 [X.] 2000 zu bestimmen ist.

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind
nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammen-hangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkei-ten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche [X.] und damit

auch

auf seine Interessen an (Senatsurteil vom 23. Juni 1993

[X.], [X.], 83, 85 und ständig). Die All-gemeinen Versicherungsbedingungen sind
aus sich heraus zu interpre-tieren. In erster Linie ist vom [X.] auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der [X.]n sind
zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versiche-rungsnehmer erkennbar sind
(Senatsurteil vom 25. Juli 2012

IV ZR 201/10, [X.], 1149 Rn. 21 m.w.[X.]).
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b) Ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer entnimmt dem Leistungsversprechen aus Nr. 2.1 [X.] 2000 und der in Nr.
2.1.2.2.1
[X.] 2000 getroffenen Regelung über die Gliedertaxe [X.], dass der Versicherer ihm eine Invaliditätsleistung verspricht für den Fall, dass ein Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt. [X.] für die Berechnung der Leistung bilden die Versicherungssumme und der Grad der unfallbedingten Invalidität. Wie sich die Höhe der Leis-tungen im Einzelnen bemisst, kann der Versicherungsnehmer Nr.
2.1.2.2.1
[X.] 2000 für die dort genannten Körperteile und [X.] entnehmen. Die Gliedertaxe bestimmt nach einem abstrakten und generellen Maßstab feste Invaliditätsgrade bei Verlust oder diesem gleichgestellter Funktionsunfähigkeit der mit ihr benannten Glieder. [X.] gilt bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines durch die [X.] abgegrenzten Teilbereichs eines Gliedes. Demgemäß beschreibt die Regelung abgegrenzte Teilbereiche eines Armes und Beines und ordnet jedem Teilbereich einen festen Invaliditätsgrad zu, der mit Rumpfnähe des [X.] steigt. Die Gliedertaxe stellt damit für den Verlust und für die Funktionsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädi-gung ab (vgl. zu diesem Verständnis der Gliedertaxe in den [X.] 88: [X.] vom 14. Dezember 2011

[X.], [X.], 143 Rn. 10
m.w.[X.]).

Der Systematik der Gliedertaxe kann der Versicherungsnehmer ferner entnehmen, dass für die Bereiche der mit dem Arm und dem Bein zusammenhängenden Körperteile abgestufte Invaliditätsgrade festge-setzt werden, die beim Arm mit der Bewertung der Invalidität eines Fin-14
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gers mit 5% beginnen und des (gesamten) Armes mit 70% enden. [X.] trägt die Gliedertaxe dem Umstand Rechnung, dass [X.]

entsprechendes gilt für völlige oder teilweise Gebrauchsunfähigkeit

mit zunehmender Rumpfnähe der
Stelle, an der das [X.] verloren gegangen (oder die Gebrauchsbeeinträchtigungen auslösende Ursache zu lokalisieren) ist, zu wachsender Einschränkung der generellen [X.] von Menschen führen (Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 11 m.w.[X.]).

Nimmt der Versicherungsnehmer

ausgehend von dieser Systema-tik

den Wortlaut der in Nr. 2.1.2.2.1 [X.] 2000 für Verlust oder Funkti-onsunfähigkeit eines Armes getroffenen
Regelung in den Blick, weist ihn

anders als bei der in früheren Bedingungen gebräuchlichen [X.] "e-lenk"
(vgl. zu § 7 I (2)
a
[X.] 88: Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 12; zu § 7 I (2) a [X.] 94: Senatsurteil vom 24. Mai 2006, [X.], [X.], 387 Rn. 19 ff.)

nichts darauf hin, dass der gesamte Schultergürtel zum Arm zählen und eine dort eintretende [X.] bei der Bestimmung des Invaliditätsgrades als [X.] Funktionsstörung des Armes gelten soll. Vielmehr wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer der von 5% bis 70% reichenden Staffelung entnehmen, dass zum Arm nur dessen in der Gliedertaxe
im Einzelnen benannte
Teile, nämlich die Finger, die Hand, der Arm unter-halb und bis oberhalb des Ellenbogens, schließlich der restliche Arm zählen sollen. Teile der Schulterpartie, mögen sie auch funktionell dazu bestimmt sein, die zwischen Arm und Rumpf auftretenden Kräfte aufzu-nehmen und somit die Funktionsfähigkeit des Armes zu gewährleisten, wird er nicht als vom [X.] erfasst
ansehen.

