Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2015, Az. IV ZR 503/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12282

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 503/14

Verkündet am:

22. April 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
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-

Der IV.
Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 27.
März 2015

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite
wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] am Main
vom 27. Februar
2013
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 50.000

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d. [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit Vertragsbeginn zum 1. August 2001
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in 1
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der bei Antragstellung gültigen Fassung
(im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Im Juli 2010
kündigte
d. [X.] den Vertrag
und der [X.] zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 14. Februar 2011
erklärte d.
[X.] den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F.
und vorsorglich Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.]
(insgesamt 56.593,90 .

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen
Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden
können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt
d. [X.] das Klagebegehren
hinsichtlich des [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Dieses hat einen
Prämienrückerstattungsanspruch aus
unge-rechtfertigter Bereicherung
verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Der Vertrag sei 3
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aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der [X.] Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.

I[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung
aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB
kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.

a)
Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden
Feststel-lungen des Berufungsgerichts belehrte der
Versicherer d. [X.]

auch un-ter Berücksichtigung des Vorbringens der Revisionserwiderung

nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht.
Der Hinweis der Revisionserwiderung auf die im [X.] enthaltene Belehrung greift schon deshalb nicht durch, weil diese Belehrung
worauf das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat

nicht maßgeblich ist (Senatsurteil vom 28.
Januar 2004
IV ZR 58/03, [X.], 497 unter 3 b).

Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
Das Widerspruchsrecht bestand hier aber
nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

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Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) entschieden
und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass
sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung
grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d.
[X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat
(im Einzelnen dazu Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 22-34).

bb)
Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.).
Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b)
Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss
sich d. [X.] bei
der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-13
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lung den
jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben
(vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014
aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.09.2012 -
10 O 70/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 27.02.2013 -
7 U 256/12 -

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Meta

IV ZR 503/14

22.04.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2015, Az. IV ZR 503/14 (REWIS RS 2015, 12282)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12282

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IV ZR 76/11

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