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c) Auch aus dem systematischen Zusammenhang, in den die [X.] gestellt ist, ergeben sich keine anderslauten-den Hinweise. Nichts deutet in den unter Nr. 2.1.2.2.1 und Nr.
2.1.2.2.2 [X.] 2000 getroffenen Regelungen zur Bestimmung des Invaliditätsgra-des darauf hin, dass auch die Schädigung von nicht in der Gliedertaxe aufgeführten Körperpartien nach der Gliedertaxe eingestuft werden soll, sofern sich diese
Schädigung lediglich auf den Gebrauch der in der Glie-dertaxe aufgeführten
Gliedmaßen auswirkt. Der durchschnittliche [X.] erkennt vielmehr, dass die Gliedertaxe durchgängig auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung abstellt (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 10 m.w.[X.]). Anders als die Beklagte meint, gilt das nicht nur für die Einordnung einer Schädigung in die von der Gliedertaxe angeführten Teilbereiche eines Armes oder Beines,
son-dern auch für die Abgrenzung zu nicht in der Gliedertaxe aufgeführten Körperteilen.

d) Soweit sich das Berufungsgericht für seine anderslautende [X.] auf die Senatsrechtsprechung zu früheren Fassungen der [X.] stützt (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 2003

IV ZR 74/02, [X.], 427 = [X.], 1163 unter [X.] (2) -
"Hand im Handgelenk"; vom 24. Mai 2006

[X.], [X.], 387 Rn. 19 ff. und vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 12
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"Arm im Schultergelenk") und meint, der Senat habe dabei letztlich für die Anwendung der Gliedertaxe auf eine Funktionsun-fähigkeit im jeweiligen Gelenk abgestellt, lässt sich dies auf den hier vereinbarten [X.] nicht übertragen, weil in Nr.
2.1.2.2.1 [X.] 2000 vom Schultergelenk im Zusammenhang mit dem Verlust oder einer Funktionsbeeinträchtigung des Armes nicht mehr die Rede ist und der
Versicherungsnehmer mithin keinen Hinweis darauf erhält, dass das 17
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Schultergelenk oder gar der gesamte Schultergürtel der Gliedertaxe un-terfallen soll.

2. Zu Unrecht hat es das Berufungsgericht für entbehrlich erachtet, weiteren Beweis darüber zu erheben, ob der Unfall des [X.] vom 8.
Oktober 2005 zusätzlich zu einer

inzwischen fehlverheilten

Verlet-zung des linken [X.]s geführt hat;
anders,
als das Be-rufungsgericht meint, wäre eine solche Verletzung von der
binnen der 15-Monatsfrist der Nr. 2.1.1.1 [X.] 2000 getroffenen
ärztlichen Invalidi-tätsfeststellung vom 13. Oktober 2006 erfasst.

a) Seine anderslautende Auffassung kann das Berufungsgericht nicht auf die Senatsentscheidung vom 7.
März 2007 ([X.], [X.], 1114
= [X.], 255 Rn. 10 ff.) stützen.

Der Senat (aaO Rn. 10 ff.) hat dort
ausgeführt, die 15-Monatsfrist für die ärztliche Invaliditätsfeststellung diene dem berechtigten Interesse des Versicherers an der baldigen Klärung seiner Einstandspflicht und führe selbst dann zum Ausschluss von Spätschäden, wenn den Versiche-rungsnehmer an der Nichteinhaltung der Frist kein Verschulden treffe. Allerdings seien an die Feststellung der Invalidität keine hohen [X.] zu stellen. Sie müsse sich nicht abschließend zu einem bestimm-ten Invaliditätsgrad äußern und brauche hinsichtlich der Feststellung der Unfallbedingtheit eines bestimmten [X.]s noch nicht einmal richtig zu sein.
Es müssten sich aus ihr aber die ärztlicherseits für einen [X.] angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben,
denn die Invaliditätsbescheinigung solle dem Versicherer Gele-genheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellung zu 19
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prüfen. Zugleich solle sie eine Ausgrenzung von Spätschäden ermögli-chen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar seien und die der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen wolle. Deshalb könnten nur die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invalidi-tätsentschädigung sein.

b) Das lässt sich auf den Streitfall nicht in der Weise übertragen, dass die behauptete Verletzung des [X.]s nicht von der hier vorgelegten ärztlichen Invaliditätsfeststellung erfasst wäre.
Die ärztliche Bescheinigung über eine durch den Unfall verursachte dauer-hafte "Gebrauchsminderung der li. Schulter"
gab dem
beklagten
Versi-cherer ausreichenden Anlass, zur Prüfung seiner
Leistungspflicht alle Körperteile im Bereich der linken Schulter in den Blick zu nehmen, die Einfluss auf diese Gebrauchsminderung haben konnten. Das sind vor [X.] sämtliche zum linken Schultergürtel des [X.] gehörenden knö-chernen Teile, mithin auch das [X.], zumal bereits die festgestellte Verletzung des Schultereckgelenks durch mechanische Ge-walt es nicht fernliegend erscheinen ließ, dass die [X.] auch das andere Ende des linken Schlüsselbeins in Mitleidenschaft gezogen ha-ben konnten. Die vom Senat in seinem Urteil vom 7.
März 2007
formu-lierten Maßstäbe sind nicht dahin zu verstehen, dass bereits im Rahmen der fristgemäßen ärztlichen Invaliditätsfeststellung eine möglichst [X.] Diagnose des Umfangs und der Ursachen eines [X.]s ge-fordert wäre. Gemessen am Zweck der fristgebundenen ärztlichen Fest-stellung genügt
es
vielmehr, wenn diese
Feststellung die Schädigung sowie den Bereich, auf den sich diese auswirkt, ferner die Ursachen, auf denen der [X.] beruht,
so
umreißt, dass der Versicherer bei seiner Leistungsprüfung den medizinischen Bereich erkennen kann, auf 22
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den sich die Prüfung seiner Leistungsverpflichtung erstrecken muss und vor der späteren Geltendmachung völlig anderer Gebrechen oder
Invali-ditätsursachen geschützt wird.

Im Streitfall konnte der Versicherer der ärztlichen Feststellung ent-nehmen, dass der Unfall, bei dem der Kläger mit der Schulter [X.] war, zu deren dauerhafter Gebrauchsminderung geführt hatte. Das schließt alle Verletzungen und Schäden ein, die infolge des Aufpralls mechanisch im Bereich der linken Schulter hervorgerufen worden waren. Nicht erfasst wären hingegen Unfallschäden, die zwar aufgrund dessel-ben Unfalls, aber entweder

wie etwa psychisch bedingte Einschränkun-gen

mittels einer anderen Kausalkette entstünden
oder sich an anderen Körperstellen, beispielsweise der Wirbelsäule oder der Hüfte, auswirk-ten.

3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bestimmung des Invaliditätsgrades nach den vorgenannten Maßstäben
zu einem
dem Kläger günstigeren Ergebnis führt. Wird sein linker
Schultergürtel nach Nr. 2.1.2.2.2 [X.] 2000 untersucht und dabei möglicherweise zusätzlich eine unfallbedingte Verletzung des [X.]s festgestellt, deren Berücksichtigung das Berufungsgericht bisher abgelehnt
hat, so ist nicht auszuschließen, dass die Einstufung des [X.]s höher ausfällt
als bisher angenommen.

Es kommt hinzu, dass das Berufungsgericht einen Abzug wegen Vorinvalidität mit der bisher gegebenen Begründung nicht hätte vorneh-men dürfen.
Nach Nr. 2.1.2.2.3 [X.] 2000 wird der Invaliditätsgrad ge-mindert, wenn "betroffene Körperteile oder Sinnesorgane oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt"
waren. Die 23
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Vorschädigung des [X.]
aus seinem früheren Unfall vom
August 1999 betrifft nach der Behauptung der [X.] den linken Arm mit 1/7 Arm-wert
infolge einer Teildurchtrennung der Trizepssehne im Bereich des [X.]. Ordnet man nach richtiger Auslegung der Gliedertaxe die
nach dem Unfall vom 8. Oktober 2005 erlittene [X.] nicht dem Arm, sondern dem linken Schultergürtel zu, bedarf es nach Nr. 2.1.2.2.3 [X.] 2000 besonderer Darlegungen, dass die Vorschädigung am Oberarm dem
von der Invalidität "betroffenen Körperteil"
im Sinne
der [X.] zuzuordnen ist.

III. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Die Jahresfrist für den Eintritt der Invalidität nach Nr. 2.1.1.1 [X.] 2000 soll den Versicherer davor schützen, für dauerhafte Spätfolgen ei-nes Unfalls
eintreten zu müssen, die sich erst später als ein Jahr nach einem Unfall erstmals zeigen. Geschützt wird damit das Kalkulationsinte-resse des Versicherers. Tritt ein [X.] binnen der Jahresfrist ein, besagt diese Frist aber nicht, dass bei der nachfolgenden Bemes-sung des Invaliditätsgrades ausschließlich diejenigen Umstände heran-gezogen werden dürften, die innerhalb der Jahresfrist erkennbar gewor-den sind. Vielmehr kann der Versicherungsnehmer im Rechtsstreit um die Erstbemessung seiner Invalidität im Grundsatz alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände heranziehen ([X.] vom 22. April 2009

IV ZR 328/07, [X.], 293 = [X.], 920 Rn. 19). Eine zeitliche Begrenzung für die Berücksichtigung medizinischer Umstände bei der [X.] ist auch nicht der in Nr.
9.4 [X.] 2000 gesetzten Dreijahresfrist für die Neubemessung der Invalidität zu entnehmen. Zwar wird daraus ersichtlich, dass
sich
nach 26
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einer [X.] des Invaliditätsgrades gesundheitliche Verände-rungen auf die Leistungspflicht des Versicherers
nur dann auswirken [X.], wenn sie spätestens binnen drei Jahren nach dem Unfall eingetreten sind. Das gilt aber nur im Neufestsetzungsverfahren. Ist dieses mangels [X.] gar nicht eröffnet, ist für die nur im Neufestsetzungsver-fahren vorgesehene Befristung kein Raum.

[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.03.2012 -
104 O 12/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.02.2013 -
10 [X.] -

Meta

IV ZR 104/13

01.04.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2015, Az. IV ZR 104/13 (REWIS RS 2015, 13095)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13095

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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